Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

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alphateddy
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Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

Beitrag von alphateddy »

Liebes Forum,

mich würde einmal eure Meinung zu folgendem Umstand interessieren. Ich habe ein mögliches Angebot für einen Legal Counsel Job, der sehr spannend sein kann, sehr international und zudem noch wirklich nicht schlecht bezahlt. Ich bin wirklich am Überlegen, Gespräche dahingehend aufzunehmen.

Sorgen machen mir jedoch Fragen der Altersversorgung, ja auch im Hinblick auf die noch offenen Fragen als Inhouse Jurist.

Ich bin seit 8 Jahren als Anwalt selbstständig tätig und habe für meine Geschäftsführertätigkeit in meinem eigenen Consulting-Unternehmen auch eine Befreiung. Ich habe also 8 Jahr schon ins Versorgungswerk eingezahlt. Mich würde einmal interessieren, wie es zahlreiche Kollegen machen, die nach ihrer Karriere als Anwalt in Unternehmen wechseln. Das kommt mir wie der schiere Wahnsinn vor, mit 40 Jahren plötzlich anzufangen, in die Rentenversicherung einzuzahlen? Das Geld kann ich doch gleich auf den Müll werfen oder?

Wie handhaben Kollegen sowas in der Realität? Ich denke nicht, dass es realistisch ist, überhaupt darüber nachzudenken, zu verhandeln, eine solche Tätigkeit auf Rechnungsbasis zu machen und dann in meinem Consultingunternehmen weiterhin befreit zu sein, oder?

Mir fehlt hier noch aktuelle Erfahrung und ich wäre über ein paar Hinweise dankbar. Vielleicht übersehe ich ja auch und so etwas wird alles viel unkomplizierter geklärt?
Kasimir
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Re: Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

Beitrag von Kasimir »

Aehmm hast du in den letzten 19 Monaten auf dem Mond gewohnt? Das Thema wurde doch in der Anwaltsschaft und allen einschlaegigen Zeitschriften rauf und runter diskutiert.

Zum Einstieg zur BRAO-Aenderung:
http://www.juve.de/nachrichten/namenund ... neuen-jahr
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Boris Die Klinge
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Re: Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

Beitrag von Boris Die Klinge »

Kasimir hat geschrieben:Zum Einstieg zur BRAO-Aenderung:http://www.juve.de/nachrichten/namenund ... neuen-jahr
Wobei man in die offen zur Schau gestellte Euphorie Einzelner nicht unbedingt unkritisch einstimmen sollte. Der große Wurf, wie scheinbar von juve propagiert, ist die gesetzliche Neuregelung wahrlich nicht. Ein mit sehr heißer Nadel gestricktes, in weiten Teilen unsinniges Bürokratiemonster (ohne Not), Steine statt Brot gewissermaßen.
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Tikka
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Re: Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

Beitrag von Tikka »

... Die aber dennoch dazu führen dürfte, dass zumindest jeder der schwerpunktmäßig juristisch arbeitet seine Befreiung erhalten kann. (Ob nun im Detail geglückt oder nicht)
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Baron
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Re: Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

Beitrag von Baron »

Tikka hat geschrieben:... Die aber dennoch dazu führen dürfte, dass zumindest jeder der schwerpunktmäßig juristisch arbeitet seine Befreiung erhalten kann. (Ob nun im Detail geglückt oder nicht)
Jap, sehe ich auch so.

@Alphateddy: Du machst es wie tausende andere Inhouse-Juristen auch: sich von der DRV befreien lassen (was jetzt nun wieder geht) und weiterhin brav ins Versorgungswerk einzahlen.
alphateddy
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Re: Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

Beitrag von alphateddy »

Hallo alle,

@Kasimir: Ich habe es am Rande mitbekommen, aber z.b. nicht dass es nun unterschrieben wurde. Es tut mir leid, wenn mich diese Frage bisher null tangiert hatte und ich daher nicht jede Entwicklung im Detail verfolgt habe

@Igor: Danke für die Info. Es bleibt dann aber wohl bei der Regelung, dass die Befreiung, die ich ja schon habe, nur für den bisherigen Arbeitgeber gilt (meine eigene Consultingtätigkeit an deren GmbH ich 95% besitze), oder? Heißt für den möglichen neuen Arbeitgeber bräuchte ich eine neue Befreiung richtig?
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Baron
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Re: Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

Beitrag von Baron »

Ja, soweit ich weiß brauchst Du für jede neue Tätigkeit eine neue Befreiung.
Kasimir
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Re: Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

