abkuerzungen examensgutachten?

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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Tibor
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von Tibor »

In der Regel kann man sich bei solchen "unvertretbaren" Aussagen darauf berufen, dass diese Aussage dann nicht begründet ist: "Die Überlegung des Verf. wäre nur noch dann vertretbar, wenn die deutlichen Abweichungen zur Auffassung der st. Rspr. und der h.A. in der Lit. begründet worden wären. Der Verf. behauptet jedoch lediglich, was nur auf mangelnde Kenntnis in Bezug auf ... zurückzuführen sein kann."
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Flash
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von Flash »

julée hat geschrieben:M. a. W.: man sollte sich als Korrektor, auch wenn man etwas so wirklich unterirdisch schlecht findet und das gerne auch in deutlichen Worten niederschreiben möchte, sicherheitshalber immer noch ein Wort der Relativierung abringen.
Eigentlich reicht es vollkommen aus, wenn man neutral anmerkt, ob der Kandidat etwas zutreffendes und die Falllösung weiterführendes geschrieben hat oder ob (und ggf. warum) dies nicht der Fall ist. Wer das Bedürfnis verspürt den - in der Regel ohnehin schwachen - Kandidaten "deutliche Worte" mit auf den Weg zu geben, sollte eine Runde um den Block laufen und erst dann die Anmerkung verfassen.
Niederegger hat geschrieben:@ Flash: Danke! Banale Erkenntnisse sind ja darum nicht weniger beherzigenswert. ;) Fachliche Mißbilligung drücke ich meistens eher mit "unzutreffend", "widersprüchlich", "Verständnismangel" o. ä. aus - bis jetzt unbeanstandet.

Zum Überdenken meiner Bewertung im Verfahren nach § 14 BayJAPO bin ich bisher nur einmal gebeten worden - verständlicherweise bei einer mit mangelhaft bewerteten Arbeit. Das ist natürlich keine belastbare statistische Basis...
"Widersprüchlich" ist ja auch rein sachlich und völig ok. Komischerweise fanden die Verwaltungsrichter, mit denen ich sprach, zwar "falsch" ganz schlimm, "unzutreffend" hingegen hat keinem Bauchschmerzen bereitet. Den entscheidenden Unterschied zwischen beidem sehe zumindest ich nicht so wirklich... Aber ich finde ja auch "falsch" in Ordnung, solange es stimmt.

Dir jedenfalls Danke für den Hinweis auf § 14 IV 2 BayJAPO, den ich bisher nicht kannte. In Hessen wird es mit dem Überdenkungsverfahren genauso gehandhabt, aber ohne ausdrückliche Regelung auf Verordnungsebene.
Die Beurteilung, ein Antrag im Sinne des § 24 Satz 1 BVerfGG sei offensichtlich unbegründet, setzt nicht voraus, daß seine Unbegründetheit auf der Hand liegt; sie kann auch das Ergebnis vorgängiger gründlicher Prüfung sein. (BVerfGE 82, 316)
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von julée »

Interessant, dass ihr alle drei mit "deutlichen Worten" (mitunter ernsthafte) Beleidigungen verknüpft. ;) Ich würde darunter vielmehr eine sachliche, glasklare "Problembeschreibung" verstehen, die jedoch mit den verwendeten Steigerungsformen ("völlig", "unverständlich", "absolut", usw.) leicht übers Ziel hinausschießt und das ein oder andere "eher" missen lässt... Und ja, der Gang um den Block sollte man besser wagen.

Die Differenzierung zwischen "falsch" und "unzutreffend" erschließt sich mir nun nicht. Beides heißt "Nein, das ist nicht richtig". :-k
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von Niederegger »

Nein, ich meine mit unzutreffend auch nichts anderes. Aber da "falsch" ja ein durch die Prüfungsrspr. sehr verminter Begriff ist, klingt "unzutreffend" demgegenüber vielleicht noch etwas mehr nach sachlich-unaufgeregtem Abstand zu den Dingen - hoffe ich jedenfalls... Eigentlich ist es für mich also nur eine Frage der persönlichen stilistischen Optimierung der Bewertungsbegründung - so wie "die Bearbeitung erkennt" statt weniger schön "D. Verf. erkennt..."
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von OJ1988 »

"Die Bearbeitung erkennt" empfinde ich als Stilblüte. Die Klausur hat ja einen Verfasser.
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von Niederegger »

Da haben wir ein divergierendes stilistisches Schmerzempfinden... Mir macht "Verf./D. Verf./ Die/der Verfasser(in)" größere Bauchschmerzen. Aber jeder wie er mag.
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von julée »

OJ1988 hat geschrieben:"Die Bearbeitung erkennt" empfinde ich als Stilblüte. Die Klausur hat ja einen Verfasser.
oder eine Verfasserin ;)

Da lese ich lieber "Die Bearbeitung (...)" als "Der Verfasser" oder noch schlimmer dieses unentschlossene, entstellte "D. Verf." Aber das ist wohl wirklich eine Geschmacksfrage.

