GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

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Ruben
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GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von Ruben »

Hallo Gemeinde,

hier kommt erst eine Schildung meiner Situation und dann ein paar Fragen, bei denen ihr mir helfen könntet.

I. Situation

Ich bin im 2. Berufsjahr als Associate in einer Top 20-Großkanzlei. Die Lage ist ziemilich beschissen. Aus folgenden Gründen:
  • Arbeit für zwei fordernde Partner gleichzeitig. Beide Partner erwarten jeweils immer, dass ich ihre Aufträge asap erledige, und stimmen sich grundsätzlich nie untereinander ab.
  • Stark zugenommene Arbeitsbelastung (diese Woche jeden Tag von punkt 9 bis 22-24h + jetzt auch noch am Wochenende). Dies ist noch nicht einmal durch ein besonders aufwändiges Mandat bedingt, sondern durch typische Ineffizienzen (mangelnde Kommunikation; Nicht-Verfügbarkeit, Überlastung oder Bequemlichkeit der Kollegen; "sportliche" Erwartungshaltung der Mandanten...).
  • Partner 1 bindet mich schlecht in Mandate ein, Kommunikation und Teamarbeit finden praktisch nicht statt; er schreibt einzelne knappe E-Mails und erwartet dann, dass man alles managed und regelt - ohne Informationen zu haben, denn mit dem Mandanten kommuniziert er ja, ohne mich einzubinden.
  • Partner 2 ist deutlich kommunikativer, einbindender und steht ständig mit Aufträgen auf der Matte, hat aber irrsinnige Vorstellungen, wie schnell man 30-seitige Dokumente durchlesen/draften und nebenbei auch noch alles andere, bis hin zu Sekretariatsaufgaben, erledigen kann.
  • Die Sekretärinnen haben bei den Partnern grundsätzlich ein besseres Standing als der Associate, aber das ist ein Thema für sich.
  • Mindestens Partner 2 hat eine unmögliche Art als Vorgesetzter, einen herumzukommandieren und zu kritisieren.
  • Die Abrechenbarkeit meiner geleisteten Stunden ist undankbar (vereinbarte Caps in geringer Höhe)
  • Jedenfalls sind beide Partner auch noch unzufrieden mit meiner Arbeit/meinen billable hours im Vergleich zur internen Konkurrenz, ob zu Recht oder zu Unrecht, sei dahingestellt. Es kam nun inzwischen auch die Ansage, dass ich mir etwas anderes suchen solle (quasi die Kündigung).
  • Also bin ich auf Jobsuche. Ich denke selbst schon länger über mögliche Jobwechsel nach, und möchte inzwischen auch wirklich entnervt weg. Dabei muss ich eingestehen, dass die Situation schon von Anfang an nicht das Wahre war. Aber als Berufseinstieg konnte der Job bei dem renommierten Arbeitgeber erst mal nur von Vorteil sein. Gut, das hätte ich mir vorher besser überlegen sollen, bei welcher Kanzlei ich anfange.
  • Nach meinem Gefühl beginnt jetzt eine Ausbeutungsphase, und ich komme vor Arbeitsbelastung kaum zur Jobsuche.
Das Gute meiner Situation ist, immerhin habe ich 1,5 Jahre Berufserfahrung in einer Top-Großkanzlei, und einen insgesamt echt guten Lebenslauf mit 2 Prädikatsexamina. Also wird man ja doch grundsätzlich ganz gerne bei Arbeitgebern für Juristen genommen.

Mir stellt sich nebenbei auch die Frage, wie der Karriereweg denn überhaupt verlaufen soll, denn aus der Wirtschaftskanzlei-Mühle möchte ich mit einiger Wahrscheinlichkeit langfristig raus (der Anwaltsjob ist füt mich nicht der Traumberuf, selbst wenn man mal Partner ist).

