Irrungen und Wirrungen

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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aciv
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Irrungen und Wirrungen

Beitrag von aciv »

Hallo zusammen,

ich weiß gerade überhaupt nicht weiter. Mein Studium hat so gut ( von den Noten her)
angefangen. Ich bin jetzt am Anfang des 4 Semesters und habe erfahren, dass ich Strafrecht zum
2 Mal nicht bestanden habe. Ich würde gerne wissen was ihr dazu meint, ob ich einfach nur sehr viel
Pech habe oder etwas ganz grundsätzlich falsch mache. Ich bin jemand der gerne und sehr viel
lernt. Ich bin auch zielstrebig und lasse normalerweise nicht gleich den Kopf hängen, wenn mal
was nicht gut läuft. Gerade bei Strafrecht verstehe ich es nicht, ich finde dieses Fach so interessant!
Ich kann versichern, dass ich mich mit jedem Problem, welches in BT ist, vertraut gemacht habe.
Ich habe zu Hause selber Klausuren gelöst ( habe es sehr unter 'richtigen' Klausurbedingungen versucht auch
wenn es nicht zu 100 % ,möglich ist) Ich habe alle Altklausuren durchgearbeitet, die ich nur finden konnte...
ich habe, finde ich wirklich alles zur Vorbereitung gemacht was ich persönlich nur konnte.. und dann war mein
Problem 1) die Aufregung und 2) das einfach NICHTS von dem was man so als Schwerpunkt der Klausur in BT erwartet
drangekommen ist !!! Ich verstehe nicht, wofür gibt es denn diese für BT 'üblichen' Probleme wie Abgrenzung Raub / räuberische Erpresung, betrug etc wenn das so wieso nie dran kommt !! Vor allem habe ich auch in Altklausuren immer gesehen, dass sowas
immer dran gekommen ist... Ich verstehe, dass der Prüfer möchte, dass man lernt mit neuen Situationen umgeht und
nicht nur etwas was bekannt oder auswedig gelernt ist runterschreibt, da es im richtigen Leben später auch
nicht so sein wird, das ist mir völlig klar. Aber irgendwie muss die Klausur doch auch so konzepiert sein,
dass ein NORMALER MENSCH UND KEIN GENIE SIE BESTEHEN KANN, WENIGSTENS BESTEHEN ? Was bringt es denn dem Professor
extra etwas gemeines ( und genau das war der Fall) auszudenken damit mehr als die Hälfte durchfällt ??
Ich sehe für mich keinen Lerneffekt, weil ich alles in der Vorbereitung gemacht habe was ich nur konnte..

Meint ihr es bedeutet, dass Jura nichts für mich ist oder mache ich ein Fehler in der Vorbereitung?
Meint ihr StPO ist einfacher zu bestehen? Das wäre nämlich noch die einzige Möglichkeit..

Danke fürs lesen
Stalker
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Re: Irrungen und Wirrungen

Beitrag von Stalker »

Kann es sein, dass Du zu sehr Streitstände auswendig und zu wenig auf Systemverständnis lernst? Zumindest im Examen ist es üblich, dass neben 2-3 bekannten Streitständen auch Probleme eingebaut werden, die nicht hinlänglich bekannt sind, bei denen man aber dann mit eigenen Argumenten die fetten Punkte einholen kann. Und zumindest in den (damals) großen Scheinen war das auch zu meiner Zeit schon teilweise - je nach Prof - der Fall.

Da besteht dann die Gefahr, dass man (wenn man überwiegend Streitstände gelernt hat) reflexartig mit "Oh, das kenn ich." die Argumente runterleiert und übersieht, dass das Problem in der Klausur abgewandelt ist und die gelernten Argumente gerade nicht greifen. Ich würde mir an Deiner Stelle die Klausuren nochmal unter diesem Gesichtspunkt ansehen und ggf. nochmal mit den jeweiligen Korrektoren sprechen, was Dir jeweils das Genick gebrochen hat.
Sebast1an
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Re: Irrungen und Wirrungen

Beitrag von Sebast1an »

Weshalb hast du die Klausuren nicht bestanden? Was waren deine Fehler? Was hat der Korrektor im Votum kritisiert?
Ich bin auch nur ein Mensch. Genauso wie ein Weißer Hai auch nur ein Fisch ist. (Zlatan Ibrahimović)
mea parvitas
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Re: Irrungen und Wirrungen

Beitrag von mea parvitas »