Beitrag von Kasimir »

alphateddy hat geschrieben:Hallo alle,

@Kasimir: Ich habe es am Rande mitbekommen, aber z.b. nicht dass es nun unterschrieben wurde. Es tut mir leid, wenn mich diese Frage bisher null tangiert hatte und ich daher nicht jede Entwicklung im Detail verfolgt habe

@Igor: Danke für die Info. Es bleibt dann aber wohl bei der Regelung, dass die Befreiung, die ich ja schon habe, nur für den bisherigen Arbeitgeber gilt (meine eigene Consultingtätigkeit an deren GmbH ich 95% besitze), oder? Heißt für den möglichen neuen Arbeitgeber bräuchte ich eine neue Befreiung richtig?
Es war kein Vorwurf, sondern eher die Verwunderung, dass ein Anwalt dieses Thema nicht oder nur am Rande mitbekommen hat. Saemtliche allgemeinen juristischen Zeitschriften und Magazine der Anwaltskammern waren doch voll davon und auch die Anwaltskammern haben regelmaessig Aufrufe verfasst. Deine Mandate wirst du hoffentlich nicht so nachlaessig bearbeiten.
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Boris Die Klinge
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Re: Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

Beitrag von Boris Die Klinge »

Tikka hat geschrieben:... Die aber dennoch dazu führen dürfte, dass zumindest jeder der schwerpunktmäßig juristisch arbeitet seine Befreiung erhalten kann. (Ob nun im Detail geglückt oder nicht)
Die Betonung liegt auf "kann". Der Teufel liegt, wie so häufig, im Detail. Es sind eine ganze Reihe von Detailfragen zur Neuregelung ungeklärt, die Verunsicherung bei allen Beteiligten ist groß. Insbesondere große Unternehmen mit vielen (potentiellen) Syndikus-RAen wollen nachvollziehbar, gerade mit Blick auf die künftige, z.T. nicht berechenbare Personalplanung und -entwicklung (Stichworte: interner Tätigkeits-/Stellenwechsel; Aufgabenänderung/-erweiterung bzw. Schwerpunktverlagerung etc.) naheliegende wirtschaftliche und betriebsorganisatorische Risiken ausloten und nach Möglichkeit eliminieren, bevor sie sich für die Beschäftigung von Syndikus-RAen entscheiden.
Um nur ein großes Problemfeld beispielhaft zu nennen: Welchen Risiken z.B. ist der Arbeitgeber künftig ausgesetzt, wenn die DRV im Rahmen einer Betriebsprüfung von einem wesentlichen Tätigkeitswechsel ausgeht, den weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber noch RAK als solchen bewertet haben und folglich kein Erstreckungsbescheid vorliegt/ergangen ist?! Im Zweifel besteht insoweit RV-Pflicht und steht der Arbeitgeber im Risiko bis zu 4 Jahre rückwirkend auf den vollen RV-Beitrag in Anspruch genommen zu werden ohne Rückgriffsmöglichkeit beim Arbeitnehmer. Da dürften pro Syndikus-RA ganz schnell bis zu 50.000 € zusammen kommen, die der Arbeitgeber mal eben zusätzlich berappen müsste. Umsichtig und nachhaltig planende Arbeitgeber sind insoweit äußerst vorsichtig und zurückhaltend und sollten es aufgrund der nicht unerheblichen finanziellen Risiken auch sein. Auch können Arbeitgeber ihre Syndikus-RAe künftig möglicherweise nicht sicher so flexibel einsetzen wie sowohl sie als auch die Syndikus-RAe möglicherweise wollen, Stichwort: "Veränderungssperre", die noch längst nicht aus der Welt ist. Jeder Arbeitgeber wird doch im Zweifel nachvollziehbar dazu neigen, jeden - wie auch immer gearteten Tätigkeitswechsel anzuzeigen, um sich aus dem Risiko zu nehmen. Die betroffenen Syndikus-RAe scheuten vor dem Hintergrund - mit Blick auf die völlig ungewisse Befreiung- auch künftig vor jedwedem Tätigkeitswechsel zurück, um ihre Statuskontinuität im VW nicht zu gefährden. Keine attraktive Ausgangslage für Arbeitgeber und Syndikus-RAe gleichermaßen.
Viele Unternehmen müssen und werden sich künftig also sehr genau überlegen, ob sie Syndikus-RAe anstellen oder nicht. Ohne den Arbeitgeber allerdings funktioniert die Zulassung und zwangsläufig die Befreiung nicht.
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Tikka
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Re: Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

Beitrag von Tikka »

Sorry Boris, ich verstehe das Du in dem Thema sehr involviert bist. Inhaltlich bin ich das allerdings auch aber ich verstehe die Bedenken nur bedingt.

