Vb mit Schwerpunkt

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Solar
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Solar »

Blaumann hat geschrieben:Notenschwankungen zwischen Universitäten und Ländern gibt es auch in den Staatsprüfungen. Das hängt vermutlich in erster Linie mit dem Renomee und der Attraktivität bestimmter Unis zusammen.

Verdächtig erscheinen mir aber starke Notenschwankungen innerhalb der Fakultäten. Sofern nicht aus irgendwelchen Gründen nur die Oberbrains in bestimmte Schwerpunkte strömen, finde ich es schwer erklärlich, wenn man dort auf einmal 3 Punkte über dem Unischnitt liegt.
Darum aber geht es mir in erster Linie: Nicht nur die Noten differieren extrem zwischen den einzelnen Schwerpunkten, sondern auch die Prüfungsformen. Zum Beispiel: Mein Schwerpuntk erforderte damals vier "kleine" Klausuren (2h), eine "große" Klausur (5h) und eine Seminararbeit mit Disputation. An derselben Fakultät gab es aber auch Schwerpunkte, die nur aus einer "großen" Klausur (5h) und einer mündlichen Prüfung bestanden. Das gepaart mit eklatanten Notenunterschieden macht die Schwerpunkte schon an derselben Universität unvergleichbar, erst Recht auf Landes- oder gar Bundesebene.
Blaumann hat geschrieben:Dass die Schwerpunktnoten besser ausfallen, ist bekannt und ist ansich noch kein Problem, solange die Vergleichbarkeit einigermaßen gewährleistet ist.
Welchen Sinn ergeben sie denn dann aber noch? Man sieht doch hier, wie absurd das Ergebnis ausfällt: Rechne ich den SPB ein, kann ich den "Gesamtschnitt" ggf. extrem anheben oder senken. Wem ist damit gedient? Selbst wenn es die oben genannten massiven Unterschiede nicht gäbe (d.h. alle Schwerpunktnoten ungefähr auf gleichem Niveau aber viel besser als Stex), würde das doch nur zu einer Verschiebung der anerkannten Notengrenzen führen. Dann ist eben nicht mehr VB das Nonplusultra, sondern zweistellig (oder so). Was hat man dadurch gewonnen?
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Blaumann
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Blaumann »

Solar hat geschrieben:Selbst wenn es die oben genannten massiven Unterschiede nicht gäbe (d.h. alle Schwerpunktnoten ungefähr auf gleichem Niveau aber viel besser als Stex), würde das doch nur zu einer Verschiebung der anerkannten Notengrenzen führen. Dann ist eben nicht mehr VB das Nonplusultra, sondern zweistellig (oder so). Was hat man dadurch gewonnen?
Gewonnen hat man gar nichts. Ich sehe die SPBs aus verschiedenen Gründen generell kritisch und die Benotung sowieso.

Aber die eigentliche Frage ist doch eine ganz andere: Kann man es als Einstellungsbehörde vertreten, bei der Leistungsbeurteilung einen wesentlichen Teil der abgelieferten Leistung zu ignorieren bzw. hintanzustellen?

Ich halte das im Hinblick auf Vergleichsbarkeitsprobleme durchaus für vertretbar, denke aber dennoch, dass es im Hinblick auf absehbare Konkurrentenklagen ein heißes Eisen ist.

Im von mir dargestellten Fall des Kollegen mit der verdienten Supernote würde es meines Erachtens zu einer Ungerechtigkeit führen, in anderen Fällen, in denen Kuschelnoten abgegriffen wurden, wäre es wahrscheinlich gerechter. Wie oft das nun jeweils vorkommt, kann ich nicht beurteilen.
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Levi
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Levi »