II. Fragen

Da man mich ja loswerden will und zugleich im laufenden Job ausbeutet, stellen sich mir - quasi arbeitsrechtlich - folgende Fragen:
1. Sollte ich einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuziehen?
2. Wie kann ich einer "echten" Kündigung vorbeugen? Möglicherweise schiebt die Kanzlei einen Grund vor, weil ich Anweisungen nicht ausgeführt hätte, nicht 9 Uhr morgens da gewesen sei etc.
3. Wie kann ich gleichzeitig dem Druck entgegenhalten, um nicht ausgerechnet jetzt besonders viel zu arbeiten und noch Zeit für die Jobsuche zu haben?
4. Wie gehe ich generell überhaupt vor? Meine gegenwärtige Vorstellung sieht so aus:
a) Bewerben (und dabei schlicht sagen "Im jetzigen Job passt es nicht mehr so gut, bitte sagen Sie nichts meinem Arbeitgeber"). Zeugnis kann naturgemäß nicht vorgelegt werden.
b) Nach Zusage durch neuen Arbeitgeber Auflösung des alten Arbeitsverhältnisses und gutes Zeugnis einstielen. Bei Wechsel zur unmittelbaren Konkurrenz nicht verraten, wohin man wechselt.
c) Neuen Arbeitgeber in dem Glauben lassen, er habe mich "abgeworben".

So das reicht erst mal. Die anderen Fragen, wo es denn hingegen soll, etc. schiebe ich mal auf.
BWL mit Steuern
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von BWL mit Steuern »

Wie können die unterstellen, dass du nicht um 9 Uhr bei der Arbeit warst? Lockt ihr euch nicht mit eurem Nutzerkonto in den PC ein?

Du schreibst, dass sie dir schon nahe gelegt haben zu gehen. Dann dürfte es doch kein Problem sein, wenn du Urlaub für Vorstellungsgespräche nimmst. Sobald ich eine Einladung hätte, würde ich offen sagen, dass ich was anderes suche.

Du scheinst es unbedingt so aussehen lassen zu wollen, als sei deine GK-Zeit ein "voller Erfolg" gewesen. Aber in Wirklichkeit lief es nicht gut. Ich glaube nicht, dass du das verbergen kannst.
Kasimir
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von Kasimir »

Zu deiner unter I. geschilderten Situation:
Du musst dir bewusst sein, dass die von dir genannten Punkte in anderen Kanzleien häufig nicht anders sein werden. Die Arbeitszeit 9-22/24h finde ich eher GK-typisch. Wochenendarbeit sollte nicht die Regel sein, aber lässt sich hin und wieder nicht vermeiden. Richtig schlimm finde ich wirkliche Nachtschichten, d.h. bis zwei, drei, vier oder fünf nachts. Da ich nicht oft transaktionsbezogen arbeite, kommt das bei mir zum Glück eher selten vor. Und überlange Arbeitszeiten liegen nahezu immer an künstlichen Fristen oder weil irgendwo etwas liegen geblieben ist z.B. beim Mandanten oder Partner. Auch woanders wirst du für mehrere Partner arbeiten müssen, so dass ich als einzigen Nehativaspekt die schlechte Atmosphäre bzw. Führungsqualitäten der Partner sehe. Da muss man sich frühzeitig und deutlich gegen wehren. Nach meiner Einschätzung ist aber auch das ein in vielen Kanzleien verbreitetes Problem.

Du schreibst leider nur was dir gerade nicht passt und nicht was du machen zukünftig machen willst. Überlege dir welcher Kanzleityp zu dir passt und sieh dir die Leute gut an. Es bringt nichts stumpf die juve Liste durchzugehen. Überleg was zu dir passt. Deutsche eigenständige Bude ? Satellitenbüro einer Amibude? Integrierte britische GK? Es gibt für alles gute Gründe, aber nicht jeder wird in jedem Format glücklich.

Ach ja und sei ehrlich. Du musst nicht sagen, dass dein bisheriger Arbeitgeber dich nicht mehr will, aber versuch nicht den Eindruck zu erwecken, dass sie dich abwerben wollen.

