Manches muss einfach gemeldet werden

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Ara
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Ara »

Die negative Spezialprävention bringt uns hier nicht weiter. Die Spezialprävention von Franz von Liszt leidet seit jeher am Umstand, dass sie nicht erklären (oder auch nur begründen) kann, warum wir für kleine Straftaten geringe Strafen urteilen und für schwere Straftaten hohe Strafen. Die Spezialprävention würde nämlich dazu führen, dass wir den Schwarzfahrer für 30 Jahre wegsperren könnten und den Mörder (z.B. den 90 jährigen KZ-Aufseher, der seit 70 Jahren ein unauffälliges bürgerliches Leben lebte) gar nicht. Aus diesem Grund sieht der Gesetzgeber auch einzig und alleine die Schuld als Grenze für die Strafe vor (Vgl. § 46 I 1 StGB). Die präventiven Gesichtspunkte spielen einzig und alleine im Rahmen des richterlichen "Spielraums" eine Rolle, sie dürfen nie den Schuldrahmen verlassen (weder nach unten noch nach oben). Die Grenze nach oben gebietet sich schon aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Aus diesem Grund ist hier jegliche "Strafe" und "Strafzwecktheorie" nicht zielführend in der Diskussion.

Für das Problemfeld was sich ergibt (Täter begeht immer wieder Straftaten) gibt es die schuldunabhängige Sicherungsverwahrung. In Deutschland sitzen nicht wenige Leute für "Kleinkram" in Sicherungsverwahrung (trotz des Wortlauts der "erheblichen Straftat") oder noch häufiger im Maßregelvollzug. Da sitzen auch Exhibitionisten und Schwarzfahrer. Man mag in der Presse vielleicht von Ilona Haslbauer gehört haben, die für fast 10 Jahre weggesperrt wurde, weil sie zweimal ihre Nachbarin im Supermarkt mit dem !Einkaufswagen gerammt! haben soll. Es soll mir hier aber gar nicht um Fehlentscheidungen gehen, sondern nur aufzeigen, dass die Bevölkerung auch völlig getrennt von "Strafen" geschützt werden kann.

Das Verstoßen gegen Bewährungsauflagen, kann aber logischerweise keine Sicherungsverwahrung begründen. Es gibt hier nicht einmal ein Opfer... Es wurden lediglich präventive Auflagen des Staats missachtet.
OJ1988 hat geschrieben: Und ja, mir sind die negativen Folgen der Inhaftierung (Prisonisierungseffekte, Rückfallquoten usw.) bekannt. Entscheidend ist halt, wer als Leidtragender von Konsequenzen im Fokus steht: Der Inhaftierte, der durch die Haft Schaden erleidet oder seine potentiellen Opfer.
Das verstehe ich nicht? Wenn ich 100 Vergewaltiger für jeweils 5 Jahre wegsperrre und danach 10 rückfällig werden, habe ich 10 Opfer. Wenn ich 100 Vergewaltiger 15 Jahre wegsperre und danach werden 20 rückfällig, habe ich 20 Opfer. Warum sollte im letzteren Beispiel irgendwie die Interesse der potentiellen Opfer "im Fokus" stehen? Das würde nur Sinn ergeben, wenn ich der Meinung wäre die Rückfallquote würde nicht durch die lange Haft steigen (was du aber ja ausdrücklich einräumst).
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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thh
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von thh »