Blaumann hat geschrieben:Den von julée skizzierten "minderschweren Fall" kenne ich tatsächlich. Mäßiges Befriedigend im Staatsteil, exzellente Note im Schwerpunkt. Ich kannte den Kollegen gut, wir haben zusammen gelernt. Der hat für "sein" Fach gebrannt, extrem geknüppelt und auch abgeliefert. Für die Staatsprüfung sahen Vorbereitung und Ergebnisse eher mäßig aus. Ich sehe da keine Unfairness, wenn der im Gesamtergebnis eine ordentliche Note hat.
Das ist ein entscheidender Punkt. Ich denke auch, dass sich hierdurch viele Notenunterschiede erklären. Es ist hochrelevant, wie viele und welche Teilnehmer ein SPB hat. Auch in den Zeiten vor Einführung des SPB war das nicht anders. In meinem Seminar im Studium ("Paradigmen der modernen Rechtsphilosophie") saß außer mir nur noch ein weiterer Student; alle anderen Teilnehmer waren Wissenschaftliche Mitarbeiter und Doktoranden. Dass wir beiden Studenten mit "sehr gut" aus dem Seminar gingen, war da nicht wirklich überraschend. Schließlich hatten wir uns das Seminar ja bewusst ausgesucht. In den "Allerweltsseminaren" mit mehreren Dutzend Teilnehmern, war der Notendurchschnitt dagegen deutlich niedriger.

Wenn man für ein Thema "brennt", sind eben gewöhnlich auch die Noten besser.
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Solar
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Solar »

Levi hat geschrieben:Das ist ein entscheidender Punkt. Ich denke auch, dass sich hierdurch viele Notenunterschiede erklären. Es ist hochrelevant, wie viele und welche Teilnehmer ein SPB hat. Auch in den Zeiten vor Einführung des SPB war das nicht anders. In meinem Seminar im Studium ("Paradigmen der modernen Rechtsphilosophie") saß außer mir nur noch ein weiterer Student; alle anderen Teilnehmer waren Wissenschaftliche Mitarbeiter und Doktoranden. Dass wir beiden Studenten mit "sehr gut" aus dem Seminar gingen, war da nicht wirklich überraschend. Schließlich hatten wir uns das Seminar ja bewusst ausgesucht. In den "Allerweltsseminaren" mit mehreren Dutzend Teilnehmern, war der Notendurchschnitt dagegen deutlich niedriger.

Wenn man für ein Thema "brennt", sind eben gewöhnlich auch die Noten besser.
Das ist richtig, dürfte aber auf die wenigsten Studenten zutreffen (und erklärt auch nicht die massiven Unterschiede zwischen den einzelnen Schwerpunktbereichen). Auch ist ein Seminar etwas völlig anderes als Klausuren: Hier kann man viel leichter glänzen, egal ob man dafür brennt oder nicht. In Klausuren kann man dagegen noch so sehr für das Fach brennen und wird dennoch deutlich seltener ein "sehr gut" einsammeln. Ein ganz wesentlicher Faktor für bessere Noten dürfte auch darin liegen, dass man einen überschaubaren Stoff über einen kurzen Zeitraum im Gedächtnis behalten und auskotzen muss (ungleich Stex) und dass die Prüfungen häufig durch nachsichtige und in der Lehre unerfahrene Praktiker erfolgen (="Wissens-Abfrageprüfungen"). Dann gibt's noch hier und da einen Bonus allein für das Interesse an Exotenfächern wie dem von dir Beschriebenen sowie einen Fakultäts-internen Kampf der Profs um die Bedeutung ihres Schwerpunktes und fertig ist der unaussagekräftige Bachelor-Notensalat.

Ich sage das übrigens nicht aus Grahm über meine eigene SPB-Note, die auch 2Pkt über meinem Staatsteil liegt.
julée
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von julée »

Mit dem Brennen für ein Thema ist aber nicht zwangsläufig getan. Ich habe doch einige mündliche Prüfungen und Seminare im SPB miterlebt und habe dort die gesamte Bandbreite an tatsächlichen juristischen Fähigkeiten zu sehen bekommen: Von wahnsinnig begabt und engagiert bis "sind das noch 4 Punkte?!" (Trotz gegebenen Interesse). Und gerade bei Schwerpunktbereichen, die ein rechtliches Verständnis erfordern, halte ich es für ein wenig erklärungsbedürftig, wenn Leute im SPB zweistellige Noten erzielen, die kurze Zeit später im Staatsteil ums Bestehen kämpfen. Im Einzelfall mag die SPB-Note vollkommen berechtigt sein, aber im Wissen um die teilweise bizarre Notenpraxis dürfte das bei deutlichen Notenunterschieden nicht unbedingt die Regel sein.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
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Ara
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Ara »

