Abbruch Studium Wirtschaftsrecht / Wechsel zum Jurastudium

[DerLennMann]

Guten Abend an alle Juristen und Studierende,
zunächst stelle ich mich kurz vor. Ich bin 21 Jahre alt und habe gerade erfolgreich die Klausurenphase des 2. Semesters Wirtschaftsrecht (Bachelor, FH) abgeschlossen. Meine Noten sind durchweg sehr gut bis gut (Schnitt liegt aktuell bei rund 1,6). In der vorlesungsfreien Zeit, sprich jetzt im Februar, mache ich ein freiwilliges Praktikum in einer Anwaltskanzlei.
Jetzt zu meiner Frage / meinem Problem.
Während dieses Praktikums (gute 2 Wochen bis jetzt) habe ich den Anwaltsberuf für mich entdeckt. Bei den Gerichtsterminen fand ich auch die Ausübung des Richteramts sehr interessant. Jetzt habe ich Zweifel bekommen, ob Wirtschaftsrecht noch das richtige Studium für mich ist. Das Studium hat mich bis jetzt nicht gefordert, würde mich damit sogar eher als unterfordert bezeichnen. Im Zuge meiner Zweifel habe ich natürlich auch etwas im Internet recherchiert, wodurch meine Zweifel / der Wunsch zum Jurastudium zu wechseln noch bestärkt wurde.
Da ich schon 21 Jahre bin, möchte ich nicht mehr allzu viel Zeit "verschenken", da ich ja eh schon spät dran bin. Leider bieten sich mir jetzt nur noch zwei Universitäten an (Jena oder Erlangen/Nürnberg), an denen ich mich jetzt noch zum SS16 einschreiben könnte. Beide Universitäten sind relativ weit von meiner Heimatstadt entfernt.
Meine Frage an euch: Hat jemand Erfahrungen mit diesen Unis? Würdet ihr zum Sommersemester beginnen? Oder soll ich noch ein weiteres Semester Wirtschaftsrecht studieren? Wie steht ihr allgemein zum Konflikt Wirtschaftsrecht vs Jura? Hat vielleicht jemand von euch auch gewechselt? Wie schwierig ist das Jurastudium bzw. ist es realistisch dieses in der Regelstudienzeit abzuschließen, den entsprechenden Aufwand natürlich vorausgesetzt?

Vielen Dank für eure Tipps!

[Kasimir]

Mit 21 bist du sicherlich nicht zu alt. Ich habe nach 13 Schuljahren bis zum Abi und dem anschliessenden Zivildienst mit 21 angefangen und viel juenger konnte man kaum sein. Also mach dir wegen deines Alters keine Sorgen.

Mit einem abgeschlossenen Jurastudium hat man mehr Berufsoptionen, als mit einem FH-Studium im Wirtschaftsrecht. Wie gut dein derzeitiger Leistungsstand ist und inwieweit dich das fuer Jura befaehigt kann ich nicht sagen. Wie sind denn die 1,6 im Verhaeltnis zu sehen, d.h. was ist die Durchschnittsnote im Studiengang? Wie ist denn deine Abinote?

Jena ist meines Wissens eine durchaus beliebte Unistadt. Es wuerde allerdings auch nicht schaden, wenn du "erst" zum Wintersemester beginnst.

Viel Erfolg!

[OJ1988]

Zu den beiden Unis kann ich nichts sagen.

Im Sommersemester anzufangen, ist relativ undramatisch, hast halt idR nur etwas weniger Kommilitonen als im Wintersemester.

Ob du noch ein Semester Wirtschaftsrecht weiterstudierst, würde ich auch davon abhängig machen, ob du ggf. etwas anrechnen kannst (was ich nicht vermute, aber eben auch nicht weiß); da gälte es, bei den Unis nachzufragen.

Generell dürftest du als Volljurist viel bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Zur Frage, ob Jura "schwer" ist, vgl. hier: http://www.zeit.de/campus/2014/06/thoma ... dig-lernen

[Parabellum]

Da ich schon 21 Jahre bin, möchte ich nicht mehr allzu viel Zeit "verschenken", da ich ja eh schon spät dran bin.

Klar, es geht um Lebenszeit, und klar, man will eine einmal getroffene Entscheidung dann auch umsetzen. Aber, falls das für Dich entscheidend sein sollte - und das hört man ein bisschen so raus - Das Alter bei Studienanfang /-ende bzw. Berufseinstieg wird überschätzt.

Leider bieten sich mir jetzt nur noch zwei Universitäten an (Jena oder Erlangen/Nürnberg), an denen ich mich jetzt noch zum SS16 einschreiben könnte. Beide Universitäten sind relativ weit von meiner Heimatstadt entfernt.
Meine Frage an euch: Hat jemand Erfahrungen mit diesen Unis?

