1.Semester ohne Vorlesungen

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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chaosm21
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1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von chaosm21 »

Für mich geht diese Woche das Jurastudium "richtig" los, und ich hatte mir natürlich Gedanken gemacht, wie ich die Vorlesungswochen strukturieren soll. Der Plan war, die Vorlesungen zu besuchen und anhand des Skripts und eigener Notizen direkt nachzuarbeiten.

Aber jetzt, wo ich mir mal einige Lehrbücher angesehen habe und auch die Vorlesungen in der Einführungswoche gehört habe, frage ich mich, ob es wirklich sinnvoll ist, da hinzugehen.
Müsste nicht der selbe Zeitraum mit einem Buch, wo man sein eigenes Tempo wählen kann und das ganze didaktisch sinnvoll aufbereitet ist, mehr bringen? Ich hatte bis jetzt das Gefühl, dass ich mir während der Vorlesungen nur wenig merken kann und sich die Professoren gerne mal in Kleinigkeiten verzetteln. Beim Lesen behalte ich wiederum sehr viel im Kopf.

Ich weiß, dass Studenten in den höheren Semestern teilweise so lernen. Aber geht das auch als blutiger Anfänger? Es ist eine komische Vorstellung, Student zu sein und dann bis auf die Kolloquien der Uni fernzubleiben.
Swann
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von Swann »

Hör dir doch erstmal ein paar Vorlesungen an, bevor du dich entschließt, dass sie dir nichts bringen. Außerdem sollen an der Uni ja auch andere Studenten rumlaufen, vielleicht interessieren die dich ja auch.
Riven
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von Riven »

Nun ja, als Erstsemester besteht doch die Gefahr, wesentliche Dinge nicht oder falsch zu verstehen. Das Problem an Lehrbüchern ist nun mal, dass man ihnen keine Fragen stellen kann. Eine persönliche Leistungskontrolle ist damit nur schwer möglich. Ein Examenskandidat mag das hinbekommen, aber ein Anfänger? Ich würde die Vorlesungen empfehlen.
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Ara
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von Ara »

Ich hab nach 2/3 des 1. Semesters es sein gelassen mit den Vorlesungen.

Ab da ging ich nur noch zu ausgewählten Vorlesungen, wo der Dozent unterhaltsam war und es nicht völlig verschwendete Lebenszeit war. Das waren meist nicht mehr als 1-2 pro Semester dann.

Die persönliche Leistungskontrolle gab es dann in den Arbeitsgemeinschaften, zu denen ich dann aber auch konsequent immer hingegangen bin, weil die mir wirklich was gebracht haben.

Ich sehe daher grundsätzlich weniger Probleme. Elementare Dinge die man exklusiv in den Vorlesungen lernt, sind relativ selten. Ich weiß nur, dass unser Strafrecht AT zu 50% aus Strafzwecktheorien bestand und wir beim vorsätzlichen Begehungsdelikt dann bis zur Rechtfertigung kamen.

Man darf halt nicht den Fehler machen, dass man nicht in die Vorlesung geht weil man zu faul ist und dann auch sonst nichts macht. Als Ersatz sollte am Ende zu jeder Vorlesung schon ein Lehrbuch komplett durchgearbeitet worden sein. Zeit hat man dann ja genug.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Samson
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von Samson »

Wenn man nur zuhört bringen Vorlesungen nichts.

Vorlesungen haben aber wie gesagt den Vorteil, Fragen zu stellen und auch Probleme diskutieren zu können. Und auch seine juristische Ausdrucksfähigkeit zu trainieren indem man Fragen beantwortet. M.E. prägen sich Themen am besten ein, die man selbst mal diskutiert hat.

Man muss nur von Anfang an seine entsprechende Schüchternheit überwinden, die kann man sich später als Anwalt bei Konferenzen oder vor Gericht auch nicht leisten.
Ant-Man
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von Ant-Man »

Riven hat geschrieben:Nun ja, als Erstsemester besteht doch die Gefahr, wesentliche Dinge nicht oder falsch zu verstehen.
Diese Gefahr besteht in jedem Rechtsgebiet, zu dem man keine Vorlesung besucht, und ist damit keine Besonderheit, die nur für Erstsemester gilt.
Riven hat geschrieben:Das Problem an Lehrbüchern ist nun mal, dass man ihnen keine Fragen stellen kann.
Dann muss man Dinge in anderen Lehrbüchern/Kommentaren/Aufsätzen/Rechtsprechungsnachweisen nachschlagen.
Riven hat geschrieben:Eine persönliche Leistungskontrolle ist damit nur schwer möglich.
Dafür gibt es Kontrollfragen und Falllösungen.

Aber wie Swann bereits hingewiesen hat, sollte man den Sinn des Vorlesungsbesuchs nicht allein auf die Wissensvermittlung beschränken (auch wenn dies sicherlich das primäre Ziel ist), sondern auch die Kontaktmöglichkeit zu den Mitstudenten insbesondere vor und nach der Vorlesung bedenken.
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von Trente Steele82 »

Aber Vorsicht vor den vielen Pflaumen, die da rumsitzen, manche sind nur zum rumalbern da :D
"Ich bin ein Freund der privaten Passivitäten, bin also ein fauler Mensch, der versucht seine Intelligenz einzusetzen, um weiterhin faul zu bleiben zu können." (Benno Heussen)
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Vortex
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von Vortex »

Ich hätte da als Erstsemester das Problem gehabt, beim Lehrbuch nicht wirklich zwischen wichtig und unwichtig filtern zu können bzw. was brauche ich für die Klausur und was nicht. Es gibt Dinge, die sind im Lehrbuch lang und breit dargestellt (das muss natürlich eine gewisse Wissenschaftlichkeit vorweisen), sind aber für dich als Student nicht wichtig (oft aber nicht immer sind das die ersten Kapitel), dann kann es wiederum Kleingedrucktes oder Kurzgefasstes geben, das superwichtig ist. Bei Skripten stellt sich das Problem weniger, da sehe ich aber die Gefahr, dass man von Anfang an zu oberflächlich an die Sache rangeht, wenn man gleich mit Skripten anfängt und noch nie ein Lehrbuch von innen gesehen hat.

