Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

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Gelöschter Nutzer

Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo erstmal,
ich hoffe das ist richtige Forum. Ansonsten könnt ihr den Beitrag gerne verschieben.

Ich befinde mich momentan in einer kritischen Situation. Ich hoffe mir kann da jemand weiterhelfen.

Ich bin momentan in der 13.Klasse und mache mein Abitur(bis zum 31.06.2010). Ab dem 1. September 2010 beginne ich ein duales

Studium, welches 3 Jahre andauert.

Nun zu meinem Problem:
Ich habe bei meiner Musterung vor ziemlich genau 2 Wochen direkt einen Antrag auf Anerkennung als Kriegstdienstverweigerer gestellt.

(Dieser wurde mir quasi aufgebrummt, als ich gesagt habe, ich möchte wahrscheinlich Zivi machen. Und nun ärgere ich mich total)
Doch ich bin mir jetzt nicht mehr sicher, ob ich wirklich Zivi machen will oder doch zum Bund gehen soll. Oder ob sich meine Chancen

gezogen zu werden durch einen frühzeitigen KDV-Antrag drastisch erhöhen.( Ich möchte irgendwie um die Wehrpflicht vorbeikommen)

Meine Frage ist nun: Wie verfahre ich am besten weiter?

Ich habe mir schon ein paar Gedanken gemacht, jedoch fehlt mir das rechtliche Hintergrundwissen, sodass ich hier um Hilfe bitte.

Hier meine Lösungsansätze:

1.Kann ich den Antrag ohne weiteres zurückziehen und ohne weitere Probleme in Zukunft einen neuen stellen? oder werden mir dann

Steine in den Weg gelegt, da ich ja schon einmal einen Antrag zurückgezogen habe.

2.Soll ich den Antrag einfach laufen lassen und abwarten was passiert? wenn der Antrag durch Bescheid abgelehnt wird, weil ich ihn

nicht binnen Monatsfrist vervollständigt habe, d.h. wenn ich meine Gewissensbegründung nicht nachreiche, ist diese Entscheidung dann

wenn nicht Widerspruch eingelegt wird nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist bestandskräftig und für immer unanfechtbar? kann ich also

später nicht nocheinmal einen neuen Antrag auf Anerkennung als Kriegstdienstverweigerer stellen?

3.Soll ich zunächst einmal verweigern und falls ich einberufen werde meine Verweigerung rückgängig machen? ( ich glaube das ist die

schlechteste Idee ... )

Vielleicht gibt es auch noch bessere Lösungen. Hier laufen ja einige pfiffige Juristen und Jurainteressierte rum.

Ich möchte mir beide Türen, also Zivi oder Bund noch offenen halten und meine Chancen überhaupt gezogen zu werden minimieren.

Für jede Idee und jeden Denkanstoß danke ich euch schonmal im Voraus.
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BuggerT
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von BuggerT »

Gast hat geschrieben:( Ich möchte irgendwie um die Wehrpflicht vorbeikommen)
Das erinnert mich an die Ref-Zeit am VG. Da war ich in einer Kammer, die u.a. für Wehrpflichtrecht zuständig war. :D


grtz
BuggerT
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Alexander
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von Alexander »

@Gast: Nein, das war zunächst nicht das richtige Forum.
Unda dann ist da noch das Problem, daß Deine Fragen nicht im Einklang stehen mit der Forenregel, daß hier keine Rechtsberatung geleistet wird: http://forum.jurawelt.com/rules.php#f0r1
Ja, Deine Fragen bewegen sich im Rahmen dessen, auch wenn Du Dir schon selbst Gedanken gemacht hast. Leider wird Dir deswegen hier auf der rechtlichen Ebene nicht weitergeholfen werden. Aber vielleicht hat ja jemand einen allgemeinen Tip, weswegen ich den Beitrag in den Treffpunkt verschoben habe.
Lest die Foren-Regeln!! Danke.

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julée
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von julée »

Besteht für Dich nicht vllt. eine Möglichkeit Dich wegen des Studiums (einen Platz für ein duales Studium bekommt man ja nicht ohne weiteres) zumindestens zurückstellen zu lassen?

mW haben das aus meinem Jahrgang damals alle gemacht, die eine Ausbildung bzw. ein BA-Studium angefangen haben. Und ich habe bis jetzt - fertig sind sie schon alle - noch von keinem gehört, dass er doch noch gezogen worden ist.

