Krise/Übernommen?

Alles rund um die Promotion zum Dr. iur. und den LL.M.

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Katharina87
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Krise/Übernommen?

Beitrag von Katharina87 »

Hallo,

ich habe momentan eine ziemliche Krise bzgl. meiner Diss. und überlege was ich machen soll.

Ich bin nun seit ca. einem Jahr als Externe dabei und habe ungefähr 150 Seiten. Es geht grob um die Entwicklung eines neuen Regelungskonzepts für ein Rechtsgebiet in dem es nach allgemeiner Meinung momentan ziemlich hackt. Mehr möchte ich dazu an dieser Stelle nicht sagen. Inhaltlich habe ich bisher im Wesentlichen nur die Problemlage und ihre Ursachen analysiert bzw. so wie ich sie sehe herausgearbeitet. Dazu habe ich ca. 15! Ordner Literatur durchgearbeitet und könnte das ohne Weiteres noch vertiefen (zu viel?), bzw. müsste dies wohl an manchen Stellen auch noch.
Desto mehr ich mich nun mit dem Problemlösungskonzept befasse, desto mehr zweifle ich an meinem doch sehr unkonventionellen und weitgehenden Ansatz. Ich bin nicht mehr sicher, ob es sich mit dem geltenden Recht bzw. internationalen Vorgaben überhaupt vereinbaren lässt bzw. sich da einfügen lässt. Diese Möglichkeit darzustellen würde ich mir intellektuell wohl zutrauen, aber es wäre zeitlich und inhaltlich für eine Diss. vielleicht nicht mehr vertretbar. Mein Thema hat je nach Einteilung ca. acht größere Themenkomplexe. ](*,)
Mein Doktorvater (würde sagen Koryphäe mindestens in wesentlichen Bereichen meiner Arbeit) kennt ein Exposee und eine grobe Gliederung der Arbeit und war seinerzeit wohl recht angetan (selbstgewähltes Thema). Eine eigentliche inhaltliche Betreuung gibt es aber nicht. Wenn ich ehrlich bin, bin ich mir im Moment auch nicht sicher, ob er meinen Ansatz und seine Probleme damals wirklich durchdacht hat. Aber das kann man vielleicht auch nicht erwarten, schließlich ist es ja meine Arbeit.

Es bieten sich nun folgende Alternativen an:

A. Abbrechen?
Möchte ich eigentlich nicht. Ich bin grundsätzlich noch motiviert und habe Spaß an der Arbeit zudem würde es sich wohl karrieretechnisch sehr negativ auswirken.

B. Zweifel ignorieren und einfach weiterarbeiten in der Hoffnung, dass es sich am Ende schon irgendwie fügt?
Hohe Gefahr, dass ich am Ende noch mehr Zeit verliere und irgendwie könnte man schon erwarten, dass ich nach einem Jahr eine stringente Lösung habe oder?

C. Neues Thema (aus demselben Rechtsgebiet)?
Sehr viel verlorene Zeit und zudem motivationstechnisch wohl eine große Herausforderung, zudem bin ich nicht sicher ob mein Doktorvater das mitmachen würde. Auch weiß ich nicht ob ich das finanziell überstehen würde.

D. Thema eingrenzen bzw. abändern?
Wäre aufgrund der spezifischen auf meinen Ansatz zugeschnittenen Problemanalyse wohl nur schwer möglich, mir fällt jedenfalls seit einiger Zeit keine sinnvolle Begrenzung/Änderung ein. In jedem Fall wären große Teile meiner bisherigen Arbeit für die Katz. Wie ungewöhnlich wäre eine Themenabänderung bzw. Eingrenzung? Hat damit jemand Erfahrungen?

Ich wäre für Ratschläge, weitere Gedanken, Aufmunterung oder Kritik sehr dankbar.

Zudem würde mich eine Einschätzung bzw. eure Erfahrungen diesbezüglich interessieren, inwieweit man sich von einem eventuellen Gespräch mit dem Doktorvater eine inhaltliche Hilfe erwarten kann/sollte. Teilt ihr meine Einschätzung, dass er das Thema nicht zwingend soweit durchdacht haben muss, dass eine Lösung mit meinem Ansatz dann auch möglich sein müsste?

Bitte entschuldigt, wenn meine Gedanken nicht sooo stringent sein sollten, aber ich bin im Moment echt verzweifelt. :( Vielleicht bin ich einfach nicht geeignet für eine Promotion mit wissenschaftlichem Anspruch? Habe ich mich übernommen?

Liebe Grüße

Katharina
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Einwendungsduschgriff
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Re: Krise/Übernommen?

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um das Gespräch mit dem Doktorvater zu suchen.