julée hat geschrieben:Und gerade bei Schwerpunktbereichen, die ein rechtliches Verständnis erfordern, halte ich es für ein wenig erklärungsbedürftig, wenn Leute im SPB zweistellige Noten erzielen, die kurze Zeit später im Staatsteil ums Bestehen kämpfen. Im Einzelfall mag die SPB-Note vollkommen berechtigt sein, aber im Wissen um die teilweise bizarre Notenpraxis dürfte das bei deutlichen Notenunterschieden nicht unbedingt die Regel sein.
In meiner mündlichen Prüfung sagte der Vorsitzende im Schwerpunktbereich: "Sie können sicher sein, dass wir hier sehr wohlwollend benotet haben". Nachdem von keinem Prüfling eine Reaktion erfolgte, sagte er "Frau X und Y, ich meine Sie damit. Ich kenne Prüfer in der mündlichen Pflichtfachprüfung, die hätten sie mit 3 Punkten oder weniger nachhause geschickt".

Sie haben 7 und 8 Punkte bekommen.... Die 7-Punkte-Kandidatin hat in der (Strafrecht)Prüfung nicht nur Verbrechen und Vergehen nicht richtig unterscheiden können ("Verbrechen sind alle Straftatbestände die eine höhere Höchststrafe als 1 Jahr haben"), sondern hat sich anschließend auch auf Hinweis der Prüferin geweigert den Paragraphen zu lesen mit dem Hinweis, dass sie den Inhalt kennen würde.

Ich finde man sah die Absurdität der Notengebung vor allem in den Klausuren. Die Klausuren war die einzige Leistung, die jeder anonymisiert vom gleichen Korrektor benotet bekommen hat... Wenn ich dann haufenweise Leute sah, die mit 5 Punkten aus der Klausur gingen und in der Hausarbeit 16 Punkte (Der Prof. vergab nur 14-17 Punkte im Schwerpunkt, weil das Staatsexamen zu schwer sei) hatten, fühlte ich mich schon ein bisschen veräppelt.

Naja am Ende wars für mich egal, weil Schwerpunkt und Staatsnote so nahe beieinander liegen, dass es eh keine relevante Auswirkung hätte, ob der Schwerpunkt 1 Punkt mehr oder weniger gewesen wäre.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Tibor
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Tibor »

Na, warten wir die Herbst-Jumiko am 9.11. ab:

http://www.lto.de/recht/studium-referen ... paradoxon/
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Blaumann
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Blaumann »

Ara hat geschrieben: Der Prof. vergab nur 14-17 Punkte im Schwerpunkt, weil das Staatsexamen zu schwer sei.
::roll:

Im Hinblick auf solche Erfahrungen kann ich das Gebashe gegen die Schwerpunkte schon nachvollziehen. Kenne ich von meiner Uni so nicht.

Da wurde nach meinem Eindruck nichts verschenkt, auch wenn die Noten im Schnitt deutlich besser waren als die Staatsnoten.
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Ara
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Ara »

Blaumann hat geschrieben:
Ara hat geschrieben: Der Prof. vergab nur 14-17 Punkte im Schwerpunkt, weil das Staatsexamen zu schwer sei.
::roll:

Im Hinblick auf solche Erfahrungen kann ich das Gebashe gegen die Schwerpunkte schon nachvollziehen. Kenne ich von meiner Uni so nicht.

Da wurde nach meinem Eindruck nichts verschenkt, auch wenn die Noten im Schnitt deutlich besser waren als die Staatsnoten.
Es war sogar noch absurder... Man konnte bei ihm eine Seminararbeit schreiben und wenn diese gut war, dann konnte man Punkte mit auf seine Schwerpunkthausarbeit nehmen. Das heißt wenn er eigentlich nur 13 Punkte geben konnte, man aber mal 16 Punkte früher in nem Seminar von ihm hatte, dann hat er einfach 14 oder 15 Punkte gegeben, weil es ja sicher ein Ausrutscher war... Selbst wenn der Zweitkorrektor dann deutlich weniger Punkte gab, hat es natürlich das Ergebnis verfälscht. Der Prof war an der Uni aber auch dafür bekannt, dass er die Hausarbeitenpunkte verschenkt.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von julée »