Inwieweit das für Dich möglich ist, solltest Du aber genau recherchieren und inwiefern sich darauf der gestellte Antrag auswirkt.

Insofern wäre dann - wenn Du einen Antrag auf Zurückstellung stellen kannst - auch ein Anruf beim Kreiswehrersatzamt (oder einer sonstigen offiziellen Beratungsstelle) vllt. auch sinnvoll, weil die Dir im Zweifelsfall genau sagen können, ob das so geht oder nicht.

Und natürlich ist es immer eine sehr blöde Idee irgendwelche Fristen ungenutzt ablaufen zu lassen, dh Du solltest jetzt - und nicht erst wenn das Problem akut wird - handeln.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
smallprint
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von smallprint »

Rein statistisch soll man seine Chancen, ausgemustert zu werden, durch einen frühzeitigen KDV-Antrag drastisch reduzieren. Auch die Chancen, nicht herangezogen zu werden, sind reduziert. M.E. war es ein taktischer Fehler, den Antrag gleich zu stellen und dem Wehrkreiskommando eine Verweigerung sofort in Aussicht zu stellen.

Wie man das Spiel am besten spielt, ist aber eher Erfahrungs- und Taktiksache und nicht unmittelbar durch juristische Leistung zu lösen. Ich würde mal versuchen, mit diesen Vereinen gegen Kriegs- und Zwangsdienste Kontakt aufzunehmen, da triffst Du gleichgesinnte - und Leute die etwas praktischen Umgang mit dem Problem haben.
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Motte
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von Motte »

smallprint hat geschrieben:Rein statistisch soll man seine Chancen, ausgemustert zu werden, durch einen frühzeitigen KDV-Antrag drastisch reduzieren. Auch die Chancen, nicht herangezogen zu werden, sind reduziert. M.E. war es ein taktischer Fehler, den Antrag gleich zu stellen und dem Wehrkreiskommando eine Verweigerung sofort in Aussicht zu stellen.
Jup.
---

Zurückstellung wegen des (noch nicht begonnenen) Studiums ist auch nicht garantiert. Man muss eine gewisse Zeit (3 Semester habe ich im Hinterkopf) hinter sich haben, damit sie einen zurückstellen (müssen).
Wenn Sie einen Schweizer Bankier aus dem Fenster springen sehen, springen Sie hinterher. Es gibt bestimmt etwas zu verdienen. (Voltaire)
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von Atropos »

Jetzt mal losgelöst von rechtlichen Kategorien ist es im Prinzip so: Eigentlich muss jeder taugliche Mann Wehrdienst leisten, aber es darf auch niemand dazu gezwungen werden, wenn es sein Gewissen nicht erlaubt. Du musst bei dieser zentralen Stelle in Köln belegen, dass du aus Gewissensgründen keinen Kriegsdienst leisten kannst. Von dem her folgt für das "Optionen" offen halten allgemein, dass dir Bundeswehr immer offen steht, denn Gewissensgründe können bei dir jederzeit wegfallen und sie haben weder die Möglichkeit noch das Interesse, dir das Gegenteil zu beweisen.

Normalerweise wird dieses Gewissen einfach überprüft, indem ein Beamter deinen lockeren Besinnungsaufsatz durchliest. Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass du dich vor einer Kommission (z.B. mit Pfarrern) erklären musst. Sicher weiß ich nur, dass du vor eine Kommission musst, wenn du den Verweigerungsantrag erst dann stellst, wenn dir schon die Einberufung zur Bundeswehr bekommst - denn dann haben sie durch den Zeitpunkt natürlich Zweifel, ob echte Gewissensgründe vorliegen.

zu 1:

Da könnte es zur obigen Kommission kommen. Normalerweise zieht man ja nicht den Antrag zurück, sondern sagt "Meine Gewissensgründe sind entfallen". Wenn man dann später wieder einen stellt, dann ist es natürlich zweifelhaft, ob das Gewissen sich so schnell ändert. Aber da habe ich keine Erfahrungswerte, ob sie das durchlassen etc... Also könnte dir da diese Kommission drohen, aber so ein großes Problem ist das auch nicht.

zu 2:

Du solltest nicht davon ausgehen, dass alles in der Praxis dann auch so abläuft, wie sie es in ihren offiziellen Briefen schreiben. Ich hatte damals die Unterschrift unter dem Antrag "vergessen" und auch sehr spät abgegen, also hätten sie es formal-rechtlich zurückweisen können - sie haben mir aber nur einen netten Erinnerungsbrief geschrieben, vielleicht ist das bei fehlender Begründung auch so.