TL;DR: Vorlesungen finde ich immer gut als Leitfaden dafür, was man selbstständig mit Hilfe von Lehrbüchern nacharbeiten muss. Heißt nicht, dass sich jede Vorlesung lohnt, es kommt wie immer darauf an.
chaosm21
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von chaosm21 »

Gut, vielen Dank :)
Dann probiere ich es erstmal mit den Vorlesungen.
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Tibor
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von Tibor »

Das Konzept Universität, auf welches du dich eingelassen hast, geht im Idealfall von Vorlesungen, Seminaren, Übungen bzw Tutorien aus. Das Buch ist bei Jura zwar sehr wichtig, wird i.d.R. die vorgenannten Lehrformen aber nicht vollständig ersetzen können. Und in den ersten Semestern ist ein Studium zudem mehr als nur lernen, lernen und geprüft werden.
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von Franzie »

Ein weiter Punkt "Pro Vorlesung" könnte sich auch aus Deiner Prüfungsordnung ergeben: Wenn Du bereits am Ende Deines ersten Semesters Klausuren bestehen musst, könnte es sich lohnen, die entsprechenden Vorlesungen zu besuchen.
Ara: "Naja an TF sieht man halt, was passiert wenn man Franz Josef Wagner ein Gehirn geben würde.."
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von StudiVader315226 »

Ich erhebe Widerspruch!

Ich habe das gesamte erste Semester nur mit AGs und Lehrbüchern bestritten, und es ist durchaus sehr gut möglich. Die Kontrolle des Leistungsstandes bekommt man durch AGs, und Vorlesungen sind dann nicht nötig. Insbesondere konzentrieren sich die AGs vor allem auf klausurrelevante Probleme, so sind wir im Strafrecht AT erst bei Unterlassungs- und Fahrlässigkeitsdelikten in der letzten AG ein wenig unter Zeitdruck geraten.

Also... möglich ist es, und es besteht auch keine konkrete Gefährdung des Klausur- bzw. Examenserfolgs. Aber wer natürlich andere kennenlernen will, sollte öfter in die Uni.
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Phaidros
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von Phaidros »

Ara hat geschrieben:Ich hab nach 2/3 des 1. Semesters es sein gelassen mit den Vorlesungen.

Ab da ging ich nur noch zu ausgewählten Vorlesungen, wo der Dozent unterhaltsam war und es nicht völlig verschwendete Lebenszeit war. Das waren meist nicht mehr als 1-2 pro Semester dann.

Die persönliche Leistungskontrolle gab es dann in den Arbeitsgemeinschaften, zu denen ich dann aber auch konsequent immer hingegangen bin, weil die mir wirklich was gebracht haben.
+1

Ja, die Universität ist im Idealfall die Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden, die ein forschendes Lernen ermöglicht. Der Diskurs zwischen beiden setzt Präsenz voraus.
Aber die juristischen Vorlesungen sind eine ziemlich pervertierte Version dessen. Der von außen vorgegebene Stoff lässt für eine individuelle Gestaltung fast keinen Raum. Jedenfalls in Vorlesungen ist die Einheit von Forschung und Lehre eine Fiktion.

Ich habe Arbeitsgemeinschaften und schon früh Seminare besucht und im Übrigen die Zeit für ein paralleles Studium genutzt, in dem der Besuch jeder Lehrveranstaltung wirklich sinnvoll und gewinnbringend war.
"ὁ ... ἀνεξέταστος βίος οὐ βιωτὸς ἀνθρώπῳ"
chaosm21
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von chaosm21 »

Ich habe mich letztlich nach wenigen Wochen von den Vorlesungen verabschiedet. Stattdessen in den AGs richtig gut mitgearbeitet und viel in der Bib mit Büchern gelernt. Die Methode scheint sehr gut zu funktionieren und bringt auch noch Spaß. Hätte ich nach der qualvollen Schulzeit nicht gedacht. :D
Wobei man sagen muss, dass- soweit ich es mitbekommen habe- die Vorlesungen didaktisch sehr gut und die Professoren erstaunlich motiviert waren. Aber wenn es die falsche Lernmethode für einen ist, bringt das auch nichts.
LadyTania
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Re: 1.Semester ohne Vorlesungen

Beitrag von LadyTania »

chaosm21 hat geschrieben:Aber wenn es die falsche Lernmethode für einen ist, bringt das auch nichts.
Das ist meiner Meinung nach genau die richtige Einstellung. Man sollte den richtigen Weg für sich selbst finden und
nicht immer das tun, was alle anderen tun.
Ich bin jetzt im 4. Semester und bin seit der ersten Hälfte des ersten Semesters ausschließlich für Klausuren in der Uni.
Und bis jetzt kam ich durch alles problemlos durch.
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