Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

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Gelöschter Nutzer

Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo,

hoffe hier kann mir jemand weiterhelfen:
Im Rahmen einer Prüfungsvorbereitung sollen wir uns über folgenden Sachverhalt Gedanken machen:

Wie prüft man den Anspruch eines minderjährigen Kindes auf Entschädigung von Firma X aufgrund der durch die Tötung der Mutter entgangenen Unterhaltsansprüche gegen die Mutter gem. §844 II i.V.m. §831 BGB.

Zu welchem Ergebnis ich komme ist mir bewusst, allerdings schwebe ich bezüglich der Tatbestandlichen Prüfungspunkte völlig im Dunkeln. ](*,) ](*,)

Hat vllt. jemand eine möglich Prüfreihenfolge für den §844 II i.V.m. §831 I BGB?
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Vortex
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Vortex »

Ich würde § 844 II BGB auf der Rechtsfolgenseite prüfen, also ganz normal deine Anspruchsgrundlage prüfen und am Ende "Haftungsumfang" o.ä.

Falls es vertretbar sein sollte, § 844 II als eigene Anspruchsgrundlage anzusehen, könnte man auch inzident prüfen, ob jmd. Ersatzpflichtiger iSd. Norm ist und da dann § 831 einbauen.
Ich würde glaub ich aber bei 1. Variante bleiben, ist auch übersichtlicher.
Tobias__21
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Tobias__21 »

Letzteres ist richtig. Die §§ 844 I und II sind eigene Anspruchsgrundlagen!

Mit § 831 kann man hier doch gar nicht anfangen, da fehlt es doch schon an der Rechtsgutsverletzung des Kindes, oder steh ich auf dem Schlauch? Es wurde ja die Mutter getötet und unmittelbar an einem Rechtsgut (Leben) geschädigt. § 844 gibt dann ausnahmsweise dem mittelbar Geschädigten, hier: Kind, einen eigenen Anspruch.
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Vortex
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Vortex »

Dass der Abs. 2 nach allg. Meinung eine eigene Anspruchsgrundlage ist, hab ich nicht gewusst, dann ist das natürlich der einzig richtige Aufbau.

Bzgl. der Rechtsgutverletzung: Ich hatte hier § 1922 I BGB im Kopf, hab damit aber wahrscheinlich die Frage etwas zu extensiv ausgelegt...
Honigkuchenpferd
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Tobias__21 hat geschrieben:Letzteres ist richtig. Die §§ 844 I und II sind eigene Anspruchsgrundlagen!

Mit § 831 kann man hier doch gar nicht anfangen, da fehlt es doch schon an der Rechtsgutsverletzung des Kindes, oder steh ich auf dem Schlauch? Es wurde ja die Mutter getötet und unmittelbar an einem Rechtsgut (Leben) geschädigt. § 844 gibt dann ausnahmsweise dem mittelbar Geschädigten, hier: Kind, einen eigenen Anspruch.
§ 844 II BGB gibt zwar einen eigenen Anspruch, § 831 I BGB wird aber insofern gebraucht, als eine Haftung aus § 844 II BGB nur möglich ist, wenn mit Blick auf den Getöteten eine deliktische Einstandspflicht nach §§ 823 ff. BGB an sich gegeben ist (d.h. wenn man darüber hinwegsieht, dass der Betreffende getötet wurde). Diese Einstandspflicht kann sich dann eben auch aus § 831 I BGB ergeben, wenn es um den Schaden geht, den ein Verrichtungsgehilfe angerichtet hat.
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Vortex
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Vortex »

Ich glaube, dass das Tobias__21 klar ist ;) Es geht ja eher darum, ob man mit den Voraussetzungen von § 844 II BGB anfängt und § 831 BGB inzident prüft oder ob man mit den Voraussetzungen von § 831 BGB anfängt und hintendran die Voraussetzungen von § 844 II BGB prüft.

Ich würde meinen, wenn man dem Korrektor deutlich macht, dass sich § 831 BGB auf die Mutter als Geschädigte bezieht und nicht auf das Kind wäre es okay mit den Voraussetzungen von § 831 BGB anzufangen, um diesen Schachtelaufbau zu vermeiden oder was meint ihr? (in dem Fall wäre der Aufbau ja gar nicht so sehr verschachtelt, aber ich finde Inzidentprüfungen generell halt eher hässlich).
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Okay, ich hatte "gar nichts anfangen" gelesen. :)

Nein, in diesem Fall sollte man m.E. inzident prüfen, weil sonst unklar ist, wie man überhaupt dazu kommt, das Kind als Anspruchsteller anzusehen.
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Vortex
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Vortex »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:Okay, ich hatte "gar nichts anfangen" gelesen.
Ah ok :)
Honigkuchenpferd hat geschrieben:Nein, in diesem Fall sollte man m.E. inzident prüfen, weil sonst unklar ist, wie man überhaupt dazu kommt, das Kind als Anspruchsteller anzusehen.
Hm, ich hatte gedacht, das wird evtl. schon dadurch deutlich genug, dass man "§§ 844 II, 831 I BGB" schreibt oder so.

