Erfahrungen nach BSG Urteil
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
Ich hoffe, dass das kein gewaltiger Schuss ins Knie ist.
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
Wieso?Tikka hat geschrieben:Ich hoffe, dass das kein gewaltiger Schuss ins Knie ist.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
- Tikka
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
Nun ja, die politische Lösung (Änderung der BRAO) zeichnet sich ja angeblich bereits am Horizont ab.Einwendungsduschgriff hat geschrieben:Wieso?Tikka hat geschrieben:Ich hoffe, dass das kein gewaltiger Schuss ins Knie ist.
Solange das BVerfG mit dem Fall befasst ist, ist das Standardprocedere der deutschen Politik erstmal, die Sache bis zu einer Entscheidung auf Eis zu legen. Das wäre im besten Fall einfach verlorene Zeit.
Sollte das BVerfG die Entscheidung des BSG mit dem GG vereinbar erklären, besteht sogar ein Anreiz die politische Lösung ganz auf Eis zu legen, weil "Das BVerfG hat ja gesagt, dass es rechtens ist..."
Selbstverständlich schliesst sich eine bestätigende Entscheidung und eine Änderung der BRAO nicht per se aus, aber mir wäre es lieber gewesen, man hätte nicht diesen Rechtsweg beschritten. Ohne Kaffeesatzleser zu sein, halte ich den Weg per Lobbydruck über Berlin für aussichtsreicher, als den rechtlichen über Karlsruhe.
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
Das ja enttäuschenderweise gerade nicht. Nachdem man sich innerhalb der Bundesregierung darauf verständigt hatte, dass das BMJV und nicht das BMAS für die Erarbeitung einer Lösung der "Syndikusproblematik" zuständig sein solle, was im Ergebnis auf eine (klarstellende) Änderung des Berufsrechts hinausläuft und sich beinahe alle wesentlichen Akteure, inkl. DRV Bund und BSG, aufgeschlossen zeigten gegenüber einer kurzfristigen Änderung des Berufsrechts, ruderte ausgerechnet die Hauptversammlung der BRAK in die Gegenrichtung. Dort sprach sich nämlich die Mehrheit der Kammerpräsidenten (wohlgemerkt sich weit überwiegend wenn nicht sogar ausschließlich zusammensetzend aus Seniorität der freien Anwaltschaft) leider noch immer gegen eine Änderung des Berufsrechts und eine berufsrechtliche Gleichstellung der Syndizi mit den freien Anwälten aus. Stattdessen wolle man über eine Änderung des Sozialversicherungsrechts den Syndikusanwälten "helfen". Die angeblichen Hilfsbemühungen der BRAK lassen sich allerdings nicht annähernd als redlich bezeichnen, wenn man sich den geradezu heuchlerisch anmutenden Gesetzesänderungsvorschlag der BRAK einmal genauer anschaut.Tikka hat geschrieben:Nun ja, die politische Lösung (Änderung der BRAO) zeichnet sich ja angeblich bereits am Horizont ab.
Das BMJV soll dem Vernehmen nach klar geäußert haben, eine Änderung des Berufsrechts nicht gegen den Willen der BRAK machen bzw. durchsetzen zu wollen.
Karlsruhe ist und bleibt auf diesem Hintergrund die derzeit einzige Option. Nicht selten in der Vergangenheit waren Änderungen des anwaltlichen Berufsrechts gegen "den Willen der Anwaltschaft" nur in Karlsruhe durchzusetzen. Ich erinnere z.B. nur an die in jüngster Zeit ergangenen Entscheidungen des BVerfG zur Zulassung der Rechtsanwalts- und Patentsanwalts-GmbH zur Anwaltschaft und der Berechtigung zur Fortführung des RA-Titels nach Wiederzulassung zur Anwaltschaft.
- Tikka
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
Mhh danke für die Einblicke, Du bist da sicherlich besser informiert als ich. Die Info der Arbeitsgruppe Syndikusanwälte des örtlichen Anwaltsverein las sich eher so, als sei eine Änderung der BRAO quasi schon beschlossene Sache, als müsste der Heiko den fertigen Referentenentwurf nur noch mal über ein langes Wochenende mit nach Hause nehmen und bei einem Glas Rotwein ein paar Kommas verschieben.
Mir wäre der Weg über Berlin trotzdem lieber gewesen. Ich glaube nicht an den Erfolg der Verfassungsbeschwerde. Allerdings bin ich auch weder im Verfassungsrecht noch im Berufsrecht besonders firm.
