Ok - aber die Frage ist doch, ob du oder ich eine Wahl haben? Würden wir, als Individuen, nur dort konsumieren, wo wir wissen, dass es ethisch unbedenklich ist (fraglich ob das überhaupt möglich ist), würde sich etwas ändern? Ich denke nicht.Von der historischen (u. a. Sklaverei, Kolonialisierung) und gegenwärtigen (u. a. Rohstoffe) Ausbeutung des Kontinents profitierte und profitiert aber nun einmal "die überwältigende Mehrzahl der Europäer" - das Konsumverhalten veranlasst die bösen Megakonzerne erst zur Ausbeutung. Demokratisch gesehen kann man die Europäer sogar dafür verantwortlich machen, dass ihre Volksvertreter der Ausbeutung durch Konzerne nicht Einhalt gebieten.
Was die Volksvertreter angeht, welche Partei müsste man denn wählen, die dem Einhalt gebietet? Ich vermute, dass keine Partei sich hinstellt und etwa sagt "Jo, also die Afrikaner müssen wir schon ausbeuten, wenn wir unseren Lebensstandard halten wollen". Wenn die Parteien also letztlich nicht das machen, was sie behaupten tun zu werden, können wir dann was dafür?
Es ist ja nicht nur ich und du, die noch nie einen Sklaven gehalten haben. Der deutsche Staat als solcher hat meines Wissens nach nie Sklaverei praktiziert. Grausamkeiten gegen Afrikaner wie gegen die Hereros kamen dagegen vor, allerdings ist fraglich, ob speziell darin die wesentliche Ursache für die Armut in manchen Teilen Afrikas zu sehen ist. Auch kann man argumentieren, dass der Ausbau der Kolonialismus nicht nur schlecht für die Kolonisierten war, sondern ihnen auch die "Segnungen der westlichen Zivilisation" brachte. Dagegen könnte man wiederum einwenden, dass diese Zerstörung der natürlichen Lebensweise der Kolonisierten letztlich der wesentliche Grund für Armut, instabile Staatlichkeit etc. ist.Das kann man (m. E. rosinenpickend) läppisch mit einem "Ich selbst habe noch nie einen Sklaven gehalten" ausblenden. Man kann sich den Zusammenhängen aber auch öffnen und zumindest eine kollektive Mitverantwortung für gewisse Zustände anerkennen,
Weiterhin könnte man fragen, ob auch die Araber eine Schuld für den Zustand (Schwarz-)Afrikas haben, denn deren Versklavung übertrifft die der Europäer mW zahlenmäßig deutlich. Noch weitergehend könnte man fragen, ob die Araber auch eine Schuld gegenüber Europäern haben, denn bis ins 18.Jahrhundert wurden die Küsten Europas von arabischen Sklavenjägern überfallen (https://en.wikipedia.org/wiki/Barbary_slave_trade).
Auch haben Afrikaner Afrikaner versklavt und an europäische Sklavenhändler verkauft. Worauf ich damit hinaus will: es ist relativ aussichtslos die Zusammenhänge im Sinne der Suche nach einem Schuldigen aufzudröseln.
Kollektive Mitverantwortung sehe ich deshalb nicht. Nichtsdestotrotz ist es bereits mittelfristig im Interesse Europas, dass sich die Verhältnisse in Afrika stabilisieren. Denn sonst wird das Migrationsproblem existentielle Dimensionen annehmen. Glücklicherweise ist der afrikanische Kontinent als Ganzes im wirtschaftlichen Aufschwung begriffen.