Anwalt BGH-Kanzlei

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Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von 11 Freunde »

Sorry, ich muss noch mal einen Thread starten, bin aber zur Zeit mitten in der Bewerbungsphase.

Hat jemand denn belastbare Informationen zur Tätigkeit in einer BGH-Kanzlei? Ich hätte zur Zeit die Möglichkeit, bei einer solchen zu arbeiten. Grundsätzlich hatte ich das Anwaltsdasein für mich ausgeschlossen, aber die beschriebene Wissenschaftlichkeit der Tätigkeit und die teilweise weitreichende Bedeutung der Fälle reizt mich schon. Meine Hoffnung ist, dass die Tätigkeit in einer solchen Kanzlei nicht ganz so parteiisch ist, wie bei einer "normalen" Anwaltstätigkeit.

Ein ehemaliger AG-Kollege von mir arbeitet bei einer solchen Kanzlei, meinte nun aber zu mir, dass auch die Sachverhalte oftmals nicht das halten, was man denken könnte und man sich schon fragt, wie ein solcher Fall zum BGH kommen soll.

Ich habe zwei Möglichkeiten zur Auswahl: einmal als Angestellter Anwalt. Hier bin ich mir aber nicht sicher, ob ich das anstrebe, weil ich erst vor einem Jahr umgezogen bin und dann ja jetzt schon wieder nach Karlsruhe ziehen müsste. Zweite Alternative wäre eine freie Mitarbeit. Hier könnte ich von zu Huse arbeiten und müsste nur einmal die Woche nach Karlaruhe. Bezahlung wären ca. 5.000 Euro im Monat, wovon aber einiges abgeht. Vorteil wäre, dass ich hier keine großen Aufwendungen hätte und erst mal schauen könnte, wie die Tätigkeit so ist.

Ht jemand vielleicht noch weitere Erfahrungen mit solchen Kanzleien? Danke
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Solar
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von Solar »

[Edit]
Zuletzt geändert von Solar am Dienstag 30. Juli 2013, 20:31, insgesamt 2-mal geändert.
Parabellum
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von Parabellum »

Vielen Dank für den interessanten Einblick, solar.
"Ich sage nicht, dass man sich hier zu siezen hätte oder ähnlichen Quatsch. Bei einem Forum von Juristen für Juristen ist meine Erwartungshaltung aber trotzdem nochmal eine andere als bei der Kneipe um die Ecke." OJ1988
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lawlita
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von lawlita »

Ich schließe mich Parabellum an. Auch wenn so ein Job für mich momentan nicht in Frage kommt, fand ich den Einblick sehr interessant. Danke! =D>
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von 11 Freunde »

Hallo,

vielen Dank für deinen ausführlichen Post. Er war sehr hilfreich. Du sprichst einige Punkte an, über die ich mir auch schon so meine Gedanken gemacht habe. Der fehlende Mandantenkontakt stört mich insgesamt jedoch weniger, vielmehr reibe ich mich ein wenig daran, dass man Schriftsätze verfasst und dann seinen Namen nicht darunter setzen kann. Die fehlende Perspektive auf Dauer kommt als weiterer Negativpunkt hinzu.

Mir wurde insbesondere ja auch eine freie Mitarbeit angeboten. Hierbei wurde gesagt, dass ich nur einmal die Woche nach Karlsruhe kommen müsse, was ich insofern interessant finde, da ich zur Zeit nicht umziehen möchte (mein letzter Umzug liegt erst ein Jahr zurück). So beschäftigt die Kanzlei auch Anwälte, die teilweise, vier-, fünfhundert Kilometer von Karlsruhe entfernt wohnen. Auch die 1.000 Euro brutto pro Akte wurden mir in Aussicht gestellt, genauso wie die von dir genannte monatliche Summe. Die Frage ist allein, was dabei übrig bleibt, da man ja die ganzen Sozialabgaben alleine tragen muss. So hören sich bspw. 6.000 Euro brutto ziemlich viel an, übrig bleiben jedoch vielleicht 2.300-2.400 Euro netto. Dazu kämen dann noch die Fahrten nach Karlsruhe. Hast du da eventuell ein paar Erfahrungswerte, wie es fianziell (netto) bei denen als freier Mitarbeiter beschäftigten Kollegen aussieht?

An der freien Mitarbeit reizt mich halt sehr die freie Zeiteinteilung. Zur Zeit läuft mein Bewerbungsverfahren bei der Justiz und mir wurde da auch in AUssicht gestellt, dass ich im Umkreis von ca. max. 50 km um meinen Wohnort in der Probezeit eingesetzt werden würde. Hier möchte ich einmal weiter abwarten, was sich da noch ergibt.

