4-Tage Woche

Alle Fragen, die den Bereich des Foren-Namens abdecken

Moderator: Verwaltung

julée
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von julée »

Kasimir hat geschrieben:
julée hat geschrieben:Klar, ich sehe das Problem, wenn der Mandant daran gewöhnt ist (und dafür bezahlt), dass zeitnah eine Reaktion erfolgt und nicht erst am nächsten Tag - und ein Teil der Anwälte diesen Service ja auch quasi 24/7 bietet. Gleichwohl dürfte zwischen 24/7 und komplett freien Wochentagen genügend Raum für flexiblere Lösungen bleiben als "für 80 % bezahlt, aber 90 % arbeiten".
Die Frage ist ja, wer das Risiko des Reibungsverlustes trägt. Im Moment gibt es da ein Aufteilung zwischen Arbeitgeber (kann ggf. Mehrarbeit aufgrund von Reibungsverlust nicht abrechnen), Teilzeitarbeitnehmer (muss prozentual mehr arbeiten, als er Geld bekommt), Vollzeitarbeitnehmer (muss teilweise das auffangen, was der Teilzeitarbeitnehmer nicht machen kann).
Natürlich, die Mehrkosten bzw. den Reibungsverlust muss man verteilen. Allerdings scheint es mir gerade im Verhältnis der Arbeitnehmer untereinander einerseits ein Problem der Bezahlung zu sein (man könnte ja auch 90 % vergüten, wenn faktisch nur ein Nachmittag frei ist und der nahezu vollständig durch Mehrarbeit an anderen Tagen ausgeglichen wird) und andererseits auch der Definition der Arbeit in "mein" und "dein" zu sein, was zu dem (subjektiven) Eindruck führt, der Kollege habe immer genau dann frei, wenn es besonders nervig und stressig wird - verstärkt dadurch, dass die Vertretungsarbeit im Zweifel nicht in den 100 % einberechnet ist.
Wie Tibor schon ganz richtig gesagt hat. Eine klare Abgrenzung mag auf dem Bau oder am Fliessband funktionieren, aber nicht in der Anwaltschaft. Wer einen 9-5 Job mit Arbeitnehmermentalität will, ist im Anwaltsberuf falsch.
Zustimmung. Allerdings ist 9-5 mit Herunterfahren des Rechners um Punkt 16:59 Uhr ja doch entfernt von dem Wunsch im Normalfall nach 8-9 Stunden Arbeit das Büro verlassen zu können und nur wenn es wirklich nicht anders geht, eine Nachtschicht einlegen zu müssen.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
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Mr_Black
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von Mr_Black »

Die Frage des Threads war, ob dieses Modell am Markt angeboten wird - nicht ob es schön wäre wenn, ob es fair oder unfair ist und für wen etc.
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Philtan
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von Philtan »

Ist eine 4 Tage Woche als Anwalt wirklich so schwer zu realisieren? Ernst gemeinte Frage als naiver junger Mensch, der letztes Jahr Abitur gemacht hat.
Jutta Allmendinger, einer Berliner Professorin, hält eine "32-Stunden-Woche für Frauen wie Männer für das gerechteste Arbeitsmodell." [...]

Ihre Argumentation: "Sie können aus der klassischen 40-Stunden-Woche von Männern und einer Null-Stunden-Woche von Frauen eine gemeinsame 64- oder 65-Stunden-Woche machen. Diese wird über den Erwerbsverlauf hinweg zu gleichen Teilen aufgeteilt, damit sind wir bei einer 32-Stunden-Woche für jeden Partner. Dadurch hat die Wirtschaft schon mal gewonnen, nämlich Arbeitskraft. Denn das Gesamtvolumen der gearbeiteten Stunden würde dadurch größer." http://www.sueddeutsche.de/karriere/soz ... -1.2785976

Darüber hinaus sagt sie, dass es Verschwendung von Ressourcen sei, wenn Frauen, die in der Regel bessere Noten und Abschlüsse haben, später gar nicht doer nur halbtags arbeiten.
Parabellum
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von Parabellum »

Das oben diskutierte Problem stellt sich doch bei einer 32 Stunden Woche in noch viel stärkerem Maße. Immerhin ist doch dann die Zeit von Mittwoch Nachmittag bis Montag durch jemand anderen zu überbrücken...
"Ich sage nicht, dass man sich hier zu siezen hätte oder ähnlichen Quatsch. Bei einem Forum von Juristen für Juristen ist meine Erwartungshaltung aber trotzdem nochmal eine andere als bei der Kneipe um die Ecke." OJ1988
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von Philtan »