Deine Materialschlacht klingt an sich schon erdrückend. Die "Neukonzeption" eines Rechtsgebietes ist schon ein Wort. Ob Du Dich übernommen hast, kannst Du nur selbst beantworten. Vergegenwärtigen sollte man sich aber, dass eine Dissertation natürlich auf einer gründlichen Kenntnis von Rechtsprechung und Literatur geschrieben werden sollte, Deine Aufgabe ist es jedoch nicht, eine Enzyklopädie zu schreiben.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
T0bi
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Re: Krise/Übernommen?

Beitrag von T0bi »

Katharina87 hat geschrieben:Hallo,

ich habe momentan eine ziemliche Krise bzgl. meiner Diss. und überlege was ich machen soll.

Ich bin nun seit ca. einem Jahr als Externe dabei und habe ungefähr 150 Seiten. Es geht grob um die Entwicklung eines neuen Regelungskonzepts für ein Rechtsgebiet in dem es nach allgemeiner Meinung momentan ziemlich hackt. Mehr möchte ich dazu an dieser Stelle nicht sagen. Inhaltlich habe ich bisher im Wesentlichen nur die Problemlage und ihre Ursachen analysiert bzw. so wie ich sie sehe herausgearbeitet. Dazu habe ich ca. 15! Ordner Literatur durchgearbeitet und könnte das ohne Weiteres noch vertiefen (zu viel?), bzw. müsste dies wohl an manchen Stellen auch noch.
Desto mehr ich mich nun mit dem Problemlösungskonzept befasse, desto mehr zweifle ich an meinem doch sehr unkonventionellen und weitgehenden Ansatz. Ich bin nicht mehr sicher, ob es sich mit dem geltenden Recht bzw. internationalen Vorgaben überhaupt vereinbaren lässt bzw. sich da einfügen lässt. Diese Möglichkeit darzustellen würde ich mir intellektuell wohl zutrauen, aber es wäre zeitlich und inhaltlich für eine Diss. vielleicht nicht mehr vertretbar. Mein Thema hat je nach Einteilung ca. acht größere Themenkomplexe. ](*,)
Mein Doktorvater (würde sagen Koryphäe mindestens in wesentlichen Bereichen meiner Arbeit) kennt ein Exposee und eine grobe Gliederung der Arbeit und war seinerzeit wohl recht angetan (selbstgewähltes Thema). Eine eigentliche inhaltliche Betreuung gibt es aber nicht. Wenn ich ehrlich bin, bin ich mir im Moment auch nicht sicher, ob er meinen Ansatz und seine Probleme damals wirklich durchdacht hat. Aber das kann man vielleicht auch nicht erwarten, schließlich ist es ja meine Arbeit.

Es bieten sich nun folgende Alternativen an:

A. Abbrechen?
Möchte ich eigentlich nicht. Ich bin grundsätzlich noch motiviert und habe Spaß an der Arbeit zudem würde es sich wohl karrieretechnisch sehr negativ auswirken.

B. Zweifel ignorieren und einfach weiterarbeiten in der Hoffnung, dass es sich am Ende schon irgendwie fügt?
Hohe Gefahr, dass ich am Ende noch mehr Zeit verliere und irgendwie könnte man schon erwarten, dass ich nach einem Jahr eine stringente Lösung habe oder?

C. Neues Thema (aus demselben Rechtsgebiet)?
Sehr viel verlorene Zeit und zudem motivationstechnisch wohl eine große Herausforderung, zudem bin ich nicht sicher ob mein Doktorvater das mitmachen würde. Auch weiß ich nicht ob ich das finanziell überstehen würde.

D. Thema eingrenzen bzw. abändern?
Wäre aufgrund der spezifischen auf meinen Ansatz zugeschnittenen Problemanalyse wohl nur schwer möglich, mir fällt jedenfalls seit einiger Zeit keine sinnvolle Begrenzung/Änderung ein. In jedem Fall wären große Teile meiner bisherigen Arbeit für die Katz. Wie ungewöhnlich wäre eine Themenabänderung bzw. Eingrenzung? Hat damit jemand Erfahrungen?

Ich wäre für Ratschläge, weitere Gedanken, Aufmunterung oder Kritik sehr dankbar.

Zudem würde mich eine Einschätzung bzw. eure Erfahrungen diesbezüglich interessieren, inwieweit man sich von einem eventuellen Gespräch mit dem Doktorvater eine inhaltliche Hilfe erwarten kann/sollte. Teilt ihr meine Einschätzung, dass er das Thema nicht zwingend soweit durchdacht haben muss, dass eine Lösung mit meinem Ansatz dann auch möglich sein müsste?

Bitte entschuldigt, wenn meine Gedanken nicht sooo stringent sein sollten, aber ich bin im Moment echt verzweifelt. :( Vielleicht bin ich einfach nicht geeignet für eine Promotion mit wissenschaftlichem Anspruch? Habe ich mich übernommen?

