Wie man es macht, macht man es falsch . Mich hat mal ein AA mit der Weisung in die Verhandlung geschickt, ja das zu plädieren was er als Strafvorschlag drin stehen hat. Ich soll ja nicht auf die Idee kommen einen minderschweren Fall anzunehmen. Es war aber einer, schon nach Aktenlage. Ich hab mich dran gehalten und mich noch nie während eines Plädoyers so geschämt. Ich bin danach zum Richter ins Richterzimmer und hab mich dafür entschuldigt. Der Richter (jahrelang Staatsanwalt gewesen) meinte, dass ich das nie mehr machen soll. Ich sei der Sitzungsvertreter und ich entscheide. Wenn hinterher einer unzufrieden ist, sollen sie Rechtsmittel einlegen und mir würde da auch nichts passieren von Seiten der StA, wenn ich es anders plädiere, weil es sich für mich in der Sitzung anders darstellt.Justitian hat geschrieben:Die Wahrheit wird vermutlich irgendwo in der Mittel liegen, mal habe ich mich zu recht geäußert, mal bin ich vielleicht auch über das Ziel hinausgeschossen. Niemand ist perfekt. Tobias Fall zeigt das ja auch. Bei dem ein oder anderen Fall (u.a. das mit der Einstellung) bin ich mir jedenfalls ziemlich sicher dass ich absolut korrekt gehandelt habe.
Das Problem ist wohl, dass man sich immer angreifbar macht, wenn man klar Position bezieht. Als Tobias nichts gesagt hat war das im Ergebnis nicht schlimm weil der Richter die primäre Verantwortung trägt und die StA immer noch Rechtsmittel einlegen kann. Das heißt aber nicht, dass eine Äußerung seinerseits falsch gewesen wäre. Möglicherweise hätte sich der Richter gleichwohl verteidigt, hätte womöglich Tobias Probleme gemacht - und ein klarer Fall wäre zumindest eine von vielen Angelegenheiten, die dann mehr Anlass zu einer kritischen Hinterfragung Tobias' Sitzungsdienst gegeben hätten.
In der Politik ist es doch nicht anders. Je schärfer ein Parteiprogramm oder eine Aussage konturiert ist, desto kontroverser wird sie diskutiert.
Vielleicht hätte ein anderer Ausbilder mein Auftreten honoriert. Denn auch wenn ich vielleicht mal eine falsche Entscheidung getroffen haben sollte, habe ich doch zumindest gezeigt, dass ich die mir übertragenen Aufgaben ernst nehme.
Ein anderes Mal hat man mir vor der Verhandlung haargenau erklärt was ich mache, wenn das Gericht einen Beweisantrag meinerseits ablehnt. Da war irgendein Zeuge nicht geladen, oder krank, was weiss ich. Bei der StA hatte man Angst, dass der Richter da evtl. zu einem anderen Ergebnis kommt als von der StA gewünscht. Da hieß es dann von Seiten der StA, offensiv sein, nicht abwimmeln lassen. Offenes Visier quasi. Ein Glück musste ich da nicht die Konfrontation suchen und es ist auch ohne Zeuge gelaufen.
Aber: Es ist nie gut die offene Konfrontation zu suchen, gerade wenn noch andere Verfahrensbeteiligte anwesend sind. Im Zweifel um Unterbrechung bitten, telefonieren gehen, Rat einholen. Es kann so schnell passieren, dass man ins offene Messer rennt, weil man irgendwas übersehen hat und man doch im Unrecht ist. Es fehlt da einfach die Erfahrung. Immer zweimal drüber nachdenken, ob das alles so sein kann, wie man es gerade denkt