Wechsel in (Groß) Kanzlei

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Gelöschter Nutzer

Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Liebes Forum,

ich bin 35 und seit 8 Jahren Richterin am SG. Zudem bin ich als Dozentin von Seminaren für Arbeitgeber und Betriebsräte (hier Kurse im ArbR und BetrVG) und Seminaren von Fachanwälten (Arbeits- und Sozialrecht) tätig. Ich habe auch Erfahrung als Einigungsstellenvorsitzende.

Noten (11,x [knapp am "Gut" vorbei] nach Altrecht und 9,x im 2.]. Zudem FA-Lehrgang im ArbR und Ausbildung zur zertifizierten Mediatorin. Promotion ist zu 70 % fertig (zu einem arbeitsrechtlichen Thema).

Jetzt die Frage: Ich könnte mir theoretisch noch einen Wechsel in die Anwaltschaft, insb. Großkanzlei, vorstellen. Ist das machbar? Welches Themenfeld wohl am ehesten? Hätte jetzt meine Stärken auf den Gebieten "Dispute Resolution", "Arbeitsrecht" und "öffentliches Wirtschaftsrecht" oder auch "Litigation" gesehen, da die Richtertätigkeit sowie die Nebentätigkeiten da wohl einschlägig sein könnten.

Was für Gehaltsvorstellungen könnte man da (als Senior Associate?!) aufrufen?

Vielen Dank schonmal und bitte keine Diskussionen über den Sinn des Wechsels. Die Risiken sind mir bewusst. :drinking:
Kasimir
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Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von Kasimir »

Schwierig. Du passt in den Track nicht rein. Warum soll man dich gegenüber einem First-Year bei Gehalt und Track bevorzugen, wenn du keine Anwaltserfahrung hast. Zudem zerschießt du mit 35 das Altersgefüge unter den Associates. Du müsstest dir ggf von einem 35 jährigen Partner etwas sagen lassen, wenn du im 5 Jahren immer noch Associate bist.
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Gelöschter Nutzer

Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hmm. Das dürfte tatsächlich der Knackpunkt sein. Ich bin allerdings anderer Meinung, was die Anrechnung der Berufserfahrung angeht. Die Tätigkeit als Richterin ist m. E. - genau wie andersrum beim Einstieg in die Justiz als Anwalt - schon anzurechnen und positiv zu bewerten. Dass ich nicht als 1st Year einsteigen will, sollte ja einleuchten.

Dieser Artikel zeigt, dass da wohl möglich ist:
www.kliemt.de/download/presse/anwaltsblatt-karriere.pdf (Verwaister Link http://www.kliemt.de/download/presse/anwaltsblatt-karriere.pdf automatisch entfernt)

Meine Frage war halt nur, in welchem Rechtsgebiet und zu welchen Konditionen.
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Tibor
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Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von Tibor »

Die Frage "in welchem Rechtsgebiet" verwirrt mich. Ein Berufseinstieg mit Berufserfahrung wird nur im Rechtsgebiet in Betracht kommen, in dem man auch tätig ist. Also wenn du nun in eine Sozialrechtskanzlei wechselst und bspw. Ärzte etc vertreten sollst, kann das durchaus sinnvoll sein. Wenn du nun aber im Corporate-Bereich einer GK einsteigen willst, hast du einfach keine entsprechende Berufserfahrung. Das liegt doch auf der Hand, oder? Die "Prozesse" und Arbeitsweisen sind dir genauso unbekannt wie einem 1st-Year. Deine Umsatzleistung für die Kanzlei wird sich also nicht deutlich unterscheiden und deshalb wirst du in einem anderen Rechtsgebiet wohl kaum also Counsel/Partner einsteigen können.
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EinHeinz
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Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von EinHeinz »

Vergleichbarkeit?

Der Artikel zeigt eine Ausnahme: Arbeitsrichterin, super Laufbahn, evtl super Vernetzung die im Arbeitsrecht einsteigt.