Viele Grüße und nochmal Danke!
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Solar
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von Solar »

Gern geschehen, freut mich, dass es jemanden interessiert ;)

Ich weiß leider nicht, wie viel meine "selbständigen" Kollegen netto so rausbekommen, ich werde mich aber mal erkundigen, da mich das selbst interessiert.
Ich bin mir dessen nun bei Weitem nicht sicher aber ich dachte immer, als selbständiger RA müsse man denselben RV-Beitrag zahlen, wie als angestellter RA (eben an das jeweilige Versorgungswerk - und auch nur die Höhe, die auch ein angestellter RA bezahlt). ALG Versicherung entfällt dafür sogar ganz, es sei denn man zahlt sie freiwillig. Und KV und PV dürften sich doch eigentlich preislich auch nicht zu sehr von der eines Angestellten unterscheiden, außer dass man sich als Selbständiger aussuchen kann, ob privat oder gesetzlich? (Und es gibt eine Mindestbesmessungsgrundlage von - glaube ich - ca. 2.000,- EUR -; wenn du Krankentagegeld willst, wird das evtl. etwas mehr - auch das ist aber freiwillig)

Das sind alles nur "hear-say" Infos aber ich meine damit lägen die (freiwilligen) Sozialabgaben eines selbständigen Freiberuflers u.U. sogar noch unter denen eines angestellten RAs. Wenn man dieselbe Absicherung will, müssten sie demnach gleichauf liegen oder nur unwesentlich höher. Steuern machen ohnehin keinen Unterschied, außer dass man USt-Aufwand hat (dafür aber auch Dinge wie PCs oder dergleichen absetzen kann).

Meiner Kenntnis nach solltest du also als freier Mitarbeiter einen mit dem brutto-netto-Rechner vergleichbaren Netto-Betrag erhalten.
Herr Schraeg
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von Herr Schraeg »

Zum Thema selbst kann ich nichts beitragen (außer, daß ich in der Berufsfindungsphase von einem BGH-Anwalt mit dem Hinweis, eine Mitarbeit bei ihm erleichtere eine spätere Zulassung als BGH-Anwalt, vergeblich geködert wurde). Aber ich will mich dem Lob und Dank an Solar ausdrücklich anschließen - sehr eindrucksvolle Demonstration, wie das Forum im besten Fall funktioniert.
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Einwendungsduschgriff
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Auch hier: vielen Dank für den sehr spannenden Einblick!
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Solar
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von Solar »

11Freunde hat geschrieben:Mir wurde insbesondere ja auch eine freie Mitarbeit angeboten. Hierbei wurde gesagt, dass ich nur einmal die Woche nach Karlsruhe kommen müsse, was ich insofern interessant finde, da ich zur Zeit nicht umziehen möchte (mein letzter Umzug liegt erst ein Jahr zurück). So beschäftigt die Kanzlei auch Anwälte, die teilweise, vier-, fünfhundert Kilometer von Karlsruhe entfernt wohnen. Auch die 1.000 Euro brutto pro Akte wurden mir in Aussicht gestellt, genauso wie die von dir genannte monatliche Summe. Die Frage ist allein, was dabei übrig bleibt, da man ja die ganzen Sozialabgaben alleine tragen muss. So hören sich bspw. 6.000 Euro brutto ziemlich viel an, übrig bleiben jedoch vielleicht 2.300-2.400 Euro netto. Dazu kämen dann noch die Fahrten nach Karlsruhe. Hast du da eventuell ein paar Erfahrungswerte, wie es fianziell (netto) bei denen als freier Mitarbeiter beschäftigten Kollegen aussieht?
Habe mal nachgeforscht: Grundsätzlich kannst du den Brutto/Netto-Rechner eines Angestellten zugrunde legen und dort die Private KV auswählen. Dann gibst du mal einen Betrag von rund 400,-/Monat ein (ist ja Einkommens-unabhängig und entspricht etwa dem, was meine Kollegen so zahlen - bei der gesetzlichen läuft es wie ben beschrieben). Im Ergebnis dürftest du so auf das kommen, was man als Selbständiger verdient. Zwar ist die KV etwas teurer, dafür ALG I keine Pflicht und zudem kann man noch gewisse Betriebsausgaben absetzen. Du siehst also, dass das so gut wie keinen Unterschied macht - wenn überhaupt ist man als Selbständiger diesbezüglich sogar noch etwas besser dran (rein brutto/netto-mäßig). Soweit zumindest meine Einschätzung.
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von julée »

Einwendungsduschgriff hat geschrieben:Auch hier: vielen Dank für den sehr spannenden Einblick!
+1

Mal rein interessehalber: Wie kommt man eigentlich an so ein Angebot?
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Solar
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von Solar »

Ref-Stationen sind auch immer ein guter Türöffner für solche Jobs (so bei einem meiner Kollegen). Die Noten sind dabei nicht immer von zwingender Bedeutung. Man muss sich dann eben beweisen, wie immer.

