Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

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Swann
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von Swann »

ElGraf hat geschrieben: Dass die (mglw.) Geschädigte sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht beruft, soll also als Indiz zu werten sein, dass sie das Ganze inszeniert hat?
Ja, bei der Bewertung der Glaubwürdigkeit einer Zeugin ist ihre mögliche Aussageverweigerung als Indiz miteinzubeziehen, insbesondere wenn sie sich einer kritischen Befragung auf diese Weise entzieht (BGH NStZ 1992, 347; StV 2003, 604).
ElGraf
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von ElGraf »

Das ist a) keine Antwort auf die Frage (Indiz für Inszenierung?) und b) stellt sich die Frage, ob die von Dir zitierte Rechtsprechung auf die hiesige Konstellation eines (durch einen wütenden Mob angestrengten) Wiederaufnahmeverfahrens (in dem der Wunsch, eine öffentliche Anprangerung vermeiden zu wollen, für mich sehr gut nachvollziehbar ist) übertragbar ist.
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Torquemada
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von Torquemada »

Es geht nicht darum, ob der Ex-Frau aus der Verweigerung des Zeugnisses ein Strick gedreht werden kann, sondern es geht darum, ob dem Angeklagten aus dem, was die Ex-Frau vor acht, zehn oder zwölf Jahren gesagt hat, heute noch ein Strick gedreht werden kann.

Hier ist, wenn man - entgegen der h.L. - die Verwertung der früheren Aussage bei jetziger Zeugnisverweigerung überhaupt zulässt, ohnehin schon große Vorsicht angebracht.
BGHSt 45, 203 hat geschrieben:Freilich wird das Tatgericht bei der Würdigung des so erhobenen Beweises zu beachten haben, daß der Beweiswert der Aussage wegen der erheblich eingeschränkten Möglichkeiten zur Überprüfung der Glaubhaftigkeit der Aussage wesentlich geringer ist als bei einer unmittelbaren Aussage des Zeugen.
Jedenfalls ist es dies unter den hier gegebenen Umständen eines beginnenden Rosenkriegs.
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batman
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von batman »

Worauf beruht denn die Einschätzung, dass das LG Regensburg diese Grundsätze verkannt hat?
Scaevola
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von Scaevola »

ElGraf hat geschrieben:die hiesige Konstellation eines (durch einen wütenden Mob angestrengten) Wiederaufnahmeverfahrens
Ist das wieder so ein running gag, den ich nicht verstehe? Ich habe nur dunkel noch die Debattenfronten beim seinerzeitigen Hochkochen der Causa Mollath in Erinnerung, aber gehörtest auch Du zu den Leuten, die sich darüber ereifern konnten, dass es tatsächlich zur Wiederaufnahme kam?
Roger Fisher
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von Roger Fisher »

291 zpo
Als sich der Ochs im Paradies langweilte, erfand er die Jurisprudenz - Hans Litten
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Torquemada
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von Torquemada »

batman hat geschrieben:Worauf beruht denn die Einschätzung, dass das LG Regensburg diese Grundsätze verkannt hat?
Weil - abgesehen von einer oberflächlichen ärztlichen Untersuchung - nun einmal alle Feststellungen zum Tatgeschehen auf dessen Schilderung durch die Ex-Frau beruhen.
ElGraf
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von ElGraf »

Scaevola hat geschrieben:
ElGraf hat geschrieben:die hiesige Konstellation eines (durch einen wütenden Mob angestrengten) Wiederaufnahmeverfahrens
Ist das wieder so ein running gag, den ich nicht verstehe? Ich habe nur dunkel noch die Debattenfronten beim seinerzeitigen Hochkochen der Causa Mollath in Erinnerung, aber gehörtest auch Du zu den Leuten, die sich darüber ereifern konnten, dass es tatsächlich zur Wiederaufnahme kam?
Nö, kein Running Gag, nur die Äußerung von Verständnis über die Weigerung der Ehefrau, sich dem Öffentlichkeitsinteresse an dieser Stelle auszusetzen.
Herr Schraeg
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von Herr Schraeg »

Torquemada hat geschrieben:
Herr Schraeg hat geschrieben:1. Nach allem, was ich gelesen habe, scheint mir die Beweiswürdigung im Wiederaufnahmverfahren richtig oder zumindest vertretbar und das Urteil richtig.

2. Wenn die Stichworte "Schwarzgeld" und "Steuerhinterziehung" fallen, greifen sofort wahnwitzige Verschwörungstheorien Platz, angefangen vom hochkriminellen mastermind "Exfrau Mollath", die Bösartigstes Jahre im voraus planen kann, ...
Ich sehe das nicht so. Klar, die Täterschaft Mollaths mag wahrscheinlich sein. Wie man aber eine jeden vernünftigen Zweifel ausschließende Gewissheit erlangen kann, dass das nicht von Anfang an alles durch die Ex-Frau inszeniert worden ist, wenn diese sich - wiewohl Nebenklägerin - nicht einmal für die Gewinnung eines persönlichen Eindrucks zur Verfügung stellen mag, ist für mich schlechthin unverständlich und erweckt den bösen Anschein sachfremder Erwägungen (worunter ich auch die Absicht subsumieren würde, ein "salomonisches" Urteil zu finden, das einerseits M. den Freispruch nebst Entschädigung beschert, ohne andererseits das erste Verfahren als vollkommen bar jeder Grundlage erscheinen zu lassen).
Soweit ohne schriftliches Urteil nachvollziehbar, hat sich das Gericht bei der Begründung der Körperverletzung auf drei Umstände gestützt:

1. Es hat trotz des wegen des fehlenden persönlichen Eindrucks - und die Haltung der Ex-Frau halte ich wie ElGraf angesichts der äußeren Umstände des Verfahrens für sehr gut nachvollziehbar -geringeren Beweiswerts die Aussagen der Ex-Frau als im wesentlichen widerspruchsfrei und ohne Belastungseifer getätigt angesehen. Für den Zeitpunkt ihrer Berichte über die Körperverletzung gegenüber den anderen Zeugen noch deutlich vor der späteren Trennung und Schlammschlacht über Schwarzgeldverschiebungen sah das Gericht keine besondere Belastungsmotivation.

