Zur Lage in Syrien

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[enigma]
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von [enigma] »

Pillendreher hat geschrieben:Was mir Sorgen macht ist die Stimmung in der Bevölkerung: Auf der ARD lief gestern ein Beitrag, der Flüchtlinge zeigte, die in ihre besetzten Städte zurückkehren wollten, da sie gehört hätten, die Isis Kämpfer würden sie mit offenen Armen empfangen. Nun mag dieser Report nicht repräsentierend sein für das gesamte Land, aber ein Sympathieumschwung bei der Bevölkerung könnte der Regierung äußerst gefährlich werden.
Ein Teil der Zivilbevölkerung wünscht sich sicher die "Befreiung" durch Isis. Diejenigen, die das Privileg haben, in Isis kontrollierten Gebieten zu wohnen, finden es wohl eher nicht so dufte, denn Isis geht extrem rabiat und willkürlich gegen die Zivilbevölkerung vor und ist auch noch stolz drauf. Ich weiss, es klingt bizarr, aber die Taliban hatten für ihren Terror immerhin (!) eine Rechtsgrundlage mit der Schariah, das heisst, die Bevölkerung wusste ungefähr, was sie erwartet. Isis dagegen fährt durch die Straßen und tötet wahllos Menschen, weil sie es können. Diese Brutalität ist gerade der Grund dafür, warum selbst Al Kaida Isis als Feind betrachtet. Ursprünglich haben beide in Syrien kooperiert, durch die Isis Exzesse hat Al Kaida aber den Rückhalt in der Bevölkerung verloren. Ich glaube also nicht, dass Isis das Zeug zur Massenbewegung hat.

Von den Menschen, die den vermeintlichen Befreiern zujubeln, handeln die meisten (natürlich abgesehen von den unbestreitbar existierenden Fundamentalisten) wohl auch aus Angst,um bloss nicht als Feind verdächtigt zu werden. Für die USA stellt sich jetzt natürlich das Problem, wie sie Isis bekämpfen wollen, ohne in den syrischen Bürgerkrieg einzugreifen, das wird sich aber wohl kaum vermeiden lassen. Das dürfte Assads Buddy Putin wiederum nicht gefallen, der allerdings auch kein Interesse an Isis und der Ausbildung tscetschenischer Kämpfer haben kann.
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[enigma]
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von [enigma] »

http://www.spiegel.de/politik/ausland/i ... 75160.html

Mein vorletzter Post auf der letzten Seite war eigentlich eher als Scherz gemeint :eeeek:
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immer locker bleiben
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von immer locker bleiben »

Pillendreher hat geschrieben:Ich hab gedacht ich sehe nicht richtig, als ich las, das 30.000 Soldaten vor 800 Milizen flüchteten. :eeeek:
" :eeeek: " ist noch gelinde ausgedrückt.
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famulus
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von famulus »

Liegt doch genau auf dem (erfreulichen) Annäherungskurs der letzten Monate, oder habe ich da was verpasst?
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
Gelöschter Nutzer

Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Übrigens, der Assad hat die Präsidentenwahl gewonnen. Satte 90%. Demokratie lebt also doch noch, ist doch super. Glückwunsch. ](*,)
http://www.theguardian.com/world/2014/j ... de-victory
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Ferdi Binger
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Ferdi Binger »

Das wäre alles bei Einhaltung der "roten Linie" nicht passiert. leider opfert Obama sämtliche aussenpolitische Restglaubwürdigkeit für innenpolitische Belange. Schade und insbesondere in der letzten Amtszeit für mich nicht nachvollziehbar. Allerdings, welche militärischen Handlungsoptionen wären z.Zt. für Obama realistisch? Die Geister, die ich rief...
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immer locker bleiben
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von immer locker bleiben »

Ferdi Binger hat geschrieben:Das wäre alles bei Einhaltung der "roten Linie" nicht passiert. leider opfert Obama sämtliche aussenpolitische Restglaubwürdigkeit für innenpolitische Belange. Schade und insbesondere in der letzten Amtszeit für mich nicht nachvollziehbar. Allerdings, welche militärischen Handlungsoptionen wären z.Zt. für Obama realistisch? Die Geister, die ich rief...
Der Fehler war das Aufstellen der roten Linie. Denn wer echte militärische Handlungsoptionen gab es doch gar nicht.
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Ferdi Binger
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Ferdi Binger »

Klar, die red line hätte aus US-Sicht gar nicht erst gezogen und dann revidiert werden sollen. Trotzdem hätte mE eine echte Intervention die Ausbreitung der ISIS verhindern können.
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[enigma]
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von [enigma] »

immer locker bleiben hat geschrieben: Der Fehler war das Aufstellen der roten Linie. Denn wer echte militärische Handlungsoptionen gab es doch gar nicht.
Warum nicht? Assad hätte "weggebombt", die Chemiewaffen zerstört werden können. Ob das politisch smart gewesen wäre, steht natürlich auf nem anderen Blatt aber vorhanden war die militärische Option doch durchaus. Unter Bush wäre die auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gezogen worden. Hätte Obama seine Ankündigung wahr gemacht, wäre er der Kriegstreiber, der im nahen Osten rumzündelt. Übt er sich in Zurückhaltung, ist er der inkonsequente und lethargische Zauderer. Das typische US-Dilemma. Als Assad anfing, sein eigenes Volk abzuschlachten, war ich übrigens auch für eine Intervention. Da hätte das Land vielleicht noch die Kurve kriegen können. Mittlerweile steckt Syrien viel zu tief drin, die Fronten und Parteien sind absolut undurchsichtig, es spricht viel dafür, dass es nach Assad nur noch viel schlimmer werden würde. Am Anfang gingen hauptsächlich die Menschen in Syrien auf die Straße, die tatsächlich in Freiheit leben wollten. Mittlerweile haben radikale und extrem brutale Fundamentalisten das Ruder des Widerstands übernommen. Im Unterschied zu Bush scheint Obama diese ganzen mittelbaren Konsequenzen eben wahrzunehmen und zu würdigen.
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Ferdi Binger
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Ferdi Binger »

