Vb mit Schwerpunkt

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julée
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von julée »

Levi hat geschrieben: Eine andere Frage ist dagegen, wie groß die Differenz zwischen SPB und Staatsteil ist. Ich rede hier von ca. 1-2 Notenstufen (also 3-6) Punkten Differenz. Das erscheint mir realistisch. Alles darüber hinaus ist sicherlich nicht mehr reell. Denn die grundlegenden juristischen Fähigkeiten müssen natürlich vorhanden sein und wirken sich in SPB und Staatsteil gleichermaßen aus. Bei 10 Punkten Differenz stimmt etwas mit der Notengebung nicht, da bin ich ganz bei dir. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass solche krassen Unterschiede tatsächlich typisch sind. Nach den statistischen Zahlen des BfJ sind sie es jedenfalls nicht.
Wenn man über Notendifferenzen spricht, muss man m. E. das "Ausgangsniveau" berücksichtigen. Wer im Staatsteil im zweistelligen Bereich liegt, der mag im SPB in der Lage sein, wirklich gute oder sehr gute Leistungen zu erbringen: Zu der erheblichen juristischen Grundbegabung kommt schlichtweg noch ein überdurchschnittliches Interesse hinzu; die Lehrinhalte werden mühelos verstanden - und dann ist die einzige Frage, ob es im SPB ein "Korrektiv" in Gestalt von fünfstündigen Klausuren auf Examensniveau gibt, mit dem dann die 16 Punkte im Seminar wieder etwas nivelliert werden. Wer im Staatsteil hingegen im Bereich des Ausreichenden liegt, der hat klar Defizite im allgemein-juristischen Bereich, die nur begrenzt mit Begeisterung und Lerneifer ausgeglichen werden können (sonst wären sie nicht da); in den Fällen dürften bereits 3-4 Punkte mehr tendentiell erklärungsbedürftig sein, alles über 6 Punkte Differenz ohnehin.

Das Problem ist m. E. aber nicht, dass die Noten im SPB besser als der Staatsteil ausfallen, sondern dass sie ungleichmäßig (von examensnah bis mondnotenmäßig) ausfallen, mit der Folge, dass man ohne Kenntnis der lokalen Gegebenheiten nicht sagen kann, ob die Note im SPB irgendetwas mit der Realität zu tun hat. Und meine begrenzte Erfahrung besagt, dass die Studenten im SPB nicht alle auf einmal überirdisch gut werden, sondern im Zweifelsfall die gleichen Grundlagenfehler wie sonst auch machen. Ich wage zu behaupten, das ist anderswo nicht anders, man muss es nur wahrhaben wollen.
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thh
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von thh »

Levi hat geschrieben:Ausgangspunkt der Diskussion, so wie ich ihn verstanden habe, war die empirische Feststellung, dass die SPB-Note regelmäßig über der Staatsteil-Note liegt. Dies erklärt sich für mich zwanglos dem Motivations- und Pädagogik-Ansatz des selbst gewählten Bereichs.
Das ehrt Dich, ist im Umfang von bis zu zwei Notenstufen (im Schnitt!) aber eher lebensfremd. Denn nicht jeder, der etwas gerne tut und/oder selbst wählt, ist darin auch gut; auch das Jurastudium ist ja, um das anzufügen, regelmäßig selbst gewählt.

Das eigentliche Problem ist aber - wie ja bereits genannt - weniger, dass die Noten "zu gut" sind (auch wenn das durchaus auffällig ist und für sich spricht), sondern dass weder die Prüfungsarten und -anforderungen noch die Ergebnisse hinreichend vergleichbar sind. Auch das deutet übrigens darauf an, dass die Verbesserung ihre Ursache nicht in Motivation und Pädagogik findet, sondern in der Art der Benotung - es wäre schon sehr seltsam, wenn alle Unmotivierten denselben Schwerpunkt an denselben Unis wählen, so dass die Noten dort kaum besser als im staatlichen Prüfungsteil ausfallen, andere Schwerpunktbereiche an anderen Unis aber nur voll motivierte Teilnehmer haben, so dass die Noten dort im Schnitt signifikant besser sind.
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Levi
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Levi »

Nochmal: Es wird sicherlich SPB-Prüfer geben, die wohlwollender benoten als andere. Das gibt es aber in jeder Prüfung. Prüfer sind nun einmal Menschen und mache Menschen sind strenger als andere. Deswegen halte ich ja auch nichts davon, einzelne Prüfungen überzubewerten. Aussagekräftig ist allein ein Gesamtbild über mehrere Jahre und verschiedene Prüfungen hinweg. 

