Vier gewinnt/Examenspannen

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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Jora
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Vier gewinnt/Examenspannen

Beitrag von Jora »

Ich hab da gleich mal zwei Fragen an euch alle hier im Forum ::roll:

1.)Wie schafft man es nach eurer Erfahrung in den Notenbereich 7+x? Ich habe im ersten und zweiten Semester einen extrem hohen Lernaufwand betrieben. Ich habe auch das Gefühl informativ gut aufgestellt zu sein. In der konkreten Klausursituation bin ich jedoch vollkommen unter Zeitdruck und schaffe es daher nicht mein Wissen in dem gewünschten Maß abzurufen. Alle meine Klausuren sind mit 4 Punkten ausgefallen. (Ausnahme zweimal 6 Punkte und zwei Hausarbeiten mit 10+x bestanden) Natürlich gilt das Motto "vier gewinnt", immerhin ist bestehen auch toll. Aber ich habe trotzdem ein schlechtes Gewissen. Unter 4 Pkt ist halt nicht mehr viel ::? Klar kann man sich nach dem Examen die Scheine alle übers Klo hängen jedoch denke ich, wenn jemand durchgehend Prädikatsnoten in den Klausuren schreibt, wird der ja sicher nicht plötzlich im Examen mit 3 Pkt Nachhause gehen.

2.)Ihr kennt das sicherlich auch. Wenn der Prof mal wieder erzählt was er für einen Quatsch in der letzten Examenskorrektur lesen musste und dann erstmal ein "Best of" hieraus vorträgt. Ich als Student im Grundstudium frage mich, wie man eigentlich so eklatante Fehler nach 5 Jahren Jurastudium machen kann? Hierzu zählen Strafbarkeit von Toten prüfen/versuchter Mord prüfen, weil ein Jäger in die Luft schießt/Definitionen vollkommen falsch/Keine Subsumtionen usw etc. Ist es einfach die Nervosität oder sind das einfach diejenigen, welche sich 5 Jahre mit ach und krach durchs Jura Studium gekommen sind und dann im Examen vor die Wand fahren? Möchte das echt gerne wissen, weil wirklich jeder zweite Prof solche Best ofs raushaut.
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Tibor
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Re: Vier gewinnt/Examenspannen

Beitrag von Tibor »

Ja, vorrangig ist es Stress, der zu solchen kapitalen Fehlern führt. Das muss man lernen. Auch wenn du oben schreibst, dass du "vollkommen unter Zeitdruck" gekommen bist, zeigt das dein Lern- und Übungsfeld. Prüfe, warum du unter Zeitdruck gekommen bist. Du wirst wahrscheinlich nicht zwischendurch 30min aus dem Fenster geschaut haben, sondern hast zu viel Zeit auf Sachverhaltsaufnahme, abrufen von Standardwissen oder - das ist der Regelfall - allgemeine Unentschlossenheit verbraucht. Man kann es üben, Sachverhalte in kurzer Zeit aufzunehmen und eine kurze knappe Lösungsskizze zu erstellen, die man dann nur noch "sklavisch" ausformuliert. Oftmals ist es auch besser kleine Fehler vom Anfang aus der Lösungsskizze "auszuschreiben", als nach 90% der Zeit panisch ganze Passagen abzuändern oder zu verwerfen. Also Übung macht den Meister; nicht zwingend das Prädikat, dazu gehört auch Wissen und Systemverständnis.
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Honigkuchenpferd
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Re: Vier gewinnt/Examenspannen

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Jora hat geschrieben:Ich hab da gleich mal zwei Fragen an euch alle hier im Forum ::roll:

