Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Alle Fragen, die den Bereich des Foren-Namens abdecken

Moderator: Verwaltung

ew_h2002
Häufiger hier
Häufiger hier
Beiträge: 83
Registriert: Donnerstag 23. Mai 2013, 16:15
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Beitrag von ew_h2002 »

julée hat geschrieben:
ew_h2002 hat geschrieben: Natürlich ist das nicht der Weg, den der Arbeitgeber wählen wird. Es ist aber ein Weg, sich einem realistischen Marktwert anzunähren. Denn: Angebot und Nachfrage bedeutet auch, dass der ÖD ein Angebot für den Arbeitnehmer darstellt.
Der Ansatz krankt aber an der mangelnden Vergleichbarkeit: Der ÖD muss einerseits das Gehalt nicht am Markt erwirtschaften, sondern bezahlt Leute einer bestimmten Qualifikationsstufe schlichtweg mit Betrag X. Andererseits ist man für A13 eben Beamter in der Finanz- oder Kommunalverwaltung oder in irgendeinem Ministerium und kein Anwalt im xy-Recht; muss man wissen, was man möchte.
Wieso krankt es an der Vergleichbarkeit? Ich kann im ÖD x erhalten. Warum sollte ich - selbe Person, daher: selbe Qualifikation - nicht min. dasselbe Geld für meine Leistung haben wollen? Das ist absolut vergleichbar! Natürlich: Das Geld muss auf anderem Wege reinkommen (im ÖD ist der Steuerzufluss halbwegs sicher; der Freiberufler muss Mandate an Land ziehen). Aber als Angestellter interessiert mich, was ich bekomme, nicht wo es der Arbeitgeber her kriegt. Und als Arbeitgeber muss ich für eine Leistung/Ware/... bezahlen. Ich kann mir überlegen, ob mir die Leistung den Preis wert ist. Aber der Marktwert eines Arbeitnehmers orientiert sich am Markt, nicht daran, was ich als Arbeitgeber realisieren kann.

Und wer Anwalt werden möchte, für den ist der ÖD vielleicht tatsächlich unattraktiv. Als Referenz kann er ihn trotzdem angeben. Denn er könnte dort (unter Umständen) trotzdem hin. Er würde den Erlös also realisieren können. Zulasten des Vergnügens. Aber da wird der kluge Bewerber abwegen (und das kommunizieren): Traumjob + mäßiges Gehalt oder ordentliches Gehalt und guter Job. Jedenfalls wird man das halbwegs so verkaufen, wenn man schon um sein Gehalt verhandeln muss. Ob man am Ende des Tages den ÖD überhaupt in Erwägung zieht, muss man dem potenziellen Arbeitgeber ja nicht auf die Nase binden.
Benutzeravatar
thh
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 5278
Registriert: Dienstag 18. August 2009, 15:04
Ausbildungslevel: Interessierter Laie

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Beitrag von thh »

ew_h2002 hat geschrieben:Ich kann im ÖD x erhalten. Warum sollte ich - selbe Person, daher: selbe Qualifikation - nicht min. dasselbe Geld für meine Leistung haben wollen?
Weil Du - möglicherweise - nicht im ÖD arbeiten willst. Dann wäre es ggf. Abwägungsfrage, ob Dir der gewünschte Beruf wichtig genug ist, dafür auf Geld zu verzichten, dass Du sonst bekommen würdest.