Entscheidend für die Frage SPB - Ja oder Nein? - ist jedoch das Durchschnittsergebnis im SPB und nicht die einzelne (gerechte oder ungerechte) Note. Und dieses Durchschnittsergebnis ist für mich vollkommen plausibel. Ich habe mir jetzt mal die Mühe gemacht, aus den Zahlen des BfJ die Durchschnittsnoten auszurechnen. Danach liegt die Durchschnittsnote im Staatsteil im Bereich des "befriedigend" und im SPB im Bereich des "vollbefriedigend". Das ist exakt das Ergebnis, das ich auch erwartet hätte, nämlich eine Differenz von 3-6 Punkten. 

Wenn man die Prüflinge im Staatsteil nicht in allen, sondern nur in ihren stärksten Rechtsgebieten und durch ihre liebsten Professoren prüfen würde, würden die Noten im Staatsteil mit Sicherheit genauso nach oben gehen. Das Problem des Staatsteils ist es doch, dass man sich die Rechtsgebiete und Prüfer nicht aussuchen und daher auch nicht zielgerichtet vorbereiten kann. In den meisten anderen Studienfächern ist das bekanntlich anders und die Noten sind dort dementsprechend auch besser. 

Auch als es in Jura noch die Unterscheidung zwischen "Hausarbeiten-Examen" und "Klausuren-Examen" gab, war es dort so. In den Bundesländern mit Hausarbeiten-Examen lagen die Noten im Durchschnitt um eine Notenstufe höher als in den Ländern mit reinem Klausurenexamen. Auch das ist - nach dem zuvor gesagten - wenig überraschend. 

Ich kann daher in der durchschnittlichen (!) Notengebung des SPB nach wie vor kein Problem erkennen. Der Durchschnitt ist das, was bei der Entscheidung für oder gegen ein Prüfungsverfahren maßgeblich sein sollte; nicht dagegen die Charaktereigenschaften des einzelnen Prüfers. Mit denen muss man in jedem Prüfungssystem umgehen können.
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thh
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von thh »

Levi hat geschrieben: Das Problem des Staatsteils ist es doch, dass man sich die Rechtsgebiete und Prüfer nicht aussuchen und daher auch nicht zielgerichtet vorbereiten kann. In den meisten anderen Studienfächern ist das bekanntlich anders und die Noten sind dort dementsprechend auch besser. 
Freilich. Dass in vielen Studiengängen jede Note unter "sehr gut" eine Katastrophe ist, liegt ausschließlich daran, dass man sich zielgerichtet vorbereiten kann.
Levi hat geschrieben: Auch als es in Jura noch die Unterscheidung zwischen "Hausarbeiten-Examen" und "Klausuren-Examen" gab, war es dort so. In den Bundesländern mit Hausarbeiten-Examen lagen die Noten im Durchschnitt um eine Notenstufe höher als in den Ländern mit reinem Klausurenexamen. Auch das ist - nach dem zuvor gesagten - wenig überraschend. 
Wenig überraschend ist vor allem, dass die Noten bei Aufsichtsrat(!)arbeiten schlechter sind als bei Arbeiten, die man völlig unbeaufsichtigt schreiben - oder schreiben lassen - kann.
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julée
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von julée »

Das Abstellen auf den Durchschnitt vermag aber nicht zu überzeugen, wenn ein Teil der Studenten examensnah und der andere höchst wohlwollend beurteilt wird, dann mag der Durchschnitt mit "SPB = Staatsteil + 3 Punkte" augenscheinlich vernünftig sein, aber die Einzelergebnisse sind eben nicht einheitlich, von den zugrundeliegenden Prüfungsanforderungen ganz zu schweigen.

