Klausurenkorrektur

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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JulezLaw
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Klausurenkorrektur

Beitrag von JulezLaw »

Ihr Lieben,

ich habe da mal eine Frage insbesondere an andere Korrektoren (die Ansichten "Betroffener" sind natürlich auch gern gesehen).

Ich sitze gerade hier und korrigiere Übungsklausuren eines kommerziellen Reps. Zugegeben eine etwas fragwürdige Beschäftigung für einen Freitagabend, aber mir macht das Korrigieren Spaß, daher: kein Problem.
Jetzt stehe ich allerdings vor einer Frage, die ich mir schon öfter gestellt habe: Mir wurde von Seiten des Reps gesagt, ich solle hart bewerten, dann würden die Leute im Examen selbst kein böses Erwachen erleben und eher bessere Noten bekommen.
Tatsächlich liegt mein Schnitt in der Regel zwischen 5-6 Punkten, also durchaus realistisch fürs Examen. In der Klausur gerade richte ich allerdings ein ziemliches "Blutbad" an bei einem Schnitt von momentan 3,0 Punkten.

So viel zur Geschichte, jetzt meine Frage: Haltet ihr es für sinnvoll, wirklich in der Examensvorbereitung härter zu korrigieren, um niemanden in falscher Sicherheit zu wiegen? Ich muss sagen, ich fand es eher immer wahnsinnig frustrierend, 5 Punkte zu bekommen ohne Hinweise, weshalb.
(Wobei letzteres bei mir anders ist, da bekommt jeder etwa 1 A4-Seite Tipps und Anmerkungen am Ende ;) )
The way I see it, every life is a pile of good things and bad things. The good things don’t always soften the bad things, but vice versa, the bad things don’t always spoil the good things and make them unimportant.
julée
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von julée »

Ich bin da für eine ehrliche Korrektur - also weder "wer was abgibt, bekommt mindestens 1 Punkt" (nein, man kann auch auf 10 oder mehr Seiten so viel Mist schreiben, dass 0 Punkte mehr als angemessen sind) noch "extra hart, damit sich niemand in falscher Sicherheit wiegt". Letzteres halte ich auch für zweifelhaft, da die Leute wahrscheinlich ohnehin zu ihren Gunsten 2 Punkte addieren und sich dann trotzdem in falscher Sicherheit wiegen. Insbesondere, wenn es dann keine detaillierte Erläuterung gibt, warum es denn jetzt wirklich nur 5 Punkte sind, liegt die Versuchung doch nahe, nur das zu lesen, was man lesen will.

Die Maxime "lieber etwas weniger" habe ich nur gelegentlich bei echten Grenzfällen angewandt, wo man genauso gut eine Münze hätte werfen können, um zu entscheiden, ob man den Punkt mehr oder weniger gibt. Aber dann ging aus meinen Anmerkungen auch durchaus hervor, dass es knapp am nächsten Punkt vorbei war.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
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JulezLaw
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von JulezLaw »

Danke, das beruhigt mich. So sehe ich das letztlich nämlich auch.
Wobei ich die konkrete Notengebung gerade in Fällen für sehr schwierig erachte, in denen es viele Totalausfälle und ein paar Klausuren gibt, die dann doch zumindest das Wesentliche erkennen. Dann wirklich konsequente Noten zu geben, finde ich schwierig.
Bsp: Bei der o.g. Klausur habe ich gerade die Hälfte der Bearbeitungen unterm Strich, aber eben auch eine im Bereich 15/16 Punkte. Die Abgrenzung zwischen ausreichend und befriedigend ist da gar nicht mal so leicht.
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von julée »

So eine Konstellation ist natürlich misslich (neues / unbekanntes Klausurthema?), aber da würde ich bei der Abgrenzung ausreichend / befriedigend die relative Komponente deutlich machen und im Übrigen versuchen, die Bewertung nicht zu stark zu verzerren, da die Mitprüflinge im Examen ja zumindest zum Teil besser vorbereitet sein dürften, so dass der Effekt geringer sein dürfte.
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von JulezLaw »

Teilweise: es war eine Kombination aus Anfechtung wegen § 120, Untergang vor Kenntnis der Umstände, und dann natürlich der Schwerpunkt im Bereicherungsrecht (Saldotheorie/modifizierte Zwei-Kondiktionen-Lehre).
Den Schwerpunkt im BerR haben fast alle übersehen und bei der Anfechtung wurden teilweise erhebliche Fehler gemacht. Da bleibt dann auch nicht mehr so viel Luft nach oben.