Keine rechtliche Bewertung, aber in der Praxis glaube ich, dass das schlimmste was dir in Sachen Kriegsdienstverweigerung immer der Gang vor die Gewissens-Kommission ist, ich glaube nicht, dass sie jemanden eiskalt einberufen, weil er beim ersten Mal seine Begründung zu spät eingereicht hat.

Soweit ich weiß, kommt es auch manchmal (selten) vor, dass der erste Aufsatz nicht durchgeht, weil die Gewissenskomponente nicht klar genug herausgearbeitet wurde, aber selbst dann haben Leute noch mehrere Chancen.

zu 3:

Beim Zivildienst solltest du schon damit rechnen, einberufen zu werden, soweit ich weiß kommt es super selten vor, dass man keinen Zivildienst machen muss. Du gewinnst also in erster Linie ein bisschen Zeit. Wenn du dann zurückziehst, hast du noch die Chance, nicht zur Bundeswehr gezogen zu werden.

Mein Tipp für dich:

Ich würde mir an deiner Stelle lieber Gedanken machen, ob du Bund/Zivi oder etwas alternatives wie THW willst bzw. Energie reinstecken um die möglichst coole Zivistelle zu finden. Leider hast du durch deine bisherigen Fehler alles aus der Hand gegeben, mit dem du den ganzen Prozess überhaupt beeinflussen kannst.
Dir bleibt nur noch auf Glück zu hoffen, dass sie dich nicht einberufen. Dadurch steigt aber die Gefahr einer späteren Katastrophe, es kann nämlich sein, dass sie dich bis zum 3. Semester aus dem Studium rausziehen. Durch Rückstellung im Studium steigt die Höchstgrenze auf 25 Jahre, sodass sie dich auch nach dem 3jährigen Studium wahrscheinlich noch ziehen könnten.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass diese ganzen Geschichten von Leuten, die sich vor dem Bund drücken entweder mit massig Glück zusammen hängen, oder Märchen sind. Die andere Seite gibt es aber leider auch. Ein Bekannter von mir musste sich trotz tatsächlicher körperlicher Behinderung bis zum Bundesverwaltungsgericht hochklagen, bis die Sache endlich gelaufen war.

Es sei denn, dein Gesundheitszustand hat sich seit der letzten Musterung verschlechtert, dann kann man immer noch eine Nachmusterung verlangen.
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von Quietsche-Ente »

Leute, die sich immer um alles herumdrücken wollen, kotzen mich schlicht und einfach an - sei es nun "Zivildienst" oder Wehrdienst.
smallprint
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von smallprint »

Daß man sich vor überholten Pflichtdiensten aus der Zeit des Kalten Krieges drücken will, die heute überflüssig und unnötig sind, halte ich für durchaus vertretbar.
Alles nur, weil irgendeine Rentner-regierte-Regierungspartei sich nicht durchringen mag, das endlich abzuschaffen.

Die ursprüngliche Begründung für Wehrdienst ist entfallen,
das aktuelle Anforderungsprofil der Bundeswehr ist nur (!) mit Profis zu erfüllen,
die ursprüngliche Begründung, warum Zivildienst 3 Monate länger dauert, ist faktisch in Fortfall geraten,
und die "Wehrgerechtigkeit" ist auch nur noch eine unverbindliche Wunschvorstellung.
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von Quietsche-Ente »

smallprint hat geschrieben:Daß man sich vor überholten Pflichtdiensten aus der Zeit des Kalten Krieges [...]
Da stimme ich Dir zu, aber es ist eben so, wie es ist.
Eine Ampel an einer Kreuzung, die von 2 Autos am Tag passiert wird, halte ich auch für unnötig...
So what?

