Erstes Semester retten

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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Jora
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Erstes Semester retten

Beitrag von Jora »

Hey Leute,

studiere seit diesem WS Jura. Anfangs kam ich ganz gut mit in den Vorlesungen und auch die AGs machten Spass. Nebenbei hab ich auch viel gelernt und mit Skripten Staatsorga/Bgbat und Strafrecht AT durchgearbeitet. Anfang Dezember wollte ich dann mit Gutachten anfangen. Leider wurde ich dann anfang Dezember richtig krank. Habe eine komplette Woche die Uni verpasst und lag bis jetzt komplett flach im Bett. Kein Meter gelernt. Seit drei Wochen !

Montag beginnt wieder die Uni. Und ich werde dann wieder Gesund sein. Leider bringen meine AGs bis auf Staatsorga nichts. Die AG Leiter behaupten auch oft Dinge, welche nicht stimmen. Sie erzählen uns Sachen, wo selbst der Professor einen mit großen Augen anstarrt. :eeeek: Kann jeder einfach so AG Leiter werden? Eig wollte ich in den Weihnachtsferien ganz viele Gutachten schreiben, damit ich dann gut vorbereitet in die Uni fahren kann. Leider ist das jetzt ins Wasser gefallen!

Mein Plan ist folgender. Anstatt in die Uni zu fahren und mir Vorlesungen/Ags zu geben, will ich die nächstem zwei Wochen komplett zuhause bleiben. Morgens aufstehen und dann Fälle, Fälle, Fälle. Solange bis das ganze in Fleisch und Blut übergeht. Die Klausuren sind im Februar und ich kann überhaupt kein Gutachtenstil anwenden. Ich hab deswegen ein total schlechtes Gewissen und möchte erstmal Fuß fassen, bevor ich wieder in die Uni fahre. Habe auf der anderen Seite Angst mich damit zu verrennen und damit endgültig die Sache zu versenken! Was meint ihr? Nach 2 Wochen habe ich dann alle Definitionen drauf und beherrsche einigermaßen die wichtigste Fälle der drei Rechtsgebiete. So sitze ich einfach entspannter in den Vorlesungen, wenn der Prof in einer BGB AT Vorlesung übers FamR spricht oder der AG Leiter von seinem tollen Job.
julée
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von julée »

Sooo kompliziert ist der Gutachtenstil nun auch wieder nicht. Gehe in die Vorlesungen, damit Du nicht noch mehr Vorlesungsstoff verpasst (und etwaige Tipps für Klausuren). Und wenn Du Dich 2-3 Nachmittage ernsthaft hinsetzt und den Gutachtenstil übst, dann sollte das ausreichend sein. An besten lernt man das ohnehin "nebenbei", dh in Rahmen der normalen Klausurvorbereitung. Erst wieder in die Uni zu gehen, wenn Du Dich gut vorbereitet fühlst, ist m. E. Quatsch und vermutlich auch nicht erfolgversprechend.
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OJ1988
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von OJ1988 »

Würde da auch erstmal ne Ecke Panik abbauen, bevor man anfängt. Das ist kein Hexenwerk.

Und bevor du dich im kleinen Kämmerlein einschließt: Schreib doch einfach mal ein kleines Gutachten zu einem Fall aus einem Fallbuch aus und geb das einem AG-Leiter mit der Bitte um Durchsicht (nicht bzgl. des Inhaltes, nur bzgl. des Gutachtenstils). Mehr als ein "Nein, mach ich nicht" hast du da nicht zu befürchten.
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Ara
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von Ara »

Jora hat geschrieben:Nach 2 Wochen habe ich dann alle Definitionen drauf und beherrsche einigermaßen die wichtigste Fälle der drei Rechtsgebiete. So sitze ich einfach entspannter in den Vorlesungen, wenn der Prof in einer BGB AT Vorlesung übers FamR spricht oder der AG Leiter von seinem tollen Job.
Ergänzend zu den Vorschlägen von julée und OJ1988:

Die Herangehensweise an die Klausur ist schon falsch. Man mag damit tatsächlich in den ersten Semester (sogar mit guten Noten) durchkommen, mit Blick auf das große Ganze ist das aber wenig sinnvoll. Ziel am Ende eines Semesters sollte es nicht sein "die einigermaßen wichtigsten Fälle" zu beherrschen. Im Optimalfall kannst du am Ende vom 1. Semester einen dir unbekannten einfachen BGB AT Fall sinnvoll lösen. Dazu brauchst du einfach nur theoretisches Wissen und den Gutachtenstil. Als Jurist kriegst du doch in jeder Vorlesung und in jeder AG den Gutachtenstil eingetrichtert. Den lernt man in der Regel wirklich "nebenbei", weil man ihn einfach immer wieder macht. Bei den meisten Definitionen ist es das gleiche und selbst Aufbauschemata wiederholen sich am Ende immer wieder (Ausnahme mag hier Strafrecht sein, wo tatsächlich Definitionen und Schemata auswendigzulernen sind). Von daher: Einfach weiter mit Lehrbüchern/Skripten/Vorlesung die theoretischen Grundlagen einmal erarbeiten. Nebenbei in den AGs die Falllösung einstudieren und 2 Wochen vor der Klausur anfangen selbstständig Fälle zu lösen (Ich hatte da "Lernen mit Fällen" von Schwabe in den ersten Semestern einfach einmal durchgehauen. Da wiederholt man die wichtigste Theorie, lernt nebenbei den Gutachtenstil und hat die wichtigsten Schemata einmal gesehen).

