NSU-Prozess

"Off-Topic"-Forum. Die Themen können von den Usern frei bestimmt werden.
Es gelten auch hier die Foren-Regeln!

Moderator: Verwaltung

Antworten
Parabellum
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 6850
Registriert: Dienstag 21. Juni 2011, 16:49
Ausbildungslevel: RA

Re: NSU-Prozess

Beitrag von Parabellum »

Interessant wäre aber, wie dies nun verfahrensrechtlich gelöst werden könnte. Dazu wäre etwas Input zum Revisionsrecht eigentlich ganz hilfreich, insbesondere zur Frage, ob und unter welchen Bedingungen "Fehler" oder "Ungleichbehandlungen" (möglicherweise durch eine nachträgliche Vergabe weiterer Plätze) in der Zulassung von Journalisten einen Verstoß gegen § 169 Abs. 1 GVG und damit ggf. einen absoluten Revisionsgrund nach § 338 Nr. 6 StPO ergeben. Zugespitzt: Liegt in einer möglicherweise "falsch" zusammengesetzten Öffentlichkeit eine "Beschränkung" der Öffentlichkeit?

Ich habe hier leider gerade nur den Meyer-Goßner, der da m.E. nicht sonderlich ergiebig ist und derzeit keinen Datenbankzugriff. Mag da vielleicht von Euch mal jemand etwas zusammen tragen?
"Ich sage nicht, dass man sich hier zu siezen hätte oder ähnlichen Quatsch. Bei einem Forum von Juristen für Juristen ist meine Erwartungshaltung aber trotzdem nochmal eine andere als bei der Kneipe um die Ecke." OJ1988
Benutzeravatar
showbee
Fossil
Fossil
Beiträge: 9977
Registriert: Dienstag 21. August 2007, 19:58
Ausbildungslevel: RA

Re: NSU-Prozess

Beitrag von showbee »

Ohne Strafrechtler zu sein: Ich hielte eine Neuverteilung sinnvoller als eine Videoübertragung in einen Nachbarsaal
"I suspect that if a million monkeys were put in front of a million typewriters, by Wednesday one of them would have come up with an improved version of the Income Tax Assessment Act" CASE P132 [1982] ATC 660, 662, AUSTRALIA
Benutzeravatar
batman
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8287
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 12:06
Ausbildungslevel: Anderes

Re: NSU-Prozess

Beitrag von batman »

Die Anordnung des Senatsvorsitzenden nach § 176 GVG stellt zunächst einmal eine Ermessentscheidung dar, die der Bedeutung von Art 5 Abs. 1 GG - insbesondere für die Gewährleistung öffentlicher Wahrnehmung und Kontrolle von Gerichtsverhandlungen - Rechnung zu tragen und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu genügen hat (vgl. etwa BVerfG, NStZ 1995, 40; BVerfG, NJW 2008, 977). Es muss also schon einiges zusammenkommen, um von einer "fehlerhaften" oder gar revisiblen Anordnung zu sprechen.
Scaevola
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 5981
Registriert: Montag 9. Januar 2006, 00:21

Re: NSU-Prozess

Beitrag von Scaevola »

Parabellum hat geschrieben:Interessant wäre aber, wie dies nun verfahrensrechtlich gelöst werden könnte. Dazu wäre etwas Input zum Revisionsrecht eigentlich ganz hilfreich, insbesondere zur Frage, ob und unter welchen Bedingungen "Fehler" oder "Ungleichbehandlungen" (möglicherweise durch eine nachträgliche Vergabe weiterer Plätze) in der Zulassung von Journalisten einen Verstoß gegen § 169 Abs. 1 GVG und damit ggf. einen absoluten Revisionsgrund nach § 338 Nr. 6 StPO ergeben. Zugespitzt: Liegt in einer möglicherweise "falsch" zusammengesetzten Öffentlichkeit eine "Beschränkung" der Öffentlichkeit?

