Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

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Tobias__21
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von Tobias__21 »

Tibor hat geschrieben:Nochmals: Es geht nicht darum, dass du das Ggf inhaltlich nicht schaffst; es geht darum, dass da im Ernstfall hart durchgegriffen werden muss und man die StPO aus dem ff können muss. Es geht nicht um dich persönlich, sondern um das Bild der Justiz. Solche Leute dürfen nicht den Hauch einer Idee davon haben, dass sie der Justiz überlegen sind.
Ja, gut, da ist natürlich was dran. Das einzige was ich weiss, ist dass ich als StA Ordnungsmittel anregen kann, aber nicht beantragen darf. Dann hört es aber schon auf :) Etwaige Haftbefehle wird ja der Richter machen müssen, der ja auch grds. alleine dafür zu sorgen hat, dass Ordnung in der Verhandlung herrscht. Das wurde uns auch so beigebracht: Wenn irgendwelche Unruhen auftreten und der Richter ist gerade nicht da, sofort ins Sitzungszimmer gehen und melden. Hatte ich tatsächlich mal mit einem Polen, der sternhagelvoll zur Verhandlung erschienen ist und im Sitzungssaal gegen Asylbewerber gewettert hat und die an allem Schuld seien und er jetzt angeklagt ist (wohlgemerkt wegen Trunkenheit im Verkehr). Er wollte sich einfach nicht beruhigen und hat immer weiter geschimpft, so dass ich dann den Saal verlassen habe und zum Richter ins Büro gegangen bin (war noch vor der Verhandlung). Der hat dann zwei Wachtmeister geholt und wir haben die Verhandlung gleich beendet, weil er nicht verhandlungsfähig war. Danach musste man den Saal erstmal kräftig durchlüften :D

Versprochen: Ich telefoniere am Montag. Die Justiz soll wegen mir nicht in ihrem Ansehen beschädigt werden :)

Könnte ein richtiger StA anwesenden Polizisten, oder gar den Justizwachtmeistern verbindliche Weisungen erteilen, bspw. dergestalt, dass sie jemanden in Gewahrsam zu nehmen haben? Die Polizei ist ja "Hilfsperson" der StA bei den Ermittlungen. Geht das so weit, dass die Staatsanwaltschaft denen gegenüber weisungsbefugt ist? Das nur aus Interesse, habe ich mich gerade gefragt. Vom Behördenaufbau her gesehen, würde ich erstmal sagen nein, zumindest wenn es um Gefahrenabwehrrecht geht. :) § 161 I S. 2 StPO spricht von "verpflichtet dem Ersuchen der StA zu genügen". Geht damit auch ein Weisungsrecht im eigentlichen Sinne einher? Eigentlich doch nicht? Die StA müsste sich doch in einem Fall, in dem die Polizei nicht bekommt an deren Aufsicht wenden und darauf hinwirken, dass gemacht wird was sie wollen, wenn man jetzt mal von einem klassischen Ermittlungsverfahren ausgeht, bspw. die Vernehmung eines Zeugen?
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[enigma]
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von [enigma] »

Tibor hat geschrieben:Ich bleib dabei: Gib das Verfahren zurück als "für Ausbildungszwecke ungeeignet"!
Bei uns hat ausgerechnet die schüchternste und unsicherste Referendarin einen Fall zuegeteilt bekommen, in dem 6 (!) Kaiserslautern Fans - vor der Abtrennung waren es sogar 11 - wegen KV, Sachbeschädigung und Beleidigung im Stadion angeklagt waren, jeder mit Verteidiger, teilweise kamen die Verteidiger extra aus Frankfurt oder anderen fancy Großstädten. Die Beleidigung war besonders problematisch, diese soll durch Fangesänge stattgefunden haben, die StA hat einen Augenkontakt zu konkreten Polizeibeamten behauptet. Es gab schon Vorberichterstattung in der Lokalpresse. Sie wollte den Fall abgeben, weil sie sich das nicht zugetraut hat, sie hat beim Gespräch mit dem Ausbilder fast und danach tatsächlich geheult, wurde nicht genehmigt. Allerdings wurde ein zweiter Referendar als Unterstützung eingeteilt, der ebenso wenig Bock drauf hatte. Ich habe die beiden ja beneidet :D Und natürlich war ne Schulklasse im Sitzungssaal, der Lehrerin wurde sogar explizit diese Verhandlung von der Pressestelle vorgeschlagen.