Den Soli halte ich auch nicht mehr für gerechtfertigt....Und nun?

Mit der Rosinentheorie lässt sich eben kein Gemeinwesen organisieren....
smallprint
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von smallprint »

Quietsche-Ente hat geschrieben:Eine Ampel an einer Kreuzung, die von 2 Autos am Tag passiert wird, halte ich auch für unnötig...
So what?
Ich werde Dich weder anzeigen noch moralisch verdammen, wenn Du sie mit der gebotenen Umsicht höflich ignorierst. Bei der Steuerfrage sehe ich das allerdings geringfügig anders.
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von Exocomp »

Wenn das KWEA biestig ist, versucht es, Dich vor dem Studium, im schlimmsten Fall aus dem Studium zu ziehen. Letzteres ist einen Kumpel von mir passiert, den sie nach dem 2. Semester gezogen haben. Vor dem Studium ist es für das KWEA gar kein Problem (jedenfalls wenn Du nach dem Abi schon 18 bist). Nach Beginn des Studiums gilt: Aus dem laufenden Semester darf nicht gezogen werden, nach Ablauf des ersten Drittels des Studiums auch nicht. De facto gilt es daher, ins dritte Semester zu kommen.
Mir ist es gelungen, weil ich nach einem Unfall den Verdacht auf einen diskreten Riß einer kleinen, aber wichtigen Sehne hatte. Dieser Verdacht kann nur schwer widerlegt werden. Das geht nur mit einem Kernspinthomographen, worüber die meisten KWEAs wahrscheinlich auch heute nicht verfügen. Daher schicken sie Dich zu privaten Betreibern. Bis ich da einen auch für mich passenden Termin hatte, gespint wurde und die Ergebnisse vorlagen, war ich im dritten Semester angekommen und konnte den Einberufungsbescheid auf dieser Grundlage erfolgreich vergessen, freilich erst nachdem ich ihn angefochten habe.
Das KWEA hat mich allerdings nicht von deren Abschussliste entfernt und meine Vorbereitung auf die mündliche Prüfung durch einen neuen Bescheid erhellt. Danach sollte ich noch vor der mündlichen Prüfung in Kaserne X antreten. Auf diese Frechheit hin erlaubte ich mir im Gegenzug, meinen Widerspruch diesmal persönlich zur Niederschrift abzugeben. Der Widerspruch ging natürlich durch, weil mein Studium noch gar nicht beendet war. Das KWEA stellte mir aber gleich mit dem Abhilfebescheid in Aussicht, mich sogleich nach Beendigung des Studiums einzuziehen - da war ich bereits 24! Da ich aber noch einen Verbesserungsversuch gemacht hatte, war ich erst mit 25 endgültig fertig geworden. Zu dem Zeitpunkt wurde das Höchstalter für die Einberufung Zurückgestellter gerade auf 25 herabgesenkt – was für ein glücklicher Zufall für mich. Nur meine Note habe ich mangels Abgabe der Hausarbeit und einer selbst auferlegten Bearbeitungszeit von 50 % pro Klausur leider nicht mehr verbessert.
Zuletzt noch eine leise Note an Quitsche-Ente: Wenn jeder sich dem Schwachsinn fügte, nur weil dieser im Gesetz steht, wäre jetzt noch Mittelalter. Mein Gewissen ist absolut ruhig – ich hätte kein Problem damit gehabt, dienen zu gehen. Ich hatte aber ein Problem damit, aus dem Studium gezogen zu werden. Mein o.g. Kumpel wollte auch kein Drückeberger sein, nachdem er aber danach massive Probleme hatte, im Studium wieder Anschluss zu finden, ist sein Patriotismus etwas abgekühlt. Als das KWEA es nicht gebacken bekam, mich vor dem Studium zu ziehen, wurde ich trotzig. Inzwischen habe ich in dem gewonnenen Jahr soviele Steuern und Sozialabgaben gezahlt, dass es für 10 Grundwehrdienst-Soldaten gereicht hat.

