WiMi in einem größeren oder kleineren Team

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JulezLaw
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von JulezLaw »

Kasimir, ich schätze, du hast da durchaus Recht, wobei ich glaube, dass das wesentlich vom Rechtsgebiet bzw. dem Mandat abhängt. Ich bspw. arbeite im Bereich Litigation/Arbitration, und je nachdem, wie tief ich im jeweiligen Mandat bin, fallen unterschiedliche Aufgaben an.

Gerade schreibe ich tatsächlich ein Gutachten zu einer Frage, die nur mittelbar vom Anwalt verwendet wird. Bei dem Mandat, an dem ich hauptsächlich arbeite, werden die von mir verfassten Schriftsätze - natürlich nach einer entsprechenden Überprüfung durch Anwalt und Partner- meist direkt oder mit kleinen Änderungen verwendet und an das Gericht verschickt.

Ich würde es also am ehesten halten mit "Es kommt drauf an..." ;)
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Pillendreher
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von Pillendreher »

Kasimir hat geschrieben:Ich stelle es mir sehr schwierig vor, einen wiss Mit direkt fuer das Schreiben von Gutachten einzusetzen. Das ist ja klassische Anwaltsaufgabe und bedarf auch einiger Uebung. Meine Erfahrung ist auch, dass es vielen wiss Mits. - verstaendlicherweise - sehr schwer faellt, Arbeit abzuliefern, die man direkt oder mit wenigen Aenderungen dem Mandanten geben kann.

Ich betreue gerne wiss Mits und Referendare, aber - und das meine ich nicht boese - die Arbeit ist haeufig leider nicht besonders gut verwertbar. Nur weil jemand ein gut im ersten Examen hat, heisst das ja nicht, dass er anwaltlich Denken oder geschliffen formulieren kann. Letztlich ist die Zeit als Referendar oder wiss Mit aber ja auch Ausbildung. Referendare oder wiss Mits werden ja auch nicht angestellt, um mit ihnen Geld zu verdienen, sondern damit sie einen Einblick in die Kanzlei bekommen. Von daher ist das schon okay.
Also so wurde mir das in beiden Gesprächen gesagt. Man würde mir jeweils eine Fragestellung (als Teil eines "Projekts") geben und ich sollte dann Gutachten dazu erstellen bzw. einfach eine Antwort auf diese Frage finden.
Unterscheiden sich denn diese Gutachten groß von den Fragstellungen, denen man in Haus- oder Seminararbeiten nachgeht?
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julée
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von julée »

Kasimir hat geschrieben:Ich stelle es mir sehr schwierig vor, einen wiss Mit direkt fuer das Schreiben von Gutachten einzusetzen. Das ist ja klassische Anwaltsaufgabe und bedarf auch einiger Uebung. Meine Erfahrung ist auch, dass es vielen wiss Mits. - verstaendlicherweise - sehr schwer faellt, Arbeit abzuliefern, die man direkt oder mit wenigen Aenderungen dem Mandanten geben kann.
Sicherlich auch eine Frage des persönlichen Arbeitsstil: Einige haben ja offensichtlich nicht das Bedürfnis, ihren Schriftsätzen ihren eigenen Stempel aufzudrücken, so dass sie im Wesentlichen nur die Schnitzer ausbessern müssen und hier und da vielleicht mal einen Satz umstellen. Andere können erst auf Basis eines Gutachten-/Schriftsatzentwurfes selbst richtig denken und diktieren es dann im Zweifel schnell mal neu runter, weil ihnen die persönliche Note wichtig ist und verwenden allenfalls einzelne Abschnitte nahezu unverändert. Für einen Partner der letztgenannten Art habe ich jedenfalls von Anfang an Gutachten- und Schriftsatzentwürfe geschrieben, die zumindest auch teilweise die Überarbeitung überlebt haben und als überaus hilfreich empfunden wurden.
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Ryze
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von Ryze »