Liebe Grüße

Katharina
Du wirst hier um eine Eingrenzung nicht herumkommen. Ohne - in quantitativer Hinsicht - an der Oberfläche zu bleiben, wird sich eine solche Unternehmung mit vertretbarem Aufwand nicht durchführen lassen. Man könnte an die Problemanalyse in ihrer bisherigen Form die Erarbeitung eines Lösungskonzepts anschließen, das sich allein mit einem Themenkomplex befasst. Daraus wiederum könnte man Prämissen für die Lösung auch der übrigen sieben Komplexe ableiten. Ohne Kenntnis des Themas und deiner bisherigen Befunde lässt sich hierzu aber wenig Konkretes sagen. Du solltest wirklich ein Gespräch mit dem DV führen, ehe du die Arbeit fortsetzt. Verstehe deine "Krise" als das, was sie ist: als Ergebnis deines bisherigen Erkenntnisgewinns. Damit hast du nun die Chance, deine wissenschaftliche Leistung in die richtige Richtung zu lenken. Nach einer kommenden Niederlage klingt deine Beschreibung ganz und gar nicht, wahrscheinlich bist du sogar auf einem guten Weg.
"die Bezeichnung Penner hat nicht...stets beleidigenden...Charakter. So werden etwa im Einzelhandel umgangssprachlich schlecht verkäufliche Artikel...im Gegensatz zum Renner auch als Penner bezeichnet (wikipedia.de)" (BayVGH NZA-RR 2012, 302)
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Re: Krise/Übernommen?

Beitrag von Maik84 »

Nach meiner Erfahrung sind so generelle Gespräche mit dem DV eher keine große Hilfe, je tiefer man bereits in einem Thema steckt. Auch ein Fachmann auf dem gewählten Rechtsgebiet kennt die vielen Verästelungen nicht, die Du inzwischen herausgearbeitet hast. Ich wäre deshalb gerade bei der Eingrenzung des Themas sehr vorsichtig bei der Befolgung von (gut gemeinten) Ratschlägen. Stattdessen solltest Du vielleicht kritisch Dein Material sichten und Dir überlegen, ob nicht ein einzelner Aspekt so wesentlich für die "Neuordnung des Rechtsgebiets" ist, dass er als Thema Deiner Arbeit genügt. Wenn Du das einmal durchdacht hast, kannst Du es dem DV vorstellen und um Rat bitten. Vermutlich wird er Deiner Einschätzung vertrauen und nichts gegen eine Begrenzung des Themas haben.

Bei der Eingrenzung würde ich noch berücksichtigen, wie viel Zeit ich mir für die Arbeit noch gebe und wie umfangreich sie werden soll. Wenn Du jetzt 150 Seiten hast und dabei noch immer der Eindruck besteht, dass das Thema uferlos ist, besteht mE die Gefahr, gar keinen Punkt vertieft genug zu behandeln. Hier würde ich lieber einen Punkt herausgreifen und erschöpfend behandeln. Auf die weiteren Problemkreise kannst Du ja in der Einleitung oder im Schluss hinweisen und ggf. bisherige Erkenntnisse später (oder auch jetzt schon) in Aufsätzen verarbeiten.

Viel Erfolg!

Achja: Aufhören würde ich nicht, denn Du hast offenbar schon viel Zeit und Mühe in das Projekt gesteckt. Darum wäre es schade.
"Diese Leute standen nach Art der in dieser Gegend nichtstuend herumlungernden Personen im Halbkreis zusammen und unterhielten sich." BGHSt. 9, 137
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Re: Krise/Übernommen?

Beitrag von Sebast1an »

Auch wenn das Gespräch mit DV möglicherweise nicht viele neue Erkenntnisse bringt (meine Erfahrung sagt das Gegenteil), so würde ich zeitnah das Gespräch suchen und die Alternativen B. und D. mit ihm diskutieren. Eventuell macht es auch Sinn, die Problematik schon vorab anzukündigen (inkl. bisheriger Gliederung), dann kann sich auch ein DV über die ein oder andere Verästelung ein paar mehr Gedanken machen als dies im Gespräch selber möglich ist.
Ich bin auch nur ein Mensch. Genauso wie ein Weißer Hai auch nur ein Fisch ist. (Zlatan Ibrahimović)
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Re: Krise/Übernommen?

Beitrag von Cardican »

So wie Du es darstellst, ist die Eingrenzung auf einen Teilaspekt sinnvoll. Versuche am besten mehrere Vorschläge auszuformulieren und gehe diese dann konkret mit Deinem Prof. durch.
Maik84
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Re: Krise/Übernommen?

Beitrag von Maik84 »

Cardican hat geschrieben:So wie Du es darstellst, ist die Eingrenzung auf einen Teilaspekt sinnvoll. Versuche am besten mehrere Vorschläge auszuformulieren und gehe diese dann konkret mit Deinem Prof. durch.
eben... :)
"Diese Leute standen nach Art der in dieser Gegend nichtstuend herumlungernden Personen im Halbkreis zusammen und unterhielten sich." BGHSt. 9, 137
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