Die Frage pauschal nach Konditionen zeigt m.E. schon Verständnisschwierigkeiten - weißt du was du mit dem Wechsel erreichen? Kannst du verkaufen, welchen Mehrwert Du gegenüber einem 1st year associate bietest? Und wohin führt die Einstufung ins bspw. dritte Berufsjahr - mehr Geld aber auch ein deutlich verkürzter Partnertrack. Kannst du dir das leisten? Woher kommt die Erfahrung im Litigation von extrem umfangreichen Zivilprozessen? Woher kommen die eigenen Mandaten bei dir schneller als bei einem Berufseinsteiger?

Frau Reinhard hat vielleicht im ersten Jahr Mandanten ins Haus gebracht - kannst du das?
Zuletzt geändert von EinHeinz am Freitag 20. April 2018, 13:36, insgesamt 1-mal geändert.
TobiasG
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Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von TobiasG »

Das mit dem Altergefüge sehe ich jetzt nicht soo dramatisch, kommt ja ansonsten sowohl in der Wirtschaft als auch im öffentlichen Dienst vor, dass man einen gemischtaltrigen Kollegenkreis hat und der Vorgesetze u.U. jünger ist als man selbst - solange das Ganze natürlich nicht zu extrem wird, mit 50 dürfte es schon ein wenig schwierig werden. Allerdings sehe ich auch nicht ein, wieso Du als Senior Associate einsteigen solltest. Es ist was anderes, ob man im öffentlichen Dienst eine Stufe höher eingruppiert wird, weil man etwas mehr Ausbildung mitbringt und "Lebenserfahrung". Aber das, was in der Kanzlei den Sprung berechtigt (Kenntnis der Abläufe in der Kanzlei, zunehmend selbstständiges Arbeiten, persönliche "Erprobung", nächster Schritt auf dem Partnertrack, höhere Fachkompetenz in dem jeweiligen Rechtsgebiet etc.), kannst Du schlicht und ergreifend noch nicht vorweisen. Schon die Einstellung als solche dürfte damit m.E. kein absoluter Selbstläufer sein (wenn auch aussichtsreich), und es werden Nachfragen kommen, aber Du wirst Dich wohl darauf einstellen müssen, als 1st-year einzusteigen. Spielraum gibt es vielleicht bei Kanzleien mit keinem festem Fixum im ersten Jahr, bei denen Du dann halt ggf. am oberen Ende der Spanne "eingruppiert" wirst.
"Wer Du bist? Sicher nicht der Rap-Messias. Für mich bist auch Du nur irgendein Tobias."

~ Harry Quintana
Gelöschter Nutzer

Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ok, jetzt verstehe ich was Ihr meint. Das ist natürlich wahr.

Allerdings darf man nicht vergessen, dass das Gebiet "Litigation" im Rahmen der Prozessvertretung eben von dem lebt, was ich jahrelang gemacht habe. Vor Gericht Argumente austauschen und Rechtsprechung auswerten. Ebenso im Rahmen der Konfliktlösung dürfte meine Mediatorausbildung und die Richtertätigkeit / der Einigungsstellenvorsitz schon verwertbare berufliche Vorerfahrungen mit einbringen. Selbiges gilt im ÖRecht, da das Sozialrecht Teil desselben ist. Die Prozessordnungen unterscheiden sich nur marginal.

Mandanten wird allerdings schwierig. In meinen Seminaren und betriebsverfassungsrechtlichen Einigungsstellen (s.o.) sitzen schon potentielle Mandanten. Die habe ich aber (Rechtsberatungsverbot) bislang nicht versucht zu aquirieren. Außerdem meine ich, dass ich aufgrund der Nebentätigkeiten den Bezug zum Arbeitsrecht immer gewahrt habe. Da dürfte deutlich mehr Background sein, als bei einem First Year.