Ich teile da eher Kasimirs Bedenken und halte die auch nicht lediglich für eine Stilfrage. WissMits, insbesondere solche mit "nur" ersten Examen, haben nicht selten noch nicht das erforderliche Gespür dafür, wie unterschiedliche Ansätze zu gewichten sind und ihnen fehlen die - je nach Rechtsgebiet mehr oder weniger notwendigen - (prozessualen) Kenntnisse, die auf dem Weg zum 2. Staatsexamen erlangt werden, aber auch die darüber hinausgehenden praxisspezifischen Kenntnisse, ohne die ich mir die Bearbeitung schwieriger Rechtsfragen der jeweiligen Praxis kaum vorstellen kann; zumindest birgt es stets ein erhebliches Haftungsrisiko, das ich nicht mit jemanden zu tragen bereit wäre, der nicht selbst als Anwalt in der Sache hängt. Insbesondere würde ich mein eigenes Arbeitsergebnis als Anwalt unter keinen Umständen nahezu blind auf ein fertig gestelltes Gutachten stützen, in dem die vollständige Denkarbeit von einem WissMit übernommen wurde, auch wenn es sich beim ersten Lesen noch so plausibel liest. Dazu habe ich auch zuviele unvollständige/unbrauchbare Ergebnisse gesehen, die aus einer nicht hinreichend gründlichen Recherche der Rechtsprechung, einer Übergewichtung von (wenn auch sehr gut begründeten) Literaturmeinungen oder einer grundsätzlichen Verkennung der Auswirkungen der untersuchten Konstruktion auf das Mandanteninteresse entstanden sind, wobei ich zustimme, dass es nicht immer an der Leistung der WissMits selbst lag, sondern ihnen vielmehr oft nicht angelastet werden konnte, weil der Auftrag in den konkreten Fällen schlicht nicht dem Leistungsstand des WissMits entsprach, bzw. die Situation ohne tiefere Kenntnisse in Spezialmaterien oder zumindest ohne längere Erläuterungen nicht zu bewältigen war, wofür der Auftraggeber entweder keine Zeit hatte oder ihm ist das Gespür für die Komplexität der Materie aus Sicht Dritter verloren gegangen.

Vielleicht rührt die Skepsis aber auch aus einem Erlebnis aus meiner eigenen Zeit als Referendar, als ein Anwalt dem Mandanten auf Basis einer Präsentation eines Referendarkollegen einen Vorschlag unterbreitete und einen Tag später vom besagten Referendar auf einen "kleinen ihm unterlaufenen Fehler" in seiner Präsentation hingewiesen wurde, woraufhin das Büro des Anwalts in einem cholerischen Anfall spontan "renoviert" wurde, was wiederrum den Referendar zumindest einige Tage lang traumatisierte.

Ändert aber natürlich nichts daran, dass es zutrifft, dass der jeweilige Grad der Verantwortung vom jeweiligen Anwalt, dessen Erwartungen und Sorgfalt und dem Willen zur Überprüfung, aber auch von der Rechtsmaterie, der Bedeutung der Rechtsfrage für den Mandanten (wir haben eventuell ein Problem entdeckt, könnten Sie bitte eine erste vorläufige Einschätzung hierzu abgeben?) und von der für den Fall und der zur Verfügung stehenden Zeit abhängt. Gerade in der Litigationpraxis rückt das Schriftsatzende irgendwann doch näher und die Masse an zu verarbeitenden Informationen muss eben auf irgendeinem Wege rein; ein Problem vor dem jeder Anwalt unabhängig von der Größe der Kanzlei irgendwann mal stehen dürfte. Damit schließt sich aber der Kreis auch wieder beim Kochen mit heißem Wasser. ;)
Insbesondere bei Referendaren schienen mir - zumindest zu Beginn - einige Rechercheaufgaben von Partnern aber auch schlicht zum Überprüfen der Fähigkeiten vergeben zu werden (kann ein nicht von § 181 BGB befreiter GF einer GmbH einen von ihm Bevollmächtigten von § 181 befreien? Auf welchem rechtssicheren Wege kann der Vertrag sonst geschlossen werden?), eine nennenswerte Zeitersparnis war jedenfalls bei den tatsächlich schwierigen Rechtsfragen selten zu erkennen.
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Pillendreher
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von Pillendreher »

