Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

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Gelöschter Nutzer

Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo Jurawelt,

ich habe meine Examina leider mit wenig überzeugenden Noten hinter mich gebracht und war anschließend sehr lange auf der Suche nach einer Stelle zum Berufseinstieg. Für knapp drei Jahre war ich dann RA in einer Kanzlei und bin nun leider arbeitslos. Mein Traum wäre, in einer Rechtsabteilung zu arbeiten. Leider komme ich da nicht so leicht unter und auch bei Kanzleien ist es nicht einfach, trotz intensiver Bemühungen, Initiativbewerbungen etc. Je länger die Arbeitslosigkeit andauert, desto schwieriger dürfte es werden, eine Stelle zu finden.

Nun habe ich mich dabei ertappt, dass ich Stellenanzeigen auch nach nicht-juristischen Stellen durchforste. Es ist beispielsweise eine Art "Referentenstelle" ausgeschrieben, bei der es darum geht, Projekte zu organisieren etc. Erforderlich ist ein Hochschulstudium, aber nicht zwingend Jura. Wie gesagt, der Traum ist das für mich eigentlich nicht, aber ich habe schon Sorge, dass sich lange Arbeitslosigkeit im Lebenslauf alles andere als "gut macht".

Umgekehrt habe ich aber auch Sorge, mich durch eine solche Tätigkeit dauerhaft aus dem juristischen Berufsumfeld zu verabschieden. Ich möchte nicht meinen Lebenslauf dahingehend "crashen", dass ich nach zwei Jahren gar nicht mehr in einer Rechtsabteilung oder Kanzlei anfangen könnte...Es sollte, wenn, dann nur eine "Übergangslösung" sein. Was meint ihr? Ist es "schädlich" bzw. "disqualifiziert" das oder würdet ihr das nicht so kritisch sehen, wenn ihr jemanden einstellt bzw. wäre das bei euren Arbeitgebern schätzungsweise ein k.o.-Kriterium?

Über Meinungen würde ich mich sehr freuen. Danke!
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famulus
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Re: Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von famulus »

Handelt es sich bei der "Referentenstelle" um eine im öffentlichen Dienst?
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
Gelöschter Nutzer

Re: Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Nein, kein öffentlicher Dienst.
lucyyy
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Re: Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von lucyyy »

Hallo,

aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass es zumindest für sehr juristische Stellen nicht so praktisch sein dürfte, da Dir dann einfach einschlägige Berufserfahrung flöten geht. Gerade Rechtsabteilungen legen Wert darauf, dass man einschlägige Berufserfahrung mitbringt, damit sie nicht zu viele Sachen extern bearbeiten lassen müssen. Allerdings wird man sich - selbst wenn man in einer Rechtsabteilung ist - irgendwann Gedanken darüber machen müssen, ob man die Fach- oder die Führungslaufbahn einschlägt, wobei die Führungslaufbahn in aller Regel (es sei denn die Position des Leiters der Rechtsabteilung ist gerade zu besetzen ;)) dann keinen juristsichen Bezug mehr aufweist.

Du musst Dich halt ernsthaft fragen, wie schlimm es für Dich ist den fachlichen Bezug zu verlieren, solltest dabei aber auch im Hinterkopf behaltzen, dass auch ein nicht unerheblicher Anteil der Inhouse-Juristen diesen Weg ganz ohne Not (Arbeitslosigkeit) einschlägt.

Selbständigkeit mit einer Kanzlei kommt für dich nicht in Betracht? Da solltest Du doch sogar Zuschüsse vom Arbeitsamt erhalten können...

Alles Gute

lucyyy
Mitleid bekommt man geschenkt, Neid muss man sich verdienen. ;-)
Gelöschter Nutzer

Re: Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Danke. Ja, praktisch ist das wirklich nicht :( . Es handelt sich leider auch nicht um eine Führungsposition, sondern einfach um eine nicht-juristische Stelle zum Brötchenerwerb. Die Frage ist eher: Was ist strategisch schlimmer - große Lücke im Lebenslauf, weil arbeitslos oder etwas Fachfremdes gemacht? Vielleicht hat der ein oder andere ja schon Erfahrungen gemacht, wie es ist, sich "von woanders zurück ins Juristische" zu bewerben?

Selbstständigkeit schließe ich für mich komplett aus, habe schon eingehend drüber nachgedacht...
BWL mit Steuern
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Re: Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von BWL mit Steuern »

Die Frage ist, ob es überhaupt möglich ist, nach zwei Jahren plötzlich die von dir gewünschte Stelle zu ergattern, wenn es vorher partout nicht klappen wollte. Nicht umsonst wurde der Bezug von ALG I auf ein Jahr begrenzt. Ab einer gewissen Zeit auf Arbeitssuche, macht es einfach keinen Sinn mehr, auf gleichem Niveau weiterzusuchen, da die Chancen gegen Null gehen.

Sollte es eher unwahrscheinlich sein, dass du nach zwei Jahren die gewünschte Stelle kriegst, wäre es egal, ob du in der Zwischenzeit arbeitslos warst oder fachfremd beschäftigt. Bei fachfremder Beschäftigung hättest du wenigstens mehr Geld und evtl. eine bessere berufliche Perspektive in einem anderen Bereich.