Aber ich bin ja dankbar für jede Meinung. Ermutigen tut das aber bislang nicht wirklich.
Zuletzt geändert von Gelöschter Nutzer am Freitag 20. April 2018, 13:51, insgesamt 1-mal geändert.
Gelöschter Nutzer

Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Dass ich nicht als 1st Year einsteigen will, sollte ja einleuchten.
Der Wunsch ist nachvollziehbar, aber ich bin auch etwas irritiert über deine Überlegungen: Die Frage, auf welchem Level Du einsteigst, ist ja erst auf der zweiten Stufe relevant - erst einmal muss eine GK dir überhaupt Gelegenheit geben, dich präsentieren zu können. Wenn ich ehrlich bin: Ich glaube, es wird bereits schwierig für dich, überhaupt als 1st Year in einer GK unterzukommen. Deine Qualifikationen inkl. der Nebentätigkeit sprechen für dich, aber Du kommst hauptberuflich eben aus der Sozialrechtsschiene. Wenn es nicht unbedingt eine GK sein muss, sieht die Welt natürlich ganz anders aus.
TobiasG
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Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von TobiasG »

Die Frage, die ich mir stelle, ist, was so schlimm daran wäre, als 1st-year einzusteigen? Ich mein, dass Du jetzt in einer internationalen GK als Partnerin oder auch als Counsel einsteigst, dürfte absolut utopisch sein. Deshalb bleibt ohnehin nur die Frage Associate oder Senior/Managing/Principal-Associate. Da hättest Du möglicherweise minmal mehr Verantwortung (wobei Du z.B. als Mentorin für die jüngeren und Refs mangels Erfahrung in der Kanzlei auch nicht so super geeignet wärst) und etwas mehr Gehalt. Umgekehrt würdest Du aber auch die komplette Associate-Ausbildung usw. überspringen, wodurch Du Dich dann evtl. ggü den Kollegen benachteiligt/ausgeschlossen fühlen könntest. Ich sehe also nicht den großen Nachteil (bis auf etwas weniger Geld und die formale Stellung), wenn Du wieder am unteren Ende der Karriereleiter beginnst. Ist ja nicht so, dass Du dadurch z.B. gehaltsmäßig weit hinter Dein aktuelles Einkommen zurückfallen würdest. Wenn Deine Assets tatsächlich so wertvoll für die Kanzlei sind, spricht ja vermutlich auch wenig dagegen, die nächsten Schritte dann schneller als üblich zu durchlaufen.
"Wer Du bist? Sicher nicht der Rap-Messias. Für mich bist auch Du nur irgendein Tobias."

~ Harry Quintana
Gelöschter Nutzer

Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

TobiasG hat geschrieben:Die Frage, die ich mir stelle, ist, was so schlimm daran wäre, als 1st-year einzusteigen? Ich mein, dass Du jetzt in einer internationalen GK als Partnerin oder auch als Counsel einsteigst, dürfte absolut utopisch sein. Deshalb bleibt ohnehin nur die Frage Associate oder Senior/Managing/Principal-Associate. Da hättest Du möglicherweise minmal mehr Verantwortung (wobei Du z.B. als Mentorin für die jüngeren und Refs mangels Erfahrung in der Kanzlei auch nicht so super geeignet wärst) und etwas mehr Gehalt. Umgekehrt würdest Du aber auch die komplette Associate-Ausbildung usw. überspringen, wodurch Du Dich dann evtl. ggü den Kollegen benachteiligt/ausgeschlossen fühlen könntest. Ich sehe also nicht den großen Nachteil (bis auf etwas weniger Geld und die formale Stellung), wenn Du wieder am unteren Ende der Karriereleiter beginnst. Ist ja nicht so, dass Du dadurch z.B. gehaltsmäßig weit hinter Dein aktuelles Einkommen zurückfallen würdest. Wenn Deine Assets tatsächlich so wertvoll für die Kanzlei sind, spricht ja vermutlich auch wenig dagegen, die nächsten Schritte dann schneller als üblich zu durchlaufen.
Guter Punkt.
Liz
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Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von Liz »

TobiasG hat geschrieben:Die Frage, die ich mir stelle, ist, was so schlimm daran wäre, als 1st-year einzusteigen?
Das stelle ich mir allerdings je nach Kanzleikultur auch schwierig vor, sich mit jahrelanger Berufserfahrung und eigenem Standing ganz unten in der Hackordnung wiederzufinden - so ganz ohne Sonderbehandlung und Flexibilität auf beiden Seiten wird es wohl nicht gehen.
Kasimir
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Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von Kasimir »

Doerte hat geschrieben:Ok, jetzt verstehe ich was Ihr meint. Das ist natürlich wahr.