Im Gesellschaftsrecht lese ich auch immer bei § 128 HGB sowas wie "Dazu müsste zunächst ein Anspruch gegen die Gesellschaft bestehen", ohne dass jetzt explizit darauf eingegangen wird, dass Gesellschaftsverbindlichkeit ein Tatbestandsmerkmal von § 128 HGB ist. Naja, vllt. hat sich das in dem Bereich einfach irgendwann verselbstständigt.
Tobias__21
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Tobias__21 »

:) Ich würde auch einfach den § 844 prüfen. Die Voraussetzungen sind ja in der Norm vorgegeben. Unter "Ersatzpflichtige" kann man dann den § 831 unterbringen und dann hat man doch eine stringente Prüfung am Gesetz. Mir persönlich wäre das zu heiß irgendwie den § 831 isoliert zu prüfen und beim Anspruchsumfang den § 844 zu bringen. Das ist doch eigentlich auch falsch, weil contra legem, oder? Ich wüsste auch gar nicht wie ich das richtig deutlich machen soll was ich da grade prüfe und warum, das wird doch noch holpriger als eine Inzidentprüfung und nachher schreibt der Korrektor an den Rand man hätte den Anspruch eines Toten geprüft, oder sowas :)
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Vortex hat geschrieben:Hm, ich hatte gedacht, das wird evtl. schon dadurch deutlich genug, dass man "§§ 844 II, 831 I BGB" schreibt oder so.
Wenn sich das aus der zitierten Anspruchsgrundlage hinreichend deutlich ergibt, würde ich es akzeptieren, auch wenn ich einen anderen Aufbau grundsätzlich bevorzugen würde. Wir hatten dich in dem Punkt aber offenbar auch nicht so ganz richtig verstanden. Letztlich geht es dir ja dann auch nicht darum, § 831 I BGB irgendwie isoliert voranzustellen, sondern du willst nur dessen Voraussetzungen im Rahmen des § 844 II BGB an erster Stelle erörtern.
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Vortex »

Tobias__21 hat geschrieben: Ich würde auch einfach den § 844 prüfen. Die Voraussetzungen sind ja in der Norm vorgegeben. Unter "Ersatzpflichtige" kann man dann den § 831 unterbringen und dann hat man doch eine stringente Prüfung am Gesetz. Mir persönlich wäre das zu heiß irgendwie den § 831 isoliert zu prüfen und beim Anspruchsumfang den § 844 zu bringen. Das ist doch eigentlich auch falsch, weil contra legem, oder? Ich wüsste auch gar nicht wie ich das richtig deutlich machen soll was ich da grade prüfe und warum, das wird doch noch holpriger als eine Inzidentprüfung und nachher schreibt der Korrektor an den Rand man hätte den Anspruch eines Toten geprüft, oder sowas
Ach was, Mut zur unsauberen Dogmatik! :) Ne, ihr habt ja Recht.
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Tobias__21 »

Ich hatte das so verstanden, dass Vortex § 831 isoliert prüfen will und im Rahmen des Haftungsumfangs, ähnlich wie beim Schmerzensgeld, den § 844 bringen will. Das dürfte aber mE tatsächlich falsch sein. Wir hatte mal eine Klausur, da ging es um § 844 I BGB. Bei dieser Klausur wurde der Anpruchssteller durch die selbe Handlung verletzt, der andere (Ehemann) starb an seinen Verletzungen. Ich meine es ist irgendwas explodiert, ein Heizofen o.ä, ist ja aber auch egal :) In der Besprechung kam zur Sprache, dass wohl sehr viele Bearbeiter bei § 823 bzgl der Verletzungen des Anspruchsstellers im Rahmen des ersatzfähigen Schadens die Beerdigungskosten mit in den Anspruch hineingenommen haben. Das wurde dann aber stark moniert und der Dozent hat nochmal extra darauf hingewiesen, dass der § 844 I eigenständig geprüft werden soll

EDIT:
Vortex hat geschrieben: Ach was, Mut zur unsauberen Dogmatik! :) Ne, ihr habt ja Recht.
OK :) \:D/
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Vortex »

Wie gesagt, eingangs dachte ich beim § 844 II BGB im Gegensatz zum Abs. 1 aus irgendeinem Grund, dass das wohl eher keine eigene Anspruchsgrundlage sei. Deshalb hab ich meine Meinung dann entsprechend abgewandelt ;)
Gelöschter Nutzer

Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Super vielen Dank schonmal für die super Hilfe bis hierher.

Diese Prüfreihenfolge ist wirklich sinnvoll. Die Tatbestandlichen Vorrausetzungen des § 831 I BGB sind mir bekannt.

Allerings tue ich mich etwas schwer mit den Tatbestandlichen Vorraussetzungen des §844 II BGB.

Meiner Meinung nach wären das folgende:


-Tot des Unterhaltspflichtigen
-Unterhaltspflicht gem§1601 BGB

-Verletzung des Unterhaltspflichtigen - Hier §831 I BGB

-Unterhaltspflicht zum Zeitpunkt der Verletzung


Wäre das eurer Meinung nach in Ordnung oder ist sind andere Prüfpunkte von Nöten?
Tobias__21
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Re: Entschädigung entgangener Unterhaltsansprüche

Beitrag von Tobias__21 »

1. Ersatzpflichtigkeit des X ggü der Mutter? , hier § 831
2. Tod der Mutter durch unerlaubte Handlung des X ?
3. Bestehen einer Unterhaltspflicht der Mutter ?
4. Entzug des Unterhalts durch Tötung? Hier: § 1615 I

Unter Vorbehalt aber :) Mit dem § 844 II hatte ich noch nie zu tun in einer Klausur. Aber käme er, würde ich es so machen
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