Ich habe hier leider gerade nur den Meyer-Goßner, der da m.E. nicht sonderlich ergiebig ist und derzeit keinen Datenbankzugriff. Mag da vielleicht von Euch mal jemand etwas zusammen tragen?
In diesem Artikel finden sich Stimmen mehr oder weniger kompetenter Leute. Problematisch wäre es wohl am ehesten, wenn man zu viele Zuschauerplätze den Medien vorbehält.

http://www.faz.net/aktuell/politik/inla ... 30498.html

Vgl. jedoch auch die Äußerungen von S. Kauder in dem von batman verlinkten Artikel. Ich teile zwar seine Ansicht nicht, dass eine (Medien vorbehaltene) Videoübertragung in einen Nachbarsaal automatisch die Menschenwürde des Angeklagten verletzt (Roxin hält eine solche Übertragung wohl ohne weiteres für zulässig, s. FAZ-Artikel), habe aber Verständnis dafür, dass sich das Gericht diesbezüglich auf keine Experimente einlässt. Gleiches gilt für weitergehende Vorschläge wie den, für über zwei Jahre den Tagungssaal des Bayerischen Hofs anzumieten...
Scaevola
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 5981
Registriert: Montag 9. Januar 2006, 00:21

Re: Manches muss einfach gemeldet werden

Beitrag von Scaevola »

immer locker bleiben hat geschrieben: Insofern als die Bundesregierung da erzählen und fordern kann, was sie möchte, aber NICHTS zu sagen hat. Und ich hätte es gerade im Sinne der Gewaltenteilung begrüßt, wenn die Bundesregierung sich KOMPLETT raushalten würde.
Grundsätzlich stimmt es natürlich, dass die Exekutive den Gerichten nicht reinzureden hat. Wegen des Auslandsbezuges und der entsprechenden Kompetenzen des Bundes finde ich es in diesem Fall aber richtig, wenn - mit der gebotenen Zurückhaltung - dazu Erklärungen abgeben werden. Das Prinzip der Gewaltenteilung gebietet m.E. nicht, dass die Bundesregierung sagt: "Kein Kommentar, nicht unser Bier." Andererseits können natürlich auch die zaghaftesten Anregungen, darauf hat Syd26 zu recht hingewiesen, kontraproduktiv sein, weil sie dazu führen können, dass der (im Kern berechtigte) Selbstbehauptungswille der Justiz nun den Ausschlag gibt.
Wofür ich nun allerdings gar kein Verständnis habe ist, dass nun auch noch die EU-Kommission (!) meint sich einmischen zu müssen. Auf welcher Kompetenzgrundlage geschieht das?

http://www.spiegel.de/politik/ausland/t ... 91523.html
Kritik gibt es inzwischen auch seitens der EU-Kommission. Justizkommissarin Viviane Reding sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Vergabe der Medienplätze für das Verfahren sei "suboptimal gelaufen". Es sei doch "das Normalste von der Welt, dass ausländische Medien, erst recht aus Ländern mit Betroffenen, dem Prozess beiwohnen wollen".
Benutzeravatar
batman
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8287
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 12:06
Ausbildungslevel: Anderes

Re: NSU-Prozess

Beitrag von batman »

Dein Formalismus in allen Ehren, aber die Institutionen der EU, namentlich die Kommission, haben nie sonderlich viel Wert auf Kompetenzgrundlagen gelegt.
Nimm2
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 2131
Registriert: Montag 16. Januar 2006, 22:59

Re: NSU-Prozess

Beitrag von Nimm2 »

Scaevola hat geschrieben: Wofür ich nun allerdings gar kein Verständnis habe ist, dass nun auch noch die EU-Kommission (!) meint sich einmischen zu müssen. Auf welcher Kompetenzgrundlage geschieht das?
+1

Die Viviane wollt eben auch ihren Senf dazu geben. Vielleicht meldet sich nun auch noch Kim Jong-un zu Wort!
Scaevola
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 5981
Registriert: Montag 9. Januar 2006, 00:21

Re: NSU-Prozess

Beitrag von Scaevola »

@batman

Umso mehr gilt es, dagegen zu protestieren: Es nervt! ;)
Benutzeravatar
batman
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8287
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 12:06
Ausbildungslevel: Anderes

Re: NSU-Prozess

Beitrag von batman »

Ganz Deiner Meinung!