"3 Wochen" zu "verlieren" ist nichts, um das man sich sorgen machen muss. Es geht in Jura am Ende nicht um 3 Wochen mehr oder weniger.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Jora
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von Jora »

Danke für die zahlreichen Antworten!

Stimmt es eigentlich, dass die BGB AT Klausur einer der schwersten Jura Klausuren ist im Grund/Hauptstudium ?
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Ara
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von Ara »

Nein
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von Tobias__21 »

Ara hat geschrieben:Nein
+1
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StudiVader315226
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von StudiVader315226 »

Tobias__21 hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:Nein
+1
+1, außer du hast Jörg Neuner (in Augsburg) als Professor. Aber wenn du ihn haben solltest: Nutze die Chance und lerne BGB so gründlich wie kaum ein anderer Student der Republik!
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von julée »

Jora hat geschrieben:
Stimmt es eigentlich, dass die BGB AT Klausur einer der schwersten Jura Klausuren ist im Grund/Hauptstudium ?
Objektiv: nein. Allerdings: Es ist natürlich eine der ersten Klausuren im juristischen Studium, so dass man alles andere (Gutachtenstil, juristisches Denken, Zeitmanagement usw.) auch noch nicht so gut beherrscht wie bei späteren Klausuren, so dass die Klausuren am Ende des ersten Semesters sicherlich subjektiv im Moment des Schreibens auch nicht die einfachsten Klausuren sind.
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von Jora »

Ich weiß nicht was los ist. Ich hab dieses Studium total motiviert gestartet und wollte unbedingt durchstarten. Hab auch sehr viel gelernt das ganze Semester über. Dienstag geht die erste Klausur los (Strafrecht).

Habe heute keinen einzigen Fall auf die Kette bekommen im Strafrecht. Nie passte meine Lösung mit der Lösungsskizze überein. Ich bin total fertig grade und habe Angst komplett in Jura zu scheitern. Das wäre so peinlich ich hab doch soviel gelernt :( Bin grade echt ein wenig am Ende und habe das Gefühl auf einem Meer ohne Land in Sicht zu treiben :(
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von OJ1988 »

Ganz ruhig bleiben, das sind alles nur Trockenübungen. Niemand wird sich jemals für diese Klausuren interessieren.
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JulezLaw
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von JulezLaw »

Da kann ich OJ nur zustimmen und hinzufügen: Bis auf ganz wenige Ausnahmen geht es allen anderen genauso. Und die Korrektoren wissen das auch. Mach dir keine zu großen Sorgen, das wird schon :)
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von Jora »

Danke für den Zuspruch :) Ich bin halt sehr ehrgeizig und engagiert. Ich studiere Jura nicht aus Prestigegründen. Die Materie macht mir sehr viel Spaß, es war immer mein großer Traum Jura zu studieren. Wenn man dann aber 4 Tage vor der Klausur 6 Stunden lernt und keinen einzigen Fall auf die Reihe bekommt, fängt man einfach an, an seiner Eignung zu zweifeln. Und das tut echt weh!

https://www.google.de/url?sa=t&source=w ... ia0ZVQHPfw

Diesen Fall habe ich heute zum Beispiel gemacht. Ich war mir sehr sicher, dass es kein 212er wegen eines atypischen Kausalverlaufs in der objektiven Zurechnung ist (schlechte operative Nachgebleitung Krankenhaus) und habe dementsprechend Prüfung beendet und 223 weiterprüft (mit Bejahung)*. Als ich dann die Lösungsskizze aufgemacht habe war ich einfach frustriert und traurig. Ich hoffe morgen wird ein besserer Tag.

*223, 212, 303 mehr sollen wir nicht prüfen im ersten.
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von OJ1988 »

Ein wesentlicher Teil eines erfolgreichen Jurastudiums besteht darin, mit solchen Frustrationserlebnissen - die, um es gelinde zu sagen, "nicht ausbleiben" - so umzugehen, dass sie einen nicht demotivieren, sondern anspornen.
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JulezLaw
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Re: Erstes Semester retten

Beitrag von JulezLaw »

Jora hat geschrieben: Diesen Fall habe ich heute zum Beispiel gemacht. Ich war mir sehr sicher, dass es kein 212er wegen eines atypischen Kausalverlaufs in der objektiven Zurechnung ist (schlechte operative Nachgebleitung Krankenhaus) und habe dementsprechend Prüfung beendet und 223 weiterprüft (mit Bejahung)*. Als ich dann die Lösungsskizze aufgemacht habe war ich einfach frustriert und traurig. Ich hoffe morgen wird ein besserer Tag.
Persönlich halte ich das auch für zumindest vertretbar, wenn es entsprechend ordentlich begründet wird. Das kostet dich also mE nicht den Kopf.

Zumal ich eine Lösungsskizze, die sowas
S hat sich gemäss § 212 I des Totschlags strafbar gemacht
schreibt, ohnehin suspekt finde. Sowas streiche ich an ;)
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