Unter der Prämisse, dass man den Job haben möchte, sich aber nicht unter Wert verkaufen will, muss man daher für die Gehaltsvorstellung sowohl den eigenen "Marktwert" als auch die Möglichkeiten des Arbeitgebers im Blick behalten (und seine eigene Schmerzgrenze kennen). Dann kann man sich entscheiden, welchen "Wunschbereich" man als Gehaltsvorstellung nennt, und wie stark man für den Wunschjob zurückzustecken bereit ist; denn andererseits will man sich ja auch nicht ausnutzen lassen.
ew_h2002 hat geschrieben:Das ist absolut vergleichbar! Natürlich: Das Geld muss auf anderem Wege reinkommen (im ÖD ist der Steuerzufluss halbwegs sicher; der Freiberufler muss Mandate an Land ziehen). Aber als Angestellter interessiert mich, was ich bekomme, nicht wo es der Arbeitgeber her kriegt.
Das hängt davon ab, wie dringend Du eine bestimmte Stelle haben möchtest. Auch die "Ausbildung" bei einem renommierten Strafverteidiger, um die es hier geht, kann einen Wert haben, der dann gegenzurechnen ist.
ew_h2002 hat geschrieben:Aber der Marktwert eines Arbeitnehmers orientiert sich am Markt, nicht daran, was ich als Arbeitgeber realisieren kann.
Was nicht hilft, wenn der angestrebte Arbeitgeber nicht in der Lage ist, den "Marktwert" des Arbeitnehmers zu bezahlen.
ew_h2002 hat geschrieben:Und wer Anwalt werden möchte, für den ist der ÖD vielleicht tatsächlich unattraktiv. Als Referenz kann er ihn trotzdem angeben. Denn er könnte dort (unter Umständen) trotzdem hin. Er würde den Erlös also realisieren können. Zulasten des Vergnügens. Aber da wird der kluge Bewerber abwegen (und das kommunizieren): Traumjob + mäßiges Gehalt oder ordentliches Gehalt und guter Job. Jedenfalls wird man das halbwegs so verkaufen, wenn man schon um sein Gehalt verhandeln muss. Ob man am Ende des Tages den ÖD überhaupt in Erwägung zieht, muss man dem potenziellen Arbeitgeber ja nicht auf die Nase binden.
Ja, eben. - Ich glaube, am Ende meinen wir das gleiche. :)
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
julée
Fossil
Fossil
Beiträge: 13077
Registriert: Freitag 2. April 2004, 18:13
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Beitrag von julée »

ew_h2002 hat geschrieben: Wieso krankt es an der Vergleichbarkeit? Ich kann im ÖD x erhalten. Warum sollte ich - selbe Person, daher: selbe Qualifikation - nicht min. dasselbe Geld für meine Leistung haben wollen? Das ist absolut vergleichbar! Natürlich: Das Geld muss auf anderem Wege reinkommen (im ÖD ist der Steuerzufluss halbwegs sicher; der Freiberufler muss Mandate an Land ziehen). Aber als Angestellter interessiert mich, was ich bekomme, nicht wo es der Arbeitgeber her kriegt. Und als Arbeitgeber muss ich für eine Leistung/Ware/... bezahlen. Ich kann mir überlegen, ob mir die Leistung den Preis wert ist. Aber der Marktwert eines Arbeitnehmers orientiert sich am Markt, nicht daran, was ich als Arbeitgeber realisieren kann.
Die Bezahlung im ÖD orientiert sich gerade nicht am "Marktwert" des Arbeitnehmers, sondern daran, wie viel A13 im Vergleich zu A12 und A14 sein muss; im Übrigen lautet das Stichwort "Alimentationsprinzip". Der ÖD bietet also gerade nicht mit Geld um die Besten der Besten, sondern zahlt schlichtweg allen einer bestimmten Qualifikationsebene X; das ist allenfalls eine höchst mittelbare Marktteilnahme. In der Konsequenz kann man hieraus auch keinen Rückschluss auf den "Marktwert" des Bewerbers in der freien Wirtschaft ziehen; maßgeblich sind insoweit vielmehr die Gehälter in der freien Wirtschaft selbst. Und hier zeigen sich ja durchaus die bekannten Unterschiede zwischen 120k /a für sehr viel Arbeit in der GK und 30k /a für viel Arbeit in einer Kleinstkanzlei.
Individuell mag die Überlegung "in der Verwaltung bekäme ich aber X" dazu verleiten, in der freien Wirtschaft mindestens "X + 1" zu wollen, aber das setzt voraus, dass die Verwaltung tatsächlich eine Option wäre und umgekehrt, der Arbeitgeber auch den geforderten Betrag von X + 1 zahlen kann/möchte. Und das wird nicht zwingend der Fall sein.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
ew_h2002
Häufiger hier
Häufiger hier
Beiträge: 83
Registriert: Donnerstag 23. Mai 2013, 16:15
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Beitrag von ew_h2002 »