Viel Erfolg!
Eichhörnchen, Eichhörnchen wo sind deine Nüsse?
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Ruben
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von Ruben »

BWL mit Steuern hat geschrieben:Wie können die unterstellen, dass du nicht um 9 Uhr bei der Arbeit warst?
Ich meine damit, dass ich tatsächlich nicht um Punkt 9 Uhr da bin, wegen Stau, etc. Ist ja normalerweise auch kein Problem bei den langen Arbeitszeiten, machen viele so bei uns. So was könnte man aber ggf. als Kündigungsgrund an den Haaren herbeiziehen.
BWL mit Steuern hat geschrieben: (...) dürfte es doch kein Problem sein, wenn du Urlaub für Vorstellungsgespräche nimmst.
Na, das nenne ich mal einen erholsamen Urlaub... Meine regulären Urlaubstage möchte ich dafür nicht verbraten. Weiß hier jemand, ob einem für Vorstellungsgespräche Sonderurlaub zusteht?
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Ruben
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von Ruben »

So, jetzt kommen die anderen Fragen zum Thema "Wie geht's weiter?".

5. Ich werde ständig von Headhuntern kontaktiert. Die erzählen einem dann ein paar nähere Infos zu Vakanzen, meist in anderen Kanzleien, seltener Inhouse (Gehalt, suchender Leitpartner u.a.). Teilweise habe ich an diese Kanzleien ohnehin schon gedacht. Ich überlege daher, mich dort ohne Headhunter zu bewerben, damit der neue Arbeitgeber keine Provision zahlen muss.
Würdet ihr einen Jobwechsel aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus lieber mit oder ohne Headhunter probieren? Falls ohne, wie geht man mit dem Headhunter um, der einen auf die Vakanz hingewiesen hatte?
Hat jemand Erfahrung hiermit?

6. Da Inhouse-Positionen oft einige Jahre anwaltliche Erfahrung voraussetzen, und man einiges durch vielfältige Erfahrung in Kanzleien lernt, neige ich dazu, vorerst als Anwalt weiterzuarbeiten. Allerdings sollte jetzt definitiv die Work-Life-Balance besser sein. Was haltet ihr in Sachen Arbeitsbelastung und im Gesamteindruck von folgenden Kanzleien?
  • RölfsPartner
  • Raupach & Wollert Elmendorff
  • Osborne Clarke
  • McDermott Will & Emery
  • White & Case
  • Görg
  • Beiten Burkhardt
Kasimir
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von Kasimir »

Bunte Mischung. In welchem Bereich suchst du denn? Falls es nicht Steuerrecht ist, würde ich die Kamzleien mit Nähe zu WP-Gesellschaften meiden.

Ganz allgemein: Die Gleichung weniger Gehalt = weniger Arbeit geht nicht immer auf.

Falls du langfristig in Richtung Inhouse willst, würde ich Bedenken, dass jedenfalls die DaxKonzerne nach meinem Eindruck von den sie beratenden Kanzleien rekrutieren, d.h. HM, GL, FBD, LL, CC, HL, AO etc. Der Wechsel aus mittelständischen Kanzleien oder GK, die nicht in der Industrie verankert sind, könnte es schwierig werden.
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Atticus
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von Atticus »

Zunächst:
Anwälte, die sich aus Gken weg bewerben, sind nicht slten. Neue Arbeitgeber sind daran gewöhnt - nicht jeder kann/will (gerade bei der heutigen Arbeitsmarktlage) in den Partnertrack.

Bei dem berufswunsch hast Du ja jetzt selbst Erfahrungen gesammelt und sicher auch von Studienkollegen mitbekommen, wie es so läuft. Dein zweiter Job sollte daher schon möglichst nah an der gewünschten Tätigkeit sein oder auf diese vorbereiten. Während Wechsel aus der GK nach 2 Jahren absolut o.k. ist, ist zu viel "Gespringe" schwierig zu erklären.