Ich weiß ja nicht ob es von Belang ist, aber bei mir wäre das Fachgebiet das Steuerrecht. :-k
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julée
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von julée »

Ryze hat geschrieben:Dazu habe ich auch zuviele unvollständige/unbrauchbare Ergebnisse gesehen, die aus einer nicht hinreichend gründlichen Recherche der Rechtsprechung, einer Übergewichtung von (wenn auch sehr gut begründeten) Literaturmeinungen oder einer grundsätzlichen Verkennung der Auswirkungen der untersuchten Konstruktion auf das Mandanteninteresse entstanden sind, wobei ich zustimme, dass es nicht immer an der Leistung der WissMits selbst lag, sondern ihnen vielmehr oft nicht angelastet werden konnte, weil der Auftrag in den konkreten Fällen schlicht nicht dem Leistungsstand des WissMits entsprach, bzw. die Situation ohne tiefere Kenntnisse in Spezialmaterien oder zumindest ohne längere Erläuterungen nicht zu bewältigen war, wofür der Auftraggeber entweder keine Zeit hatte oder ihm ist das Gespür für die Komplexität der Materie aus Sicht Dritter verloren gegangen.
Ohne Anleitung und eigene Denkarbeit kann man natürlich kein vernünftiges Ergebnis erwarten - und schon gar nicht in irgendwelchen abseitigen Spezialmaterien, die man selbst noch nicht so ganz durchdrungen hat und bei denen man vielleicht auch keinen eigenen Überblick über die Rechtsprechung und die Knackpunkte hat.
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Ryze
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von Ryze »

julée hat geschrieben:Ohne Anleitung und eigene Denkarbeit kann man natürlich kein vernünftiges Ergebnis erwarten - und schon gar nicht in irgendwelchen abseitigen Spezialmaterien, die man selbst noch nicht so ganz durchdrungen hat und bei denen man vielleicht auch keinen eigenen Überblick über die Rechtsprechung und die Knackpunkte hat.
Daher habe ich auch nicht verstanden, weshalb die Kollegen den WissMits überhaupt mit solchen Gutachten betraut haben. In einigen Rechtsgebieten ist zuviel Expertise notwendig, als dass sich das mal eben anlesen lassen würde. Der im Insolvenzrecht nahezu Unbewanderte wird kaum die rechtlichen Aspekte des debt-equity-swaps in der notwendigen Detailschärfe aus dem Arm schütteln können, ebensowenig kann man einem WissMit im Finanzrecht spezielle Fragen zur Emmission hochkomplexer Wertpapiere anvertrauen, zu der es keine Rechtsprechung gibt bzw. die bisher noch nicht aufgelegt wurden und in deren Zusammenhang die zugrunde liegenden Richtlinien erstmals im konkreten Fall durch die Bafin ausgelegt werden, die selbst nur entsprechend vage Antworten von sich gibt. In diesem Umfeld ist es aber auch nicht verwunderlich, dass für WissMits seltener geeignete Gutachtenaufträge rausspringen und durchaus auch mal Leerlauf vorherrscht.

Ob das im Steuerrecht der Fall ist, weiß ich auch nicht, die für mich relevanten steuerrechtlichen Aspekte gingen nicht tief genug und auch die Erfahrungsberichte Dritter waren nicht hinreichend detailliert, als dass ich mich im Stande fühlen würde, eine generelle Einschätzung diesbezüglich abgeben zu können. Könnte mir aber vorstellen, dass sich die Rechtsfragen sehr viel mehr aufteilen, damit spezifischer fassen und - trotz der hohen Dynamik - eindeutiger beantworten lassen; es gibt ja auch keinen grundsätzlichen Grund, an der Aufgabenumschreibung des konkreten Partners zu zweifeln - offenbar ist das hier auch schon zu sehr off-topic geraten. Ich würds einfach mal auf mich zukommen lassen, anders als aus dem Bauch heraus ist die Entscheidung ohnehin kaum zu treffen, weshalb ich auch nie verstanden habe, wozu man sich bei zwei Dutzend Kanzleien (zu mehreren "Runden"?) vorstellt, um später nach vermeintlich objektiven Kriterien die Wahl zu hinterfragen. Nur ein Tipp, der mir in einer Station einiges erspart hätte: Wenn dir jemand vorgestellt wird, der dir später viele Aufträge erteilen wird und mit dem du dir das Zusammenarbeiten auch nur als unangenehm vorstellst, würde ich Abstand von der Stelle nehmen, sofern die Alternative ein angenehmeres Umfeld verspricht.
julée
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von julée »