Und zur These, dass man in dem gut sein, was man sich selbst ausgesucht hat, sei noch als Praxisbeispiel angemerkt: Nicht alle, die Strafrecht gerne machen, schreiben im Staatsexamen in den (sehr gut vorbereitbaren) Strafrechtsklausuren zweistellige Ergebnisse, sondern eher durchschnittliche Ergebnisse wie alle anderen auch.
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Solar
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Solar »

Levi hat geschrieben:Entscheidend für die Frage SPB - Ja oder Nein? - ist jedoch das Durchschnittsergebnis im SPB und nicht die einzelne (gerechte oder ungerechte) Note. Und dieses Durchschnittsergebnis ist für mich vollkommen plausibel. Ich habe mir jetzt mal die Mühe gemacht, aus den Zahlen des BfJ die Durchschnittsnoten auszurechnen. Danach liegt die Durchschnittsnote im Staatsteil im Bereich des "befriedigend" und im SPB im Bereich des "vollbefriedigend". Das ist exakt das Ergebnis, das ich auch erwartet hätte, nämlich eine Differenz von 3-6 Punkten. 
Da kann ich dir nicht zustimmen. Wenn sich die Notenskala gleichmäßig auf 0-18 Punkte verteilt, ist der Schnitt auch bei noch "moderaten" 9 Punkten. Das klingt auf den ersten Blick nicht dramatisch gegenüber dem Staatsschnitt von ca. 6 Punkten. Der Unterschied dabei ist aber, dass sich der Staatsschnitt aus bundesweit ungefähr auf gleichem Niveau liegenden Notenschnitten errechnet, diese dagegen beim Schwerpunktsbereich schon auf interner Uni-Ebene um teilweise über 4 Punkte differieren. Das kann man doch nciht mit "ungleiche Prüfer gibt es überall" wegdiskutieren. Fakt ist, dass der Staatsteil nicht annähernd so ungleich bewertet wird.

Welche Aussage soll ich einer Schwerpunktnote als Einstellender dann noch beimessen? Sie hat schlicht keinerlei objektive Aussagekraft. Das absurdeste Beispiel zeigt die verlinkte Statistik:

Hat man in Tübingen in 2014 im Schwerpunkt "3a Fundamente Europäischer Rechtsordnun­gen: Das Privatrecht in seiner historischen Entwicklung" 12,5 Punkte erreicht, liegt man gerade so im Schnitt. Dasselbe gilt dort für einen Teilnehmer an "3b Fundamente Europäischer Rechtsordnun­gen: Neuere Rechtsgeschich­te und juristische Zeitgeschich­te", der 8 Punkte erreicht hat. Der Abstand liegt auch in den Jahren zuvor derart weit auseinander, d.h. es lag nicht an individuellen Teilnehmern. Dabei unterscheiden sich die Schwerpunkte schon in der Bezeichnung nur in Nuancen (der Einstellende erkennt das im Zweifel noch nicht einmal) und finden an derselben Uni statt. Beide Kandidaten haben nun im Staatsteil 8 Pkt. Kandidat A hat mit seinem SPB insgesamt 9,5 Pkt, wohingegen Kandidat B bei 8 Pkt bleibt. Wer von den beiden wird wohl eingestellt?

Diese Ungerechtigkeit geht bei Weitem über das hinaus, was im Examen durch unterschiedlich strenge Prüfer geschieht: Dort werden zumindest landesweit einheitliche Klausuren geschrieben und (im ersten Examen) von bis zu 14 unbekannten Korrektoren bewertet. Unterm Strich entstehen dadurch bundesweit vergleichbare Notenschnitte. DAS ist Objektivität, mit der der Einstellende etwas anfangen kann und die die Kandidaten gerecht einordnet. Und diese wird durch die Einrechnung des Schwerpunktbereichs völlig unterwandert bzw. verwässert.
Gelöschter Nutzer

Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Es mag sein, dass dieser Punkt bereits genannt wurde, aber die Aussagekraft des SPB wird weiter durch die Art und Anzahl der Prüfungsleistungen eingeschränkt:

So setzt sich an manchen Universitäten die SP-Note alleine aus zwei (!) Prüfungsleistungen zusammen:

- einer schriftlichen Arbeit, vergleichbar einer Seminararbeit (ca. 20-30 S.)
- einer mündlichen Prüfung

Zum Ersten handelt es sich überhaupt nur um zwei Prüfungsleistungen. Dies erhöht die Bedeutung des Zufalls und erschwert die Vergleichbarkeit.