Immerhin durfte der Referendar dann nach dem Sitzungsdienst ein Interview geben und wurde in der Lokalpresse als "Staatsanwalt xy" zitiert :D
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Tobias hätte sich sicher um den Fall geprügelt. :D
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von [enigma] »

Hätte ich mich auch fast. Hätte sowas tausendmal lieber gemacht als die x-te Leistungserschleichung oder Trunkenheitsfahrt.
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Tobias__21
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von Tobias__21 »

Haja, sowas ist doch geil :D Aber auch gut, dass die dann zwei Referendare abgestellt haben. Dann hätten sie ja gleich einen richtigen StA schicken können, denn 2xRef = 1 StA :D Finde es aber sehr fies vom Ausbilder, dass man sie dann nicht abgezogen hat, wenn sie schon fast heult. Muss ja auch nicht sein...
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von [enigma] »

Tobias__21 hat geschrieben:Haja, sowas ist doch geil :D Aber auch gut, dass die dann zwei Referendare abgestellt haben. Dann hätten sie ja gleich einen richtigen StA schicken können, denn 2xRef = 1 StA :D Finde es aber sehr fies vom Ausbilder, dass man sie dann nicht abgezogen hat, wenn sie schon fast heult. Muss ja auch nicht sein...
Andererseits kann das auch kein Argument sein, sonst sitzen bei schweren oder unpopulären Fällen nur noch heulende Referendare im Büro. Bei uns hat aber - einschließlich der anderen Ausbilder, die das mitbekommen haben und dem Richter - niemand verstanden, warum man da Referendare hinschickt.
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von Tobias__21 »

Hättest Du nicht mit ihr tauschen können? Bei uns ist das unproblematisch möglich. Ich hab auch schon Fälle von Mädels übernommen, die sich nicht getraut haben und dann auch tatsächlich den Jahresurlaub in der Station genommen haben. Hier scheinen die Uhren sowieso etwas anders zu ticken. Ich hatte wirklich schon spannende Fälle, von Betrug über Einschleusen von Ausländern und vielen 224er Dingern war alles dabei. Leistungserschleichung hatte ich erst einmal :)
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von [enigma] »

Tauschen ging bei uns nur wenn man tatsächlich verhindert war, nicht auf Wunsch. Wurde früher wohl zugelassen aber man wollte anscheinend vermeiden, dass die Referendare sich vor unbeliebten Aufgaben drücken, geht als StA ja auch nicht ohne Weiteres. Ich durfte nicht mal tauschen, wenn ich am Sitzungstag Verhandlungstag bei meiner Ausbilderin am Schöffengericht hatte ("Sitzungdienst geht vor!")
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von Tobias__21 »

Ah, ok. Ist ja auch verständlich, die Ausbildung soll einen ja auch ein bisschen formen, dass man selbstbewusster wird. Aber manche haben da echt Probleme, die sollte man dann auch nicht unnötig quälen, finde ich. Es gibt ja genug berufliche Möglichkeiten als Jurist, bei denen man nicht vor Gericht auftreten muss. Und Strafrecht ist ja nochmal ne ganz andere Sache. Viele haben bestimmt auch ein bisschen Angst vor den Angeklagten, je nachdem was da verhandelt wird. Hier war das tauschen, oder zusätzliches Übernehmen von Fällen gar kein Problem. Hat auch niemanden wirklich interessiert.
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von julée »

@[enigma]: Ich frage mich ernsthaft, was sowas soll. Mal davon abgesehen, dass die StA bei derartig öffentlichkeitswirksamen Verfahren möglicherweise ordentlich vertreten sein sollte, ist es doch auch wenig zweckdienlich, einen Referendar, den bereits eine unspektakuläre Sitzungsvertretung in einem völlig banalen Strafverfahren an seine Leistungsgrenzen bringt, dazu zu zwingen, die Sitzungsvertretung in einem solchen Fall zu übernehmen. Dass man das möglicherweise können muss, wenn man zur StA will, ist m. E. kein Argument - bzw. das kann man dem Referendar, der heulend Sitzungsvertretungen zurückgeben möchte, auch klarmachen, ohne dass er erleben musste, dass er dem (noch) nicht gewachsen ist.
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von Eagnai »

[enigma] hat geschrieben: Immerhin durfte der Referendar dann nach dem Sitzungsdienst ein Interview geben und wurde in der Lokalpresse als "Staatsanwalt xy" zitiert :D
Das finde ich allerdings ziemlich krass - dass man es einem Referendar (!) überlässt, der Presse ein Interview zu geben. :eeeek:

Bei uns ist das ausschließlich dem Pressesprecher und seinen Vertretern vorbehalten, die im Umgang mit der Presse vertraut und entsprechend geschult sind.