Ara hat geschrieben: Für das Problemfeld was sich ergibt (Täter begeht immer wieder Straftaten) gibt es die schuldunabhängige Sicherungsverwahrung. In Deutschland sitzen nicht wenige Leute für "Kleinkram" in Sicherungsverwahrung (trotz des Wortlauts der "erheblichen Straftat") oder noch häufiger im Maßregelvollzug.
Ich bin im Ergebnis ganz bei Dir, aber das sehe ich - von Einzelfällen abgesehen - in der Breite so nicht.
Ara hat geschrieben:Es soll mir hier aber gar nicht um Fehlentscheidungen gehen, sondern nur aufzeigen, dass die Bevölkerung auch völlig getrennt von "Strafen" geschützt werden kann.
Nein. Der Staat versagt auf ganzer Linie, wo es um den Schutz vor - teils erheblichen - Grenzüberschreitungen und Straftaten unterhalb der Schwer (st)kriminalität geht. Mit diesen Fällen werden die Opfer meist weitgehend alleingelassen, bis es zu entsprechend schweren Straftaten kommt. Das lässt sich aber im Grundsatz in einem freiheitlichen Rechtsstaat kaum ändern - allenfalls kann man versuchen, hier und dort nachzusteuern.

Sinnloses Kopf-ab-Schwanz-ab-Gequatsche rechtfertigt das freilich nicht.
Ara hat geschrieben:Das Verstoßen gegen Bewährungsauflagen, kann aber logischerweise keine Sicherungsverwahrung begründen. Es gibt hier nicht einmal ein Opfer... Es wurden lediglich präventive Auflagen des Staats missachtet.
Naja, die Eltern der Kinder, an die der Betreffende sich herangemacht hat, werden das wohl anders sehen, auch wenn noch nichts "passiert" ist. Man sollte sich bemühen, das nicht aus dem Blick zu verlieren oder zu verharmlosen.

Das ändert natürlich nichts an der rechtlichen Bewertung und an der - richtigen - Strafzumessung. Die Diskussionsrunde im Fernsehen konnte oder wollte das offenbar nicht verstehen.
Ara hat geschrieben:Das verstehe ich nicht? Wenn ich 100 Vergewaltiger für jeweils 5 Jahre wegsperrre und danach 10 rückfällig werden, habe ich 10 Opfer. Wenn ich 100 Vergewaltiger 15 Jahre wegsperre und danach werden 20 rückfällig, habe ich 20 Opfer.
Der dahinter stehende Gedanke ist folgender:

Bei gleicher Restlebenszeit "schafft" der länger eingesperrte weniger Straftaten, weil er insgesamt weniger Zeit in Freiheit verbringt. Wer 5 Jahre sitzt und dann rückfällig wird, hat bereits eine neue Tat begangen, während der 10 Jahre einsitzende noch gar nicht wieder raus ist.
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
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Ara
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Ara »

thh hat geschrieben:
Ara hat geschrieben: Für das Problemfeld was sich ergibt (Täter begeht immer wieder Straftaten) gibt es die schuldunabhängige Sicherungsverwahrung. In Deutschland sitzen nicht wenige Leute für "Kleinkram" in Sicherungsverwahrung (trotz des Wortlauts der "erheblichen Straftat") oder noch häufiger im Maßregelvollzug.
Ich bin im Ergebnis ganz bei Dir, aber das sehe ich - von Einzelfällen abgesehen - in der Breite so nicht.
Ein Blick in die Statistik lässt da schlimmes erahnen:

Anlassdelikt § 63 StGB (Mehrfachnennung möglich): 7,1% Tötungsdelikte, 20,6% Sexualdelikte und 7,9% Brandstifung. Somit sitzen maximal 35,6% wegen eines Kapitalverbrechens (eher deutlich weniger, weil nicht jedes Sexualdelikt und jede Brandstiftung ein Kapitalverbrechen ist und häufig Sexualdelikte mit Tötungsdelikte einhergehen können).

Nehmen wir noch sicherheitshalber die weitere Gewaltkriminalität mit Körperverletzung 41,3% und Raub/räuberische Erpressung mit 8,7% ein. Dann sind wir bei maximal (wegen der Mehrfachnennung) bei 85,6% die wegen eines Gewaltdeliktes in der Psychiatrie sind... Das heißt mindestens 14,4% sind wegen eines Nichtgewaltdeliktes im Maßregelvollzug (und da ist § 64 StGB noch gar nicht berücksichtigt). DAS ist doch erschreckend, vor allem da die Zahl vermutlich aufgrund der Mehrfachnennung deutlich höher sein wird.

