Gender Mainstreaming

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Herr Anwalt
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Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Herr Anwalt »

Ich habe jetzt nicht alle 103 Seiten gelesen, aber zu dem Thema fand ich dieses Video ganz gut:

https://www.youtube.com/watch?v=3OfoZR8aZt4&t=25s

In seiner Reihe "Gehirnwäsche" geht der beliebte norwegische Komiker und Soziologe der Gender-Forschung auf den Grund. Diese behauptet, es gebe außer den Geschlechtsteilen keine Unterschiede zwischen Mann und Frau. Die verschiedenen sozialen Rollen seien durch die Kulturen willkürlich festgelegt und bedeuteten eine Einengung, die überwunden werden müsste.
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Vorkriegsjugend
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Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Vorkriegsjugend »

Das ist eine ungenaue Verkürzung der Genderstudies.

Dass es neben den biologischen Geschlechtsmerkmalen auch soziokulturelle gibt ist doch naheliegend und leicht nachvollziehbar. Wie stark diese ausgeprägt sind und welche Rolle sie bei der Ausprägung und Entwicklung des Geschlechts des Einzelnen spielen wird durch diesen Wissenschaftszweig erforscht. Hierbei wird stellenweise auch mit provokanten Thesen gearbeitet, die alleine für sich genommen auch mir manchmal absurd vorkommen, sich aber häufig aus dem jeweiligen Kontext erklären lassen.

Juristen kennen doch aus ihrem eigenen Zweig, was in der Allgemeinheit manchmal über das Recht behauptet wird und wieviel davon dann zutrifft. Das ist auch bei anderen Studiengängen nicht anders.
Gelöschter Nutzer

Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Dass es neben den biologischen Geschlechtsmerkmalen auch soziokulturelle gibt ist doch naheliegend und leicht nachvollziehbar.
Richtig.
Wie stark diese ausgeprägt sind und welche Rolle sie bei der Ausprägung und Entwicklung des Geschlechts des Einzelnen spielen wird durch diesen Wissenschaftszweig erforscht.

So ist es eben nicht. Es wird keine wertneutrale Wissenschaft betrieben, sondern ideologisch gearbeitet. Und das so massiv, dass es auf den ersten Blick ersichtlich ist.
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Vorkriegsjugend
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Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Vorkriegsjugend »

Woher nimmst du diese Kenntnis?

Im Übrigen ist eine Selbstbetroffenheit von Studierenden und Lehrenden in vielen Studiengängen üblich und hilft beim grundsätzlichen Interesse am Fach. Dass eine neutrale Betrachtung des eigenen Faches dadurch erschwert wird will ich nicht abstreiten, kommt aber auch Fächerübergreifend vor.

Ich habe jetzt von vielen Konservativen und politisch rechts anzusiedelnden Personen das Wort "Ideologie" in Zusammenhängen einer abgelehnten Meinung gelesen. In wieweit würdest du Ideologie definieren und in welcher Hinsicht zur eigenen politischen Vorstellung abgrenzen? Was macht die abgelehnte Meinung zur Ideologie, was nicht auf die selbstvertretene Meinung zutrifft?
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Urs Blank
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Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Urs Blank »

juraidiot hat geschrieben:Es wird keine wertneutrale Wissenschaft betrieben, sondern ideologisch gearbeitet.
Deine "Kritik" impliziert unbesehen, Wissenschaft könne oder solle "wertneutral" betrieben werden - was mit Blick auf eine lange Geschichte des wissenschaftstheoretischen Streits um gerade diese Frage schon einigermaßen kurios ist.
"Cats exit the room in a hurry when oysters are opened."
Herr Anwalt
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Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Herr Anwalt »

Naja, aber sollte es darum gehen was in der Geschichte erwünscht war?
Oder sollte es heute darum gehen, dass die Wissenschaft wertneutral betrieben wird, oder zu sagen: "Ok wir forschen und haben eine These, aber wir akzeptieren das Ergebnis?"
Gelöschter Nutzer

Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Woher nimmst du diese Kenntnis?
Das ist der Eindruck, den ich durch meine, zugegebenermaßen nicht tiefdringende, Beschäftigung mit der Genderwissenschaft erhalten habe.

Meines Wissens nach ist es aber auch explizit formulierter Anspruch der Genderwissenschaft, nicht wertneutral zu sein, sondern im Sinne einer Dekonstruktion des herkömmlichen Geschlechterverständnis zu wirken.

Natürlich kann man sich vor meinem Vorwurf immer dahingehend retten, dass die Genderwissenschaft im engen, strengen Sinne notwendigerweise wertneutrale Forschung ist (da eben Wissenschaft), und die programmatischen Forderungen eben Folgerungen aus dieser Forschung hinsichtlich anzustrebender gesellschaftlicher Veränderungen sind.

Mein Eindruck ist aber eben, dass es sich hier oft andersherum verhält.

Das meine ich in diesem Zusammenhang auch mit Ideologie: das ein mehr oder weniger geschlossenes Weltbild mit fixen Vorannahmen besteht, und man die Realität in diesen vorgegebenen Rahmen zwängt.


Die Abgrenzung von Ideologie und Meinung mache ich demzufolge daran fest, inwieweit man sich dogmatisch oder offen verhält.

Allerdings ist es dem Menschen natürlich schon aus pragmatischen Gründen nicht möglich jederzeit vollständig offen und hinterfragend in seiner Meinungsbildung zu sein, so dass die Sinnhaftigkeit dieser Unterscheidung dahinstehen mag.
Gelöschter Nutzer

Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Deine "Kritik" impliziert unbesehen, Wissenschaft könne oder solle "wertneutral" betrieben werden - was mit Blick auf eine lange Geschichte des wissenschaftstheoretischen Streits um gerade diese Frage schon einigermaßen kurios ist.
Es sollte jedenfalls der Anspruch sein.
Herr Anwalt
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Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Herr Anwalt »

Was mich umgekehrt stört, dass hier mit einer Umkehr der Beweislast gearbeitet wird. Die Genderwissenschaften haben sich emporgekämpft. Aber, dass sie wirklich wissenschaftlich arbeiten, vermag ich nicht zu erkennen.