1. Ich hatte sehr früh einen Antrag auf Zivi gestellt, gleich nachdem ich zur Musterung eingeladen wurde. Ich hatte ihn aber nur halbherzig begründet und nach mehrfachen Aufforderungen zur Nachbesserung zurückgezogen. Wurde tautlich gemustert und jahrelang hartnäckig vom Kreiswehrersatzamt „verfolgt“ (s.o.). Ich weiss allerdings nicht, ob es an dem ursprünglichen Verweigerungsantrag lag, oder an meinem Migrationshintergrund – ich vermute, das KWEA wollte mich durch den Wehrdienst „integrieren“.
2. Ich gehe davon aus, dass die Entscheidung nach Ablauf der (verkürzten!) Widerspruchsfrist nicht mehr viel zu machen sein wird. Zwar ist theoretisch denkbar, dass Deine geistige Haltung sich im Laufe der Zeit verändert, so dass ein erneuter Antrag möglich sein müsste. Das glaubhaft zu belegen dürfte aber kaum möglich sein.
3. Es ist grundsätzlich schön, wenn man weiß, was man will. Aber wenn man es anfänglich nicht so genau weiß und sich zunächst einmal einige Zeit (zu zeitlichen Aspekte s.o.) darüber Gedanken macht und zu einer fundierten Entscheidung kommt, ist es auch manchmal auch nicht verkehrt.
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non-liquet
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von non-liquet »

Quietsche-Ente hat geschrieben:
smallprint hat geschrieben:Daß man sich vor überholten Pflichtdiensten aus der Zeit des Kalten Krieges [...]
Da stimme ich Dir zu, aber es ist eben so, wie es ist.
Die Wehrpflicht ist aber kein Naturgesetz. Richtig ist vielmehr: Niemand muss sich hierzulande dafür rechtfertigen, dass er Eingriffe in seine Grundrechte abwehren will. Vielmehr bedürfen diese Eingriffe selbst erst einmal einer Rechtfertigung. Bei Steuerzahlen wird dieser einfache Grundsatz als eine Selbstverständlichkeit angesehen, aber beim Wehrdienst gilt gleiches sofort als anrüchig.

Es gibt gesetzliche Voraussetzungen, unter denen eine Heranziehung zum Wehrdienst erfolgen kann oder eben nicht. Dazu gehört beispielsweise die Frage, ob man(n) den gesundheitlichen Anforderungen des Grundwehrdienstes gewachsen ist. Es hat nichts mit "herumdrücken" zu tun, das Vorliegen dieser Voraussetzungen genau zu prüfen. Die Behörden tun dies - übrigens auch duchaus zum Leidwesen des truppenärztlichen Dienstes - regelmäßig nicht, angesichts der personellen und materiellen Ausdünnung der Wehrersatzbehörden können sie es wohl auch kaum mehr.
Atropos hat geschrieben:Sicher weiß ich nur, dass du vor eine Kommission musst, wenn du den Verweigerungsantrag erst dann stellst, wenn dir schon die Einberufung zur Bundeswehr bekommst - denn dann haben sie durch den Zeitpunkt natürlich Zweifel, ob echte Gewissensgründe vorliegen.
Das stimmt nicht. Diese Kommissionen ("Ausschüsse (bzw. Kammern) für Kriegsdienstverweigerung") sind vom Gesetzgeber schon vor Jahren abgeschafft worden. Das ganze ist ein schriftliches Verfahren, das vor dem Bundesamt für den Zivildienst abläuft - ggf. auch ein Widerspruchsverfahren.

Falls es dort zu keiner Anerkennung kommt, ist der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht eröffnet.

Nähres ist dem KDVG zu entnehmen.
Ich würde mir an deiner Stelle lieber Gedanken machen, ob du Bund/Zivi oder etwas alternatives wie THW willst bzw. Energie reinstecken um die möglichst coole Zivistelle zu finden.
Siehe oben: Die Angelegenheit als Schicksal anzunehmen, ist die schlechteste Alternative. Der Beitrag von Exocomp zeigt ja sehr gut, dass man sich nicht alles bieten zu lassen braucht.

Richtig ist allerdings, dass der TE das Pferd von hinten aufzuzäumen versucht hat. Der KDV-Antrag erschwert das weitere Procedere. Es gibt natürlich keine unterschiedlichen Kriterien für die Wehr- und Zivildienstfähigkeit, vielmehr läuft dies gleich - wenn aber dennoch nach dem Motto vorgegangen wird "zum Bund kann er nicht, aber Zivi geht noch", muss man das erst einmal im Rechtsmittelverfahren angreifen.