Persönliche Erfahrungen: Nein. Entscheidend ist aus meiner Sicht aber weniger der Ruf der konkreten Hochschule (auch wenn man sich da so Aspekte wie Bibliotheksausstattung, mögliche Schwerpunktbereiche, optionale Zusatzangebote usw. anschauen sollte), sondern vielmehr die Lebensqualität der Stadt. Ob die Städte da für Dich OK sind, kannst Du nur entscheiden, ebenso, wie wichtig Dir die Heimatnähe ist. Letztere wird aber ggf. mit Anfang 20 auch noch mal anders bewertet als ein paar Jahre später.

Würdet ihr zum Sommersemester beginnen?

Wieso nicht, wenn ansonsten alles passt?

Oder soll ich noch ein weiteres Semester Wirtschaftsrecht studieren? Wie steht ihr allgemein zum Konflikt Wirtschaftsrecht vs Jura? Hat vielleicht jemand von euch auch gewechselt?

Dazu fühlen sich möglicherweise andere berufener als ich. Als Nachfrage: Warum hast Du denn ursprünglich Wirtschaftsrecht studiert, bzw. was hattest Du da für Zukunftspläne?

[Trente Steele82]

Ich habe weder Erfahrung mit den genannten Unis noch mit dem genannten Konflikt zwischen den beiden Fächern. Aber als Idee: warum sich nicht die Zeit nehmen und gucken an welcher Uni man mit einem abgeschlossenen Wirtschaftsrecht wieviel auf ein Jurastudium angerechnet bekommt. Ich würde dann ernsthaft überlegen, das Wirtschaftsrechtstudium in Ruhe aber zügig zu Ende bringen und entspannt das Jurastudium anschließen. Entspannt deswegen, weil das was man in der Tasche hat, in der Tasche hat. Ich fand das immer sehr "anstrengend" daran zu denken, dass man im schlimmsten Fall aufs Abi zurückfällt. Und das Alter ist am Ende dann auch nicht mehr so entscheidend.

Zum SS Hals über Kopf wechseln würde ich auch nicht. Auf dieses eine Semester kommt es dann auch nicht mehr an.

Das ist jetzt nur das, was ich machen würde.

[DerLennMann]

Wow! Erstmal tausend Dank für die schnellen und hilfreichen Antworten!

Bezugnehmend auf die Antworten folgende Erklärungen. Wirtschaftsrecht habe ich angefangen zu studieren, weil mir sowohl BWL als auch Jura zugesagt hat. Die Mitte zu wählen war insofern der Weg des geringsten Widerstands bzw. ich musste mich von keiner meiner präferierten Studienrichtungen komplett verabschieden.
Mein Notenschnitt in Relation zum Durchschnitt ist auf jeden Fall an der Spitze anzusiedeln. Zu meinem Erstaunen sind die Durchfallquoten relativ hoch. Bei den bisherigen Klausuren war ich immer unter den besten 5 dabei.
Mir ist auch klar, dass man so eine Entscheidung nicht überstürzen sollte. Allerdings ist mir relativ klar, dass das Wirtschaftsrechtstudium für mich auf Dauer nicht befriedigend ist. Oben angesprochene "Unterforderung" (das ist auf keinen Fall arrogant oder wertend gemeint, sondern lediglich meine Feststellung) in Verbindung mit dem Problem im Vergleich mit Volljuristen in jeglicher Hinsicht schlechter positioniert zu sein.
Dass die Bedeutung des Alters bei Studien-/Berufseinstieg nicht so schwer wiegt, beruhigt mich ein wenig. Hier stellt sich mir jetzt nur in persönlicher Hinsicht noch die Frage, ob es sinnvoll ist ein gutes halbes Jahr zu warten. Einerseits kann ich mir natürlich im 3. Semester Wirtschaftsrecht weiteres Wissen aneignen, andernfalls verpuffen die Ergebnisse wohl in der Luft, da es sich nach meinen Recherchen als schwierig erweist, Noten anrechnen zulassen.

[davwm]

Bachelor Wirtschaftsrecht vs. Jurastudium ist in meinen Augen primär eine Entscheidung nach dem eigenen Risikoprofil. Jura dauert inklusive des 2. Staatsexamens ca. 6,5 bis 7 Jahre, während Bachelor Wirtschaftsrecht 3 Jahre und mit LLM maximal noch 1 Jahr dauert. Für überdurchschnittliche Juristen zahlt sich diese zusätzliche Ausbildungsdauer aber extrem aus. Unterdurchschnittliche Juristen wären evtl. mit einem Bachelor an FH besser dran gewesen. Wo genau die Linie verläuft - keine Ahnung...

Warum hast du dich denn damals für Wirtschaftsrecht statt Jura entschieden?