Parabellum hat geschrieben:Das oben diskutierte Problem stellt sich doch bei einer 32 Stunden Woche in noch viel stärkerem Maße. Immerhin ist doch dann die Zeit von Mittwoch Nachmittag bis Montag durch jemand anderen zu überbrücken...
Aber ist das denn so ein Problem? Oben hat jmd. geschrieben "Und ich hoffe, dass dieser Thread jetzt nicht wieder zu der albernen Frage abgleitet, warum Kanzleien nicht anstelle des fulltime-Anwalts zwei Halbtagskräfte beschäftigen".

Eine Nachbarin von mir ist eine junge Ärztin, die vor 2 Jahre ihren Facharzt gemacht hat und jetzt in ein Ärztezentrum gewechselt ist (anstelle der Klassischen Niederlassung). Sie meinte, dass es immer mehr dieser Zentren gebe und dass man dort auch mit einer 30 Stunden Woche sehr ordentlich verdiene. Ich hatte nicht den Eindruck, dass eine 30 Std. Woche für sie eine alberne Vorstellung ist.
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famulus
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von famulus »

Woraus ergibt sich denn, dass die 4-Tage-Woche zwangsläufig das Wochenende verlängern muss? Man kann als freien Tag doch auch Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag vereinbaren.
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
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Tibor
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von Tibor »

famulus hat geschrieben:Woraus ergibt sich denn, dass die 4-Tage-Woche zwangsläufig das Wochenende verlängern muss? Man kann als freien Tag doch auch Dienstag, Mittwoch oder Donnerstag vereinbaren.
Hatte eine ehemalige Kollegin auch mal versucht; nach wenigen Monaten ist sie wieder dazu übergegangen den Freitag frei zu machen. Mo-Do sind eben die Kernarbeitstage, wenn es sowas wie Kernarbeitszeiten (bspw. 9-17 Uhr) gibt.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von Herr Schraeg »

Philtan hat geschrieben:Oben hat jmd. geschrieben "Und ich hoffe, dass dieser Thread jetzt nicht wieder zu der albernen Frage abgleitet, warum Kanzleien nicht anstelle des fulltime-Anwalts zwei Halbtagskräfte beschäftigen".
Weil die Gleichung 2 x 4 h = 8 h zwar mathematisch, aber nicht arbeitstechnisch aufgeht.

Hypothetische Ausgangslage: Die angestellten Anwältinnen A, B und C sind alle hoch und gleich qualifiziert. Sie arbeiten bei derselben Kanzlei. A arbeitet fulltime, B und C halbtags (B vormittags und C nachmittags).

1.
Das Szenario ist bereits deshalb unrealistisch, weil in der Praxis jeder nur vormittags halbtags arbeiten will. Ähnliches gilt für freie Tage, famulus: jeder will den freien Tag zur Verlängerung des Wochenende am Freitag oder Montag.

2.
Unabhängig davon: Am Morgen stellt der Mandant eine Frage, die er so rasch wie möglich beantwortet haben will. Aufwand zur Beantwortung: 8h. Das bedeutet, dass A die Frage noch am selben Tag beantworten kann, B und C jeweils erst am nächsten Tag.

Auch wenn B und C sich die Arbeit teilen, wird die Frage erst am nächsten Tag beantwortet, weil C nicht nahtlos an die Vorarbeit von B anschliessen kann, sondern sich erst in Unterlagen einlesen und in die Gedanken von B einfinden muss. Der Gesamtaufwand wird deshalb eher bei 10 h liegen, wenn B und C sich die Frage teilen.

3.
Das führt nicht nur dazu, dass dem Mandanten die Frage einen Tag später beantwortet wird, sondern auch zu einem Mehraufwand von 2 h ( in großen Projekten dann eben Mehraufwand von z.B. 200 h). Der Mandant wird diesen Mehraufwand, der nur durch die Bearbeitung durch B und C anstelle von A entsteht, nicht bezahlen. Also wird die Kanzlei weniger verdienen.

4.
Der Mandant setzt Besprechungen und Telefonkonferenzen einmal vormittags und einmal nachmittags an. B und C können deshalb deshalb das Mandat nicht einzeln bearbeiten, sondern wieder nur zusammen. Folge ist wiederum weniger Verdienst für die Kanzlei.