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
Das Problem ist tatsächlich die Anwaltschaft als solche. Die Selbstorganisation wird bewusst durch den typischen "Einzelkämpfer" bzw. Kleinsozietätsanwalt wahrgenommen. Nur diese sind dort vertreten und nur deren Probleme werden in den Versammlungen besprochen. Ich war einmal bei der lokalen Jahresversammlung (eigentlich um danach mit paar ehem Refs paar Bier abzuschöpfen) und ich war schockiert. Es ging um Streitwerte, Akteneinsichtsprobleme, Kosten, Rechtsschutzversicherung etc pp. Also der übliche Kleinkram. In der Versammlung war das Durchschnittsalter der Anwesenden mE 50+.
Noch vor dem BSG Urteil hatte sich bei meinem ehem. Arbeitgeber (Big4) die Einsicht breit gemacht, man müsse auch mal einen Syndicusanwalt wählen, weshalb hier lokal eine breite Werbewelle durchging. Leider verharrten andere Syndikusanwälte - auch mangels vernünftiger Organisation - der Dinge bzw. unterstützten den Plan nicht. Das wird mE auch nur dann anders, wenn auch die GK Anwaltschaft versteht, dass sie in den Gremien nicht vertreten ist und für sie auch keine Politik gemacht wird. Nun bekommt man die Rechnung serviert: Desinteresse an der Selbstorganisation führt zu mangelhafter Interessenvertretung. Ob "die GK" eher aufwacht und die Selbstorganisation als relevant erkennt?
Noch vor dem BSG Urteil hatte sich bei meinem ehem. Arbeitgeber (Big4) die Einsicht breit gemacht, man müsse auch mal einen Syndicusanwalt wählen, weshalb hier lokal eine breite Werbewelle durchging. Leider verharrten andere Syndikusanwälte - auch mangels vernünftiger Organisation - der Dinge bzw. unterstützten den Plan nicht. Das wird mE auch nur dann anders, wenn auch die GK Anwaltschaft versteht, dass sie in den Gremien nicht vertreten ist und für sie auch keine Politik gemacht wird. Nun bekommt man die Rechnung serviert: Desinteresse an der Selbstorganisation führt zu mangelhafter Interessenvertretung. Ob "die GK" eher aufwacht und die Selbstorganisation als relevant erkennt?
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
wobei der Verbleib der >50k Syndikusanwälte in der Anwaltsversorgung im ureigensten (Versorgungs-)Interesse auch aller Einzelanwälte und Kleinsozietätsanwälte ist, insoweit verstehe ich den Widerstand nicht so ganz.
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
Das trifft so ja auch nur auf die lokale Ebene zu. In der BRAK sind GKs zB durchaus vertreten.
Als sich der Ochs im Paradies langweilte, erfand er die Jurisprudenz - Hans Litten
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
Tja. Die entsenden aber die Mitglieder in die Hauptversammlung. Und so schließt sich der Kreis.Roger Fisher hat geschrieben:Das trifft so ja auch nur auf die lokale Ebene zu.
"Ich sage nicht, dass man sich hier zu siezen hätte oder ähnlichen Quatsch. Bei einem Forum von Juristen für Juristen ist meine Erwartungshaltung aber trotzdem nochmal eine andere als bei der Kneipe um die Ecke." OJ1988
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
Verstehe ich auch nicht. Die BRAK vertritt doch so die Interessen der DRV. Ich verstehe aber auch die Argumentation bezüglich der "Freiheit der Anwaltschaft" nicht. Welcher Anwalt ist schon völlig frei von irgendwelchen Zwängen, die sich auf sein Verhalten auswirken?Tikka hat geschrieben:wobei der Verbleib der >50k Syndikusanwälte in der Anwaltsversorgung im ureigensten (Versorgungs-)Interesse auch aller Einzelanwälte und Kleinsozietätsanwälte ist, insoweit verstehe ich den Widerstand nicht so ganz.
Wenn die Altersversorgung der (Bundes-) Richter und Anwälte aus dem selben Topf bezahlt würde, dann gäbe es diese komische Diskussion wahrscheinlich überhaupt nicht. Wäre ohnehin sinnvoll mal schön langsam etwas intensiver über die künftige Finanzierung der Versorgung der Beamten / Richter nachzudenken.
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
Die werten Herren Kammerpräsidenten täten gut daran, sich auch in der aktuellen Debatte um die längst fällige Anerkennung des Syndikus-RA noch einmal sorgfältig mit einigen sehr deutlichen Ausführungen des BVerfG in den sog. Bastillebeschlüssen aus 1987 auseinanderzusetzen.
