Letzter Versuch und Umgang damit

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

Moderator: Verwaltung

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jurOne
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Letzter Versuch und Umgang damit

Beitrag von jurOne »

Hallo ihr Lieben.

Fühle mich in dieser Situation so ziemlich alleine, dass ich mich entschieden hab, hier reinzuschreiben.

Es ist mein letzter Versuch und der ist in 3 Monaten. Ich weiß, es kann klappen, aber auch nicht.

Mir fehlt irgendwie der richtige Umgang mit dieser Situation. Wenn ich dran denke, dass ich da noch einmal durchfalle, wird mir ganz schlecht. So viele Jahre studiert und versagt. Was dann? Wer nimmt einen noch, bzw. Was kann man denn noch erreichen? Diese Gedanken verfolgen mich zur Zeit. Jura war eben schon immer das was ich wollte und ich kann mir nichts anderes vorstellen. Ich lerne so viel ich kann, aber ein sicheres Gefühl genug zu wissen oder es sicher zu können fehlt mir. Durch das Durchfallen ist noch zusätzlich viel Selbstvertrauen abhanden gekommen.

Durch diverse Schicksalschläge hab ich diesen letzten Versuch ewig geschoben. Diese fingen kurz vor dem 1.Versuch an und seit dem scheint alles in meinem Leben drauf und drunter zu gehen.

Jetzt hab ich mich schweren Herzens getraut anzumelden, vor allem weil ich schon zu lange studiere und das Durchfallen inklusive privater Probleme wie Krankheit dazu geführt haben, dass es sich noch mehr gezogen hat.

Manchmal überkommen mich so Momente, in denen ich am liebsten meine Sachen packen und das Land verlassen würde..
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Vorkriegsjugend
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Re: Letzter Versuch und Umgang damit

Beitrag von Vorkriegsjugend »

Es gibt auch ein Leben ohne juristisches Staatsexamen und du könntest danach auch etwas ähnliches studieren, wo dir dein Vorwissen hilft, zb könntest du dich für das Studium zum Rechtspfleger bewerben. Manchmal gehen manche Türen zu, wenn du nicht bestehst dann wird es eben ein anderes Leben, welches nicht schlechter sein muss. Versuche den Druck aus der Prüfungssituation zu nehmen, es wird dich sonst zusätzlich blockieren. Überlege dir in den nächsten 3 Monaten Alternativen und nimm sie direkt in Angriff, sobald du durchgefallen sein solltest.
jurOne
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Re: Letzter Versuch und Umgang damit

Beitrag von jurOne »

Vielen Dank die deine Antwort.

Ich habe versucht heute Morgen eine Bewerbung für eine Ausbildung zu schreiben. Saß zwei Stunden dran und wusste nicht, was ich schreiben soll. Es dauert eben und meine Zeit ist ohnehin knapp wenn man die Arbeitzeir noch abzieht.

Schlussendlich saß ich mit Tränen vor dem Schreibtisch, weil ich überfordert war mit dem letzten Versuch und dem Vorsorgen.

Die Fristen laufen bald ab.

Macht es einen Unterschied, ob ich nachdem ich meinen Durchbescheid erhalten habe mich darum kümmere oder sollte das doch unbedingt in der jetzigen Vorbereitungsphase sein?

Ich bin maßlos überfordert mit den Fristen und Bewerbungen, denn die erfordern viel Zeit und Sorgfalt.
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Vorkriegsjugend
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Re: Letzter Versuch und Umgang damit

Beitrag von Vorkriegsjugend »

