Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

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Lawyer81
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Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Lawyer81 »

Hallo zusammen,

aufgrund des Standorts meiner (größeren) Wirtschaftskanzlei (nicht Berlin), bei der ich im Gesellschaftsrecht als Senior Associate arbeite, besteht die Option, über die notarielle Fachprüfung und durch Absitzen der Mindestzeiten am Standort Anwaltsnotar zu werden. Nach Angaben der zuständigen Notarkammer stehen die Chancen in absehbarer Zeit bestellt zu werden, prinzipiell ganz gut. Meine Kanzlei würde das sicher auch mitspielen.

Vor diesem Hintergrund ein paar Fragen:

- Hat jemand von Euch Erfahrungen damit gesammelt (Prüfung etc.)?
- Steigt damit aus Eurer Sicht die Attraktivität am Arbeitsmarkt (auch für andere größere Kanzleien am Standort)?
- Wie steht es um die Option der Selbstständigkeit bei Übernahme eines Notariats vor Ort? Kann mir jemand etwas zu der finanziellen Attraktivität dieser Option sagen?

Danke für Eure Einschätzungen und viele Grüße

lawyer81
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Trente Steele82
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Trente Steele82 »

Hallo,

nicht aus eigener Erfahrung, aber von einem Bürokollege (wir sitzen im Ruhrgebiet). Er hat die Prüfung aktuell abgelegt, weil es für ihn ein wesentlicher Schritt in der Karriere sein soll. Die Vorbereitung auf die Prüfung war kein Zuckerschlecken, sehr intensiv und hat sich gefühlt auf ein Jahr hingezogen (er kam öfter unrasiert ins Büro, was quasi sonst nie vorkam - die Notare schweben bei uns aber auf einem anderen Planeten ;-) . Es hat sich aber sehr gelohnt und im Bezirk dürfte auch eine entsprechende Stelle frei sein, sobald er sich bewerben kann.

Nachteil wäre für mich die örtliche Bindung (aber das weiß man ja vorher und scheint hier nicht das Problem zu sein).
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Abschreiber
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Abschreiber »

Gibt es bezüglich des Anwaltsnotariats eigentlich Erkenntnisse, ab welcher (antizipierten) Note es Sinn macht, die Fachprüfung überhaupt abzulegen? Wenn das zweite Examen immerhin zu 40 % zählt, dürfte für manche Bewerber die Chance, eine Stelle zu bekommen, ohne exorbitant gute Leistungen in der Fachprüfung doch von vorn herein ausgeschlossen sein, oder sehe ich das falsch?

Die Notarkammer Braunschweig meint demgegenüber, es komme auf die Note derzeit "fast nicht mehr an" (https://notk-bs.de/downloads/Ankuendigung-mit-Anmeldeformular.pdf (Verwaister Link automatisch entfernt))
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Herr Anwalt »

Die Erkenntnisse kann es fast nicht geben, weil du nicht weißt, wie viele in dem konkreten Zeitraum Bewerber mit dir im Rennen sind. Ich würde daher auf die Aussage der entsprechenden Notarkammer vertrauen, da diese ggf. feststellt jetzt gerade, dass es derzeit nicht genug Bewerber gibt und daraus einen Trend ableitet.
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Kasimir »

Ich rate Mandanten - aus leidvoller Erfahrung - immer davon ab, einen Anwaltsnotar aufzusuchen und im Zweifel sich - soweit möglich - für einen Nurnotar zu entscheiden. Das Qualitätsgefälle ist erheblich.
Eichhörnchen, Eichhörnchen wo sind deine Nüsse?
Herr Anwalt
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Herr Anwalt »

Naja, weiß nicht, ob man das so pauschal sagen kann.
Dürfte in einigen Fällen auch schwer darstellbar sein.
Wenn der Mandant zb. in NRW an der Grenze zu Niedersachsen sitzt, dann müsste der schon ganz weit fahren.
Und auch Anwaltsnotare sind in der Regel nicht die Dümmsten.
Zudem ist es nicht schlecht, weil der Anwaltsnotar die Perspektive wechseln kann - freilich in der Beratung selbst nicht soll - und Probleme kennt, die auftreten könnten.
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Abschreiber »