1.)Wie schafft man es nach eurer Erfahrung in den Notenbereich 7+x? Ich habe im ersten und zweiten Semester einen extrem hohen Lernaufwand betrieben. Ich habe auch das Gefühl informativ gut aufgestellt zu sein. In der konkreten Klausursituation bin ich jedoch vollkommen unter Zeitdruck und schaffe es daher nicht mein Wissen in dem gewünschten Maß abzurufen. Alle meine Klausuren sind mit 4 Punkten ausgefallen. (Ausnahme zweimal 6 Punkte und zwei Hausarbeiten mit 10+x bestanden) Natürlich gilt das Motto "vier gewinnt", immerhin ist bestehen auch toll. Aber ich habe trotzdem ein schlechtes Gewissen. Unter 4 Pkt ist halt nicht mehr viel ::? Klar kann man sich nach dem Examen die Scheine alle übers Klo hängen jedoch denke ich, wenn jemand durchgehend Prädikatsnoten in den Klausuren schreibt, wird der ja sicher nicht plötzlich im Examen mit 3 Pkt Nachhause gehen.
Wenn es trotz eines hohen Lernaufwands und tatsächlich guter rechtlicher Kenntnisse nicht so wie gewünscht läuft, dann ist es wahrscheinlich, dass die Klausurenpraxis fehlt. Daran kann man arbeiten. Es gibt aber natürlich auch einfach Leute, denen das Fach und/oder das Klausurenschreiben nicht so richtig liegt.
2.)Ihr kennt das sicherlich auch. Wenn der Prof mal wieder erzählt was er für einen Quatsch in der letzten Examenskorrektur lesen musste und dann erstmal ein "Best of" hieraus vorträgt. Ich als Student im Grundstudium frage mich, wie man eigentlich so eklatante Fehler nach 5 Jahren Jurastudium machen kann? Hierzu zählen Strafbarkeit von Toten prüfen/versuchter Mord prüfen, weil ein Jäger in die Luft schießt/Definitionen vollkommen falsch/Keine Subsumtionen usw etc. Ist es einfach die Nervosität oder sind das einfach diejenigen, welche sich 5 Jahre mit ach und krach durchs Jura Studium gekommen sind und dann im Examen vor die Wand fahren? Möchte das echt gerne wissen, weil wirklich jeder zweite Prof solche Best ofs raushaut.
Man sollte generell zurückhaltend sein, sich über angeblich ganz furchtbare Fehler anderer Leute lustig zu machen, die unter gar keinen Umständen passieren dürfen. Es gibt natürlich auch Leute, die sich wirklich kaum vorbereiten und dann im Examen entsprechend desaströs Schiffbruch erleiden. Weit häufiger führt aber tatsächlich die Anspannung während der Prüfungen zu krassen Aussetzern.

Derartige "Best-ofs" sind zudem nicht selten einfach auch Selbstinszenierung.
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Re: Vier gewinnt/Examenspannen

Beitrag von Tobias__21 »

Dass man einen Bock schießt passiert schneller als man denkt! Ich hatte das bei der Vormerkung, die ich aus dem FF beherrscht habe. In einem Aufwasch runtergeschrieben und im Ergebnis den völlig falschen Schluß gezogen und irgendwas von dolo agit erzählt. Ich weiß es bis heute nicht wie das passieren konnte, oder was mich da in der Situation geritten hat, dass ich überhaupt auf diesen abstrusen Gedanken gekommen bin :D
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Jora
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Re: Vier gewinnt/Examenspannen

Beitrag von Jora »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:
Jora hat geschrieben:Ich hab da gleich mal zwei Fragen an euch alle hier im Forum ::roll:

1.)Wie schafft man es nach eurer Erfahrung in den Notenbereich 7+x? Ich habe im ersten und zweiten Semester einen extrem hohen Lernaufwand betrieben. Ich habe auch das Gefühl informativ gut aufgestellt zu sein. In der konkreten Klausursituation bin ich jedoch vollkommen unter Zeitdruck und schaffe es daher nicht mein Wissen in dem gewünschten Maß abzurufen. Alle meine Klausuren sind mit 4 Punkten ausgefallen. (Ausnahme zweimal 6 Punkte und zwei Hausarbeiten mit 10+x bestanden) Natürlich gilt das Motto "vier gewinnt", immerhin ist bestehen auch toll. Aber ich habe trotzdem ein schlechtes Gewissen. Unter 4 Pkt ist halt nicht mehr viel ::? Klar kann man sich nach dem Examen die Scheine alle übers Klo hängen jedoch denke ich, wenn jemand durchgehend Prädikatsnoten in den Klausuren schreibt, wird der ja sicher nicht plötzlich im Examen mit 3 Pkt Nachhause gehen.
Wenn es trotz eines hohen Lernaufwands und tatsächlich guter rechtlicher Kenntnisse nicht so wie gewünscht läuft, dann ist es wahrscheinlich, dass die Klausurenpraxis fehlt. Daran kann man arbeiten. Es gibt aber natürlich auch einfach Leute, denen das Fach und/oder das Klausurenschreiben nicht so richtig liegt.
2.)Ihr kennt das sicherlich auch. Wenn der Prof mal wieder erzählt was er für einen Quatsch in der letzten Examenskorrektur lesen musste und dann erstmal ein "Best of" hieraus vorträgt. Ich als Student im Grundstudium frage mich, wie man eigentlich so eklatante Fehler nach 5 Jahren Jurastudium machen kann? Hierzu zählen Strafbarkeit von Toten prüfen/versuchter Mord prüfen, weil ein Jäger in die Luft schießt/Definitionen vollkommen falsch/Keine Subsumtionen usw etc. Ist es einfach die Nervosität oder sind das einfach diejenigen, welche sich 5 Jahre mit ach und krach durchs Jura Studium gekommen sind und dann im Examen vor die Wand fahren? Möchte das echt gerne wissen, weil wirklich jeder zweite Prof solche Best ofs raushaut.
Man sollte generell zurückhaltend sein, sich über angeblich ganz furchtbare Fehler anderer Leute lustig zu machen, die unter gar keinen Umständen passieren dürfen. Es gibt natürlich auch Leute, die sich wirklich kaum vorbereiten und dann im Examen entsprechend desaströs Schiffbruch erleiden. Weit häufiger führt aber tatsächlich die Anspannung während der Prüfungen zu krassen Aussetzern.