Der andere Weg ist es ja, die Anforderungen an die Seminararbeit so gering zu gestalten (enges Thema, konkrete Literaturtipps zur Arbeit, geringe Seitenanzahl usw.), so dass man sich schon wirklich blöd anstellen muss, um kein zweistelliges Ergebnis in der Seminararbeit zu erzielen.
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Levi
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Levi »

Tibor hat geschrieben:Na, warten wir die Herbst-Jumiko am 9.11. ab:
http://www.lto.de/recht/studium-referen ... paradoxon/
Die Angst vor "zu guten" Noten ist zudem aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive rückwärtsgewandt. Sie beruht auf der preußischen Bewertungslogik des 19. Jahrhunderts, in dem die Geschichte der juristischen Staatsprüfung ihren Anfang nahm. Nach damaliger Vorstellung war Versagensangst ein sehr geeignetes pädagogisches Mittel, um die Lernmotivation zu steigern. Heute verlangt die Erziehungswissenschaft jedoch "fördernde Bewertungssysteme", die voraussetzen, dass gute Noten bei guter Leistung auch erreichbar sind. Bessere Noten in Fächern, die Studierende selbst aus individueller Neigung wählen, sind also nichts Negatives. Vielmehr manifestiert sich darin die Begeisterungsfähigkeit Studierender für das von ihnen gewählte und in der Tiefe erlernte Fach, die eine viel nachhaltigere Lernmotivation zu vermitteln vermag als die sonst vorherrschende Angstmotivation, die in bedenklichem Ausmaß psychische Erkrankungen bei Jurastudierenden hervorruft.
Meine eigene Seminar-Nahbereichsempirie deckt sich also auch mit den Erkenntnissen der modernen Erziehungswissenschaft. 

Schön zu wissen.  \:D/
julée
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von julée »

Levi hat geschrieben:
Die Angst vor "zu guten" Noten ist zudem aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive rückwärtsgewandt. Sie beruht auf der preußischen Bewertungslogik des 19. Jahrhunderts, in dem die Geschichte der juristischen Staatsprüfung ihren Anfang nahm. Nach damaliger Vorstellung war Versagensangst ein sehr geeignetes pädagogisches Mittel, um die Lernmotivation zu steigern. Heute verlangt die Erziehungswissenschaft jedoch "fördernde Bewertungssysteme", die voraussetzen, dass gute Noten bei guter Leistung auch erreichbar sind. Bessere Noten in Fächern, die Studierende selbst aus individueller Neigung wählen, sind also nichts Negatives. Vielmehr manifestiert sich darin die Begeisterungsfähigkeit Studierender für das von ihnen gewählte und in der Tiefe erlernte Fach, die eine viel nachhaltigere Lernmotivation zu vermitteln vermag als die sonst vorherrschende Angstmotivation, die in bedenklichem Ausmaß psychische Erkrankungen bei Jurastudierenden hervorruft.
Meine eigene Seminar-Nahbereichsempirie deckt sich also auch mit den Erkenntnissen der modernen Erziehungswissenschaft. 

Schön zu wissen.  \:D/
Die Motivation ändert aber nichts an den grundlegenden juristischen Fähigkeiten, d. h. ich habe ggf. jemanden, der schön die Rechtsprechungsleitlinien auswendig gelernt hat, aber sie möglicherweise inhaltlich gar nicht wirklich durchdrungen hat oder sie nicht auf andere Fälle übertragen kann. Das kann man m. E. in den orginär-juristisch geprägten Schwerpunktbereich nicht mit "aber die Studenten sind doch alle so motiviert" wegdiskutieren und munter alles für wirklich hervorragend halten, selbst wenn es in Wahrheit nicht so ist. Und m. E. macht man sich als Prof, der in beiden Prüfungsteilen prüft, ein wenig lächerlich, wenn man im SPB alles super findet und im Staatsteil ggf. den gleichen Kandidaten mit deutlichen Worten eklatante Mängel im juristischen Denken bescheinigt.
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Tibor
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Tibor »

