Realistisches Einstiegsgehalt

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Zwangsvollstrecker
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Realistisches Einstiegsgehalt

Beitrag von Zwangsvollstrecker »

Hallo zusammen,

ich schildere kurz meine Situation: Ich habe vor einigen Monaten mein zweites Examen in NRW bestanden. Ich habe leider nur ein Doppel Ausreichend. 1. 5,9 und im 2. 5,2 Punkte. Der Verbesserungsversuch vom zweiten ist bereits geschrieben aber a) mache ich mir nicht viele Hoffnungen und b) will ich nicht länger von ALG 1 leben.

Deswegen habe ich heute meine ersten Bewerbungen abgeschickt und schon die erste Einladung zum Gespräch bekommen. Ich bewerbe mich primär bei kleineren Sozietäten im Raum Düsseldorf/Köln.

Meine Frage: Was ist eine realistische Gehaltsvorstellung bei 40-45h/Woche? Ich hätte für den Einstieg gerne um die 1.700€ netto im Monat. Ist das realistisch?

Logischerweise möchte ich mich nicht ausbeuten lassen, aber gleichzeitig will ich niemanden verschrecken. Was gebe ich also am besten an?

Danke vorab für alle Antworten!
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Tikka
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Re: Realistisches Einstiegsgehalt

Beitrag von Tikka »

Ich bin nun schon eine Weile vom Berufsanfänger Markt entfernt. Aber schon zu meinen Zeiten galten eigentlich (in der Gegend in der Du Dich bewirbst) 3000,-EUR brutto (Damit dürftest Du auf Dein Netto kommen) als unterste Schmerzgrenze. Das ist schon ein paar Jahre her und wir haben zur Zeit einen bewerberfreundlichen Markt. Insoweit würde ich persönlich auch etwas mehr als nicht unverschämt ansehen.
Aber vielleicht hat jemand noch aktuellere Erkenntnisse.
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Kasimir
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Re: Realistisches Einstiegsgehalt

Beitrag von Kasimir »

Die Frage ist mE nicht primär die Höhe des Gehalts, sondern ob du überhaupt eine Festanstellung erhalten kannst. Es mag zwar ein Bewerbermarkt sein, aber dies gilt vor allem für gutqualifizierte Bewerber. Juristen selbst gibt es nach wie vor wie Sand am Meer. Ich kenne auch niemanden, der mit solchen Noten eine Festanstellung als Rechtsanwalt ergattert hat. Die Leute sind entweder als Rechtsanwalt selbständig oder arbeiten bei Versicherungen etc.

Muss es denn eine Festanstellung als Rechtsanwalt sein? Was ist mit Selbständigkeit, freier Mitarbeit etc.? Was ist mit Sachbearbeiterstellen bei Versicherungen?
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Tibor
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Re: Realistisches Einstiegsgehalt

Beitrag von Tibor »

Ich propagiere ja gern den unternehmerisch orientierten Arbeitnehmer mit erfolgsabhängiger Vergütung: niedriges Fixum und Beteiligung an Umsatz/Gewinn der selbst abgearbeiteten Mandate. Das gibt dem Arbeitgeber etwas Sicherheit, weil er sich nur bezüglich des Fixums verpflichtet und dem Arbeitnehmer den Ausgleich zwischen Sicherheit (Fixum) und Chancen.

Das Modell kann man ja sehr ausdifferenzieren; in der einfachsten Ausgestaltung wäre dies aber wohl folgende Formel: variables Gehalt = (Umsatz Bestandsmandate abzgl. Grundumsatz der durch das Fixum abgedeckt ist * x% ) + (Umsatz selbst aquirierte Mandate * y%), wobei y natürlich ein höherer %-Satz sein muss.
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Zwangsvollstrecker
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Re: Realistisches Einstiegsgehalt

Beitrag von Zwangsvollstrecker »

Kasimir hat geschrieben:Die Frage ist mE nicht primär die Höhe des Gehalts, sondern ob du überhaupt eine Festanstellung erhalten kannst.

Muss es denn eine Festanstellung als Rechtsanwalt sein? Was ist mit Selbständigkeit, freier Mitarbeit etc.? Was ist mit Sachbearbeiterstellen bei Versicherungen?
Ich bin jetzt erstmal optimistisch. Abgesehen von den Noten habe ist mein CV nicht uninteressant; auch kann ich mich recht gut verkaufen. Schauen wir mal was geht!