Konzentriere dich jetzt lieber auf die Prüfungen. Überlege dir nur was du gerne danach alternativ machen möchtest. Ein zusätzlicher Bewerbungsprozess würde dich nur zusätzlich belasten. Wenn du so sehr belastet bist wie du es beschreibst würde ich erstmal das Hauptaugenmerk auf Ausgleich und Entspannung setzen, also viel Sport, gute Ernährung und Wellnessangebote nutzen. Dein Geist sollte so ausgeglichen und entspannt wie möglich sein. Schaue genau, wieviel du zusätzlich dazu lernen kannst und überfordere dich nicht. Achte auf deine Grenzen. Du wirst so bessere Noten schreiben als unter Stress. Einzelwissen wird überbewertet. Versuche das System der Falllösung zu verinnerlichen und beim Lösen der Klausuren ruhig zu bleiben. Arbeite in Ruhe am Gesetz. Wenn es nicht ausreicht wirst du später andere Dinge finden, die dir Spaß machen.
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Mr_Black
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Re: Letzter Versuch und Umgang damit

Beitrag von Mr_Black »

Hast Du mal analysiert, woran das Durchfallen gelegen hat? Es gibt da ja verschiedene denkbare Gründe:

fehlendes Wissen
Prüfungsangst
Probleme des jeweiligen Falls nicht erkannt
Zeitnot
etc.

(noch mehr) Lernen allein hilft ja nur bei dem Punkt fehlendes Wissen, der Rest ist eher Training.
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jurOne
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Re: Letzter Versuch und Umgang damit

Beitrag von jurOne »

Ich denke, das war ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren.

Ich konnte über 1 Monat davor nicht mehr lernen, da Dinge vorgefallen sind, um die ich mich kümmern musste. Kurz gesagt, schwere Krankheit in der Familie und es stand kurz vor dem Tod.

Ich fand das sehr belastend und war überfordert. Damit kamen noch weitere Probleme und ich war 24 Stunden überhäuft mit Aufgaben und Pflichten, da keiner außer mir, sich kümmern wollte.

Da das Prüfungsamt sehr streng sein soll, hab ich mich nach einem Anruf dort zu weiteren Schritten nicht mehr getraut. Als eine verständnisvolle Aufnahme empfand ich es nicht und das hat mich umso mehr abgeschreckt. Also ging ich rein und ich war ausgebrannt. Ich habe die Probleme nicht erkannt und das Wissen war wie weggeblasen.

Ich möchte einem erneuten Durchfallen am liebsten ganz aus dem Weg gehen und allein der Gedanke, nochmal durchzufallen ist unerträglich.
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Re: Letzter Versuch und Umgang damit

Beitrag von Syd26 »

Jetzt stress Dich mal nicht mit Bewerbungen. Zwischen den einzelnen Prüfungen und dem Bescheid liegen ja ein paar Wochen. Die solltest Du nutzen, um Dich nach Alternativen umzusehen. Es reicht, wenn Du einen Plan B hast, den Du dann umsetzen kannst, wenn Du ihn brauchst. Was Bewerbungsfristen angeht. Es gibt Beratungsangebote der Arbeitsagentur für Studienabbrecher. Zudem sind viele Betriebe offen für "Spätbewerber", weil sie zu Jahresbeginn vielleicht noch gar nicht wissen, dass Bedarf da ist.

Solltest Du ein anderes Studium beginnen wollen, müsstest Du natürlich wegen der Frist zum Sommersemester aufpassen. Alles andere würde ich aber zurückstellen und mich auf das Examen konzentrieren. Ggf. noch psychologische Hilfe dazu und dann klappt das.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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Re: Letzter Versuch und Umgang damit

Beitrag von Blaumann »

@TE

Also jetzt Bewerbungen schreiben, ist wirklich vertane Zeit, da geb ich den Mitforisten Recht. Was sollte man da auch Vernünftiges schreiben? Konzentrier dich auf die anstehende Prüfung und wenn die durch ist, kannst Du dich in der Wartephase umschauen.
jurOne hat geschrieben: Mir fehlt irgendwie der richtige Umgang mit dieser Situation. Wenn ich dran denke, dass ich da noch einmal durchfalle, wird mir ganz schlecht. So viele Jahre studiert und versagt. Was dann? Wer nimmt einen noch, bzw. Was kann man denn noch erreichen?
Also ich kenne einige Leute, die das Jura-Studium abgebrochen haben oder durch die Prüfung gefallen sind, teilweise auch erst nach 10 Jahren.