julée hat geschrieben:Die Bezahlung im ÖD orientiert sich gerade nicht am "Marktwert" des Arbeitnehmers, sondern daran, wie viel A13 im Vergleich zu A12 und A14 sein muss.
Das mag zwar sein (auch wenn ich es bezweifle, weil der Staat auch nichts zu verschenken hat und die gesamte Tarifstruktur nicht funktionierend würde, wenn man nicht Fixpunkte setzen würde), ändert aber nichts: Die Bezahlung bestimmt meinen Marktwert. Ich kann im ÖD diese Summe bekommen. Wie die zustande kommt, ist mir egal. Wichtig ist, dass ich sie kriegen kann. Und wenn mir andere (bei gleicher Arbeitszeit, Verantwortung usw.) weniger bieten, spricht das erst einmal gegen sie. (Natürlich ist Geld nicht das einzige Kriterium; aber auch darum geht es gerade ja gar nicht!)
julée hat geschrieben:Individuell mag die Überlegung "in der Verwaltung bekäme ich aber X" dazu verleiten, in der freien Wirtschaft mindestens "X + 1" zu wollen, aber das setzt voraus, dass die Verwaltung tatsächlich eine Option wäre[.]
Dass die Verwaltung eine Option wäre, ist keine Voraussetzung: Ich muss nicht wirklich in die Verwaltung wollen, um die Referenz heranzuziehen. Ich muss lediglich behaupten, dass ich dort die Summe kriegen könnte. Daraus ergibt sich auch, dass ich nicht einmal in der Verwaltung tatsächlich genommen werden müsste, sondern nur, dass beim potenziellen Arbeitgeber der Eindruck entsteht, dass ich dort genommen würde und hingehen könnte.

Zu guter Letzt: Von x + 1 war nicht die Rede. Ich habe ein A13-Netto lediglich als Ansatzpunkt genannt. Ich persönlich würde nicht groß über die Summe hinausgehen (wenn es nicht um eine GK geht, von der explizit nicht die Rede war). Je nach Möglichkeiten kann man in dem Rahmen darum herum ja ein Stück hoch oder runter gehen. Oder genau die Summe nehmen. - Da greift dann die Frage, was der Markt aktuell hergibt und was ich haben möchte.
JRG
Häufiger hier
Häufiger hier
Beiträge: 41
Registriert: Donnerstag 28. Juli 2016, 20:35

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Beitrag von JRG »

ew_h2002 hat geschrieben:[
Dass die Verwaltung eine Option wäre, ist keine Voraussetzung: Ich muss nicht wirklich in die Verwaltung wollen, um die Referenz heranzuziehen. Ich muss lediglich behaupten, dass ich dort die Summe kriegen könnte. Daraus ergibt sich auch, dass ich nicht einmal in der Verwaltung tatsächlich genommen werden müsste, sondern nur, dass beim potenziellen Arbeitgeber der Eindruck entsteht, dass ich dort genommen würde und hingehen
Woanders könnte ich X bekommen ist kein sonderlich gutes Argument. ArbG: "Dann gehen Sie doch da hin"


Gesendet von iPhone mit Tapatalk
Benutzeravatar
Strich
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 2254
Registriert: Samstag 9. Januar 2016, 16:52
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Beitrag von Strich »