Zum Zweiten sind gerade die genannten Prüfungstypen in besonderem Maße anfällig für Faktoren, die prinzipiell keine Rolle spielen sollten: Unterschleif (schriftliche Arbeit) und Sympathie/Zufall (mündliche Prüfung).

Zum Dritten haben diese Prüfungsformen auch nur wenig mit der klassischen juristischen Arbeitsweise zu tun. So ist es etwa gut denkbar, dass in einer mündlichen Prüfung primär eine reine Wissensabfrage erfolgt. Auch die in der schriftlichen Arbeit zu besprechenden Themen liegen nicht selten fernab der "klassischen" juristischen Arbeit.


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Die Folge ist: selbst ein Kandidat mit "ausreichenden" juristischen Fähigkeiten kann es über die Kombination der folgenden Faktoren (wobei nicht alle präsent sein müssen) eine weit überdurchschnittliche Note erzielen:

- netter Prüfer (wiegt weitaus schwerer, da nur 2 Prüfungsleistungen)
- angenehmes schriftliches Thema
- "Mithilfe" bei der schriftlichen Arbeit, die überdies noch nicht einmal sonderlich juristisch geprägt sein muss
- stupides Auswendiglernen des Wissens, das dann in der mündlichen abgeprüft wird

Umgekehrt kann ein "vollbefriedigender" Kandidat aufgrund derselben Aspekte (ins Gegenteil verkehrt: missgünstiger Prüfer, keine Mithilfe, Zufall der Themenvergabe...) im SPB nur ein unterdurchschnittliches Ergebnis erreichen.


Dies alles sage ich übrigens als jemand, der mit seiner SP-Note außerordentlich zufrieden ist und sein kann.
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Levi
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Levi »

julée hat geschrieben:Das Abstellen auf den Durchschnitt vermag aber nicht zu überzeugen, wenn ein Teil der Studenten examensnah und der andere höchst wohlwollend beurteilt wird, dann mag der Durchschnitt mit "SPB = Staatsteil + 3 Punkte" augenscheinlich vernünftig sein, aber die Einzelergebnisse sind eben nicht einheitlich, von den zugrundeliegenden Prüfungsanforderungen ganz zu schweigen.
Diese Einheitlichkeit hast du aber bei einer Prüfung außerhalb von Multiple Choice niemals. Sobald der Prüfungs- und Beurteilungsspielraum eines Menschen dazukommt, ist jede Bewertung immer subjektiv und zufällig. In keiner mündlichen Prüfung sind die Fragen der Prüfer für alle Kandidaten gleich schwer. Selbst wenn ein Prüfer sich darum bemühen wollte, ist dies ein von vornherein aussichtsloses Unterfangen, denn ob eine Frage vom Prüfling als leicht oder schwer empfunden wird, hängt von seinem jeweiligen Wissen ab. Eine scheinbar leicht aus dem Gesetz zu beantwortende Frage kann für die Prüflinge unlösbar sein, wenn sie die Vorschrift noch nie gelesen haben und ein scheinbar komplexer Meinungsstreit kann als leicht empfunden werden, wenn die Prüflinge ihn kennen.

Noch subjektiver ist die Notengebung. Wenn ich keinen normierten Maßstab habe, was "durchschnittliche Anforderungen" sind, kann ich auch nicht einheitlich festlegen, wann eine Leistung diesen entspricht, bzw. darüber oder darunter liegt.

Hinzu kommt noch der Unsicherheitsfaktor des Charakters des jeweiligen Prüfers.

SPB-Prüfungen unterscheiden sich insofern nicht prinzipiell von anderen Prüfungsformen wie mündlichen Prüfungen oder Hausarbeitenexamen. Ja, sie unterscheiden sich noch nicht einmal von Klausurenexamen. Klausuren haben nur deswegen scheinbar ein höheres Maß an Objektivität, weil es mehrere sind und sich Abweichungen nach oben und unten dadurch besser ausgleichen. Würde im Examen nur eine einzige Klausur geschrieben, wäre der Zufallsfaktor genauso hoch wie bei einer SPB-Prüfung.
juleè hat geschrieben:Und zur These, dass man in dem gut sein, was man sich selbst ausgesucht hat, sei noch als Praxisbeispiel angemerkt: Nicht alle, die Strafrecht gerne machen, schreiben im Staatsexamen in den (sehr gut vorbereitbaren) Strafrechtsklausuren zweistellige Ergebnisse, sondern eher durchschnittliche Ergebnisse wie alle anderen auch.
Es geht in der Statistik nicht darum "gut" zu sein, sondern "besser". - Bereits das hebt den Durchschnitt.