Als nächstes wird vermutlich der UN-Sicherheitsrat einberufen.
Scaevola
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 5981
Registriert: Montag 9. Januar 2006, 00:21

Re: NSU-Prozess

Beitrag von Scaevola »

Keine Sorge, es wird im Weltsicherheitsrat nicht zu einer Verurteilung kommen: Der Freistaat Bayern kann dort auf ein Veto aus Russland oder China zählen. Wie jeder andere Schurkenstaat auch. :D
Benutzeravatar
non-liquet
Super Power User
Super Power User
Beiträge: 1440
Registriert: Dienstag 11. Mai 2004, 16:19
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: NSU-Prozess

Beitrag von non-liquet »

Scaevola hat geschrieben:Wofür ich nun allerdings gar kein Verständnis habe ist, dass nun auch noch die EU-Kommission (!) meint sich einmischen zu müssen. Auf welcher Kompetenzgrundlage geschieht das?
Kritik gibt es inzwischen auch seitens der EU-Kommission. Justizkommissarin Viviane Reding sagte der "Süddeutschen Zeitung", die Vergabe der Medienplätze für das Verfahren sei "suboptimal gelaufen". Es sei doch "das Normalste von der Welt, dass ausländische Medien, erst recht aus Ländern mit Betroffenen, dem Prozess beiwohnen wollen".
Es ist denkbar, dass sich beispielsweise französische oder britische Gerichte einen feuchten Kehricht darum scheren würden, welches Medienorgan sich für herausragend berufen hält, über ein bestimmtes Verfahren zu berichten.

Dieser Beitrag bringt es auf den Punkt:
Richter Götzl weiß sehr wohl, dass es auch andere Formen der Auswahl gegeben hätte, solche, die nicht nur Paragrafen, sondern auch Interessen und Gefühle in den Blick genommen hätten.

Aber er bleibt formal. Er ließ etwas stattfinden, das Journalisten beschönigend als Windhundprinzip beschreiben, in Wahrheit aber ein Rattenrennen ist. Das Balgen um die besten, die einzigen Plätze, wie es jeder Reporter kennt und hasst.

So unschön das ist, ein Politikum ist es nicht. Denn bei aller Rede von Diplomatie und Rücksichtnahme, das wichtigste Interesse dieses Verfahrens ist die Wahrheitsfindung. Und die muss sich öffentlich, sicher und in geordneten Bahnen vollziehen. Es wird kein Spektakel geben, lautet die Botschaft des Gerichts, keinen Akt der Völkerverständigung und keine Festveranstaltung für Antifaschisten. Es wird ein Prozess pur. Wer mag, soll das kritisieren; für die Erfüllung des Auftrags, die Wahrheitsfindung, lässt es hoffen.
Benutzeravatar
Ara
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8344
Registriert: Donnerstag 11. Juni 2009, 17:48
Ausbildungslevel: Schüler

Re: NSU-Prozess

Beitrag von Ara »

Ich finde es (unabhängig davon ob das nun richtig oder falsch war wie die Plätze verteilt wurden) aber schon ein bisschen beängstigend, wie viel Druck auf das Gericht ausgeübt wird:

http://www.spiegel.de/panorama/justiz/n ... 91796.html
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Benutzeravatar
showbee
Fossil
Fossil
Beiträge: 9977
Registriert: Dienstag 21. August 2007, 19:58
Ausbildungslevel: RA

Re: NSU-Prozess

Beitrag von showbee »

In der Tat. Man kann nur hoffen, dass die Privatssphäre der Richter vernünftig geschützt wird!
"I suspect that if a million monkeys were put in front of a million typewriters, by Wednesday one of them would have come up with an improved version of the Income Tax Assessment Act" CASE P132 [1982] ATC 660, 662, AUSTRALIA
Benutzeravatar
batman
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8287
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 12:06
Ausbildungslevel: Anderes

Re: NSU-Prozess

Beitrag von batman »

Die wichtigste Frage: Woher der Hass der Angeklagten auf Gemüsetürken, auf Menschen, die Bananen, Orangen, Zucchinis, Mangos verkaufen?
http://www.bild.de/news/standards/franz ... .bild.html
ElGraf
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 3886
Registriert: Sonntag 4. Juni 2006, 00:03

Re: NSU-Prozess

Beitrag von ElGraf »

batman hat geschrieben:Die wichtigste Frage: Woher der Hass der Angeklagten auf Gemüsetürken, auf Menschen, die Bananen, Orangen, Zucchinis, Mangos verkaufen?
http://www.bild.de/news/standards/franz ... .bild.html
Wahnsinn, immer wieder.
Antworten