Auf jeden Fall solltest du dich noch etwas genauer informieren, bevor du so eine weit reichende Entscheidung triffst. Zum Beispiel ist es nicht richtig, dass du am Sommersemester nur an den beiden Unis anfangen kannst, es gibt mehrere Unis, die nicht zulassungsbeschränkt sind und an denen die Fristen noch laufen.
Genauso ist es sehr leicht zu recherchieren, wie die durchschnittliche Studiendauer bei Jura ist und wie untergeordnet die Bedeutung der Studiendauer im Vergleich zur Verteilung der Examensnoten und die damit verbundenen Berufsaussichten ist... Vor dem Hintergrund klingt das für mich gerade etwas nach einer sehr spontanen Überlegung, daher solltest du das vielleicht das Sommersemester nochmal weiter studieren und das Ganze überdenken, auf das eine Semester kommt es tatsächlich nicht mehr an.

[DerLennMann]

Irgendwie quält mich zudem die Vorstellung, mein Potenzial an der FH einfach nicht voll ausschöpfen zu können. Alternative Überlegung ist tatsächlich das Wirtschaftsrechtstudium durchzuziehen und dann Jura zu studieren... aber letztendlich wäre das ja dann nur zur Absicherung um etwas in der Tasche zu haben.

... Schwierige Situation und Überlegungen für mich im Moment. Für weitere Anregungen/Tipps/Hilfe/Infos bin ich dankbar!

[OJ1988]

Hast du mal überlegt, dich parallel einzuschreiben? Hängt natürlich von Sachen wie Anwesenheitspflichten ab. Wie es da in deinem Wirtschaftsrechtsstudium aussieht, weiß ich nicht, bei Jura muss man aber zwingend eigentlich nur zu den Klausuren auftauchen.

[DerLennMann]

Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Anwesenheitspflicht gibts an der FH nicht. Würde dann allerdings alleine schon um die neuen Kommilitonen kennenzulernen die Jura-Vorlesungen besuchen. Aber sobald ich mich für Jura eingeschrieben haben sollte, hätte sich Wirtschaftsrecht wohl erledigt. Denke nicht, dass sich beides gleichzeitig nebenher funktioniert.

[julée]

Wenn Du Jura wirklich studieren willst, dann bietet es sich m. E. an, spätestens zum WS zu wechseln und das Wirtschaftsrechtsstudium abzubrechen. Natürlich ist ein Jurastudium risikoreicher, aber solange man das Examen besteht und sich auch vorstellen kann, als Anwalt zu arbeiten, ist es sicherlich Jammern auf relativ hohem Niveau.

Umgekehrt weiß ich nicht, ob es klug ist, so überstürzt zum SS zu wechseln anstatt die Zeit zum Nachdenken zu nutzen und ggf. noch weitere Praxiserfahrungen u. ä. zu sammeln.

[Tibor]

Gibt es in der Nähe ggf eine Uni wo Jura angeboten wird? Bleibe noch im FH Studium, nimm dir aber bspw 2 zusammenhängende ganze Wochen, in denen du dich an der Uni einfach in Jura-VL der ersten 1-3 Semester setzt und in der zugehörigen Bibliothek durch paar Bücher (Lehrbuchsammlung) schmökerst. Dann hast du ggf einen besseren Überblick und lieber in Ruhe entscheiden und im WS bei einer Wunschuni anfangen, als jetzt am ungelegenen Ort adhoc einzusteigen.

[DerLennMann]

An dieser Stelle nochmal besten Dank für die super Tipps an Euch!
Zum WS an der Wunschuni anfangen ist eine gute Idee. Auch vorher ein paar Vorlesungen zu hören etc. ist bestimmt sinnvoll. Nur das halbe Jahr warten bis zum Studienbeginn bereitet mir Kopfzerbrechen.

[JulezLaw]

Was vielleicht auch eine Idee wäre, ist der Unternehmensjurist-Studiengang in Mannheim. Ich kenne deine Fächer jetzt nicht, aber vielleicht könntest du dir da einiges anrechnen lassen? Alternativ könntest du dich da nach dem Bachelorabschluss dann auch noch für den direkten Berufseinstieg entscheiden, falls es doch nicht deins ist - oder eben den Volljuristen durchziehen.

[DerLennMann]

Danke für den Hinweis. Wieder ein weiterer Ansatzpunkt zur Recherche, obwohl Unternehmensjurist erstmal auch schon wieder stark auf einen Bereich spezialisiert klingt. Würde eine allgemeine Ausbildung im klassischen Sinne vorziehen.

Vllt. gibt es hier ja jemanden, der den Wechsel von Wirtschaftsrecht zu Jura vollzogen hat und mit mir seine Erfahrungen teilen kann. Wie "krass" ist denn der Umstieg? Denke (und hoffe ), dass das Niveau deutlich höher ist?!