Wo sind die bahnbrechenden Erkenntnisse? Was davon beruht auf wissenschaftlichen Tests? Warum ist es zb. in allen Kulturen, selbst in absolut autarken und archaischen so, dass Männer und Frauen immer ähnliche Rollen einnehmen? Ist womöglich die westliche Kultur diejenige, die den Menschen versucht umzupolen, und nicht die konservative Gesellschaft?
Das wären Fragen die die Wissenschaftler doch längst hätten beantworten müssen? Umso weniger eine Gesellschaft regelt deto stärker sind die Rollenbilder verteilt. Wie passt das also zur Theorie der Unterschied sei weitgehend sozial geprägt?
Zuletzt geändert von Herr Anwalt am Freitag 28. Mai 2021, 15:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Vorkriegsjugend
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Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Vorkriegsjugend »

Wir sind ja keine Genderwissenschaftler, sondern Juristen, woher sollen wir diese Kenntnisse über Genderwissenschaften nehmen? Ein Genderwissenschaftler soll ja auch keinen Vetrag prüfen oder auslegen.

Nur so pauschal einer Fachrichtung die Bedeutung abzusprechen, obwohl das viele anders sehen, gefällt mir nicht, insbesondere in dieser knappen Form. Ich habe aber mit Genderwissenschaften nichts am Hut und keine größeren tiefergehenden Kenntnisse.
Gelöschter Nutzer

Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Was mir als "Gender-Laie" besonders merkwürdig vorkommt, ist Folgendes:

Dass es erhebliche körperliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt, ist evident. Diese hören nicht bei den Geschlechtsorganen auf, sondern erfassen die (durchschnittliche) Größe, den Knochenbau, die Muskeln, den Körperbau usw. Eine entscheidende Rolle spielen hierbei die Hormone. Darüber hinaus sieht man selbst innerhalb eines Geschlechts oder sogar an einer einzelnen Person, was für einen Unterschied eine verschiedene "Hormon-Dosis" machen kann, selbst für die Persönlichkeit und das Verhalten (vgl. den Gebrauch anaboler Steroide).

Vor diesem Hintergrund erscheint es doch höchst merkwürdig, dass diese erheblichen körperlichen Unterschiede in überhaupt keiner Weise auf das durchschnittliche (!) Verhalten und die durchschnittliche (!) Persönlichkeit der Geschlechtsgenossen auswirken sollen. Zumal die o.g. insbesondere hormonellen Unterschiede anerkanntermaßen in erheblichem Maße Aspekte wie den Sexualtrieb und die Aggressivität beeinflussen. Diese wirken sich wiederum auf das sonstige Verhalten aus.

Deshalb erscheint es mir kaum nachvollziehbar, dass es keinerlei (Verhaltens-)Unterschiede zwischen den Geschlechtern geben soll. Darüber hinaus zieht es m.E. auch die Glaubwürdigkeit des Faches in Frage, wenn die "Forschung" nicht ergebnisoffen ist, sondern vielmehr eine bestimmte, bereits bestehende Vorstellung -- namentlich das Fehlen derartiger Unterschiede -- lediglich untermauern soll.
Zuletzt geändert von Gelöschter Nutzer am Freitag 11. August 2017, 23:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Vorkriegsjugend
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Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Vorkriegsjugend »

Wer aus den Genderstudies behauptet denn, dass es nur die Geschlechtsorgane als körperliche Wesensmerkmale gibt?
Gelöschter Nutzer

Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Mich hat diese feministisch motivierte Genderdiskussion auch immer genervt. Ich bin zwar eine emanzipierte Frau, aber Gleichberechtigung hat für mich die Bedeutung, nur die Leistung eines Menschen zu werten, ungeachtet des Geschlechts etc.
http://m.faz.net/aktuell/politik/inland ... 03216.html
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Vorkriegsjugend
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Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Vorkriegsjugend »

Ich würde nicht sagen, dass es grundsätzlich feministische motiviert ist.
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Levi
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Re: Gender Mainstreaming

Beitrag von Levi »

juraidiot hat geschrieben:
Deine "Kritik" impliziert unbesehen, Wissenschaft könne oder solle "wertneutral" betrieben werden - was mit Blick auf eine lange Geschichte des wissenschaftstheoretischen Streits um gerade diese Frage schon einigermaßen kurios ist.
Es sollte jedenfalls der Anspruch sein.
Ein solcher "Anspruch" ist aber ein Widerspruch in sich. Du triffst die Wertung "wertneutral" sein zu wollen. 

Es gibt keine "wertneutrale" Wissenschaft und es kann sie auch bereits rein logisch gar nicht geben.
Bereits durch die Forderung, dass "Wissenschaft wertneutral betrieben" werden solle oder auch dadurch, dass ich mich dafür entscheide, sie (vermeintlich) "wertneutral" zu betreiben, nehme ich eine Wertung vor und begründe mein Ergebnis normativ.
Auch der Begriff "Wissenschaft" ist im höchsten Maße wertend, denn ich schließe durch seine Definition alles das aus, was nach meiner Meinung nicht dazu gehören soll. Ich nehme also eine Wertung vor. 

Das Ziel einer "wertfreien Wissenschaft" ist daher logischer Unfug. Er führt in ein klassisches Münchhausen-Trilemma.
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