Ich bin Inhouse bei einem größeren tätig und kann Dir sagen, dass wir auch über Headhunter suchen. Die Kosten sind einkalkuliert. Im Mittelstand kann dies anders sein.
Bei uns sollten Bewerber branchenspezifische Berufserfahrung haben. GRundsätzlich werden eher Bewerber aus größeren Kanzleien genommen, da diese meist besser ausgebildet sind/das entsprechende Auftreten haben.
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Baron
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von Baron »

Ruben hat geschrieben:II. Fragen

Da man mich ja loswerden will und zugleich im laufenden Job ausbeutet, stellen sich mir - quasi arbeitsrechtlich - folgende Fragen:
1. Sollte ich einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuziehen?
2. Wie kann ich einer "echten" Kündigung vorbeugen? Möglicherweise schiebt die Kanzlei einen Grund vor, weil ich Anweisungen nicht ausgeführt hätte, nicht 9 Uhr morgens da gewesen sei etc.
3. Wie kann ich gleichzeitig dem Druck entgegenhalten, um nicht ausgerechnet jetzt besonders viel zu arbeiten und noch Zeit für die Jobsuche zu haben?
4. Wie gehe ich generell überhaupt vor? Meine gegenwärtige Vorstellung sieht so aus:
a) Bewerben (und dabei schlicht sagen "Im jetzigen Job passt es nicht mehr so gut, bitte sagen Sie nichts meinem Arbeitgeber"). Zeugnis kann naturgemäß nicht vorgelegt werden.
b) Nach Zusage durch neuen Arbeitgeber Auflösung des alten Arbeitsverhältnisses und gutes Zeugnis einstielen. Bei Wechsel zur unmittelbaren Konkurrenz nicht verraten, wohin man wechselt.
c) Neuen Arbeitgeber in dem Glauben lassen, er habe mich "abgeworben".

So das reicht erst mal. Die anderen Fragen, wo es denn hingegen soll, etc. schiebe ich mal auf.
Ich glaube, Du machst Dir zu viele Sorgen.
Zu Deinen Fragen:

1./2.: warum denn einen Anwalt holen? Und warum willst Du einer "echten" Kündigung vorbeugen? Du willst weg. Sie wollen Dich nicht mehr haben. Ist doch alles super: beide Parteien sind zufrieden, wenn Du gehst. Bei einer "echten" Kündigung hättest Du erstens die Möglichkeit, dagegen vorzugehen und außerdem Anspruch auf ALGI, wenn es mit der Jobsuche nicht so schnell klappt.

Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, dass Du eine Kündigung bekommst, relativ gering. Alle GKs fürchten nach meiner Erfahrung jede Auseinandersetzung in diesem Zusammenhang.

3./4.: genau. Bewerben, im aktuellen Job den Ball flach halten und schauen, dass man so schnell wie möglich aus dem alten Job rauskommt.

Es ist völlig normal, dass es einem im ersten (zweiten usw.) Job nicht passt. Und jeder normale "neue" Arbeitgeber weiss das auch.
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lawlita
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von lawlita »

Ruben hat geschrieben:
BWL mit Steuern hat geschrieben: (...) dürfte es doch kein Problem sein, wenn du Urlaub für Vorstellungsgespräche nimmst.
Na, das nenne ich mal einen erholsamen Urlaub... Meine regulären Urlaubstage möchte ich dafür nicht verbraten. Weiß hier jemand, ob einem für Vorstellungsgespräche Sonderurlaub zusteht?
Du findest die Situation bei deinem Arbeitgeber grauenhaft und rechnest schon mit einer Kündigung (wovon ich außerhalb der Probezeit noch nie gehört habe, das nur nebenbei), bist aber nicht bereit dazu, ein paar Urlaubstage für einen besseren Job zu opfern? Ist das dein Ernst?
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von Syd26 »

Igor hat geschrieben: 1./2.: warum denn einen Anwalt holen? Und warum willst Du einer "echten" Kündigung vorbeugen? Du willst weg. Sie wollen Dich nicht mehr haben. Ist doch alles super: beide Parteien sind zufrieden, wenn Du gehst. Bei einer "echten" Kündigung hättest Du erstens die Möglichkeit, dagegen vorzugehen und außerdem Anspruch auf ALGI, wenn es mit der Jobsuche nicht so schnell klappt.
Sehe ich genauso.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von BWL mit Steuern »

Wenn man von einer GK zu einer Inhouse-Stelle wechselt, muss man dann eine hohe Gehaltseinbuße hinnehmen? Man liest ja immer von sehr hohen Gehältern in GK aber dafür viel mehr verrechenbare Soll-Stunden, als man bei normaler Arbeitszeit schaffen kann.