Derartige "Best-ofs" sind zudem nicht selten einfach auch Selbstinszenierung.
Lustig machen will ich mich keinesfalls, da ich mir nicht mal anmaßen kann, wie schwer ein Examen wirklich ist. Mal abgesehen davon, dass es beim Examen für viele um die Existenz geht, finde ich diese "Best ofs" eher bedingt lustig. Finde es eher erschreckend. Wenn ein Prof sich mal darauf abfeiert ok, aber irgendwie erzählen diese Story alle Leute die ich kenne, welche Examensklausuren korrigieren. Für mich ist das auch wichtig, um keine Fehler im Studium zu machen. Eventuell vergisst man einfach viel ? Aber Kernaussage ist jedes mal, diese Leute sind nicht durchgefallen, weil sie den Fall versaut haben, sondern diese 20 %, 30% sind durchgefallen, weil sie die einfachsten Basics nicht drauf hatten.

Übrigens hat Tibor es gut auf den Punkt getroffen bezüglich der Nervosität bei den Klausuren. Ich sitze da echt immer und mache mich mega verrückt irgendeinen Fehler zu machen. Das blockiert mich echt meiner Meinung nach. Würde ich mich nicht so verrückt machen, würde ich sicherlich viel bessere Ergebnis erzielen. Vielleicht wird das ja besser wenn die Zwischenprüfung bestanden ist und man wirklich einigermaßen druckfrei studieren kann.
Theopa
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Re: Vier gewinnt/Examenspannen

Beitrag von Theopa »

Jora hat geschrieben: Lustig machen will ich mich keinesfalls, da ich mir nicht mal anmaßen kann, wie schwer ein Examen wirklich ist. Mal abgesehen davon, dass es beim Examen für viele um die Existenz geht, finde ich diese "Best ofs" eher bedingt lustig.
Ich sehe diese Darstellungen nicht als Spott über Andere, sondern vielmehr als eine Methode, um kapitale Fehler zu verhindern: Ich behaupte einmal, dass es z.B. wesentlich mehr Fehler zum Thema Trennungs-/Abstraktionsprinzip gäbe, wenn diese nicht von Anfang an derart plakativ und überzeichnet als unverzeihlicher Blödsinn dargestellt würden. So etwas bleibt einfach besser im Gedächtnis als ein ruhiger und sachlicher Vortrag.
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Re: Vier gewinnt/Examenspannen

Beitrag von julée »

Theopa hat geschrieben:
Jora hat geschrieben: Lustig machen will ich mich keinesfalls, da ich mir nicht mal anmaßen kann, wie schwer ein Examen wirklich ist. Mal abgesehen davon, dass es beim Examen für viele um die Existenz geht, finde ich diese "Best ofs" eher bedingt lustig.
Ich sehe diese Darstellungen nicht als Spott über Andere, sondern vielmehr als eine Methode, um kapitale Fehler zu verhindern: Ich behaupte einmal, dass es z.B. wesentlich mehr Fehler zum Thema Trennungs-/Abstraktionsprinzip gäbe, wenn diese nicht von Anfang an derart plakativ und überzeichnet als unverzeihlicher Blödsinn dargestellt würden. So etwas bleibt einfach besser im Gedächtnis als ein ruhiger und sachlicher Vortrag.
+1

Insbesondere zeigen derartige Beispiele, dass man manche Dinge nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte, sondern man es auch nach 4-5 Jahren Studium noch falsch machen kann - sei es aus Unwissenheit, Unachtsamkeit oder Nervosität. Und die positive Lektion hieraus sollte sein: Manche Dinge muss man einfach beherrschen und zwar auch, wenn man gerade wahnsinnig nervös ist und sich nur mit Müh und Not an den eigenen Namen erinnern kann. Eine gewisse Abgezocktheit hilft dann auch im Berufsalltag ;)

Und die Kernbotschaft dieser Stories betreffend des Examens dürfte - jenseits der Legendenbildung - wohl die sein, dass viele Kandidaten - aus oben genannten Gründen - eigentlich an Banalitäten scheitern und nicht daran, dass beim JPA besonders bösartige Klausuren entworfen werden, die von ausgewählt fiesen und missmutigen Korrektoren korrigiert werden. Und wer mal Klausuren korrigiert hat, kennt vermutlich den leisen Gedanken "wie blöd kann man eigentlich sein?" nur zu gut. Wenn man nun durch plakative Beispiele künftige Generationen für derartige Fehler sensibilisieren kann, warum nicht?
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
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