8,8 Punkte im Examen - was tun?

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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Seaside
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8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von Seaside »

Ihr Lieben,
vor einiger Zeit habe ich mein Examen im Freischuss bestanden -
8,8 Punkte insgesamt, davon 7,61 staatlich und 11,6 im Schwerpunkt.
Theoretisch könnte ich noch den Verbesserungsversuch wahrnehmen - jedoch raten mir Freunde (auch Juristen) mit dem Argument davon ab, die Note sei absolut ausreichend; ich solle die kommende Zeit lieber für die Vorbereitung auf´s Referendariat nutzen.

Auf der anderen Seite sind 8,8 Punkte natürlich kein VB... Aber so knapp vorbei, dass die "fehlenden" 0,2 Punkte nicht groß ins Gewicht fallen sollten.
Ehrlich gesagt freue ich mich auf´s Ref und kann mich eher nicht dazu motivieren, noch einmal für das erste Examen zu lernen...

Was würdet ihr tun: Verbesserungsversuch wahrnehmen oder ins Ref gehen? Der finanzielle Aspekt sei mal außen vor gelassen.

Liebe Grüße von der Waterkant,
Christoph
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Tibor
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von Tibor »

Ins Ref gehen und mit lockerer Vorbereitung den Verbesserungsversuch angehen.
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Honigkuchenpferd
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Zustimmung, den Verbesserungsversuch würde ich wohl schon machen. Wenn du keine große Lust mehr hast, ist das ein guter Kompromiss.

Dabei sollte man auch bedenken, dass es ohne Schwerpunkt eben "nur" 7,61 Punkte sind. Das ist von den 9 Punkten doch recht weit entfernt, und der Schwerpunkt wird (m.E. zu Recht) nicht überall so ganz ernst genommen.
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Tobias__21
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von Tobias__21 »

Geht doch beides, oder nicht? Du könntest Dich jetzt schon aufs Ref. bewerben und den nächsten Durchgang noch mitschreiben. Die schriftlichen Prüfungen sind doch noch vor Beginn des Refs (zumindest ist es in BW so). Die mündliche Prüfung machst Du dann während des Refs. Und wenn Du Dich doch nicht mehr motivieren kannst, hast Du auch nichts verloren. Den Verbesserungsversuch würde ich aber schon noch mitnehmen :)
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Seaside
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von Seaside »

Zunächst einmal herzlichen Dank für eure Antworten :-)

Die Idee hatte ich auch schon, es ohne große Vorbereitung einfach noch mal zu versuchen.

Zum Schwerpunkt: Ist es wirklich so, dass der SP so wenig zählt?
Ich weiß, dass gerade Repetitoren den SP gerne schlecht reden, von einem Richter hörte ich allerdings, dass gerade im staatlichen Bereich der Schwerpunkt als vollwertiger Teil der Prüfung angesehen wird und somit nicht "rausgerechnet" wird.
Und ohne Schwerpunkt haben die wenigsten VB (zumindest hier im Norden).

LG, Christoph
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Ara
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von Ara »

Die wichtigere Frage ist: Wie war das Ergebnis der mündlichen Prüfung? (Steht die in irgendwelchen Bundesländern gesondert auf dem Zeugnis eigentlich?)

Bei 8,8 oder 8,9 als Endnote, stellt sich natürlich die Frage, warum wollte die Prüfungskommission das VB nicht geben?

Alleine um diese Frage bei Vorstellungsgesprächen zu vermeiden würde ich noch einmal den Verbesserungsversuch in Angriff nehmen.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Seaside
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von Seaside »

Das Ergebnis der mündlichen waren im Durchschnitt 8 Punkte. Das Problem war, dass die ZR-Prüferin (das lebendige Beispiel gegen die Frauenquote!) ihren eigenen Fall nicht verstanden hat und dementsprechend meine Lösung nicht akzeptiert hat (habe das abgefragte Problem anschließend im Palandt nachgeschlagen und eine vertretbare Lösung präsentiert). Ja, ich könnte anfechten, aber die Konsequenzen wären - unabhängig vom Ausgang - unkalkulierbar...
Zuletzt geändert von Seaside am Samstag 14. Januar 2017, 22:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von Eagnai »

Ich hatte im Freischuss 8,5 Punkte, war damit weder unzufrieden noch richtig zufrieden, hatte aber auch keine Lust, nochmal eine längere Vorbereitung für den nächsten Versuch einzuschieben.

Ich habe mich deshalb sofort nach der Mündlichen für den Verbesserungsversuch gemeldet und zwei Monate später einfach auf gut Glück nochmal mitgeschrieben, ohne mich nochmal groß extra vorzubereiten... im Stoff war ich ja sowieso noch drin.

Ich bin im zweiten Versuch dann bei 9,6 Punkten gelandet, also genau dem Notensprung, den ich mir gewünscht hatte, und habe dabei weder viel Zeit noch Nerven verloren (im Gegenteil habe ich den Verbesserungsversuch als recht entspannt empfunden, weil ich mit der Note aus dem Freischuss ja gut hätte leben können).

Für mich wäre es selbst dann die richtige Entscheidung gewesen, wenn ich mich nicht verbessert hätte - dann hätte ich mich wenigstens nicht den Rest meines Lebens fragen müssen, ob es nicht doch geklappt hätte, wenn ich es versucht hätte.