Warum schalten Unternehmen überhaupt einen Headhunter ein, um einen jungen Juristen zu finden? Der Markt soll ja mit jungen Juristen sehr überlaufen sein. Da müssten die doch auch so viele Bewerbungen kriegen. Geht es vielleicht darum, jemanden zu finden, der schon mal im Bereich eines ganz speziellen juristischen Themas gearbeitet hat?
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Ruben
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von Ruben »

Kasimir hat geschrieben:In welchem Bereich suchst du denn? Falls es nicht Steuerrecht ist, würde ich die Kanzleien mit Nähe zu WP-Gesellschaften meiden.
Gesellschaftsrecht / M&A. Das ist ein zentrales Gebiet, auch in den WP-Rechtsberatungsarmen (unter den genannten also RölfsPartner und Raupach). Ich weiß zwar nicht, wie es ist, mit Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern in einer multidisziplinären Einheit zu sein, aber eine Nähe zu Steuern, Bilanzierung, BWL finde ich jedenfalls für mein Fachgebiet normal und auch interessant. Also, Kasimir, wieso meinst du, sollte man diese Kanzleien meiden?
Kasimir hat geschrieben:Ganz allgemein: Die Gleichung weniger Gehalt = weniger Arbeit geht nicht immer auf.
Absolut richtig. Von viel Arbeit hört man auch bei Görg oder RölfsPartner.
Aber umgekehrt kann man oft davon ausgehen, dass ein hohes Gehalt auch mit einer hohen Einsatzerwartung einhergeht. Ob z.B. McDermott insofern das richtige ist, bezweifle ich, auch wenn die nett sein sollen.
Kasimir hat geschrieben:Falls du langfristig in Richtung Inhouse willst, würde ich Bedenken, dass jedenfalls die DaxKonzerne nach meinem Eindruck von den sie beratenden Kanzleien rekrutieren, d.h. HM, GL, FBD, LL, CC, HL, AO etc. Der Wechsel aus mittelständischen Kanzleien oder GK, die nicht in der Industrie verankert sind, könnte schwierig werden.
Welche Kanzleien sind denn "in der Industrie verankert"? Jede Kanzlei berät doch unterschiedlichste Unternehmen.
Kasimir hat geschrieben:Auch woanders wirst du für mehrere Partner arbeiten müssen
Das möchte ich nun aber definitiv vermeiden, und schauen, ob ich mit einem künftigen Leitpartner ein gutes "Team" (ggf. auch mit anderen Associates oder Junior-Partnern im selben Team) bilden würde. Aber was gar nicht geht, ist zwei völlig unterschiedlichen Befehlshabern dienen.
Zuletzt geändert von Ruben am Dienstag 16. Juli 2013, 10:27, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von Ruben »

Die Kanzlei bietet mir einen Aufhebungsvertrag mit Freistellung für die Jobsuche an. Von einer Abfindung war nicht die Rede.

Zu den arbeitsrechtlichen Aspekten / zum Vorgehen:
Igor hat geschrieben: 1./2.: warum denn einen Anwalt holen? Und warum willst Du einer "echten" Kündigung vorbeugen? Du willst weg. Sie wollen Dich nicht mehr haben. Ist doch alles super: beide Parteien sind zufrieden, wenn Du gehst. Bei einer "echten" Kündigung hättest Du erstens die Möglichkeit, dagegen vorzugehen und außerdem Anspruch auf ALGI, wenn es mit der Jobsuche nicht so schnell klappt.