Ich habe jeweils sehr lange Begründungen für die Bewertung geschrieben und Hinweise gegeben, sodass ich hoffe, dass die Noten nachvollziehbar sind. Letztlich zählen die Klausuren ja nichts und dienen Übungszwecken ;)
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von julée »

Ich ahne das Problem. Die Kombination aus Bereicherungsrecht und Anfechtung (und dann auch noch § 120 BGB) kann verherrend sein.
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von JulezLaw »

Ich hätte hier gern nochmal ein Problem ;)

Ich habe hier gerade eine kursbegleitende Klausur, die inhaltlich vollständig richtig ist. Aber, und jetzt kommt's: wortwörtlich über ca. 20 Seiten von einem Aufsatz abgeschrieben, lediglich die Namen angepasst.
Klar zählt die Klausur nichts, und ich habe auch bereits an den Rand geschrieben, dass ich das durchaus bemerkt habe. Aber es stellt sich mir dennoch die Frage: 18 oder 0 Punkte?
Bei einer Hausarbeit ist der Fall klar, bei einer normalen Klausur wird er niemals eintreten.

Mich würde da mal eure Meinung interessieren ;)
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von julée »

Plädiere eher für 0 Punkte: Sinn und Zweck verfehlt. Die intellektuelle Leistung, den Aufsatz zu finden und die Buchstaben auszutauschen, halte ich nicht für belohnenswert - es grenzt an einen Missbrauch der Übungsmöglichkeit.
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von Tobias__21 »

0 Punkte! Was ist denn das für eine Frage :) Ich würde -10 Punkte geben :D
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von OJ1988 »

Wer stellt denn eine Klausur, für die man nur den richtigen Aufsatz mitnehmen muss? Und v.a.: Wie kann derjenige diesen Aufsatz zufällig dabei haben? Oder ist der im Internet ergoogle-bar?

Ansonsten wäre ich auch für 0 Punkte. Da schaut der Lehrstuhlinhaber ja in der Regel auch noch einmal selbst drüber.
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von Tibor »

Vermutlich die JuS via Beck-Online; gibt's bereits auf dem Fernsprechapparat mit Bildschirm; dieses neuzeitige Zeugs.
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von Tobias__21 »

In der JuS sind auch oft Originalexamensklausuren. Könnte mir durchaus vorstellen, dass die Repetitorien auch gerne mal aus Ausbildungszeitschriften abkupfern und Klausuren nur leicht abgeändert übernehmen.

Hatte ich im Uni Klausuren Kurs auch schon mal. Da hat der LS Inhaber eine Klausur gestellt, die er auch in der JuS veröffentlicht hatte
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von markus87 »

Am bemerkenswertesten jedoch finde ich die Tatsache, dass du den Aufsatz tatsächlich mit 18 Punkten bewerten würdest. Da interessiert mich jetzt die Fundstelle.
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Pillendreher
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von Pillendreher »

Es kann sich dabei nur um einen Beitrag von Fischer in der Zeit handeln.
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JulezLaw
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Re: Klausurenkorrektur

Beitrag von JulezLaw »

Pillendreher hat geschrieben:Es kann sich dabei nur um einen Beitrag von Fischer in der Zeit handeln.
Was denn sonst? :D

Nein, es handelt sich um eine Klausur, die zuhause kursbegleitend geschrieben werden kann, sodass das Finden des Aufsatzes ohne Weiteres möglich war. Aber der Verf. hat offenbar auch nicht wirklich realisiert, dass es Unterschiede zwischen den Fallkonstellationen ging, sodass auch noch falsch plagiiert wurde und quasi keinerlei Transfer stattgefunden hat.
markus87 hat geschrieben:Am bemerkenswertesten jedoch finde ich die Tatsache, dass du den Aufsatz tatsächlich mit 18 Punkten bewerten würdest. Da interessiert mich jetzt die Fundstelle.
Würde ich nicht - ich würde ihm sogar in einigen Punkten widersprechen. Aber wer so etwas in der Tiefe in einer Klausur schreibt, erfüllt die hier geringeren Anforderungen dann ja natürlich sprachlich wie inhaltlich. Theoretisch zumindest.
Für mich waren es zunächst mal auch ganz klar 0 Punkte - aber inhaltlich ist es ja eigentlich weitgehend "richtig", zumal ein bloßes Abschreiben von Übersichten bei solchen Klausuren auch gewissermaßen Gang und Gäbe ist. Aber das ist ja schon nochmal eine andere Qualität, sodass ich mich hier mit meiner Ersteinschätzung bestätigt sehe ;)
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