Alle haben was gefunden. Der eine ist Marktleiter im Einzelhandel geworden, eine andere Hotelkauffrau, eine andere Immobilienkauffrau. Letztere nutzt ihre juristischen Kenntnisse regelmäßig und ist die, die in der Firma die Streitfälle bearbeitet, bevor die Sache zur Anwaltskanzlei geht. Der Vater eine Freundin hat Jura nach einem versauten Erstversuch abgebrochen und hat seine eigene Immobilienfirma gegründet, die er noch heute leitet.

Gilt auch für andere Studiengänge. Ein Freund von mir hat Politik studiert und war mit den Jobaussichten nach dem Abschluss nicht zufrieden. Hat dann mit Ende 20 eine Ausbildung zum Grafiker gemacht und wurde problemlos übernommen. Heute jammert er manchmal, dass er besser noch was anderes studiert hätte, weil die Verdienstmöglichkeiten besser wären. Aber das ist nun wirklich jammern auf hohem Niveau. ;)

Egal, wie lange Du studiert hast, Du stehst immer noch am Anfang des Berufslebens und eine Neuausrichtung scheint nicht wirklich schwierig zu sein, wenn man sich traut oder eben muss.

Ich wette, es gibt Volljuristen, die nach 20 Jahren Berufspraxis zuviel kriegen und Handelsvertreter oder Holzfäller werden.
Diese Gedanken verfolgen mich zur Zeit. Jura war eben schon immer das was ich wollte und ich kann mir nichts anderes vorstellen.
Warum?

Gibt es nichts anderes, was dich interessiert? Keine Hobbys, Interessen oder Fähigkeiten, an die man anknüpfen könnte?

Oder alternativ ein ganz schnöder Brotberuf, mit dem Du dich arrangieren könntest?
Gelöschter Nutzer

Re: Letzter Versuch und Umgang damit

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

jurOne hat geschrieben:Ich denke, das war ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren.

Ich konnte über 1 Monat davor nicht mehr lernen, da Dinge vorgefallen sind, um die ich mich kümmern musste. Kurz gesagt, schwere Krankheit in der Familie und es stand kurz vor dem Tod.

Ich fand das sehr belastend und war überfordert. Damit kamen noch weitere Probleme und ich war 24 Stunden überhäuft mit Aufgaben und Pflichten, da keiner außer mir, sich kümmern wollte.
:alright Ich kann Deine Situation gut nachvollziehen, meine Mutter ist auch schwerkrank und wird nicht mehr allzu lange leben. Ich betreue sie, hab mir aber Hilfe geholt für die Pflege. Es liegt auch alles an mir, alle verlassen sich auf mich, so wie immer.

Wenn es in Deutschland keine Möglichkeiten mehr geben sollte, Du aber trotzdem unbedingt Jurist werden willst aus intrinsischem Interesse, besteht die Möglichkeit, im Ausland ein Jurastudium zu machen (Schweiz, Österreich etc.) Da könntest Du auf Deinem bisherigen Wissenstand aufbauen. Gerade wenn Du nur aufgrund von psychosozialen Bedingungen den Anschluss verpasst hast, lässt sich das durchaus noch korrigieren, wenn Du flexibel bist und Dich auch für andere Lebensräume öffnest. Die Welt ist ein Dorf. Es hat keinen Sinn, wenn Du Dich jetzt so runterziehst. Es ist noch nichts verloren. :thumbup:

Falls Du aufgrund des Drucks unter Prokrastination (Arbeitsstörung, Erledigungsblockade) leidest, könntest Du diesbezügliche Hilfsangebote in Anspruch nehmen für Studenten (evtl. auch Ergotherapeuten, die bei Erledigungsblockaden helfen), ein Beispiel: http://erledigungsblockade.de/wie-studierende-das-aufschieben-stoppen-koennen/ (Verwaister Link automatisch entfernt)
jurOne
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Re: Letzter Versuch und Umgang damit

Beitrag von jurOne »

Herzlichen Dank an Alle für die Antworten, vor allem für das entgegengebrachte Verständnis und die aufbauenden Worte! Ihr glaubt gar nicht, wie viel das bedeutet für mich un wie sehr das mental hilft.