@Ryze: Daraus kann man ja eigentlich nur folgern, dass man sich vorher gut informieren sollte, inwieweit man in dem konkreten Rechtsgebiet wirklich mitarbeiten kann, ohne mindestens 3 Jahre Praxiserfahrung mitbringen zu müssen. Aber wenn einem der Partner auf einem überschaubaren Teilrechtsgebiet sagt, was man prüfen soll, welches Urteil wichtig ist und in welche 3 Kommentare man schauen soll, dann ist ziemlich schnell ein "eigenständiges" Arbeiten möglich.
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von Niederegger »

Jedenfalls interessante Einblicke in die anwaltliche Tätigkeit, die ich bisher aus dieser Perspektive noch nicht hatte... ;)
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Tibor
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von Tibor »

Also ich hatte als WiMi/Ref auch "Gutachten" geschrieben. Man muss sich nur nichts vormachen, diese Gutachten sind für die Akte; ist mir allerdings auch erst später als Anwalt klar geworden. Du sitzt an einer DD oder Strukturierungsberatung und dann kommt eine Frage auf. Man ist sich als Anwalt eigentlich sicher, dass es so oder so sein muss, aber findet adhoc keinen Literaturnachweis. Also erzählt man dem WiMi den Sachverhalt und schickt ihn los. Am Ende bringt der WiMi dann zu 90% das Ergebnis, dass eigentlich schon bekannt ist, dann kann der Satz/Absatz im Structure-Memo bzw. im DD-Report stehen bleiben und das "Gutachten" des WiMi nebst kopierten Literaturnachweisen wird als PDF im Arbeitsverzeichnis des DMS als Nachweis abgelegt. Das ist dennoch nicht minder spannend, weil es viele solche "haben wir doch schon immer so gemacht" Konstellationen gibt und dann doch mal jemand fragt "woraus ergibt sich denn das und gibt es ein Risiko".
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von Ryze »

Zustimmung, das ist auch noch ein gutes Beispiel für die Verwendbarkeit von solchen Gutachten.

An julee gerichtet: Wenn der Vorstellung von eigenverantwortlichen Aufgaben das beschriebene realistische Szenario in Form von sehr eng begrenzten Aufträgen zugrunde liegt, das wohl auch Kasimir zu Bedenken gegeben hat, gibt es daran auch nichts auszusetzen. Mir war auch hauptsächlich daran gelegen, den Eindruck, den etwas fortgeschrittenere WissMits zum Teil bei ihren Kollegen erwecken und der mich damals und auch heute noch selbst durchaus irritierte, nämlich dass sie ganze Mandate nahezu eigenständig zu bearbeiten scheinen und den Associate eigentlich schon ersetzen könnten, zumindest zu relativieren; in einigen Fällen könnte sich andernfalls sonst durchaus eine gewisse Frustration einstellen. Wenn die Erwartungen am Ende übertroffen werden und sich der beschriebene Eindruck bestätigen sollte: umso besser.

