Hallo,
ich lese schon recht lang hier mit und nehme ein Anliegen in eigener Sache zum Anlass, mich mal endlich anzumelden und Euch ansonsten für das echt tolle Forum selbstverständlich über alle Maße zu loben!

Zunächst: Die Überschrift sollte bitte eher mit einem Augenzwinkern verstanden werden. Denn nach dem Studium und Referendariat in einer westdeutschen Großstadt wollen wir (das sind meine Partnerin, unser gemeinsames Kind und ich) nun unseren Wunsch verwirklichen und die Zelte hier abbrechen und andernorts neu aufbauen. Dieses "andernorts" liegt jedoch in einer wirtschaftlich und auch juristisch eher schwach ausgeprägten Region in Ostdeutschland, die auserkorene Stadt hat aus dem Kopf weniger als 200.000 aber bedeutend mehr als 100.000 Einwohner. Den Justizdienst und die Tätigkeit als Unternehmensjurist kann ich für mich gleich vorweg vollumfänglich ausschließen. Großkanzleien und spezialisierte Wirtschaftskanzlein sucht man dort und auch in einem größeren Radius völlig vergebens. Das höchste der Gefühle sind nach meiner Recherche Sozietäten mit um die 10 Berufsträger.
Ich selber habe im Ersten Examen ein VB und im Zweiten Examen ein Befriedigend knapp unterhalb VB. Fest steht für mich, dass ich eher auf Geld als auf unseren Wunsch(wohn)ort verzichten würde, so dass ein Abstandnehmen von der Idee nicht in Betracht kommt.
Vor diesem Hintergrund ergeben sich für mich 2 (eigentlich aber 3) Wege. Ich kann mir trotz beachtlichen Unterschieds gleichermaßen eine juristische Tätigkeit in einer Behörde sowie eine Tätigkeit als Rechtsanwalt vorstellen.
Die erste Option ist derzeit schlicht nicht verfügbar, so dass ich hier die Lage weiterhin verfolge und zum gegebenen Zeitpunkt einfach aufgrund faktischer Tatsachenlage entscheiden werde - diese Option soll hier also keine Rolle spielen.
Die zweite Option soll in jedem Fall zunächst mit einer Anstellungstätigkeit beginnen, aus der heraus sich wiederum zwei Optionen ergeben - deswegen auch die "eigentlich 3 Wege". Bei einem angenehmen Umfeld und einem eigenen Dezernat sowie passender Bezahlung kann ich mir eine dauerhafte Anstellung sehr gut vorstellen. Gut vorstellen kann ich mir aber auch die Selbstständigkeit nach wenigen Jahren.
Dies alles vorangeschickt, habe ich ein großes Interesse an Erfahrungen von anderen Berufseinsteigern oder alten Hasen, die mit an sich eigentlich recht ordentlichen Noten einem eher etwas problematischen Arbeitsmarkt gegenüberstanden, wobei sich die "Problematik" des Arbeitsmarktes aus mangelnder Vielfalt, fehlender unterschiedlicher Kanzleistrukturen und aus allgemeinen gewissen strukturellen Defiziten in der Region ergab. Wie hat sich das alles so für Euch entwickelt?
Auch interessieren mich Berichte über eine Selbstständigkeit innerhalb vergleichbarer örtlicher Konditionen brennend. Habt Ihr den Schritt bereut oder würdet Ihr diesen Schritt auch insbesondere im Hinblick auf den gemittelten monatlichen Gewinn immer wieder gehen? Selbstverständlich kann man sowas nie eins zu eins übertragen, aber es geht mir ja auch nur um den Erfahrungsschatz.
Und letztlich frage ich mich auch seit geraumer Zeit, was denn eine gangbare Gehaltsvorstellung ist, ohne dass mir mein Gesprächspartner gleich aus dem Stuhl kippt, ich mich gleichermaßen aber auch nicht unter Wert verkauft habe? Sicher sind die Examina an sich ganz ordentlich, aber als ganz junger und im Wesentlichen noch völlig unerfahrener Assessor in einer ostdeutschen Region, die (wirtschafts)strukturell - vorsichtig gesagt - nicht ganz vorn dabei ist, muss man sicher die Kirche auch im Dorf lassen. Werden 40.000 bis 45.000 bei maximal 50 Stunden die Woche im Schnitt die Münder wohl komplett runtersausen lassen?
Ich freue mich auf Eure Beiträge und wünsche allen ansonsten noch einen sonnigen rest-Sonntag!