Warum suchst du dir nicht in Bereichen eine Stelle, in denen man nicht unbedingt Jurist sein muss, wo es aber einen gewissen Vorteil hat, weil ein juristischer Bezug vorhanden ist? Zum Beispiel im Bereich Steuern, Sozialversicherung oder Insolvenzverwaltung.
Gelöschter Nutzer

Re: Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Puh, klingt desillusionierend. Ja, ich hab mir schon viel überlegt, was ich noch machen könnte, aber Steuern, InsV oder auch der Personalbereich, in den es ja manche Juristen zieht, sind nicht so mein Ding. Ich bin momentan echt niedergeschlagen, dass es so schwer ist, eine Stelle zu finden. Ich habe immerhin drei Jahre Berufserfahrung, habe einen Fachanwaltskurs gemacht (die Fälle aber nicht erarbeiten können) und damit versucht, einen Schwerpunkt zu setzen. Nicht falsch verstehen: Ich weiß, dass ich damit nicht zu den Gefragten gehöre, aber viele von den Guten zieht es doch zu den Großkanzleien, namhaften Boutiquen, in die Justiz oder in den höheren Dienst. Ich weiß, dass ich dort überall nicht unterkomme und erwarte auch kein solches Gehalt.
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Re: Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von Koala_Desperado »

Es soll ja auch im juristischen Bereich durch aus Arbeitgeber geben, bei denen es gut ankommt, dass man sich Vielseitig zeigt und über den Tellerrand blickt. Von daher bin ich persönlich der Auffassung, dass es von vorne herein nichts Schlechtes ist, in verschiedenen Bereichen gearbeitet zu haben. Das gilt insbesondere für Projektarbeit. Denn diese erfordert in der Regel problemorientiertes Arbeiten - das ist dem Anwaltsberuf nicht fremd. In späteren Bewerbungsgesprächen kann man das durchaus verkaufen (das sollte man dann aber auch tun und den Job nicht als Verlegenheitslösung darstellen).

Die Frage: "Was ist schlimmer - Lücke im Lebenslauf oder nicht-juristisches Arbeiten?" ist m.E. ziemlich eindeutig zu beantworten.
julée
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Re: Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von julée »

Und ich fürchte, derjenige, der Dich nicht einstellt, weil Du zwischendrin - möglicherweise gut begründbar (nicht nur reine Verzweiflung, sondern etwas, was zu Deinem Tätigkeitsbereich passt und als "Horizonterweiterung" durchgeht) - was nicht-Juristisches gemacht hast, wird Dich auch nicht einstellen, wenn Du stattdessen zu lange arbeitslos warst.

Insofern würde ich über eine Ausdehnung des Suchspektrums (örtlich, inhaltlich) nachdenken, ohne jetzt gleich panisch den erstbesten Job zu nehmen.
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Re: Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von BWL mit Steuern »

Wie wäre es mit dem Verwalten von Verträgen für Unternehmen. Dafür werden viele BoLer gesucht und die Bezahlung ist auch nicht so schlecht (40-50k).

Wenn dir der wirtschaftliche Einschlag fehlt, dann lohnt es sich, ein Fernstudium zu beginnen. Die Betonung liegt auf "beginnen". Zwei bis drei Semester reichen oft schon, um eine neue Stelle zu bekommen. Gerade bei BWLer-Jobs braucht man in Wirklichkeit maximal die Grundlagen der ersten Semester und alles weitere lernt man dann sowieso "on the job".
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Re: Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von Kasimir »

causa_infinita hat geschrieben:Puh, klingt desillusionierend. Ja, ich hab mir schon viel überlegt, was ich noch machen könnte, aber Steuern, InsV oder auch der Personalbereich, in den es ja manche Juristen zieht, sind nicht so mein Ding. Ich bin momentan echt niedergeschlagen, dass es so schwer ist, eine Stelle zu finden. Ich habe immerhin drei Jahre Berufserfahrung, habe einen Fachanwaltskurs gemacht (die Fälle aber nicht erarbeiten können) und damit versucht, einen Schwerpunkt zu setzen. Nicht falsch verstehen: Ich weiß, dass ich damit nicht zu den Gefragten gehöre, aber viele von den Guten zieht es doch zu den Großkanzleien, namhaften Boutiquen, in die Justiz oder in den höheren Dienst. Ich weiß, dass ich dort überall nicht unterkomme und erwarte auch kein solches Gehalt.
Das Problem scheint mir zu sein, dass du dich zu weit einengst. Du schliesst die wirtschaftsrechtlichen Berufsfelder aus, in denen gesucht wird. Zugleich schliesst du eine Selbstaendigkeit aus. Festanstellungen im Strafrecht, Familienrecht, Erbrecht oder was auch immer deine Spezialisierung war, wird es aber kaum geben. Und wie kommst du ausgerechnet auf eine Rechtsabteilung. Bei der Abneigung zu den von dir genannten Gebieten wirst du dort ja auch nicht gluecklich werden.
Eichhörnchen, Eichhörnchen wo sind deine Nüsse?
lucyyy
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Re: Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von lucyyy »

Bist Du wenigstens örtlich flexibel? Auch ich habe den Eindruck, dass deine Zielrichtung ganz schon eng ist. Gerade in kleineren Unternehmen, in denen nicht die gleichen Einstellungskriterien aufgerufen werden wie bei den großen Kanzleien, machst Du natürlich z.B. Arbeitsrecht und damit Personal letztlich mit. Da bist Du halt für alles zuständig... Den Luxus des engen Blickwinkels kannst Du dir fast nur leisten, wenn Du dich grossräumig bewerben kannst.

Wenn Du sehr juristisch arbeiten möchtest, aber eher im Rechtsabteilungs-Bereich könntest Du mal an eine jurist. Sachbearbeiterposition bei einem Prozessfinanzierer denken.

Viel Erfolg

lucyyy
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Gelöschter Nutzer

Re: Nicht-juristische Stelle als Sackgasse?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Danke für die vielen Antworten und Tipps.
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