JRG hat geschrieben:
ew_h2002 hat geschrieben:[
Dass die Verwaltung eine Option wäre, ist keine Voraussetzung: Ich muss nicht wirklich in die Verwaltung wollen, um die Referenz heranzuziehen. Ich muss lediglich behaupten, dass ich dort die Summe kriegen könnte. Daraus ergibt sich auch, dass ich nicht einmal in der Verwaltung tatsächlich genommen werden müsste, sondern nur, dass beim potenziellen Arbeitgeber der Eindruck entsteht, dass ich dort genommen würde und hingehen
Woanders könnte ich X bekommen ist kein sonderlich gutes Argument. ArbG: "Dann gehen Sie doch da hin"


Gesendet von iPhone mit Tapatalk
Was voraussetzt, dass der Arbeitgeber auf den Bewerber auch verzichten könnte.
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -

www.richtersicht.de

Seit 31.05.2022 Lord Strich
Benutzeravatar
Mr_Black
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 6237
Registriert: Dienstag 25. März 2008, 11:47
Ausbildungslevel: RA

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Beitrag von Mr_Black »

Strich hat geschrieben: Was voraussetzt, dass der Arbeitgeber auf den Bewerber auch verzichten könnte.
Dieser Fall ist hin und wieder in der Praxis anzutreffen
- Söldner des Rechts -
Orkan der Rechtspflege
ew_h2002
Häufiger hier
Häufiger hier
Beiträge: 83
Registriert: Donnerstag 23. Mai 2013, 16:15
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Beitrag von ew_h2002 »

Wie immer: Es gibt selten ein Argument, dass keine Gegenargumente zulässt. Natürlich kann ich dem potenziellen Arbeitgeber nicht sagen "Zahle XY, sonst gehe ich zu Z." Aber ich kann ihm durchaus im Rahmen der Gehaltsverhandlungen eine Zahl nennen, die ich anderswo realisieren kann. Wie genau ich das verkaufe und ob ich genau die Summe realisieren kann, ist eine andere Frage.
Benutzeravatar
Mr_Black
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 6237
Registriert: Dienstag 25. März 2008, 11:47
Ausbildungslevel: RA

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Beitrag von Mr_Black »

Es hängt halt davon ab, ob man für sich VOR einer konkreten Bewerbungsphase seinen "Marktwert"* - wie auch immer - abstrakt ermittelt und sich dann überlegt, in welchen Läden es überhaupt möglich ist, diesen Marktwert zu realisieren und sich dann nur dort zu bewerben. Oder ob man sich irgendwo bewirbt und dann überrascht/beleidigt ist, dass man unter den wirtschaftlichen Bedingungen dort trotz Marktwert ein deutlich niedrigeres Gehalt angeboten bekommt.


*Anfangsgehalt, auf das man meint ein Anwartschaftsrecht erworben zu haben
- Söldner des Rechts -
Orkan der Rechtspflege
Benutzeravatar
Strich
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 2254
Registriert: Samstag 9. Januar 2016, 16:52
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Beitrag von Strich »

Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, du seiest für die Personalakquirierung verantwortlich?
Stehe zu deinen Überzeugungen soweit und solange Logik oder Erfahrung dich nicht widerlegen. Denk daran: Wenn der Kaiser nackt aussieht ist der Kaiser auch nackt ... .
- Daria -

www.richtersicht.de

Seit 31.05.2022 Lord Strich
Benutzeravatar
Mr_Black
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 6237
Registriert: Dienstag 25. März 2008, 11:47
Ausbildungslevel: RA

Re: Gehaltsvorstellung Einzelanwalt

Beitrag von Mr_Black »

Strich hat geschrieben:Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, du seiest für die Personalakquirierung verantwortlich?
Eigentlich nicht. Aber ich habe schon diverse Vorstellungsgespräche geführt, wenn mein Bereich neue Leute benötigte.
- Söldner des Rechts -
Orkan der Rechtspflege
Antworten