Also ich lese seit 8 Jahren Schwerpunktstudienarbeiten und klassische Seminararbeiten und da war alles von 2 bis 17 Punkten dabei, obwohl alle das Rechtsgebiete aus freien Stücken gewählt haben. Und nein, 2-4 oder 14-17 sind keine Regelnoten gewesen.
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Levi
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Levi »

julée hat geschrieben:
Levi hat geschrieben:
Die Angst vor "zu guten" Noten ist zudem aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive rückwärtsgewandt. Sie beruht auf der preußischen Bewertungslogik des 19. Jahrhunderts, in dem die Geschichte der juristischen Staatsprüfung ihren Anfang nahm. Nach damaliger Vorstellung war Versagensangst ein sehr geeignetes pädagogisches Mittel, um die Lernmotivation zu steigern. Heute verlangt die Erziehungswissenschaft jedoch "fördernde Bewertungssysteme", die voraussetzen, dass gute Noten bei guter Leistung auch erreichbar sind. Bessere Noten in Fächern, die Studierende selbst aus individueller Neigung wählen, sind also nichts Negatives. Vielmehr manifestiert sich darin die Begeisterungsfähigkeit Studierender für das von ihnen gewählte und in der Tiefe erlernte Fach, die eine viel nachhaltigere Lernmotivation zu vermitteln vermag als die sonst vorherrschende Angstmotivation, die in bedenklichem Ausmaß psychische Erkrankungen bei Jurastudierenden hervorruft.
Meine eigene Seminar-Nahbereichsempirie deckt sich also auch mit den Erkenntnissen der modernen Erziehungswissenschaft. 

Schön zu wissen.  \:D/
Die Motivation ändert aber nichts an den grundlegenden juristischen Fähigkeiten, d. h. ich habe ggf. jemanden, der schön die Rechtsprechungsleitlinien auswendig gelernt hat, aber sie möglicherweise inhaltlich gar nicht wirklich durchdrungen hat oder sie nicht auf andere Fälle übertragen kann. Das kann man m. E. in den orginär-juristisch geprägten Schwerpunktbereich nicht mit "aber die Studenten sind doch alle so motiviert" wegdiskutieren und munter alles für wirklich hervorragend halten, selbst wenn es in Wahrheit nicht so ist. Und m. E. macht man sich als Prof, der in beiden Prüfungsteilen prüft, ein wenig lächerlich, wenn man im SPB alles super findet und im Staatsteil ggf. den gleichen Kandidaten mit deutlichen Worten eklatante Mängel im juristischen Denken bescheinigt.
Wir sollten uns vielleicht darüber einigen, welche Fallkonstellationen wir hier im Blick haben. 

Ausgangspunkt der Diskussion, so wie ich ihn verstanden habe, war die empirische Feststellung, dass die SPB-Note regelmäßig über der Staatsteil-Note liegt. Dies erklärt sich für mich zwanglos dem Motivations- und Pädagogik-Ansatz des selbst gewählten Bereichs.

Eine andere Frage ist dagegen, wie groß die Differenz zwischen SPB und Staatsteil ist. Ich rede hier von ca. 1-2 Notenstufen (also 3-6) Punkten Differenz. Das erscheint mir realistisch. Alles darüber hinaus ist sicherlich nicht mehr reell. Denn die grundlegenden juristischen Fähigkeiten müssen natürlich vorhanden sein und wirken sich in SPB und Staatsteil gleichermaßen aus. Bei 10 Punkten Differenz stimmt etwas mit der Notengebung nicht, da bin ich ganz bei dir. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass solche krassen Unterschiede tatsächlich typisch sind. Nach den statistischen Zahlen des BfJ sind sie es jedenfalls nicht.
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Re: Vb mit Schwerpunkt

Beitrag von Honigkuchenpferd »

julée hat geschrieben:Der andere Weg ist es ja, die Anforderungen an die Seminararbeit so gering zu gestalten (enges Thema, konkrete Literaturtipps zur Arbeit, geringe Seitenanzahl usw.), so dass man sich schon wirklich blöd anstellen muss, um kein zweistelliges Ergebnis in der Seminararbeit zu erzielen.
So ist es ja leider auch bisweilen. Ferner weiß man bei Seminar- und Hausarbeiten eben mitunter auch nicht so ganz sicher, wer sie geschrieben hat. :-s
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