Ich hole mal etwas weiter aus, da ich deinen Fall als Paradebeispiel für falsches Lernen sehe. In Frankreich würdest du wahrscheinlich ein Top-Examen machen. Es gibt 100 relevante Fälle und Fall 78 kommt dran.
In Deutschland gibt es 100 relevante Fälle und Fall 101 kommt dran.
Wer nicht induktiv und deduktiv arbeitet/arbeiten kann, wird es sehr schwer haben. Es kommt - wie von meinen Vorrednern schon angedeutet - nicht auf einzelne Streitstände, sondern auf das große Ganze an.
Du musst die Systematik und auch die Streitstände verstehen und nicht auswendig lernen. Hast du diesen Punkt irgendwann erreicht, kannst du dir das Problem selbst herleiten, dir Argumente überlegen und eigenständig diskutieren, nötigenfalls sogar ohne dass dir das Problem bekannt ist.
Du wirst jetzt sicher denken, dass du die Streitstände und die Systematik doch verstanden hast, schließlich hast du unzählige Stunden gelernt. Ich glaube, hier liegt der zweite Fehler. Zur Überprüfung: Schilder doch mal einem Laien die Abgrenzung zwischen Raub und räuberischer Erpressung. Bilde eigenständig Abwandlungen und schau, ob du unter den Fall subsumieren kannst und dir eventuell sogar neue (speziell für diesen Fall) geltende Argumente einfallen. Hinterfrag am besten immer, warum etwas problematisch ist, warum es eine Mindermeinung gibt, welche Konsequenzen der Streit haben kann.
Du musst den abstrakten Streit auf jede x-beliebige Abwandlung übertragen können (induktiv). Sicherlich nicht mit einem 100%ig korrekten Ergebnis, aber zumindest mit einem vertretbaren.
Genau so wichtig ist es, dass du aus Urteilen die du liest, verallgemeinerungsfähige Schlüsse ziehen kannst (deduktiv).
Nur so verstehst du den Streit und kannst ihn systematisch in das große Ganze eingliedern.

Ich weiß, das war jetzt alles sehr abstrakt und verallgemeinert. Aber vllt hilft es dir ja.
Brainiac
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Re: Irrungen und Wirrungen

Beitrag von Brainiac »

Stalker hat geschrieben:Zumindest im Examen ist es üblich, dass neben 2-3 bekannten Streitständen auch Probleme eingebaut werden, die nicht hinlänglich bekannt sind, bei denen man aber dann mit eigenen Argumenten die fetten Punkte einholen kann.
Kann ich genau so unterschreiben.
Insofern stimme ich meinen Vorrednern zu, dass man tendenziell besser fährt, sich das System und die Dogamtik des jeweiligen Rechtsgebiets anzueignen, anstatt auswendig zu lernen, ohne wirklich zu durchdringen, warum das Problem so oder so gelöst wird.
Aber über das inhaltliche Lernen des TE im hier vorliegenden Fall ist doch nichts bekannt. Der Schluss auf eine dahingehend falsche Vorbereitung mag nahe liegen, zwingend ist er nicht.

aciv, komm erst mal kurz runter. Die Aufregung schien ja beim Verfassen deines Postings noch groß zu sein. Betrachte dann das Votum deines Korrektors selbstkritisch. Wo liegen deine Fehler?
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aciv
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Re: Irrungen und Wirrungen

Beitrag von aciv »

Wahrscheinlich habe ich tatsächlich hauptsächlich Streitstände gelernt...
Aber ich muss sagen, dass bei der Klausur einanderes Problem war.
Klingt jetzt etwas lächerlich, aber es musste eine Kettenanstiftung geprüft
werden und ich hatte noch nicht mal Ahnung, dass es diese gibt. Ich war zwar
vorbereitet, dass Sachen aus AT dran kommen, das war etwas , was ich einfach
nicht kannte und dann auch in der Aufregung nicht irgendwie drauf kommen konnte.

Und wenn es in Deutschland so ist, dass von 100 Fällen 101 dran kommt, dann
braucht man doch garnicht die 100. Es fühlt sich total furchtbar an so viel zu lernen
und ''nichts dafür zu bekommen''. Also was mich jetzt so verzweifelt ist, dass es ja
irgendwie keinen 100% richtige Lösung gibt , wie man lernen soll, damit es eben jedes
Mal klappt. Es scheint mir manchmal einfach Glückssache zu sein..
Brainiac
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Re: Irrungen und Wirrungen

Beitrag von Brainiac »

Lass das mit dem Glück nicht OJ hören.

Im Übrigen: Die Fälle 1-100 helfen dir eben dabei, bekannte Probleme zu kennen, die Lösungen zu kennen - vor allem aber dabei, einen Basisstock an juristischer Argumentationstechnik zu entwickeln.
Letztlich kommt es beim Lernen auf eine - individuell unterschiedliche - passende Mischung zwischen konkreten Fällen, abstraktem Wissen (inkl. Streitständen und Dogmatik des jeweiligen Rechtsgebiets), Methodik, Falllösungstechnik (inkl. richtiger Sachverhaltsumsetzung), Problembewusstsein an.

Uns fehlt noch immer ein Hinweis darauf, was im Votum zu deiner Klausur besonders kritisiert wurde? War es nur der Inhalt, also dass du die verschiedenen Anstiftungen (in Unkenntnis des § 30 I 1 Fall 2 StGB) nicht prüfen konntest? Schlechter Gutachtenstil? Schlechte Sachverhaltsumsetzung?

In der Klausur kam wahrscheinlich eine Versuchskonstellation dran, oder? Sonst ist es ja langweilig. Wie hast du dann gelöst?
Stellte die versuchte Anstiftung zur Beteiligung den einzigen Schwerpunkt der Klausur dar oder gab es noch weitere, die ebenfalls nicht besonders gut gelöst wurden?
"In a real sense, we are what we quote." - Geoffrey O'Brien
aciv
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Re: Irrungen und Wirrungen

Beitrag von aciv »

Das Problem war, dass ich noch öfter Sachen nicht komplett definiert hatte.. ich habe zwar viel definiert aber nicht alles , weil ich einfach keine Zeit hatte. Und der einzige Schwerpunkt war tatsächlich diese Kettenansstiftung
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