@Niederegger: ich persönlich verwende auch eher das Wort "unzutreffend" - aber bei der Prüfungsanfechtung sollten m. E. derartige persönliche Vorlieben keine Rolle spielen. Entweder darf man "unzutreffend" oder "falsch" schreiben oder keins von beidem.
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von Niederegger »

Einverstanden. Aber vielleicht unterbindet dieses etwas farblosere "unzutreffend" von vornherein eine (erfolglose) Anfechtung, wo es "falsch" im Hinblick auf die bekannten Leitsätze des BVerfG eher provoziert hätte, wer weiß? ;) Im Grunde kann ich mich ja nicht über eine überbordende Anfechtungslast beklagen. Einmal überdenken in jetzt schon nicht mehr ganz wenigen Jahren Klausurenlesen ist sicher nicht zuviel.
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Bin ich hier ein Exot, wenn ich regelmäßig meine Voten in direkter Anrede schreibe? Also zum Beispiel: "Sie übersehen..." oder "Die Klausur wirft die Frage auf, ob [...] hierzu nehmen Sie aber nur am Rande Stellung...".
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von JulezLaw »

Einwendungsduschgriff hat geschrieben:Bin ich hier ein Exot, wenn ich regelmäßig meine Voten in direkter Anrede schreibe? Also zum Beispiel: "Sie übersehen..." oder "Die Klausur wirft die Frage auf, ob [...] hierzu nehmen Sie aber nur am Rande Stellung...".
Nope, so mache ich das auch :)
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Re: abkuerzungen examensgutachten

Beitrag von julée »

Einwendungsduschgriff hat geschrieben:Bin ich hier ein Exot, wenn ich regelmäßig meine Voten in direkter Anrede schreibe? Also zum Beispiel: "Sie übersehen..." oder "Die Klausur wirft die Frage auf, ob [...] hierzu nehmen Sie aber nur am Rande Stellung...".
Ich habe da zugegebenermaßen ein Trauma aus Schulzeiten - eine Lehrerin schrieb gerne: "julée, Du hast (...)". Damit wollte ich bei meinen (gleichfalls geduzten) Erstsemestern nicht anfangen und habe es auch beibehalten, mag es auch ein wenig unpersönlicher klingen. Bei den Voten im Examen kann ich mich nicht entsinnen, eine persönliche Ansprache gelesen zu haben - es ist ja auch ein Votum über die Bearbeitung und kein Schreiben im eigentlichen Sinne an den/die Verfasser(in).
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JulezLaw
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Re: abkuerzungen examensgutachten

Beitrag von JulezLaw »

julée hat geschrieben:
Einwendungsduschgriff hat geschrieben:Bin ich hier ein Exot, wenn ich regelmäßig meine Voten in direkter Anrede schreibe? Also zum Beispiel: "Sie übersehen..." oder "Die Klausur wirft die Frage auf, ob [...] hierzu nehmen Sie aber nur am Rande Stellung...".
Ich habe da zugegebenermaßen ein Trauma aus Schulzeiten - eine Lehrerin schrieb gerne: "julée, Du hast (...)". Damit wollte ich bei meinen (gleichfalls geduzten) Erstsemestern nicht anfangen und habe es auch beibehalten, mag es auch ein wenig unpersönlicher klingen. Bei den Voten im Examen kann ich mich nicht entsinnen, eine persönliche Ansprache gelesen zu haben - es ist ja auch ein Votum über die Bearbeitung und kein Schreiben im eigentlichen Sinne an den/die Verfasser(in).
Das halte ich sogar für einen guten Grund.
Ich korrigiere allerdings in erster Linie Rep-Klausuren, in denen ich auch entsprechend viele individualisierte Tipps gebe. Da finde ich es angebrachter, den Verfasser selbst anzusprechen.
In Uni-Klausuren mache ich das aber auch wie du.
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Einwendungsduschgriff
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Bislang habe ich das immer so gehalten. Ich duze aber auch freilich keinen Kursteilnehmer. Examensklausuren korrigiere ich nicht.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von julée »

Man kann zudem auch sagen, dass man auch immer nur beurteilen kann, was jemand konkret geschrieben hat und kann gar keine Aussagen dazu treffen, ob der Bearbeiter generell das Trennungs- und Abstraktionsprinzip verstanden hat oder ob es nur ein Ausnahmefehler war. Und basierend auf 3 Zeichensetzungsfehlern gesagt zu bekommen, man beherrsche die Zeichensetzung nicht, halte ich für leicht anmaßend.

Ausdrückliche individualisierte Tipps, da hast Du recht, lassen sich in größerer Anzahl natürlich am besten in Verbindung mit der persönlichen Ansprache geben - da würde ich aber auch den Stilbruch für hinnehmbar halten.
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Einwendungsduschgriff
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Re: abkuerzungen examensgutachten?

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

julée hat geschrieben:Man kann zudem auch sagen, dass man auch immer nur beurteilen kann, was jemand konkret geschrieben hat und kann gar keine Aussagen dazu treffen, ob der Bearbeiter generell das Trennungs- und Abstraktionsprinzip verstanden hat oder ob es nur ein Ausnahmefehler war. Und basierend auf 3 Zeichensetzungsfehlern gesagt zu bekommen, man beherrsche die Zeichensetzung nicht, halte ich für leicht anmaßend.
Solche Anwürfe zu vermeiden ist natürlich selbstverständlich. Und in der Tat: ich verwende dann auch häufig genug "Ihre Bearbeitung", wenn es um die Vermeidung verabsolutierender Kritik geht.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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