Allerdings darf man nicht vergessen, dass das Gebiet "Litigation" im Rahmen der Prozessvertretung eben von dem lebt, was ich jahrelang gemacht habe. Vor Gericht Argumente austauschen und Rechtsprechung auswerten. Ebenso im Rahmen der Konfliktlösung dürfte meine Mediatorausbildung und die Richtertätigkeit / der Einigungsstellenvorsitz schon verwertbare berufliche Vorerfahrungen mit einbringen. Selbiges gilt im ÖRecht, da das Sozialrecht Teil desselben ist. Die Prozessordnungen unterscheiden sich nur marginal.
Was du beschreibst, hat mit dem Litigation, wie es in Großkanzleien vorkommt, rein gar nichts zu tun. Erfahrung könntest du am ehesten aus Großverfahren haben; die haben vermutlich eher Richter aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
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Gelöschter Nutzer

Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Kasimir hat geschrieben:
Doerte hat geschrieben:Ok, jetzt verstehe ich was Ihr meint. Das ist natürlich wahr.

Allerdings darf man nicht vergessen, dass das Gebiet "Litigation" im Rahmen der Prozessvertretung eben von dem lebt, was ich jahrelang gemacht habe. Vor Gericht Argumente austauschen und Rechtsprechung auswerten. Ebenso im Rahmen der Konfliktlösung dürfte meine Mediatorausbildung und die Richtertätigkeit / der Einigungsstellenvorsitz schon verwertbare berufliche Vorerfahrungen mit einbringen. Selbiges gilt im ÖRecht, da das Sozialrecht Teil desselben ist. Die Prozessordnungen unterscheiden sich nur marginal.
Was du beschreibst, hat mit dem Litigation, wie es in Großkanzleien vorkommt, rein gar nichts zu tun. Erfahrung könntest du am ehesten aus Großverfahren haben; die haben vermutlich eher Richter aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit.
Wir haben die sozialversicherungsrechtlichen Betriebsprüfungen. Die sind groß genug, glaube mir :D Da - und bei Statusfeststellungsverfahren von Geschäftsführern - sind im Übrigen auch genug Großkanzleien vertreten, die das als Schnittmenge zum arbeitsrechtlichen Mandat bearbeiten.

Ich denke, dass meine Fachkenntnisse im Arbeitsrecht und im ÖR (zumindest im Prozessrecht) auf jeden Fall gut genug sind. Bleibt das Problem mit den Mandanten, wobei ich nicht glaube, dass die Kollegin (s.o.) nicht allzu viele eigene Mandate eingebracht haben kann. Das beißt sich mit der Richtertätigkeit enorm.
juraklasse
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Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von juraklasse »

Ich finde die Konstellation mit einem Wechsel in eine GK auch nicht so trivial.

Kommt denn eine mittelständische/kleinere Kanzlei nicht vielleicht auch in Betracht? Dort wäre es vermutlich einfacher, entsprechend der Vorerfahrung und eigenen Leistungen eine schnellere flexiblere Umsatzbeteiligungen etc. zu vereinbaren. Dies stelle ich mir in GK angesichts der doch eher strikten Aufteiliung in Anwaltsstufen Asscociate - Salary Partner/Managing Associate etc. - Partner/Counsel deutlich schwieriger vor.

Was ist denn die treibende Motivation des beabsichtigen Wechsels? Eher Geld oder der Reiz anwaltlicher Tätigkeit? Spezielle mittlelgroße Kanzleien könnten wohl einen guten Kompromiss darstellen.
Gelöschter Nutzer

Re: Wechsel in (Groß) Kanzlei

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hast Du als Ref oder WiMa eigentlich schon mal in eine GK reingeschnuppert?
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