Es gab z.B. aber auch bei Hays mal Anzeigen für derartige Stellen. Die Jobs sind natürlich angesichts der wenigen Kanzleien, die es in diesem Bereich gibt, dünn gesäht. Aber da tut sich trotzdem immer mal wieder etwas auf.
Zuletzt geändert von Solar am Sonntag 4. August 2013, 17:33, insgesamt 3-mal geändert.
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von julée »

Solar hat geschrieben: Man muss sich aber auch mit den Charakteren anfreunden können. Der Altersdurchschnitt der aktuellen Riege liegt bei 62 (!), vergleiche auch mal eine Auswahl ihrer Homepages, da bekommt man größtenteils Augenkrebs, soweit sie überhaupt welche haben... :--
Als würde man in einem Buch für Rechtsgeschichte nachschlagen:
Rechtsgeschichte (Verwaister Link http://www.bundesgerichtshof.de/DE/BGH/Rechtsanwaelte/rechtsanwaelte_node.html automatisch entfernt)
Das habe ich gestern sogar schon mal (ich hätte ja sonst was sinnvolles tun können) gemacht - und da habe ich den Link "hier können Sie sich bewerben" irgendwie nirgends gesehen. Also einfach zu gegebener Zeit auf einen Anruf warten, alles klar :D
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von Muirne »

Danke Solar, das war sehr interessant und ist im Hinterkopf abgespeichert. :)
»Natürlich ist das herablassend. Torquemada ist mir gegenüber herablassend, ich bin esprit gegenüber herablassend. So ist die Nahrungskette in diesem Forum nunmal.« - Swann
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Solar
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von Solar »

Herr Schraeg hat geschrieben:Zum Thema selbst kann ich nichts beitragen (außer, daß ich in der Berufsfindungsphase von einem BGH-Anwalt mit dem Hinweis, eine Mitarbeit bei ihm erleichtere eine spätere Zulassung als BGH-Anwalt, vergeblich geködert wurde)
Dazu wollte ich noch sagen, dass diese Versprechung so pauschal leider nicht zutrifft. Denn es werden so alle 5 Jahre ein paar neue BGH-Anwälte gewählt (meist so um die 5 bis max. 10 Leute). Das Wahlgremium besteht aus den 12 Senatsvorsitzenden, den 6 Mitgliedern des Präsidiums der BRAK und den 5 Mitgliedern des Präsidiums der RAK beim BGH. Ist man nun schon seit Jahren amtlich bestellter Vertreter eines BGH-Anwaltes, ist man dem ein oder anderen Senatsvorsitzenden auch bekannt. Auf die Stimmen der Präsidiumsmitglieder der RAK beim BGH kann man dagegen nicht zwingend zählen. Denn die haben häufig eigene Zöglinge im Rennen. Wenn man dann nicht gerade bei denen ist, hilft das also nicht immer viel.

Will sagen:
1. Der Wahlausschuss achtet peinlich genau darauf, Bewerber aus dem BGH-Kanzleien Umfeld nicht übermäßig zu bevorzugen.
2. Nur weil man seit Jahren bei einem BGH-Anwalt ist, ist man längst nicht allen Senatsvorsitzenden in (guter) Erinnerung.
3. Auf die Stimmen der BGH-Präsidiumsmitglieder kann man nicht unbedingt zählen.
4. Am Ende entscheidet das Justizministerium - da hilft dann ohnehin nichts mehr (Entscheidung ergeht allerdings regelmäßig nach der vom Wahlausschuss vorgeschlagenen Reihenfolge)

Damit bleibt die Wahl ein absolutes Glücksspiel, wobei teilweise völlig unnachvollziehbar ist, wer in den Status des BGH-Anwaltes erhoben wird. Da geht es in einer GK - und sogar auf dem Weg zum Vorsitzenden Richter - doch wesentlich durchschaubarer zu.

P.S. Um überhaupt gewählt zu werden muss man übrigens mindestens 35 Jahre alt sein.

Siehe zum Ganzen: BGHZ 169, 77; interessant auch, wenn auch nicht in allen Punkten überzeugend: Kleine-Cosack, EWiR 2007, 139
Zuletzt geändert von Solar am Sonntag 4. August 2013, 17:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Anwalt BGH-Kanzlei

Beitrag von 11 Freunde »

Ich möchte mich noch einmal bei dir bedanken, Solar. Vorrangig werde ich nun einmal das Bewerbungsverfahren bei der Justiz abwarten. Die freie Mitarbeiterschaft scheint mir trotz der fehlenden Perspektive auf Dauer eine äußerst interessante Alternative zu sein.

@julee
Bei mir lief es auch über Beziehungen, da ein ehemaliger AG-Kollege von mir mittlerweile in einer solchen Kanzlei arbeitet und dort ein neuer Mitarbeiter gesucht wird!
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