Diss nach 4 Jahren Berufserfahrung?

Alles rund um die Promotion zum Dr. iur. und den LL.M.

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Gelöschter Nutzer

Diss nach 4 Jahren Berufserfahrung?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo zusammen,

wie mein Benutzername schon sagt, bin ich eher eine Spätzünderin. Ich habe eine Promotion nie ernsthaft in Erwägung gezogen. Ich wollte arbeiten und eine Familie gründen, und eine Promotion brauchte ich für meinen Berufswunsch (öffentlicher Dienst) ohnehin nicht.

Nun ist mein 2. Examen fast 4 Jahre her, ich habe einen guten Job (halbe Stelle) und die Familie ist gegründet. In meinem Beruf habe ich mich in den letzten 2,5 Jahren sehr intensiv mit einem bestimmten Thema auseinandergesetzt. Das Thema ist wissenschaftlich noch nicht behandelt, aber hochinteressant und sicherlich für eine Diss geeignet. Es reizt mich daher, mich mit diesem Thema auch neben dem Job noch intensiver zu befassen und eine Diss daraus zu machen.

Vor der eigentlichen Diss habe ich auch wenig Angst. Allerdings frage ich mich, ob ich einer Verteidigung gewachsen wäre. Um welche Inhalte geht es denn in der Verteidigung? Ich kann mich noch dunkel an Ref-Kollegen erinnern, die das komplette Examenswissen parat haben mussten. Das habe ich lange nicht mehr drauf...

Daher meine Frage an alle:
Ist eine Diss auch 4 Jahre nach dem Examen zu stemmen?

Meine Idee ist auch, erstmal anzufangen zu schreiben und mich dann nach einem Doktorvater umzusehen. Das Thema betrifft 2 Bereiche aus dem öffentlichen Recht, die nichts miteinander gemeinsam haben. Daher kann ich ohnehin nur nach einem Doktorvater suchen, der sich mit einem der beiden Themen befasst. Ich möchte erstmal in Ruhe anfangen zu schreiben, ohne irgenwelchen (Zeit-)Druck zu haben, begleitet von dem Gefühl, langsam mal einen Text fertig zu stellen.

Ist das auch ein möglicher Weg oder sind Doktorväter lieber von Anfang an dabei?

Vielleicht gibt es ja schon die ein oder andere (bzw. den ein oder anderen), der sich ähnliche Gedanken gemacht hat.

Danke schon mal für eure Antworten!

LG, Spätzünderin
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Tikka
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Re: Diss nach 4 Jahren Berufserfahrung?

Beitrag von Tikka »

Spätzünderin hat geschrieben:Vor der eigentlichen Diss habe ich auch wenig Angst. Allerdings frage ich mich, ob ich einer Verteidigung gewachsen wäre. Um welche Inhalte geht es denn in der Verteidigung? Ich kann mich noch dunkel an Ref-Kollegen erinnern, die das komplette Examenswissen parat haben mussten. Das habe ich lange nicht mehr drauf...
Hallo Spätzünderin,

der Inhalt der Verteidigung variiert sehr stark von Uni zu Uni. An meiner alten Uni ist es in der Tat so, dass Grundlagenfächer abgeprüft werden. D.h. wenn dass Studium länger her ist, muss sich nochmal Examenswissen + ggf. Nebengebiete "raufgeschaufelt" werden, wobei in Absprache mit den Prüfern die abgefragten Bereiche etwas eingegrenzt werden können. An anderen Universitäten geht es wohl nur um den Inhalt der Dissertation.

Um herauszufinden was auf Dich zukommen kann, bleibt Dir nichts anderes übrig, als erst mal einen potentiellen Doktorvater/-mutter ausfindig zu machen und dann die PromotionsO der jeweiligen Fakultät durchzusehen.

Aber ganz allgemein dürfte die mündliche Prüfung in jedem Fall nur die Kür darstellen, so dass ich mich, unabhängig vom konkreten Prüfungsinhalt, davon jedenfalls nicht abhalten lassen würde.

Zu den anderen Fragen kann ich nichts qualifiziertes beitragen.
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Mr_Black
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Re: Diss nach 4 Jahren Berufserfahrung?

Beitrag von Mr_Black »

Also erst einmal: Es ist wohl noch niemand an der Verteidigung seiner Doktorarbeit gescheitert.

Die Promotionsordnung Deiner Wunschuni gibt nähere Auskunft zu den Anforderungen.

Ich würde aber erst einen Betreuer suchen und dann Schreiben.
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Baron
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Re: Diss nach 4 Jahren Berufserfahrung?

Beitrag von Baron »

1. An vielen Unis gibt es gar keine Verteidigung, sondern eine mündliche Prüfung, in der ganz unterschiedliche Sache geprüft werden.

2. Ohne Doktorvater anfangen zu schreiben halte ich für eine ganz doofe Idee. Nach 1-2 Jahren stellt sich raus, dass a) das Thema niemanden interessiert oder b) es plötzlich doch was zum Thema gibt. Daher lieber erstmal über das Thema mit einem potentiellen Doktorvater sprechen.
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Levi
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Re: Diss nach 4 Jahren Berufserfahrung?