Richtig, wie bei praktisch jeder gesetzlichen Neuregelung gibt es noch ein paar offene Fragen. Das war aber zu erwarten. Gesetzgeberische Glanzleistungen, die wirklich keine Fragen offen lassen, sind mir aus den letzten Jahren nicht bekannt.

Unter dem Strich bleibt doch:

-Die schwelende Rechtsfrage, ob ein Syndikusanwalt auch Rechtsanwalt ist, ist geklärt.
-Die Entscheidung, ob eine Zulassung erfolgt liegt letztendlich (trotz Mitspracherecht der DRV) bei der Rechtsanwaltskammer, die, weil Sie danach jedes Jahr Mitgliedsgebühren einsacken darf, ein hohes Eigenentresse an der Zulassung hat. Die DRV hat nur noch 3 Wochen hiergegen Bedenken anzumelden (Behält die DRV ihre jetzige Arbeitsgeschwindigkeit bei sind allein damit 99,98% aller Syndikusfälle positiv gelöst). Allein diese Prozessbeschleunigung ist der helle Wahnsinn.
Und dann, wenn Sie gegen die gegenteilige Entscheidung der Kammer Vorgehen möchte muss Sie (also die DRV) klagen und nicht mehr der verschmähte Syndikus und das auch noch auf "fremden Terrain", der Anwaltsgerichtsbarkeit.
-Die Kriterien zur Zulassung sind auch nicht verschärft worden, sondern entsprechen im Wesentlichen dem was schon vorher nachgewiesen werden musste (4 Kriterien).
-Und die Versicherungsfrage ist auch noch im Sinne der Sindiküsse (Wie auch immer der Plural wirklich zu bilden wäre) gelöst worden.

Dafür das beide theoretisch zuständigen Ministerien in SPD Hand sind, die eigentlich überhaupt kein Interesse daran gehabt haben dürfte einen Haufen gutverdienender Angestellter aus der (sozialen) Rentenversicherung zu nehmen, damit sie stattdessen in ihr eigenes priviligiertes Rentensystem einzahlen dürfen, damit gewährleistet ist, dass die Einkommensschere nicht nur während des Erwerbslebens sondern auch im Alter schön weiter auseinanderdriftet ist dieses Ergebnis phänomenal!

Und wie die DRV damit in der Praxis umgeht, werden wir sehen. ICh persönlich gehe nicht von irgendwelchen Verschärfungen im Rahmen von Betriebsprüfungen aus. Eher im Gegenteil.
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Boris Die Klinge
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Re: Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

Beitrag von Boris Die Klinge »

Tikka hat geschrieben:Sorry Boris,...
Nicht nötig ;) . Das ist doch kein Meinungswettbewerb hier, sondern ein schlichter Meinungsaustausch.
BWL mit Steuern
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Re: Wechsel von Kanzlei ins Unternehmen

Beitrag von BWL mit Steuern »

Ich zahle als Steuerberater mittlerweile auch ins Versorgungswerk ein. Mir ist aufgefallen, dass sich Juristen häufig negativ über die gesetzliche Rentenversicherung äußern. Gibt es irgendwo im Netz oder in Fachzeitschriften eine seriöse Vergleichsrechnung zwischen der Rendite in den Versorgungswerken für Juristen und der gesetzlichen Rentenversicherung?

Vor einigen Wochen gab es im Spiegel einen Artikel zu der Thematik. Allerdings wurden dort auch keine harten Zahlen genannt, sondern nur, dass die durchschnittliche Rente im Versorgungswerk deutlich höher ist. Es soll laut Spiegel aber echt schwierig sein, als Außenstehender genaue Zahlen von diesen Versorgungswerken zu erhalten. Je nach Versorgungswerk soll die Rendite auch stark variieren. Die höhere durchschnittliche Rente ist ja kein Wunder, da die Einzahler im Versorgungswerk eben im Schnitt deutlich mehr verdienen als z. B. eine Putzfrau. Das sagt aber rein gar nichts über die Rendite aus.

Es ist zumindest mal denkbar, dass die Rendite im Versorgungswerk am Ende geringer ausfällt, da es sich hier um ein "Mischsystem" handelt, während die gesetzliche Rentenversicherung ein rein umlagefinanziertes System ist, bei dem die Höhe der Rente praktisch willkürlich vom Gesetzgeber festgelegt werden kann. Was sich jetzt am Ende in zig Jahren wirklich mehr lohnt, dürfte reine Spekulation sein.
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