5.
Nach zwei Jahren steht eine Beförderung an. A hat nicht nur doppelt so viel Berufserfahrung wie B oder C. A ist auch anders als B und C in allen Mandaten, in denen es um eine schnelle Bearbeitung geht, einsetzbar und bringt der Kanzlei wegen des Wegfalls des Aufwands für die doppelte Einarbeitung mehr als B und C ein. Wer wird befördert werden?

Fazit: Natürlich ist Teilzeit eine Karrierebremse. Natürlich ist der Kanzlei die fulltime-Kraft deutlich lieber als mehrere Teilzeitkräfte. Wenn aber der Kanzlei nicht genügend qualifizierte Kräfte wie A zur Verfügung stehen, sie deshalb auf die -für sie - "Notlösung" B und C ausweicht und solche Arbeitsplätze anbietet, spricht nichts dagegen, solche Angebote auch guten Gewissens anzunehmen.
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von Kasimir »

Mr_Black hat geschrieben:Die Frage des Threads war, ob dieses Modell am Markt angeboten wird - nicht ob es schön wäre wenn, ob es fair oder unfair ist und für wen etc.
Du hast Recht. Die Antwort ist: Sie werden angeboten.

Man kann die beiden Aspekte aber nicht voneinander trennen. Es ist wie so oft im Leben, es gibt viele Angebote und Versprechungen, aber wenn es zu schön ist, um wahr zu sein, ist der nigerianische Prinz, der dir sein Millionenerbe schenken will vielleicht doch nur ein Betrüger aus Castrop-Rauxel.
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Urs Blank
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von Urs Blank »

Reibungsverluste durch flexible Arbeitszeitmodelle (Teilzeit, Altersteilzeit, Elternzeit, Sabbaticals usw.) gibt’s übrigens nicht nur in den Großkanzleien mit den stets suuuuper-wichtigen Rechtsfragen, die jeweils noch bis 23:55 Uhr geklärt werden müssen ("Wir haben da so ne Software entwickelt, die regelt die Abgaswerte im Testbetrieb runter. Könnte das rechtlich ein Problem sein?" - "I wo, Herr Sommerkorn [Name geändert]. Da sehen wir von Bendini Lambert Locke LLP keine Schwierigkeiten und bitten höflich um Ausgleich unserer Liquidation.")

Sondern mutmaßlich in jedem Unternehmen, auch im öD, auch in der Justiz. Dort gehen sie regelmäßig zu Lasten der Allgemeinheit, weil etwa häufige Dezernatswechsel zu längeren Bearbeitungszeiten der Verfahren und verminderter Qualität führen.

Trotzdem darf man zumindest fragen, ob nicht geänderte gesellschaftliche Bedingungen – wie längere Lebensarbeitszeit und dünnere Bewerberlage aufgrund der demographischen Entwicklung - über kurz oder lang dazu führen müssen (auch im Großkanzleiwesen), dass solche Modelle an Boden gewinnen. Und man darf das doch auch fordern.

Deshalb ist die achselzuckende Position des „geht halt nicht, haste Pech gehabt, wirste nix“ m. E. allzu bequem, vielleicht sogar ein kleines bisschen rückständig. Ihr Großkanzler könnt doch sonst immer alles und das stets am „Hochreck“ – da erstaunt diese Kapitulation vor dem Faktischen…
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von OJ1988 »

Urs Blank hat geschrieben:Reibungsverluste durch flexible Arbeitszeitmodelle (Teilzeit, Altersteilzeit, Elternzeit, Sabbaticals usw.) gibt’s übrigens nicht nur in den Großkanzleien mit den stets suuuuper-wichtigen Rechtsfragen, die jeweils noch bis 23:55 Uhr geklärt werden müssen ("Wir haben da so ne Software entwickelt, die regelt die Abgaswerte im Testbetrieb runter. Könnte das rechtlich ein Problem sein?" - "I wo, Herr Sommerkorn [Name geändert]. Da sehen wir von Bendini Lambert Locke LLP keine Schwierigkeiten und bitten höflich um Ausgleich unserer Liquidation.")

Sondern mutmaßlich in jedem Unternehmen, auch im öD, auch in der Justiz. Dort gehen sie regelmäßig zu Lasten der Allgemeinheit, weil etwa häufige Dezernatswechsel zu längeren Bearbeitungszeiten der Verfahren und verminderter Qualität führen.