Das ist aber im Moment noch nicht das Entscheidende. Es gibt nämlich einige Punkte, die zunächst einmal abgeklärt werden sollten.

Allgemein gesprochen: Gegen einen Musterungsbescheid kann man z. B. Widerspruch einlegen - so die Frist noch nicht abgelaufen ist. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, vor der Heranziehung zum Dienst eine Überprüfungsuntersuchung zu beantragen; unter bestimmten Bedingungen muss diese dann sogar erfolgen (also kein Ermessen der Behörde).

Gerade auch, weil hier ein duales Studium im Hintergrund steht und dies erst jüngst zu einer Änderung im WPflG geführt hat, kann man in dieser Situation nur empfehlen, qualifizierten Rat in Anspruch zu nehmen. Die Zentralstelle KDV (Verwaister Link http://www.zentralstelle-kdv.de/ automatisch entfernt) wäre eine denkbare Anlaufstelle.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass diese ganzen Geschichten von Leuten, die sich vor dem Bund drücken entweder mit massig Glück zusammen hängen, oder Märchen sind.
Sind diese Erfahrungen zufälliger Weise einige Jahre her? In meinem Freundes- und Bekanntenkreis sah es damals (Mitte der 90er) ähnlich aus. Inzwischen hat sich das aber grundlegend geändert (Streitkräftereformen, Personalabbau beim Bund, Dienstzeitverkürzungen). 40-50 Prozent der Gemusterten werden nach Angaben des Verteidigungsministeriums derzeit als nicht wehrdienstfähig eingestuft.
Atropos
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von Atropos »

non-liquet hat geschrieben:Siehe oben: Die Angelegenheit als Schicksal anzunehmen, ist die schlechteste Alternative. Der Beitrag von Exocomp zeigt ja sehr gut, dass man sich nicht alles bieten zu lassen braucht.
Die Sache ist aber, dass der Threadersteller von einem dreijährigen Studium spricht. Ich gehe daher davon aus, dass er nach seinem Studium immer noch unter der Altershöchstgrenze liegt. Nach dem Studium gezogen zu werden ist doch auch kein großer Gewinn.
Quietsche-Ente
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Re: Kreiswehrersatzamt und andere Unverschämtheiten

Beitrag von Quietsche-Ente »

Exocomp hat geschrieben: Zuletzt noch eine leise Note an Quitsche-Ente: Wenn jeder sich dem Schwachsinn fügte, nur weil dieser im Gesetz steht, wäre jetzt noch Mittelalter.
Also gilt: Wenn man sich dem Gesetz nicht fügt, ist man in der Neuzeit, oder wie?

Auf einen NS-Vergleich warte ich noch à la "Wohin man kommt, wenn man alles macht, was einem gesagt wird, dürfte Dir bekannt sein...".

:-({|=

Es geht hier schlicht und einfach darum, dass diejenigen, die sich weigern Wehrdienst oder Ersatzdienst zu leisten, sich nicht in ihren Grundrechten usw. verletzt fühlen, sondern schlicht und einfach zu faul sind oder es aus "Karriere"-Gründen nicht ins Konzept passt (Lieber Praktikum in NY...oder Entwicklungshilfegedöns in Timbuktu).

Da wird dann immer das Hohelied der Wehrgerechtigkeit angestimmt.
Ja, sie ist nicht gegeben. Es gibt gute Gründe für eine Freiwilligenarmee.

Na und? Drückeberger sind sie dennoch. Sie schämen sich nicht, dreimal die Woche ins Fitness-Studio zu gehen und dann im KWEA von ihrem schweren Knieleiden zu erzählen, das sie ja ach so einschränkt. Usw.

Meist sind es dann auch gerade die Leute, die sich bei ihrer lokalen Amnesty-Gruppe über zu wenig "Einsatzfreude" und "gesamtgesellschafliches Engagement" beschweren, oder noch besser: "Verantwortung" anmahnen.

Solche Leute kotzen mich an - dazu stehe ich.
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