Aus einem mäßigen Juristen wird natürlich auch in seinem Spezialgebiet kein Spitzenmann, aber er wird dort besser sein als in seinen (noch) schwächeren Fächern. Das ist das Prinzip des sog. "komparativen Vorteils". Da dieses Prinzip für alle gilt, hebt sich dadurch insgesamt der Durchschnitt.

Das ist in der Schule und in jeder anderen Prüfung auch nicht anders. Ein schlechter Schüler wird auch in seinen Leistungskursen gewöhnlich nicht zur Spitzengruppe gehören (von den Sonderfällen Sport, Kunst und Musik vielleicht einmal abgesehen). Dennoch hebt er dadurch, dass er seine 'am wenigsten schlechten' Fächer als Leistungskurse wählt den Notendurchschnitt; und da alle anderen es genauso machen, hebt sich auch der Notendurchschnitt insgesamt.
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Levi
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Levi »

Solar hat geschrieben:Welche Aussage soll ich einer Schwerpunktnote als Einstellender dann noch beimessen? Sie hat schlicht keinerlei objektive Aussagekraft. Das absurdeste Beispiel zeigt die verlinkte Statistik:

Hat man in Tübingen in 2014 im Schwerpunkt "3a Fundamente Europäischer Rechtsordnun­gen: Das Privatrecht in seiner historischen Entwicklung" 12,5 Punkte erreicht, liegt man gerade so im Schnitt. Dasselbe gilt dort für einen Teilnehmer an "3b Fundamente Europäischer Rechtsordnun­gen: Neuere Rechtsgeschich­te und juristische Zeitgeschich­te", der 8 Punkte erreicht hat. Der Abstand liegt auch in den Jahren zuvor derart weit auseinander, d.h. es lag nicht an individuellen Teilnehmern. Dabei unterscheiden sich die Schwerpunkte schon in der Bezeichnung nur in Nuancen (der Einstellende erkennt das im Zweifel noch nicht einmal) und finden an derselben Uni statt.
Und warum wählen dann nicht alle Kandidaten den Schwerpunkt 3a anstatt 3b? Die Notenstatistiken sind doch bekannt.

Kann es nicht vielleicht doch daran liegen, dass sich in 3a die besseren Studierenden konzertieren, weil die Anforderungen dort (vermeintlich) schwerer sind? Niemand lässt sich doch ohne Grund einfach 4 Punkte entgehen, was im Gesamtergebnis der Examensnote immerhin einem ganzen Punkt entspricht.

Im Übrigen hatten diese Schwerpunkte auch immer nur < 10 Teilnehmern, was eine statistische Bewertung ohnehin unzuverlässig macht.
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Solar
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Solar »

Levi hat geschrieben:Und warum wählen dann nicht alle Kandidaten den Schwerpunkt 3a anstatt 3b? Die Notenstatistiken sind doch bekannt.
Kann es nicht vielleicht doch daran liegen, dass sich in 3a die besseren Studierenden konzertieren, weil die Anforderungen dort (vermeintlich) schwerer sind? Niemand lässt sich doch ohne Grund einfach 4 Punkte entgehen, was im Gesamtergebnis der Examensnote immerhin einem ganzen Punkt entspricht.
Dafür kann es in der Praxis viele Gründe geben: Schwerpunkt "voll" (hatten wir z.B. in Freiburg in einigen besonders beliebten Bereichen) oder der Glaube, dass man trotz des bisherigen Schnitts "das System" schlagen kann, weil man besonders für das Thema brennt. Aber das widerlegt doch dann gerade die These, dass die besondere Begeisterung immer gute Noten ermöglicht.
Levi hat geschrieben:Im Übrigen hatten diese Schwerpunkte auch immer nur < 10 Teilnehmern, was eine statistische Bewertung ohnehin unzuverlässig macht.
Über mehrere Jahre hinweg ist das statistisch durchaus aussagekräftig. Zudem war das ja nur eines von vielen Beispielen. Wenn man sich die Unterschiede der einzelnen Bereiche im Detail ansieht (das noch vor dem Hintergrund der oben bereits mehrfach erwähnten sehr unterschiedlichen Formen von Prüfungsleistungen), wird deutlich, dass die Aussagekraft der Schwerpunktnoten schlicht nicht zuverlässig, da nicht vergleichbar ist.