Trotzdem darf man zumindest fragen, ob nicht geänderte gesellschaftliche Bedingungen – wie längere Lebensarbeitszeit und dünnere Bewerberlage aufgrund der demographischen Entwicklung - über kurz oder lang dazu führen müssen (auch im Großkanzleiwesen), dass solche Modelle an Boden gewinnen. Und man darf das doch auch fordern.

Deshalb ist die achselzuckende Position des „geht halt nicht, haste Pech gehabt, wirste nix“ m. E. allzu bequem, vielleicht sogar ein kleines bisschen rückständig. Ihr Großkanzler könnt doch sonst immer alles und das stets am „Hochreck“ – da erstaunt diese Kapitulation vor dem Faktischen…
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Kasimir
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von Kasimir »

Urs Blank hat geschrieben:Reibungsverluste durch flexible Arbeitszeitmodelle (Teilzeit, Altersteilzeit, Elternzeit, Sabbaticals usw.) gibt’s übrigens nicht nur in den Großkanzleien mit den stets suuuuper-wichtigen Rechtsfragen, die jeweils noch bis 23:55 Uhr geklärt werden müssen ("Wir haben da so ne Software entwickelt, die regelt die Abgaswerte im Testbetrieb runter. Könnte das rechtlich ein Problem sein?" - "I wo, Herr Sommerkorn [Name geändert]. Da sehen wir von Bendini Lambert Locke LLP keine Schwierigkeiten und bitten höflich um Ausgleich unserer Liquidation.")

Sondern mutmaßlich in jedem Unternehmen, auch im öD, auch in der Justiz. Dort gehen sie regelmäßig zu Lasten der Allgemeinheit, weil etwa häufige Dezernatswechsel zu längeren Bearbeitungszeiten der Verfahren und verminderter Qualität führen.

Trotzdem darf man zumindest fragen, ob nicht geänderte gesellschaftliche Bedingungen – wie längere Lebensarbeitszeit und dünnere Bewerberlage aufgrund der demographischen Entwicklung - über kurz oder lang dazu führen müssen (auch im Großkanzleiwesen), dass solche Modelle an Boden gewinnen. Und man darf das doch auch fordern.

Deshalb ist die achselzuckende Position des „geht halt nicht, haste Pech gehabt, wirste nix“ m. E. allzu bequem, vielleicht sogar ein kleines bisschen rückständig. Ihr Großkanzler könnt doch sonst immer alles und das stets am „Hochreck“ – da erstaunt diese Kapitulation vor dem Faktischen…
In Zukunft werde ich mir einfach deinen Beitrag ausdrucken und ihn den Bewerbern geben, die mit der Justiz liebäugeln. Mit solch' sympathischen und bescheidenen Zeitgenossen, die ohne Hähme und Missgunst über bestimmte juristische Berufsgruppen sprechen, will bestimmt jeder zusammenarbeiten.

In der Sache nur eine Anmerkung: Anders als in der Justiz kann ein Anwalt bestimmte Reibungsverluste nicht einfach an die Allgemeinheit weitergeben.
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Urs Blank
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von Urs Blank »

Kasimir hat geschrieben:In Zukunft werde ich mir einfach deinen Beitrag ausdrucken und ihn den Bewerbern geben, die mit der Justiz liebäugeln. Mit solch' sympathischen und bescheidenen Zeitgenossen, die ohne Häme und Missgunst über bestimmte juristische Berufsgruppen sprechen, will bestimmt jeder zusammenarbeiten.
Lass mir doch die Freude, wenigstens hier unter dem Decknamen eines psychisch kranken, überdies fiktiven Zürcher Wirtschaftsanwalts meine Häme und Missgunst (ach was, ich glaube, es ist sogar HASS) in Forenbeiträge zu sublimieren. Morgen früh um 09:00 Uhr bin ich wieder brav und nehme deine Tatsachenbehauptungen und Rechtsansichten adrett gekleidet und freundlich lächelnd entgegen. Versprochen.
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von Philtan »

Ich fühle mich in meiner Entscheidung bestätigt Psychologie zu studieren.
Ryze
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Re: 4-Tage Woche

Beitrag von Ryze »