Herr Anwalt hat geschrieben:Die Erkenntnisse kann es fast nicht geben, weil du nicht weißt, wie viele in dem konkreten Zeitraum Bewerber mit dir im Rennen sind. Ich würde daher auf die Aussage der entsprechenden Notarkammer vertrauen, da diese ggf. feststellt jetzt gerade, dass es derzeit nicht genug Bewerber gibt und daraus einen Trend ableitet.
Schon richtig; gleichwohl wundert mich das angesichts der dem Vernehmen nach schwindenden Stellen.
Kasimir hat geschrieben:Ich rate Mandanten - aus leidvoller Erfahrung - immer davon ab, einen Anwaltsnotar aufzusuchen und im Zweifel sich - soweit möglich - für einen Nurnotar zu entscheiden. Das Qualitätsgefälle ist erheblich.
Kann ich verstehen, wenngleich in dieser überspitzten Pauschalität natürlich nicht richtig. Aber es kann natürlich zutreffen, insbesondere wenn der Anteil der notariellen Sachen gering ist. Ein befreundeter Anwaltsnotar wird nicht selten zuvor gefragt, wie viel seiner Arbeit denn mit notarieller Tätigkeit verbracht wird.
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von halb eins »

Kasimir hat geschrieben:Ich rate Mandanten - aus leidvoller Erfahrung - immer davon ab, einen Anwaltsnotar aufzusuchen und im Zweifel sich - soweit möglich - für einen Nurnotar zu entscheiden. Das Qualitätsgefälle ist erheblich.
Das ist ja auch einer der Gründe, warum man mittlerweile die notarielle Fachprüfung eingeführt hat....

... aber in der Pauschalität ist es sicherlich falsch. Hier gibt es genug (Anwalts)Notare, die den ganzen Tag nichts anderes machen als Gesellschaftsverträge, Aktienkäufe etc zu beurkunden; dafür dann einen Notar im Pfälzer Wald zu empfehlen, wäre dann doch eher fernliegend.
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hier gibt es genug (Anwalts)Notare, die den ganzen Tag nichts anderes machen als Gesellschaftsverträge, Aktienkäufe etc zu beurkunden; dafür dann einen Notar im Pfälzer Wald zu empfehlen, wäre dann doch eher fernliegend.
Vermutlich geht es Kasimir nicht nur um die notarielle Erfahrung, sondern (auch) um die grundsätzliche Qualifikation/Fachkompetenz. Eine Regelvermutung, dass ein Nurnotar eine besondere Qualifikation/Fachkompetenz hat, hätte für mich durchaus eine gewisse Berechtigung; bei Anwaltsnotaren würde ich mich einer solchen Regelvermutung niemals anschließen.
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Ara
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Ara »

Also in unserer Kautelar-AG damals hat uns die Notarassessorin als wichtigsten Hinweis mit auf den Weg gegeben, dass wir privat doch bitte einen großen Bogen um Anwaltsnotare machen sollen. Dabei war sie sonst eher bemüht ihren gesamten Berufsstand möglichst positiv (insbesondere was die Kosten betrifft) darzustellen und sie schien als (zukünftige) Hamburger Nurnotarin auch nicht den Eindruck zu erwecken, als müsste sie sich darüber selbst aufwerten.

Einerseits natürlich, weil der Nurnotar in der Regel viel mehr Erfahrung hat, aber auch weil die Qualifikationen in der Regel besser sind. Den steinigen Weg zum Nurnotar (was zumindest hier regelmäßig Noten voraussetzt die im oberen Gut sind) nehmen in der Regel nur Leute auf sich, die wirklich für das Thema brennen. Die Anwaltsnotare machen das häufig weil sie nicht ausgelastet genug sind. Das heißt schon die Motivation ist eine völlig andere.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Trente Steele82
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Trente Steele82 »

Ara hat geschrieben:Also in unserer Kautelar-AG damals hat uns die Notarassessorin als wichtigsten Hinweis mit auf den Weg gegeben, dass wir privat doch bitte einen großen Bogen um Anwaltsnotare machen sollen. Dabei war sie sonst eher bemüht ihren gesamten Berufsstand möglichst positiv (insbesondere was die Kosten betrifft) darzustellen und sie schien als (zukünftige) Hamburger Nurnotarin auch nicht den Eindruck zu erwecken, als müsste sie sich darüber selbst aufwerten.