2. Die Verletzungen waren dilettantisch und oberflächlich begutachtet (von anderen Ungereimtheiten im Zusammenhang mit dem Attest einmal abgesehen). Dennoch stand für das Gericht nach den Aussagen des Arztes und seiner Sprechstundenhilfe auch für mich nachvollziehbar fest, dass es Verletzungen gab, mithin die Aussagen der Ex-Frau gestützt werden.

3. Mollath selbst hat im Wiederaufnahmeverfahren nicht geschwiegen, sondern sich teilweise zur Sache eingelassen, was also verwertet werden darf. Diese Einlassung "Ich habe mich nur gewehrt" hat das Gericht als Eingeständnis, dass es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen seiner Frau und ihm gekommen war, angesehen. Ernstgemeinte Frage an alle, die eine körperliche Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten als möglicherweise erfunden ansehen: Wie soll man denn die Aussage "Ich habe mich nur gewehrt" anders würdigen?

Zusammenfassend bleibe ich trotz des Auftritts der Spanischen Inquisition ("Nobody expects...") dabei, dass die Beweiswürdigung des Gerichts nachvollziehbar ist und Spekulationen über sachfremde Motive des Gerichts eben nur Spekulationen sind.
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Torquemada
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von Torquemada »

Herr Schraeg hat geschrieben:Es hat trotz des wegen des fehlenden persönlichen Eindrucks - und die Haltung der Ex-Frau halte ich wie ElGraf angesichts der äußeren Umstände des Verfahrens für sehr gut nachvollziehbar - geringeren Beweiswerts die Aussagen der Ex-Frau als im wesentlichen widerspruchsfrei und ohne Belastungseifer getätigt angesehen.
Und wo genau kommt hier der wesentlich eingeschränkte Beweiswert dieser Aussagen zur Geltung?
Herr Schraeg hat geschrieben:Diese Einlassung "Ich habe mich nur gewehrt" hat das Gericht als Eingeständnis, dass es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen seiner Frau und ihm gekommen war, angesehen. Ernstgemeinte Frage an alle, die eine körperliche Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten als möglicherweise erfunden ansehen: Wie soll man denn die Aussage "Ich habe mich nur gewehrt" anders würdigen?
Die Spanische Inquisition wusste wenigstens noch, wie ein anständiges Geständnis aussieht (und wie man das herbeiführt: “Now, Cardinal - the rack!”). So nämlich nicht.
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von Scaevola »

ElGraf hat geschrieben: nur die Äußerung von Verständnis über die Weigerung der Ehefrau, sich dem Öffentlichkeitsinteresse an dieser Stelle auszusetzen.
Aha. Mir schien Deine Formulierung eher das Wiederaufnahmeverfahren in Zweifel zu ziehen, denn was erst auf Betreiben eines wütenden Mobs zustande kommt, kann ja irgendwie nicht rechtens sein... Aber sei's drum.
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non-liquet
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von non-liquet »

Torquemada hat geschrieben:
Herr Schraeg hat geschrieben:Es hat trotz des wegen des fehlenden persönlichen Eindrucks - und die Haltung der Ex-Frau halte ich wie ElGraf angesichts der äußeren Umstände des Verfahrens für sehr gut nachvollziehbar - geringeren Beweiswerts die Aussagen der Ex-Frau als im wesentlichen widerspruchsfrei und ohne Belastungseifer getätigt angesehen.
Und wo genau kommt hier der wesentlich eingeschränkte Beweiswert dieser Aussagen zur Geltung?
Im Abschnitt "Beweiswürdigung" im schriftlichen Urteil?
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von Parabellum »

Lesenswert das Interview mit Strate in der taz: http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/arti ... dbcecdb8f1
"Ich sage nicht, dass man sich hier zu siezen hätte oder ähnlichen Quatsch. Bei einem Forum von Juristen für Juristen ist meine Erwartungshaltung aber trotzdem nochmal eine andere als bei der Kneipe um die Ecke." OJ1988
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von Pillendreher »

http://www.sueddeutsche.de/bayern/nach- ... -1.2099130

Der Gustl genießt wohl die Aufmerksamkeit.
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Torquemada
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Re: Ein vom Querulantenwahn befallener Justizkritiker?

Beitrag von Torquemada »

non-liquet hat geschrieben:
Torquemada hat geschrieben:
Herr Schraeg hat geschrieben:Es hat trotz des wegen des fehlenden persönlichen Eindrucks - und die Haltung der Ex-Frau halte ich wie ElGraf angesichts der äußeren Umstände des Verfahrens für sehr gut nachvollziehbar - geringeren Beweiswerts die Aussagen der Ex-Frau als im wesentlichen widerspruchsfrei und ohne Belastungseifer getätigt angesehen.
Und wo genau kommt hier der wesentlich eingeschränkte Beweiswert dieser Aussagen zur Geltung?
Im Abschnitt "Beweiswürdigung" im schriftlichen Urteil?
Die Frage ist doch nicht, wo das dann ggf. stehen würde. Der Punkt ist, dass es die erforderlichen von den Angaben der Ex-Frau unabhängigen, beweiskräftigen Umstände nicht gibt und mit ihnen deshalb in der schriftlichen Urteilsbegründung ebensowenig zu rechnen ist wie sie in der mündlichen Begründung enthalten waren.
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