Ich bin übrigens nicht dafür, die Schwerpunkte abzuschaffen, denn dem Grunde nach halte ich sie für sinnvoll. Meines Erachtens sollte lediglich eine einheitliche Prüfungsleistung (überall dieselbe Anzahl von SWS, Klausuren, Prüfungsarten usw.) eingeführt und sichergestellt werden, dass die Bewertungen einheitlich erfolgen. Auch in der Verrechnung mit dem Staatsteil sehe ich keinen Sinn, die Noten sollten nur getrennt ausgewiesen werden. Dann nämlich lassen sich die Studierenden bei der Wahl des Bereichs tatsächlich hauptsächlich von ihrem Interesse leiten und nicht von der Aussicht auf bessere Noten und weniger Prüfungen.
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Levi »

Solar hat geschrieben:
Levi hat geschrieben:Und warum wählen dann nicht alle Kandidaten den Schwerpunkt 3a anstatt 3b? Die Notenstatistiken sind doch bekannt.
Kann es nicht vielleicht doch daran liegen, dass sich in 3a die besseren Studierenden konzertieren, weil die Anforderungen dort (vermeintlich) schwerer sind? Niemand lässt sich doch ohne Grund einfach 4 Punkte entgehen, was im Gesamtergebnis der Examensnote immerhin einem ganzen Punkt entspricht.
Dafür kann es in der Praxis viele Gründe geben: Schwerpunkt "voll" (hatten wir z.B. in Freiburg in einigen besonders beliebten Bereichen) oder der Glaube, dass man trotz des bisherigen Schnitts "das System" schlagen kann, weil man besonders für das Thema brennt. Aber das widerlegt doch dann gerade die These, dass die besondere Begeisterung immer gute Noten ermöglicht.
Bei 3-5 Teilnehmern in den von dir genannten Schwerpunkten dürfte von einer "Überfüllung" wohl schwerlich auszugehen sein.

Und zum wiederholten Male: Ich habe nicht gesagt, dass "die besondere Begeisterung immer gute Noten ermöglicht", sondern dass sie für gewöhnlich "bessere" Noten ermöglicht. Für eine statistisch signifikante Auswirkung genügt das. Im Übrigen weist du doch auch gar nicht, wie der Schnitt in den Schwerpunkten zustande gekommen ist. Gerade bei Teilnehmerzahlen < 5 verzerren einzelne Ausreißer nach oben oder unten den Durchschnitt erheblich.
Wenn man sich die Unterschiede der einzelnen Bereiche im Detail ansieht (das noch vor dem Hintergrund der oben bereits mehrfach erwähnten sehr unterschiedlichen Formen von Prüfungsleistungen), wird deutlich, dass die Aussagekraft der Schwerpunktnoten schlicht nicht zuverlässig, da nicht vergleichbar ist.
Kein Widerspruch. Die Aussagekraft der Schwerpunktnoten ist nicht zuverlässig, da nicht vergleichbar. Das gilt für die Staatsnote aber genauso. Ich halte es für eine Illusion zu glauben, dass die Ergebnisse der mündlichen Prüfungen im Staatsteil vergleichbarer seien als die der SPB-Prüfung.

Eine Einheitlichkeit der Prüfungsanforderungen gibt es nicht. Am nähesten kommt diesem Anspruch noch eine Multiple-Choice-Prüfung. Die mögen Juristen aber aus Prinzip nicht.
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Brainiac »