An deiner Stelle würde ich daher nochmal mitschreiben. Das Argument deiner Freunde, du solltest dich in der freien Zeit lieber auf das Referendariat vorbereiten, halte ich für Unsinn - man muss sich nicht groß vorbereiten auf das Referendariat, und wenn man das doch möchte, dann ist die Wiederholung des materiellen Rechts die sinnvollste Vorbereitung. Die kriegst du, wenn du den Verbesserungsversuch schreibst, aber gratis dazu.
julée
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von julée »

Seaside hat geschrieben:
Zum Schwerpunkt: Ist es wirklich so, dass der SP so wenig zählt?
Ob es Dein Gegenüber herausrechnen und zu Deinem Nachteil gewichten wird, wenn es ausgerechnet um Deinen absoluten Traumjob geht, wirst Dir jedenfalls heute noch niemand sagen können. Insofern spräche doch einiges dafür, zu versuchen, in der Gesamtnote das knapp verpasste VB doch noch zu erreichen und im Staatsteil wenigstens die 8 vor dem Komma zu bekommen. Zu bedenken dürfte wohl auch sein, dass die Abwertung des SPB bevorsteht und es sich in der Übergangsphase anbieten dürfte, auch einen Blick auf die beiden Einzelnoten zu werfen und ggf. die unterschiedliche Gewichtung des SPB "rauszurechnen".
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von joee78 »

Traurig, dass der Bologna-Prozess mit seinem Schwerpunktbereich dazu geführt hat, dass ein Abschluss geschaffen wird, den man "herausrechnen" muss, weil ihn keiner ernst nimmt. Man stelle sich vor, das gute alte Staatsexamen wird ganz abgeschafft und auf Bachelor und Master umgestellt wie in anderen Studiengängen. Das führt dann letztlich zu Einstellungstests - und die Zeugnisse kann man sich aufs Klo hängen. :crazy:
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batman
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von batman »

Seaside hat geschrieben:Das Problem war, dass die ZR-Prüferin (das lebendige Beispiel gegen die Frauenquote!) ihren eigenen Fall nicht verstanden hat
Das war möglicherweise nicht das einzige Problem bei Deiner mündlichen Prüfung.
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von julée »

joee78 hat geschrieben:Traurig, dass der Bologna-Prozess mit seinem Schwerpunktbereich dazu geführt hat, dass ein Abschluss geschaffen wird, den man "herausrechnen" muss, weil ihn keiner ernst nimmt.
Was heißt schon "herausrechnen" - es stehen ja beide Noten explizit auf dem Zeugnis und da mag man es im Einzelfall gut finden, dass der SPB offensichtlich so herausragend gut war, oder skeptisch sein, weil der Staatsteil (und die Klausuren sind ja häufig noch ein Stück schlechter) so viel schlechter als die ausgewiesene Gesamtnote war. Es ist jedenfalls ein handgreiflicheres Argument als "Die Nase passt mir (nicht)."
batman hat geschrieben:
Seaside hat geschrieben:Das Problem war, dass die ZR-Prüferin (das lebendige Beispiel gegen die Frauenquote!) ihren eigenen Fall nicht verstanden hat
Das war möglicherweise nicht das einzige Problem bei Deiner mündlichen Prüfung.
Ich wollte es ja nicht so schreiben, aber ja, es steht zu vermuten.
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von Mietspantrakt »

natuerlich noch einmal versuchen. zur not auch ohne vorbereitung im naechsten durchgang. gerade die muendliche pruefung ist doch so von den pruefern, der eigenen tagesform und der allg. stimmung in der pruefungssituation abhaengig, dass an deiner stelle nur gewinnen kann.
der 1983 geborene klaeger studiert seit dem wintersemester 2003/2004 biologie (diplom) an der beklagten (vg goettingen, urteil vom 2.3.2010 - 4 a 39/07)
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von joee78 »

julée hat geschrieben:Was heißt schon "herausrechnen" - es stehen ja beide Noten explizit auf dem Zeugnis
Ändert ja nichts an der Grundproblematik, dass ein Abschluss geschaffen wurde, den keiner ernst nimmt. Macht immerhin 30 % der Gesamtnote aus, die aufgrund fehlender objektiver Bewertungsmaßstäbe von 4 P. ("strenger" Professor) bis 16 P. ("netter" Professor) reicht.
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julée
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Re: 8,8 Punkte im Examen - was tun?

Beitrag von julée »

joee78 hat geschrieben:
julée hat geschrieben:Was heißt schon "herausrechnen" - es stehen ja beide Noten explizit auf dem Zeugnis
Ändert ja nichts an der Grundproblematik, dass ein Abschluss geschaffen wurde, den keiner ernst nimmt. Macht immerhin 30 % der Gesamtnote aus, die aufgrund fehlender objektiver Bewertungsmaßstäbe von 4 P. ("strenger" Professor) bis 16 P. ("netter" Professor) reicht.
Ganz so dramatisch dürfte die Lage wohl aufs Ganze gesehen noch nicht sein. Insbesondere zeigt ja meistens das 2. Examen, ob die gute Gesamtnote im 1. Examen halbwegs ernst zu nehmen ist oder ob man auch mal auf den Staatsteil schauen sollte.
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