Ich hab mich mittlerweile auch wieder gesammelt und werde mein Bestes geben. Ich hab die eine Bewerbung trotzdem mal abgeschickt, weil ich die Frist nicht versäumen wollte. Ein Jahr bis zur nächsten Bewerbungsfrist warten, möchte ich so weit es geht vermeiden, denn mit einer 3 vorne (das Alter schreitet voran), wird es sicherlich nicht einfach werden für den Berufseinstieg. Zwar kann ich vorweisen, dass ich nahezu durchgehend gearbeitet habe, aber das sollte selbstverständlich sein und ist keine besondere Qualifikation.

@Blaumann: Vielen Dank für Deine zahlreichen Beispiele. Das gibt Hoffnung. Mir ist das Studium und dieser Abschluss trotzdem unglaublich wichtig, bzw. es zu Ende zu bringen mit einem Abschluss. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieser Makel immer an einem haften bleibt. Deswegen meine Sorgen. Und wenn es nichts wird, werde ich mich natürlich umorientieren. Das Leben wird dadurch nicht vorbei sein, aber irgendwie auch so viel vertane Zeit. Hobbys habe ich natürlich. Ob das mit einem Beruf zu verknüpfen ist, denke ich, wird weniger realisierbar sein. Eine konkrete Richtung habe ich leider noch nicht. Schön wäre es, wenn man die Scheine auch verwerten könnte, aber das ist leider meist ausgeschlossen. Ich schaue mir immer Berufe an, die etwas mit Recht zutun haben, aber das muss nicht zwingend sein. Vielleicht ist es sogar besser, wenn man sich gänzlich umorientiert, da ein endgültiges Durchfallen einem auch bescheinigt, dass es nicht das Richtige gewesen ist. Eine zweite Pleite möchte ich selbstverständlich vermeiden. Umso schwerer fällt mir da eine Entscheidung, da das Selbstvertrauen nicht besonders hoch ist und ich dadurch an meinen Fähigkeiten zweifle. Dein Beitrag zeigt aber, dass das was man fühlt und sich einredet, nicht richtig sein muss.

@Candor: Vielen Dank auch an Dich, für den Link und deine aufbauenden Worte. Ich fühle mit Dir und wünsche Dir ganz viel Kraft. Ich finde die Möglichkeiten im Ausland gar nicht so schlecht. Aber mit einer 3 vorne und geringen finanziellen Möglichkeiten würde ich so etwas nicht machen. Ich fand es schon mühsam das Studium zu finanzieren und wenn ich ein zweites Mal durchfalle, werde ich auch akzeptieren, dass Schluss ist mit Jura ist. Deswegen kommt für mich allenfalls ein bezahltes duales Studium, das nicht so lange geht, in Betracht und ansonsten eine übliche Berufsausbildung. Ich muss auch realistisch bleiben und vorausschauend denken, dass mit schwer kranken Eltern notfalls finanziell da sein muss, was auch vorgekommen ist. An den Bachelor of Laws hab ich zwar gedacht, aber da verunsichern mich die Jobchancen doch zu sehr.
Mit dem Lernen haben ich erstaunlicherweise keine Probleme mehr. Eine Zeit lang hatte ich Blockaden, insbesondere direkt nach dem Durchfallbescheid und aus anderen Gründen und seit dem dieses Problem beseitigt ist, funktioniert es doch wieder. Ich hoffe, das bleibt bis zum Examen auch so.

@Syd26: Vielen Dank auch für Deine Antwort und für den Hinweis. Ein neues Studium kommt leider nicht in Betracht, auch wenn ich doch gerne einen Studienabschluss hätte. Eine Beratung werde ich aber wahrnehmen, da das nie verkehrt sein kann.

Herzliche Grüße!
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