Tibor hat geschrieben:Na, warten wir die Herbst-Jumiko am 9.11. ab:

http://www.lto.de/recht/studium-referen ... paradoxon/
Danke dafür, interessanter Artikel. Vor allem, weil er auch auf die Nebeninteressen eingeht. Für die Profs ist der SP regelmäßig sehr interessant, da nur die allerwenigsten ausschließlich zu den Fächern des Pflichtfachstoffs forschen, insbes. die Rechtsgeschichtler/-soziologen usw sowie alle mit Schwerpunkt in wirtschaftsrechtlichen Disziplinen.
Daneben bringt der SP auch einer weiteren Interessengruppe viel: den Praktikern (v.a. RAen), deren Lehraufträge und Honorarprofessuren weit überwiegend auf ihrer Mitwirkung in den SP-Veranstaltungen beruhen...
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von julée »

Zwischen dem Design des SPB und des Staatsteils bestehen doch deutliche Unterschiede:
Im Staatsteil werden die Klausuren zumindest für das Bundesland einheitlich gestellt und korrigiert, d. h. es innerhalb einer gewissen Streubreite einigermaßen vergleichbare Klausurdurchgänge. In den mündlichen Prüfungen besteht die Prüfungskommission im Staatsteil aus 3 zufällig zusammengewürfelten Prüfern, d. h. der einzelne Prüfer ist einer "Kontrolle" ausgesetzt. Hier mag es immer noch einen gewissen Unsicherheitsfaktor bei der Vergleichbarkeit geben, aber er hält sich noch im Rahmen.
Im SPB ist es hingegen schon völlig unterschiedlich, welche und wie viele Prüfungsleistungen erbracht werden müssen und wie diese konzipiert sind, ob ein gefahrloser Verbesserungsversuch möglich ist usw. Die Anforderungen an die Seminarleistung kann man so herunterdefinieren, dass jeder Zehntklässler ein vernünftiges Ergebnis erzielen könnte oder eben eine echte wissenschaftliche Arbeit verlangen. Man kann fünfstündige Klausuren auf Examensniveau schreiben lassen, die dann auch dementsprechend ausfallen, oder zweistündige Frageklausuren stellen, bei denen man eher das gelernte Wissen als das echte Verständnis abprüft. Ganz abgesehen davon, dass man natürlich vorher auch den Stoff so stark eingrenzen kann, dass die Studenten wundersamerweise alle auf den Punkt vorbereitet sind. In der mündlichen Prüfung kann man dann die Notenskala von oben bis unten ausschöpfen oder regelmäßig 15/16 Punkte geben. Diese Unterschiede, die es in der universitären Praxis gibt, machen aber 12 Punkte im SPB nicht vergleichbar: Ist es eine hart erarbeitete, wohlverdiente Note oder die Note für bloße Anwesenheit und "danke, dass Sie diesen SPB gewählt haben"?
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Solar »

Levi hat geschrieben:Kein Widerspruch. Die Aussagekraft der Schwerpunktnoten ist nicht zuverlässig, da nicht vergleichbar. Das gilt für die Staatsnote aber genauso. Ich halte es für eine Illusion zu glauben, dass die Ergebnisse der mündlichen Prüfungen im Staatsteil vergleichbarer seien als die der SPB-Prüfung.
Hier bin ich voll bei dir und plädiere auch seit Jahren dafür, dass mündliche Prüfungen einen deutlich geringeren Anteil an der Examensnote haben sollten (oder besser: ganz abgeschafft werden). :-({|=
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Levi
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Levi »

julée hat geschrieben:Diese Unterschiede, die es in der universitären Praxis gibt, machen aber 12 Punkte im SPB nicht vergleichbar: Ist es eine hart erarbeitete, wohlverdiente Note oder die Note für bloße Anwesenheit und "danke, dass Sie diesen SPB gewählt haben"?
Einmal unterstellt, dem wäre so, und die Schwerpunktnote hinge tatsächlich in erster Linie von der Konstruktion des SPB und nicht von den besonderen Interessen und Fähigkeiten des einzelnen Studierenden ab: Wo ist dann das Problem?

Es wäre dann doch jedem Prüfling unbenommen, sich die entsprechenden Punkte im SPB "abzugreifen". Ja, es nicht zu tun, wäre geradezu schon fahrlässig.

Warum hat der vorhin von @Solar als Beispiel angeführte SPB 3a in Tübingen dann aber nur 3 Teilnehmer - und nicht 300, wenn man dort angeblich stressfrei durch bloße Anwesenheit 12,5 Punkte abgreifen kann?

Tut mir leid, aber diese Argumentation überzeugt mich nicht.
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