Woher um alles in der Welt soll denn ein Referendar wissen, was man der Presse erzählen darf und was nicht? Daran hängen ja alle möglichen potentiellen Weiterungen, angefangen beim Ansehen der Behörde in den Medien bis hin zu etwaigen Schadensersatzansprüchen des Betroffenen, wenn man aus Versehen Dinge vor der Presse ausplaudert, die man nicht hätte erwähnen dürfen.
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von Tobias__21 »

Zumal ja auch nicht jeder zur StA will, oder überhaupt nur was mit Strafrecht zu tun haben möchte. Man muss es ja machen als Ref. Da sollte man schon Rücksicht auf die Person nehmen, die da vor einem steht. Ich finde das schon etwas unmenschlich.
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von julée »

Tobias__21 hat geschrieben:Ah, ok. Ist ja auch verständlich, die Ausbildung soll einen ja auch ein bisschen formen, dass man selbstbewusster wird. Aber manche haben da echt Probleme, die sollte man dann auch nicht unnötig quälen, finde ich. Es gibt ja genug berufliche Möglichkeiten als Jurist, bei denen man nicht vor Gericht auftreten muss.
Eben. Und ich glaube nicht, dass diese "Schocktherapie" aus der schüchternen und unsicheren Referendarin eine selbstbewusst auftretende künftige Staatsanwältin gemacht hat.
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von [enigma] »

@julée sehe ich in diesem Fall genauso, auch die anderen Ausbilder und der Richter hatten dafür wie gesagt kein Verständnis. Ich meinte nur, dass Angst grundsätzlich kein Argument sein kann, um einem Referendar einen Fall abzunehmen, von dem er sich subjektiv überfordert fühlt. In diesem Fall hätte die Referendarin aber gar nicht erst eingeteilt werden dürfen, weil der Fall offensichtlich schon objektiv nicht geeignet war.

Der OAA der bei uns für die Einteilung zuständig war, hatte leider nen kleinen Machtkomplex. Er hatte sich auch vor Jahren mal mit meiner Ausbildungsrichterin am Schöffengericht gestritten. Da sie immer Donnerstags Sitzung hatte, sollte ich ihm sagen, dass ich bitte nicht Donnerstags eingeteilt werden soll. Habe ich gemacht. Die nächsten drei Wochen hatte ich immer Donnerstags Sitzungsdienst. Ich habe mich bei der Ausbildungsleiterin beschwert und musste dann gar nicht mehr (war ohnehin kurz vor Ende der Station).

Mittlerweile ist auch jemand anderes für die Einteilung des Sitzungsdiensts zuständig, gab wohl zu viele Beschwerden.
Zuletzt geändert von [enigma] am Samstag 22. Juli 2017, 22:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Reichsbürger bzw. BRD-GMBH

Beitrag von Tobias__21 »

Eagnai hat geschrieben:
[enigma] hat geschrieben: Immerhin durfte der Referendar dann nach dem Sitzungsdienst ein Interview geben und wurde in der Lokalpresse als "Staatsanwalt xy" zitiert :D
Das finde ich allerdings ziemlich krass - dass man es einem Referendar (!) überlässt, der Presse ein Interview zu geben. :eeeek:

Bei uns ist das ausschließlich dem Pressesprecher und seinen Vertretern vorbehalten, die im Umgang mit der Presse vertraut und entsprechend geschult sind.

Woher um alles in der Welt soll denn ein Referendar wissen, was man der Presse erzählen darf und was nicht? Daran hängen ja alle möglichen potentiellen Weiterungen, angefangen beim Ansehen der Behörde in den Medien bis hin zu etwaigen Schadensersatzansprüchen des Betroffenen, wenn man aus Versehen Dinge vor der Presse ausplaudert, die man nicht hätte erwähnen dürfen.
Vor allem namentlich. Wenn die Presse hier über Sitzungen berichtet, die ein Ref gemacht hat, steht da immer "Vertreter(in) der Staatsanwaltschaft". Bei richtigen Staatsanwälten der Name. Ist mir schon öfters aufgefallen. Da wird es bestimmt eine Absprache zwischen Lokalpresse und StA gegeben haben. Sitzungen wo auch überregionale Presse anwesend war, habe ich gerade keine auf dem Schirm, aber wird man wohl auch einen StA schicken und nicht den Ref. Uns wurde zu Anfang mitgegeben, gegenüber der Presse gefälligst die Klappe zu halten und sie an die Behörde zu verweisen.
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