Übrigens zur Vollständigkeit: 16,7% sitzen wegen Betrug/Diebstahl, 6,3% wegen Verkehrsdelikten und 2,4% wegen BtmG.

24,8% der eingewiesenen hatten übrigens keine Voreintragungen im BZR.

Quelle: https://epub.uni-regensburg.de/27198/1/ ... nwinCH.pdf S. 100

Ich persönlich finde diese Zahlen ehrlich besorgniserregend... But just my 2 cent.
thh hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:Das verstehe ich nicht? Wenn ich 100 Vergewaltiger für jeweils 5 Jahre wegsperrre und danach 10 rückfällig werden, habe ich 10 Opfer. Wenn ich 100 Vergewaltiger 15 Jahre wegsperre und danach werden 20 rückfällig, habe ich 20 Opfer.
Der dahinter stehende Gedanke ist folgender:

Bei gleicher Restlebenszeit "schafft" der länger eingesperrte weniger Straftaten, weil er insgesamt weniger Zeit in Freiheit verbringt. Wer 5 Jahre sitzt und dann rückfällig wird, hat bereits eine neue Tat begangen, während der 10 Jahre einsitzende noch gar nicht wieder raus ist.
Okay, danke für die Aufklärung. Der Gedanke geht dann aber von sehr kruden Vorstellungen aus, was "Straftäter" sind.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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famulus
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von famulus »

OJ1988 hat geschrieben:Auch wenn hlubenow Strafe und Sicherheitsverwahrung verwechselt
Bild
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von OJ1988 »

famulus hat geschrieben:
OJ1988 hat geschrieben:Auch wenn hlubenow Strafe und Sicherheitsverwahrung verwechselt
Bild
Gähn.
hlubenow
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von hlubenow »

OJ1988 hat geschrieben:Auch wenn hlubenow Strafe und Sicherheitsverwahrung verwechselt
Unsinn. Hab' ich natürlich nicht verwechselt. Fischer redete von Freiheitsstrafen.
Auch bei Freiheitsstrafen geht es teilweise darum, die Gesellschaft zeitweilig vor dem Täter zu schützen.
Zusätzlich habe ich die Sicherheitsverwahrung herangezogen, weil es dort nur noch um diesen Aspekt geht.

Der Kritikpunkt war, daß Fischer offenbar beides nicht gelten lassen wollte. Das fand ich sehr merkwürdig. Eben, weil es banal ist, und Fischer offenbar banale Wahrheiten nicht anerkennt.
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Ara
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Ara »

hlubenow hat geschrieben:
OJ1988 hat geschrieben:Auch wenn hlubenow Strafe und Sicherheitsverwahrung verwechselt
Unsinn. Hab' ich natürlich nicht verwechselt. Fischer redete von Freiheitsstrafen.
Auch bei Freiheitsstrafen geht es teilweise darum, die Gesellschaft zeitweilig vor dem Täter zu schützen.
Zusätzlich habe ich die Sicherheitsverwahrung herangezogen, weil es dort nur noch um diesen Aspekt geht.

Der Kritikpunkt war, daß Fischer offenbar beides nicht gelten lassen wollte. Das fand ich sehr merkwürdig. Eben, weil es banal ist, und Fischer offenbar banale Wahrheiten nicht anerkennt.
Digga, ernsthaft... Das ist hier jetzt 5 mal im Thread korrigiert worden: SicherUNGSverwahrung, SicherUNGSverwahrung, SicherUNGSverwahrung, SicherUNGSverwahrung, SicherUNGSverwahrung! Es wird nicht die Sicherheit verwahrt, sondern es wird zur Sicherung verwahrt.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Tobias__21 »

Diese Sicherheitsverwahrung ist aber auch kompliziert :D. Wusstet ihr, dass es auch beim Dach Verwahrungen gibt? Aber das ist was anderes. Sollte man aber zur Sicherheit immer mal wieder beobachten, ob die noch gut sind.