Der Vergleich mit der Justiz und dem öD trägt allerdings in der Sache auch nicht, weil es die genannten "Reibungsverluste" nicht gibt. Zunächst ist es im Hinblick auf die Diskussion um diesen Punkt auch wenig zielführend die Altersteilzeit (mir bisher noch nicht untergekommen) und die Elternzeit mit der 'normalen' Teilzeit in einen großen Topf mit dem Label flexibles Arbeitszeitmodell zu werfen, dazu sind Gründe, Bedingungen, Dauer und Umstände der jeweiligen Modelle zu verschieden.
Bei der klassischen Teilzeitarbeit kommt es weder (zwangsläufig) zu häufigen Dezernatswechseln oder längeren Bearbeitungszeiten, noch zu minderer Qualität der Bearbeitungen, zumindest konnte ich derartiges nicht beobachten. Wenn das Dezernat auf 50% läuft, kommt auch nur die entsprechend geringere - im Verhältnis akkurate - Anzahl an Akten an, weshalb auch nichts zu Lasten von irgendwem geht und niemand mehr Arbeit auf sich nehmen, geschweige denn Akten eines Kollegen übernehmen muss - mal von dem tatsächlich zu beobachtenden Phänomen, dass das Präsidium die Planstellen mangels Zuweisung neuer Richter für reguläre, krankheits-, schwangerschafts-, elternzeit-, durch Großverfahren bedingte Abgänge/Ausfälle durch das Ministerium (längere Zeit) nicht (nach-)besetzt bekommt und die Dezernate 'geschickt' - meist zu Lasten von Proberichtern - aufteilt, das hat aber nun nichts mit der Teilzeit zu tun.

Wie hier nun auch hinreichend oft dargelegt unterscheidet sich die Anzahl der Mandate und deren Bearbeitungszeit, -dauer und -druck in einer großen Kanzlei - je nach Fachbereich - doch ganz wesentlich von den Bearbeitungen in der Justiz und dem öD, das eine akkurate Aufteilung der Mandate auf die Bedürfnisse des jeweiligen Teilzeitlers schwierig gestaltet. Damit soll nicht gesagt sein, dass ich den Kurs mancher Kanzleien (erst recht nicht die Forderungen so mancher Mandanten) für unterstützenswert oder die Teilzeit tatsächlich für ein nicht realisierbares Modell in diesem Umfeld halte, den tatsächlichen Reibungsverlust und die damit einhergehende Gefahr für die Kostenkalkulation, die in einem strapazierten Wettbewerbsumfeld unter Fortsetzung des bisherigen Gehaltsniveaus bestehen können muss, sollte man allerdings durchaus anerkennen, so einfach ist der Umgang mit der Wirklichkeit dann doch nicht.
Wenn die Anzahl der großen Kanzleien, die ein solches Modell anbieten, steigt, ist das natürlich begrüßenswert (funktioniert hier z.B. bei CMS dem Vernehmen nach ganz gut), der Hinweis auf die damit verbundenen, von einigen hier dargelegten, Unwägbarkeiten für die Zukunft in diesem kompetitiven Umfeld ist doch aber nur legitim, blauäugig sollte man sich dafür tatsächlich nicht entscheiden - insbesondere, da der monetäre Anreiz bei einer Forderung von 80%, der Vorstellung von 80.000 Jahresgehalt und ohne fachspezifische Eingrenzung offenbar nach wie vor der treibende Faktor zu sein scheint, den sicheren größeren Freizeitanteil wird man eher an anderer Stelle suchen und finden. Durch den großflächigen Wegfall des Up-or-Out Prinzips und die bestehenden Wechselmöglichkeiten ist das Problem aber sicher entschärft worden. In nicht wenigen Fällen mit dieser Motivation ist allerdings nach einer mal mehr mal weniger langen Zeitspanne mit den Kollegen und Einflüsterungen von diesen und der Partner auch eine Aufstockung auf 100% zu beobachten, insbesondere wenn kein treibender äußerer Faktor - insbesondere Familie und Kinder - besteht.

Im Übrigen zum 'wirste nix': Am BGH z.B. ist erst letztes Jahr die erste Teilzeitrichterin ernannt worden, ich vermute, die Quote dürfte sich seither nicht wesentlich erhöht haben. Wenn ich so zurückdenke, habe ich auch sonst seltenst dauerhaft in Teilzeit arbeitende Richter und Staatsanwälte - in welcher Form auch immer - 'aufsteigen' gesehen, das mag aber auch eine regionale Besonderheit sein.
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