Einerseits natürlich, weil der Nurnotar in der Regel viel mehr Erfahrung hat, aber auch weil die Qualifikationen in der Regel besser sind. Den steinigen Weg zum Nurnotar (was zumindest hier regelmäßig Noten voraussetzt die im oberen Gut sind) nehmen in der Regel nur Leute auf sich, die wirklich für das Thema brennen. Die Anwaltsnotare machen das häufig weil sie nicht ausgelastet genug sind. Das heißt schon die Motivation ist eine völlig andere.
Also das muss ich aber jetzt mal wirklich bestreiten. Alle Kollegen hier brennen für die Arbeit als Notar, sind extrem gut qualifiziert (idR Top 10 ihres Jahrgangs) und müssen das nicht machen, weil sie anwaltlich nicht ausgelastet sind.

Und dass es womöglich eine Erfahrung dahingehend gibt, dass Anwaltsnotare weniger gute Arbeit leisten, als Nurnotare, sollte doch den Fragensteller nicht davon abbringen, selber den Weg einzuschlagen. Ihm steht es ja frei, gute Arbeit zu leisten...
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Tikka »

Was solln die Nurnotare auch anderes sagen?

Sonst käme ja jemand noch auf die Idee dieses Institut in Frage zu stellen. Erstaunlich nur das die Rechtspflege in den Ländern mit Anwaltsnotariat immer noch nicht zusammengebrochen ist.
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Pat Bateman »

Selten so einen Schwachsinn gehört! ::roll: Schon einmal daran gedacht, dass auch gute Juristen Anwaltsnotare werden (müssen), weil sie aus persönlichen Gründen in Regionen leben, in denen es die Institution des Nur-Notariats nicht gibt?

Genau aus dem oben genannten Grund bin zum Beispiel ich "nur" Anwaltsnotar, obwohl ich die Noten für das Nur-Notariat gehabt hätte und de facto auch nur noch als Notar tätig bin. Deshalb erstarre ich auch nicht vor Ehrfurcht, wenn ich mal einem Nur-Notar über den Weg laufe.

Nichtsdestotrotz würde ich es begrüßen, wenn das Nur-Notariat bundesweit eingeführt würde. Ich habe nämlich kein Verständnis dafür, dass es in Städten wie München oder Hamburg weniger Notare bzw. Notarstellen gibt, als in der Stadt, in der ich - bei deutlich geringerer Einwohnerzahl (!) - tätig bin. Eine plausible Erklärung konnte mir bislang noch niemand für diese wirtschaftliche Benachteiligung geben. Die (theoretische) Möglichkeit, ja zusätzlich noch als Anwalt tätig sein zu können, überzeugt mich jedenfalls nicht (beispielsweise habe ich überhaupt kein Interesse an der Anwaltstätigkeit).
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Re: Berufsperspektive: Anwaltsnotar ?!

Beitrag von Idee1290 »

Ara hat geschrieben: Samstag 12. Mai 2018, 09:34 Also in unserer Kautelar-AG damals hat uns die Notarassessorin als wichtigsten Hinweis mit auf den Weg gegeben, dass wir privat doch bitte einen großen Bogen um Anwaltsnotare machen sollen. Dabei war sie sonst eher bemüht ihren gesamten Berufsstand möglichst positiv (insbesondere was die Kosten betrifft) darzustellen und sie schien als (zukünftige) Hamburger Nurnotarin auch nicht den Eindruck zu erwecken, als müsste sie sich darüber selbst aufwerten.

Einerseits natürlich, weil der Nurnotar in der Regel viel mehr Erfahrung hat, aber auch weil die Qualifikationen in der Regel besser sind. Den steinigen Weg zum Nurnotar (was zumindest hier regelmäßig Noten voraussetzt die im oberen Gut sind) nehmen in der Regel nur Leute auf sich, die wirklich für das Thema brennen. Die Anwaltsnotare machen das häufig weil sie nicht ausgelastet genug sind. Das heißt schon die Motivation ist eine völlig andere.
Haha, ich glaube zu wissen, wen du meinst. Hamburg, Notarassessorin beim Notar mit bester Innenstadtadresse, gesundes Selbstbewusstsein. Etwas größer gebaut, dunkelblond/blond, gut mit Goldschmuck und Perlenohringen ausgestattet und seeeehr vom Notarberuf überzeugt. Die war zwar ohne Frage fachlich kompetent, aber ihre sonstigen "Ansichten" (und auch die waren stets voller Überzeugung vorgetragen) hatte ich schon in der AG mehrfach hinterfragt.
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