Ich bin übrigens high. Hab heute vom guten Zeug bekommen :D Wenn das noch ne Weile vorhält, brauch ich heute keine Schmerzmittel mehr
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famulus
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von famulus »

hlubenow hat geschrieben:Zusätzlich habe ich die Sicherheitsverwahrung herangezogen
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»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von thh »

Ara hat geschrieben:
thh hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:Für das Problemfeld was sich ergibt (Täter begeht immer wieder Straftaten) gibt es die schuldunabhängige Sicherungsverwahrung. In Deutschland sitzen nicht wenige Leute für "Kleinkram" in Sicherungsverwahrung (trotz des Wortlauts der "erheblichen Straftat") oder noch häufiger im Maßregelvollzug.
Ich bin im Ergebnis ganz bei Dir, aber das sehe ich - von Einzelfällen abgesehen - in der Breite so nicht.
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Anlassdelikt § 63 StGB (Mehrfachnennung möglich): 7,1% Tötungsdelikte, 20,6% Sexualdelikte und 7,9% Brandstifung. Somit sitzen maximal 35,6% wegen eines Kapitalverbrechens (eher deutlich weniger, weil nicht jedes Sexualdelikt und jede Brandstiftung ein Kapitalverbrechen ist und häufig Sexualdelikte mit Tötungsdelikte einhergehen können).
Ging es nicht um die Sicherungsverwahrung?

Die Unterbringung im Maßregelvollzug ist ein anderes Thema, weil sie nicht allein der Sicherheit der Bevölkerung, sondern auch der Heilung des psychisch kranken Straftäters dient, gar nicht selten sogar mit Erfolgen in übersichtlichem zeitlichen Rahmen. Dort haben sich die Voraussetzung im Übrigen erst kürzlich geändert (und strenggenommen ist auch weniger die Anlasstat als vielmehr die zu befürchtenden Taten entscheidend, so dass die Darstellung bereits im Ansatz etwas danebengeht).
Ara hat geschrieben:Nehmen wir noch sicherheitshalber die weitere Gewaltkriminalität mit Körperverletzung 41,3% und Raub/räuberische Erpressung mit 8,7% ein. Dann sind wir bei maximal (wegen der Mehrfachnennung) bei 85,6% die wegen eines Gewaltdeliktes in der Psychiatrie sind... Das heißt mindestens 14,4% sind wegen eines Nichtgewaltdeliktes im Maßregelvollzug (und da ist § 64 StGB noch gar nicht berücksichtigt). DAS ist doch erschreckend,
Was ist denn daran erschreckend?

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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von thh »

hlubenow hat geschrieben:Auch bei Freiheitsstrafen geht es teilweise darum, die Gesellschaft zeitweilig vor dem Täter zu schützen.
Äh ... nein?
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Ara »

thh hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:Nehmen wir noch sicherheitshalber die weitere Gewaltkriminalität mit Körperverletzung 41,3% und Raub/räuberische Erpressung mit 8,7% ein. Dann sind wir bei maximal (wegen der Mehrfachnennung) bei 85,6% die wegen eines Gewaltdeliktes in der Psychiatrie sind... Das heißt mindestens 14,4% sind wegen eines Nichtgewaltdeliktes im Maßregelvollzug (und da ist § 64 StGB noch gar nicht berücksichtigt). DAS ist doch erschreckend,
Was ist denn daran erschreckend?
Man mag es sicherlich anders sehen... Ich finde es bedenklich, dass 14,4% da wegen Diebstahl und Beleidigung für unbestimmte Zeit in der Forensik weggesperrt sind. Sie wären in einer normalen Psychiatrie sicherlich besser aufgehoben.