Beitrag von Levi »

1. Was das Thema „mündliche Prüfung“ anbelangt, verhält es sich so, wie bereits von anderen geschrieben wurde: es gibt da verschiedene (Grund-)Modelle, die sich noch dazu von Uni zu Uni leicht unterscheiden. – Wirklich Angst haben, braucht man allerdings vor keinem Modell. Wer in der Dissertation ordentlich abgeschnitten hat, wird an der mündlichen Prüfung nicht (mehr) scheitern.

Wenn du es allerdings einrichten kannst, würde ich versuchen, mir eine Fakultät auszusuchen, bei der die mündliche Prüfung in Form einer „Disputation“ abläuft. In diesem Fall wird man entweder über den Inhalt seiner Dissertation geprüft, die man ja gewöhnlich gut kennt oder über ein anderes abgegrenztes Themengebiet, das man sich selbst aussuchen kann. In beiden Fällen erspart man sich böse Überraschungen und überflüssigen Lernaufwand.

2. Anders als die anderen Schreiber halte ich es bei berufsbegleitenden Dissertationen für besser, zunächst einmal anzufangen zu schreiben und erst später einen Doktorvater zu suchen. Das habe ich selbst genauso gehandhabt und damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Man beweist dadurch sowohl dem Doktorvater als auch sich selbst, dass man der Doppel-/Dreifachbelastung (Arbeit/Familie/Dissertation) tatsächlich gewachsen ist und eine realistische Chance besteht, dass das Promotionsvorhaben erfolgreich abgeschlossen wird.

Allerdings sollte es nicht soweit gehen, dass man dem Doktorvater bereits eine fertige Dissertation präsentiert, die er nur noch korrigieren muss. – Das könnte schiefgehen.

Man sollte daher mit der DV-Suche beginnen, wenn ca. ein Viertel bis ein Drittel der Dissertation vorzeigbar geschrieben vorliegt und darüber hinaus ein ausführliches Exposé mit realistischem Zeitplan existiert. Das dürfte die meisten DV überzeugen. – Bei mir hat es jedenfalls auf diese Weise problemlos geklappt.
Gelöschter Nutzer

Re: Diss nach 4 Jahren Berufserfahrung?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Vielen Dank für Eure Antworten! Das hilft mir schon sehr weiter.

@ Levi:
Dir einen besonderen Dank - es beruhigt mich ungemein, dass das bei Dir so gut geklappt hat. Genauso hatte ich mir das auch vorgestellt, vor allem auch, damit ich schauen kann, ob ich es wirklich schaffe, neben Beruf und Familie noch eine Diss zu schreiben. Falls ich nämlich merke, dass ich es nicht schaffe, habe ich noch keinen Prof bemüht und kann das ganze Projekt ohne schlechtes Gewissen beenden.
Cardican
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Re: Diss nach 4 Jahren Berufserfahrung?

Beitrag von Cardican »

Just 4 fun zu promovieren halte ich für keine gute Idee. Das geht stark zu Lasten der Familie und im Zweifel fehlt einem auch der Durchhaltewille, wenn es mal nicht so läuft.
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Tibor
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Re: Diss nach 4 Jahren Berufserfahrung?

Beitrag von Tibor »

Cardican hat geschrieben:Just 4 fun zu promovieren halte ich für keine gute Idee. Das geht stark zu Lasten der Familie und im Zweifel fehlt einem auch der Durchhaltewille, wenn es mal nicht so läuft.
Im Gegenteil: "Just 4 fun" ist eine gute Voraussetzung für einen Durchhaltewillen, insb. wenn man nur aus reinem Interesse am Thema und nicht aus Interesse am "Titel" liest und schreibt.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
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Re: Diss nach 4 Jahren Berufserfahrung?

Beitrag von Maik84 »

Das sehe ich auch so.
"Diese Leute standen nach Art der in dieser Gegend nichtstuend herumlungernden Personen im Halbkreis zusammen und unterhielten sich." BGHSt. 9, 137
EinHeinz
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Re: Diss nach 4 Jahren Berufserfahrung?

Beitrag von EinHeinz »

Cardican hat geschrieben:Just 4 fun zu promovieren halte ich für keine gute Idee. Das geht stark zu Lasten der Familie und im Zweifel fehlt einem auch der Durchhaltewille, wenn es mal nicht so läuft.
Mein Dad hat just 4 fun promoviert. Berufsbezogen. Meist im Winter/Abends wenn es draußen nicht so viel zu tun gab. Gab einen eigenen Schreibtisch dafür, der ihn dran erinnert hat, dass er mal wieder weiter machen könnte.

Wüsste nicht, wo sich das negativ auf die Familie ausgewirkt hätte. Zudem hat man den Luxus, die Arbeit mal einen Monat liegen zu lassen.
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