Um einen Punkt nochmal aufzugreifen: Ich will nicht sagen, dass die Mitarbeit in einigen Rechtsgebieten wertlos sei oder gar für den WissMit keinen Fortschritt bringe. Gut ausgewählte delegierte Arbeitsaufträge nehmen den Associates selbstverständlich Arbeit ab, schließlich sind das keine leeren Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, nur sind die gerade zu Beginn vielleicht nicht so spannend, wie sie bei WissMits in anderen Kanzleien/Abteilungen zu sein scheinen. Die Lernkurve ist eben teils sehr steil, aber der erste Grundstein - je nach Wochenarbeitszeit und Dauer der Beschäftigung auch mehr - kann in der Zeit als WissMit zweifellos gelegt werden. Gerade das Einarbeiten in ein unbekanntes Rechtsgebiet wird - neben der Aneignung methodischer Vorgehensweise und einer gewissen Arbeitsstruktur - honoriert. Die Kanzleien sind ja nicht zu unrecht gerade an den Leuten, die sich dem stellen, interessiert; hin und wieder gibt es auch mal einen Freak, der sich schon als Student vertieft gewisse Kenntnisse in solchen abseitigen Rechtsgebieten angeeignet hat und wesentlich schneller durchsteigt. Solche Leute wollen die Kanzleien natürlich halten, da diese Mitarbeiter sehr viel Ausbildungszeit ersparen können, die immer der Gefahr ausgesetzt ist, sich angesichts der Fluktuation unter neuen Associates nicht zu rechnen. Der Associate, der vorher als WissMit in der Kanzlei tätig war, daher ungefähr weiß, was auf ihn zukommt (auch in Sachen Arbeitszeit) und vielleicht nur 6 Monate statt ein ganzes Jahr Betreuung/Einarbeitung für gewisse Mandate benötigt, wird natürlich lieber eingestellt als derjenige, von dem man neben Examensnoten, die ins Profil passen, praktisch nichts weiß und der möglicherweise nach 1 1/4 Jahren realisiert, dass das Rechtsgebiet doch nicht so seins ist und er zudem nicht solang arbeiten möchte, woraufhin das Spiel wieder von vorne beginnt.
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Einwendungsduschgriff
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Kasimir hat geschrieben: Nur weil jemand ein gut im ersten Examen hat, heisst das ja nicht, dass er anwaltlich Denken oder geschliffen formulieren kann.
Ohne Ansehung Deiner Person, Du weißt warum: Nur weil jemand ein Gut im Ersten und Zweiten Examen hat und bereits fünf Jahre als Anwalt arbeitet, heißt das ja nicht, dass er geschliffen formulieren kann. Genug gegenteiliges gesehen beziehungsweise gelesen. Ärgerlich.

(Zum Off-Topic: die Gutachten sind in aller Regel aber in der Tat nur vorbereitende Gutachten. Ich habe damals in der Mehrzahl isolierte Rechtsfragen bekommen, sofern eben diese Arbeitsform gefragt war. Die Schwierigkeitsgrade haben da sehr variiert. Da Öffentlich-Rechtler aber in der Regel forensischer arbeiten, war der Schriftsatz die aber deutlich häufigere Aufgabe. Zum On-Topic: ich fand beides gut. Im großen Team muss man gelegentlich etwas aufpassen nicht in die Mühlräder zu gelangen, wenn sich die Königinnen und Könige nicht mit den Läufern einig sind, wo und wann die Bauern sterben sollen.)
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Pillendreher
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von Pillendreher »