Wer sich übrigens für den Hintergrund interessiert: Die Krankenkassen haben keine Lust für die Leute zu zahlen und verweigern daher die psychiatrische Therapie im notwendigen Umfang. Sobald die dann nämlich in die Forensik kommen, werden die Therapiekosten von der Justizbehörde gezahlt. Das ist der tägliche Wahnsinn, wie eigentlich harmlose Menschen für Bagatellen in den geschlossenen Maßregelvollzug wandern und dort quasi nicht mehr rauskommen (weil die Krankenhäuser damit gut Geld machen). Aber wir kommen vom Thema ab.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Tobias__21 »

Es muss aber schon einiges zusammenkommen, bis man im Maßregelvollzug landet. Das Problem bei einer psychiatrischen Therapie ist doch, dass die Menschen das meist gar nicht wollen. Und gegen ihren Willen gehts halt nunmal nicht. Im Maßregelvollzug aber schon.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von hlubenow »

Ara hat geschrieben:
hlubenow hat geschrieben:
OJ1988 hat geschrieben:Auch wenn hlubenow Strafe und Sicherheitsverwahrung verwechselt
Unsinn. Hab' ich natürlich nicht verwechselt. Fischer redete von Freiheitsstrafen.
Auch bei Freiheitsstrafen geht es teilweise darum, die Gesellschaft zeitweilig vor dem Täter zu schützen.
Zusätzlich habe ich die Sicherheitsverwahrung herangezogen, weil es dort nur noch um diesen Aspekt geht.

Der Kritikpunkt war, daß Fischer offenbar beides nicht gelten lassen wollte. Das fand ich sehr merkwürdig. Eben, weil es banal ist, und Fischer offenbar banale Wahrheiten nicht anerkennt.
Digga, ernsthaft... Das ist hier jetzt 5 mal im Thread korrigiert worden: SicherUNGSverwahrung, SicherUNGSverwahrung, SicherUNGSverwahrung, SicherUNGSverwahrung
Oh, sorry. Hatte das von OJ kopiert.

Ist ja kein Problem, da alle wissen, was gemeint ist: Falsa demonstratio non nocet.
thh hat geschrieben:
hlubenow hat geschrieben:Auch bei Freiheitsstrafen geht es teilweise darum, die Gesellschaft zeitweilig vor dem Täter zu schützen.
Äh ... nein?
Hmm. Dann willst Du also dem Opfer eines Triebtäters sagen, "Also, wenn da jetzt nicht diese komische Spezial- oder Generalprävention wäre, hätte ich als Richter kein Problem damit, diesen Täter unmittelbar nach der Verhandlung wieder auf die Gesellschaft loszulassen"?
Das ist für mich nicht nachvollziehbar.
Zuletzt geändert von hlubenow am Freitag 23. Februar 2018, 23:06, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von hlubenow »

Heute im Bundestag ging es über eine Stunde so hitzig zu wie im AfD-Fred:

Phönix-Übertragung der Bundestagssitzung (daher zweifellos jugend- und forenfrei, ohne daß das nachkontrolliert werden müßte):
https://www.youtube.com/watch?v=TiMWGBwXa78

Die Argumente, die von seiten der AfD vorgebracht wurden, wurden von allen anderen Rednern geflissentlich ignoriert. Stattdessen wurden reichlich Buzz-Words in die (dicke) Luft gepustet.

Dennoch wurde für den Bürger, an den sich derartige Debatten ja richten, deutlich, daß von beiden Seiten offenbar stark unterschiedliches Denken aufeinanderprallt. Insofern: Wichtige Debatte.
Müßte jetzt nur bis zum Ende geführt werden, das heißt, indem man sich auch mit den Argmenten der AfD sachlich auseinandersetzt. Soweit ist es noch nicht, aber vielleicht kommt man ja dahin.

Da die AfD in den Umfragen inzwischen sogar die SPD überholt hat, besteht die Hoffnung, daß diese Debatte geführt werden wird.
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