Außerdem ist die Wahrscheinlichkeit, dass Du eine Kündigung bekommst, relativ gering. Alle GKs fürchten nach meiner Erfahrung jede Auseinandersetzung in diesem Zusammenhang.
Anwalt nehmen, weil solche Fragen, wie wir sie hier erörtern, fachkundigen Rat erfordern, und das eine wichtige Sache ist, die ich zum ersten Mal erlebe.
Das mit dem ALGI ist mir bekannt und ein wichtiger Aspekt, aber sollte man deswegen bevorzugen, gekündigt zu werden? Ist dann eine Freistellung noch möglich? Die Freistellung ist mir sehr wichtig.

showdown hat geschrieben: Ich würde so vorgehen: Vorstellungsgespräche in der Mittagspause oder am frühen Abend. Headhunter und Personaler wissen über die Zeitnöte von GK-Anwälten und sind flexibel. Nachdem du was festgemacht hast, bitte um Übersendung eines unterschriebenen Vertragsangebotes und etwas Bedenkzeit und sobald das Angebot da ist, gehe zu deiner Kanzlei und biete denen einen Aufhebungsvertrag an, gegen entsprechende Abfindung. Sei da ruhig ehrlich und sage den Leuten ins Gesicht, dass wenn sie dich loswerden wollen, sie dafür etwas zahlen müssen. Andernfalls würdest du einfach bleiben, keinen Grund zur Klage geben und täglich deine Arbeitskraft anbieten; egal, ob dir die Partner was geben oder nicht. Bei mir und noch ein paar anderen Kollegen hat das damals gezogen.
Danke für deine ausführliche Antwort, showdown. Zeitlich ist das aber völlig unrealistisch, das mal so eben neben der Arbeit "in der Mittagspause" zu machen. Die Freistellung ist insofern ideal, je länger, desto besser. Ich muss einfach verhandeln und wissen, was für mich okay wäre.
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von T0bi »

Was das ALG anbelangt: Eine unwiderrufliche Freistellung durch Vereinbarung (etwa im Rahmen eines Aufhebungsvertrages) wäre versicherungswidrig, würde leistungsrechtlich bereits Beschäftigungslosigkeit auslösen und damit eine Sperre und Leistungskürzungen. Anders wäre es bei der stunden- oder tageweisen Freistellung nach § 629 BGB, die an der Beschäftigung nichts ändern würde.

In Anbetracht der Einzelfallumstände (ohnehin schlechtes Klima, bereits nahegelegt zu kündigten) würde ich ohne eine Abfindung in der Tat nicht gehen. Die Gesamtsumme bemisst sich üblicherweise nach der Länge der Kündigungsfrist, der Länge der Beschäftigungszeit, dem Bruttomonatsgehalt und einem Faktor, der der Kündigungsersatzfunktion des Aufhebungsvertrages Rechnung trägt (d.h. umso eher die Kündigung unwirksam wäre, desto höher der Faktor). Wenn du die damit verbundene Konfrontation nicht scheust, wäre ein Arbeitsrechtler zur Beratung und letztlich Durchsetzung einer angemessenen Abfindung das Mittel der Wahl.
"die Bezeichnung Penner hat nicht...stets beleidigenden...Charakter. So werden etwa im Einzelhandel umgangssprachlich schlecht verkäufliche Artikel...im Gegensatz zum Renner auch als Penner bezeichnet (wikipedia.de)" (BayVGH NZA-RR 2012, 302)
Feuerbach
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Re: GK: schlecht gelaufen und Exit zweites Berufsjahr

Beitrag von Feuerbach »

In welcher Stadt arbeitest Du denn? Und willst Du da bleiben?

Die Liste der Kanzleien, die für Dich in Frage kommen, erscheint mir etwas ungewöhnlich. Wie bist Du denn darauf gekommen?

Wenn Du mit Deiner Kanzlei abgeschlossen hast, dann lass es einfach lockerer angehen. Wenn Du Druck von Deinen Partnern bekommst, dann solltest Du Dir überlegen, ob Du selber noch mehr investierst als Du musst. Sprich: Geh doch um 20 Uhr nach Hause, da kann keiner etwas gegen sagen. Und man wird sich überlegen, ob man riskieren möchte, dass Du die allgemeine Moral verdirbst. Das verbessert Deine Verhandlungsposition beim Aufhebungsvertrag beträchtlich.
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