In BVerfG 76, 171 z.B. warnt das BVerfG eindringlich davor, dass "daß die Rechtssetzung durch Berufsverbände besondere Gefahren für die Betroffenen und die Allgemeinheit mit sich bringen kann; zum Nachteil der Berufsanfänger und Außenseiter kann sie ein Übergewicht von Verbandsinteressen oder ein verengtes Standesdenken begünstigen, das notwendigen Veränderungen und Auflockerungen festgefügter Berufsbilder hinderlich ist."
Das BVerfG führt in BVerfG 76, 171 aus: "Ausschlaggebend ist darüber hinaus, daß bloße Standesauffassungen jedenfalls dann nicht ausreichen können, um eine Grundrechtsbeschränkung zu legitimieren, wenn der Gesetzgeber bei seiner Normierung der Berufspflichten selbst nicht darauf Bezug nimmt (vgl. den Wortlaut des § 43 BRAO). Eingriffe in die Berufsfreiheit setzen "Regelungen" voraus, die durch demokratische Entscheidungen zustande gekommen sind und die auch materiellrechtlich den Anforderungen an Einschränkungen dieses Grundrechts genügen; im übrigen unterliegt die durch den Grundsatz der freien Advokatur gekennzeichnete anwaltliche Berufsausübung unter der Herrschaft des Grundgesetzes der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des Einzelnen (vgl. BVerfGE 50, 16 [29]; 63, 266 [284]). Die deklaratorische Feststellung einer vorhandenen communis opinio kann -- ebensowenig wie nachkonstitutionelles Gewohnheitsrecht (vgl. BVerfGE 22, 114 [121]) -- keine Regelung in diesem Sinne sein, und zwar um so weniger, wenn dabei lediglich auf die Meinung angesehener und erfahrener Standesgenossen abgestellt wird."
Im Grunde waren und sind Syndikusrechtsanwälte Opfer dieses vom BVerfG schon damals ausgesprochen kritisch betrachteten, verengten Standesdenkens "angesehener und erfahrener Standesgenossen" m.a.W. der Kammerpräsidenten.
In BVerfG 76, 171 z.B. warnt das BVerfG eindringlich davor, dass "daß die Rechtssetzung durch Berufsverbände besondere Gefahren für die Betroffenen und die Allgemeinheit mit sich bringen kann; zum Nachteil der Berufsanfänger und Außenseiter kann sie ein Übergewicht von Verbandsinteressen oder ein verengtes Standesdenken begünstigen, das notwendigen Veränderungen und Auflockerungen festgefügter Berufsbilder hinderlich ist."
Das BVerfG führt in BVerfG 76, 171 aus: "Ausschlaggebend ist darüber hinaus, daß bloße Standesauffassungen jedenfalls dann nicht ausreichen können, um eine Grundrechtsbeschränkung zu legitimieren, wenn der Gesetzgeber bei seiner Normierung der Berufspflichten selbst nicht darauf Bezug nimmt (vgl. den Wortlaut des § 43 BRAO). Eingriffe in die Berufsfreiheit setzen "Regelungen" voraus, die durch demokratische Entscheidungen zustande gekommen sind und die auch materiellrechtlich den Anforderungen an Einschränkungen dieses Grundrechts genügen; im übrigen unterliegt die durch den Grundsatz der freien Advokatur gekennzeichnete anwaltliche Berufsausübung unter der Herrschaft des Grundgesetzes der freien und unreglementierten Selbstbestimmung des Einzelnen (vgl. BVerfGE 50, 16 [29]; 63, 266 [284]). Die deklaratorische Feststellung einer vorhandenen communis opinio kann -- ebensowenig wie nachkonstitutionelles Gewohnheitsrecht (vgl. BVerfGE 22, 114 [121]) -- keine Regelung in diesem Sinne sein, und zwar um so weniger, wenn dabei lediglich auf die Meinung angesehener und erfahrener Standesgenossen abgestellt wird."
Im Grunde waren und sind Syndikusrechtsanwälte Opfer dieses vom BVerfG schon damals ausgesprochen kritisch betrachteten, verengten Standesdenkens "angesehener und erfahrener Standesgenossen" m.a.W. der Kammerpräsidenten.
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
http://www.verbaende.com/news.php/Staerkung-des-Rechts-im-Unternehmen-durch-Syndikusanwaelte--BMJV-stellt-Eckpunktepapier-beim-DAV-Neujahrsempfang-vor?m=100970 hat geschrieben:Auf dem heutigen Neujahrsempfang des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hat der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas sein Eckpunktepapier für die Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte vorgestellt. Demnach soll es eine berufsrechtliche Regelung für die Tätigkeit von in Unternehmen angestellten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten geben.
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Re: Erfahrungen nach BSG Urteil
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