Was Alternativen angeht: Ich schaue natürlich, dass ich mich auch mit den weiteren Bewerbungen breit aufstelle. Versicherungen schreibe ich heute an.
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Re: Realistisches Einstiegsgehalt

Beitrag von Syd26 »

Kasimir hat geschrieben:Ich kenne auch niemanden, der mit solchen Noten eine Festanstellung als Rechtsanwalt ergattert hat. Die Leute sind entweder als Rechtsanwalt selbständig oder arbeiten bei Versicherungen etc.
Nicht immer. Bei uns im Jahrgang (auch schon wieder 10 Jahre her) gab es einige, die mit 2 mal ausreichend eine Festanstellung als RA gefunden haben. Einstiegsgehalt lag bei ca. 1.800 - 2.000 € netto. Du müsstest eigentlich mehr verlangen können, denn ich spreche von den Zahlen von vor 10 Jahren.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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Muirne
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Re: Realistisches Einstiegsgehalt

Beitrag von Muirne »

Bei meinen alten Studienkollegen sind alle untergekommen, hört man, was schon erstaunlich ist nach ein paar Monaten. Das ist ganz aktuell, also 2017. Ob jetzt bei Behörden, Versicherungen oder als angestellter RA. Alles dabei. Ich kann auch Kasimirs Pessimismus nicht so ganz verstehen. Warum sollten alle Bewerber zu kleinen Kanzleien wollen und dort um 1.7 k mit dir konkurrieren? Das ist ja nicht der Fall. Ich denke also, dass du mit der Gehaltsvorstellung was finden kannst. Auf Modelle, die stark umsatzorientiert sind, würde ich mich persönlich auch nicht so gerne einlassen. Man kriegt ja schon gerne die Arbeit, die die Partner nicht machen wollen und ob das dann gerade so umsatzstarke Sachen sind oder man selbst Leute akquirieren kann, das ist dann schon ein Risiko und sehr vom Arbeitsfeld abhängig. Sowas kann schnell ins Ausbeuterische abdriften.
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Re: Realistisches Einstiegsgehalt

Beitrag von markus87 »

Bitte niemals eine Nettogehaltsvorstellung äußern. Gehalt ist immer brutto. Oder soll dein künftiger Chef im Kopf überschlagen wie sich dein Familienleben auf die Abzüge auswirkt?

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Re: Realistisches Einstiegsgehalt

Beitrag von Zwangsvollstrecker »

markus87 hat geschrieben:Bitte niemals eine Nettogehaltsvorstellung äußern. Gehalt ist immer brutto. Oder soll dein künftiger Chef im Kopf überschlagen wie sich dein Familienleben auf die Abzüge auswirkt?
Der Nettobetrag diente eher für meine eigene Kalkulation.
i live in tokyo
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Re: Realistisches Einstiegsgehalt

Beitrag von i live in tokyo »

Habe selbst erst kürzlich angefangen. Wie das mit 2x ausreichend aussieht, kann ich dir auch nicht sagen. Aber grds. erlebe und höre ich derzeit im eigenen Umfeld, dass der Juristenmarkt verhältnismäßig gut ist. Du schreibst, dass dein CV nicht uninteressant ist. Hast du Spezialisierungen? Irgendetwas, was dich neben dem Jurakram besonders macht? zB besonders stark unternehmerisch ausgeprägte Stationen im Ref/besondere Praktika im Ausland o.ä.

Die Examina sind nicht alles und der verständige Arbeitgeber wird sich dein Profil genau anschauen, wenn du schon eingeladen wirst. Für 1.700€ netto würde ich ganz sicher nicht arbeiten. Ich denke, da hast auch du bessere Aussichten. Du bist Volljurist, nicht irgendein dahergelaufener Köter, nur, weil du 2x Ausreichend hast.
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Re: Realistisches Einstiegsgehalt

Beitrag von Mietspantrakt »

i live in tokyo hat geschrieben:Du bist Volljurist, nicht irgendein dahergelaufener Köter, nur, weil du 2x Ausreichend hast.
:lmao:
der 1983 geborene klaeger studiert seit dem wintersemester 2003/2004 biologie (diplom) an der beklagten (vg goettingen, urteil vom 2.3.2010 - 4 a 39/07)
slashxx
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Re: Realistisches Einstiegsgehalt

Beitrag von slashxx »

Es sollte kein Problem sein, eine Festeinstellung mit rund 3.000,- EUR brutto als RA zu "ergattern" (sofern man bei RA-Tätigkeit von "ergattern" sprechen kann...). Würde mich da auch nicht runterhandeln oder auf irgendwelche erfolgsabhängigen Modelle einlassen.

Nach meinen Beobachtungen ist der Arbeitsmarkt für Juristen insgesamt besser geworden; die Kandidaten mit guten Noten gibt es nicht wie Sand im Meer. Viele wollen auch gar nicht als Anwälte arbeiten, so dass gerade Kanzleien es sich immer seltener erlauben können, allzu wählerisch zu sein. In der Kanzlei, in der ich gearbeitet habe (Düsseldorf, 10 Anwälte) gab es 2005/2006 sage und schreibe 250 Bewerbungen auf eine Stelle, in den letzten Jahren waren es hingegen nie mehr als 5.
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