Ryze hat geschrieben:Ich würds einfach mal auf mich zukommen lassen, anders als aus dem Bauch heraus ist die Entscheidung ohnehin kaum zu treffen, weshalb ich auch nie verstanden habe, wozu man sich bei zwei Dutzend Kanzleien (zu mehreren "Runden"?) vorstellt, um später nach vermeintlich objektiven Kriterien die Wahl zu hinterfragen. Nur ein Tipp, der mir in einer Station einiges erspart hätte: Wenn dir jemand vorgestellt wird, der dir später viele Aufträge erteilen wird und mit dem du dir das Zusammenarbeiten auch nur als unangenehm vorstellst, würde ich Abstand von der Stelle nehmen, sofern die Alternative ein angenehmeres Umfeld verspricht.
Bewerbungen habe ich fünf rausgeschickt und bisher zwei Bewerbungsgespräche gehabt, morgen folgt ein Drittes. Vom Bauchgefühl her würde ich wohl zum großen Team tendieren, denn da fühlte ich mich ein wenig willkommener (man hat mir gleich die Räumlichkeiten gezeigt, mich den Partnern vorgestellt, etc.). Direkt nach dem Bewerbungsgespräch hatte ich das Gefühl "Ja, hier könnte ich mir vorstellen gleich morgen anzufangen".
Ich muss aber sagen dass ich bei keiner der beiden Kanzleien auf unfreundliche Leute getroffen bin. Da war jeder nett und hat einem das Gefühl gegeben, dass man sich darüber freut, dass ich mich beworben habe; die 1.Kanzlei war eben nur ein wenig netter :D
Ryze hat geschrieben:An julee gerichtet: Wenn der Vorstellung von eigenverantwortlichen Aufgaben das beschriebene realistische Szenario in Form von sehr eng begrenzten Aufträgen zugrunde liegt, das wohl auch Kasimir zu Bedenken gegeben hat, gibt es daran auch nichts auszusetzen. Mir war auch hauptsächlich daran gelegen, den Eindruck, den etwas fortgeschrittenere WissMits zum Teil bei ihren Kollegen erwecken und der mich damals und auch heute noch selbst durchaus irritierte, nämlich dass sie ganze Mandate nahezu eigenständig zu bearbeiten scheinen und den Associate eigentlich schon ersetzen könnten, zumindest zu relativieren; in einigen Fällen könnte sich andernfalls sonst durchaus eine gewisse Frustration einstellen. Wenn die Erwartungen am Ende übertroffen werden und sich der beschriebene Eindruck bestätigen sollte: umso besser.
Also ich hab das Ganze schon so verstanden, dass ich unterstützend tätig wäre, sprich so wie Tibor gesagt hat.
Zuletzt geändert von Pillendreher am Dienstag 17. Mai 2016, 12:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von julée »

Ryze hat geschrieben:
An julee gerichtet: Wenn der Vorstellung von eigenverantwortlichen Aufgaben das beschriebene realistische Szenario in Form von sehr eng begrenzten Aufträgen zugrunde liegt, das wohl auch Kasimir zu Bedenken gegeben hat, gibt es daran auch nichts auszusetzen. Mir war auch hauptsächlich daran gelegen, den Eindruck, den etwas fortgeschrittenere WissMits zum Teil bei ihren Kollegen erwecken und der mich damals und auch heute noch selbst durchaus irritierte, nämlich dass sie ganze Mandate nahezu eigenständig zu bearbeiten scheinen und den Associate eigentlich schon ersetzen könnten, zumindest zu relativieren; in einigen Fällen könnte sich andernfalls sonst durchaus eine gewisse Frustration einstellen. Wenn die Erwartungen am Ende übertroffen werden und sich der beschriebene Eindruck bestätigen sollte: umso besser.
Die nahezu selbstständige Bearbeitung ganzer Mandate sicherlich nicht, sondern allenfalls im fortgeschrittenen Stadium eine gute "Teamarbeit" (Anleitung; ggf. zwischendrin Rückmeldung, wenn was Ungewöhnliches gefunden; Diskussion über die Lösung; Finalisierung / Überarbeitung durch den Partner). Aber hier tatsächlich nicht nur als reine "Zuarbeit" anzusehende Gutachten für die Akte, sondern Gutachten- / Schriftsatzentwürfe (ggf. auch mal nur ein Textbaustein zu einer Teilfrage) mit dem Auftrag "Schreiben Sie das so, wie es an den Mandanten rausgehen könnte.".
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Re: WiMi in einem größeren oder kleineren Team

Beitrag von OJ1988 »

Einwendungsduschgriff hat geschrieben:Nur weil jemand ein Gut im Ersten und Zweiten Examen hat und bereits fünf Jahre als Anwalt arbeitet, heißt das ja nicht, dass er geschliffen formulieren kann.
Die Korrelation dürfte bei Leuten, die hier während 5 Jahren Forumsmitgliedschaft im Pulverdampf etlicher 'Diskussionen' ergraut sind, tatsächlich höher sein ;)
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