[enigma] hat geschrieben:
immer locker bleiben hat geschrieben: Der Fehler war das Aufstellen der roten Linie. Denn wer echte militärische Handlungsoptionen gab es doch gar nicht.
Warum nicht? Assad hätte "weggebombt", die Chemiewaffen zerstört werden können. Ob das politisch smart gewesen wäre, steht natürlich auf nem anderen Blatt aber vorhanden war die militärische Option doch durchaus. Unter Bush wäre die auch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gezogen worden. Hätte Obama seine Ankündigung wahr gemacht, wäre er der Kriegstreiber, der im nahen Osten rumzündelt. Übt er sich in Zurückhaltung, ist er der inkonsequente und lethargische Zauderer. Das typische US-Dilemma. Als Assad anfing, sein eigenes Volk abzuschlachten, war ich übrigens auch für eine Intervention. Da hätte das Land vielleicht noch die Kurve kriegen können. Mittlerweile steckt Syrien viel zu tief drin, die Fronten und Parteien sind absolut undurchsichtig, es spricht viel dafür, dass es nach Assad nur noch viel schlimmer werden würde. Am Anfang gingen hauptsächlich die Menschen in Syrien auf die Straße, die tatsächlich in Freiheit leben wollten. Mittlerweile haben radikale und extrem brutale Fundamentalisten das Ruder des Widerstands übernommen. Im Unterschied zu Bush scheint Obama diese ganzen mittelbaren Konsequenzen eben wahrzunehmen und zu würdigen.
Eben. Daher wäre ein intervention erforderlich gewesen, als die Verhältnisse noch klarer waren.
Trotzdem ist es auch jetzt riskant, den Konflikt sich selbst und den Kräften vor Ort zu überlassen.
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immer locker bleiben
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von immer locker bleiben »

Jedenfalls wird für die ganze Region gerade einmal wieder deutlich, dass - der Iran ("Persien") vielleicht ausgenommen - von einer "stabilen Gesellschaft" auf der man irgendeine verlässliche staatliche Struktur aufbauen könnte, nicht im Ansatz die Rede sein kann. Die Stabilität kommt im nahen Osten in weiten Teilen nicht aus der Gesellschaft und damit aus dem Volk, sondern allein aus der Herrschaft, weshalb das alles völlig unkalkulierbar wird, sobald die Herrschaftsstruktur wankt.
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von [enigma] »

Ferdi Binger hat geschrieben:
Eben. Daher wäre ein intervention erforderlich gewesen, als die Verhältnisse noch klarer waren.
Trotzdem ist es auch jetzt riskant, den Konflikt sich selbst und den Kräften vor Ort zu überlassen.
Die USA sind ja jetzt auch nicht untätig. Die unterstützen bestimmte Widerstandsgruppen, die sie nicht für eine Gefahr halten. Ob das langfristig gut ausgeht, darf nach den Erfahrungen der jüngeren Geschichte bezweifelt werden. In 15 Jahren werden die USA wohl wieder Krieg gegen irgend eine Gruppe führen müssen, die sie in Syrien hochgerüstet haben. Assad wegbomben würde aber wie gesagt auch nichts bringen. Die radikalen Islamisten würden sofort das Machtvakuum besetzen und eine Terrorherrschaft einführen, die Assad in nichts nachsteht. Siehe die Bilder aus den Isis-kontrollierten Gebieten im Irak.
Jedenfalls wird für die ganze Region gerade einmal wieder deutlich, dass - der Iran ("Persien") vielleicht ausgenommen - von einer "stabilen Gesellschaft" auf der man irgendeine verlässliche staatliche Struktur aufbauen könnte, nicht im Ansatz die Rede sein kann. Die Stabilität kommt im nahen Osten in weiten Teilen nicht aus der Gesellschaft und damit aus dem Volk, sondern allein aus der Herrschaft, weshalb das alles völlig unkalkulierbar wird, sobald die Herrschaftsstruktur wankt.
Richtig. Aber wir (also "der Westen") verstärken diese Situation noch, indem wir Länder wie Saudi Arabien, Katar und Jordanien (aus denen derzeit übrigens Isis finanziert wird) als Freunde betrachten und mit Waffen beliefern. Die nutzen die Waffen zwar auch gegen Fundamentalisten, hauptsächlich aber gegen demokratische Regimegegner. Siehe die friedlichen Demonstrationen in Bahrein 2011, die von Saudi Arabien niedergeschlagen wurden. Ich bezweifle, dass es der Stabilität förderlich ist, solche Länder auch noch mit deutschen Panzern zu beliefern. Man sollte Waffen und vor allem finanzielle Unterstützung eher an die demokratischen Kräfte liefern, die es dort ja durchaus gibt, die sich angesichts der Brutalität und Ausrüstung der islamistischen Gruppierungen aber nicht durchsetzen können. Wenn uns dann das Öl abgedreht wird, haben wir halt wieder ein paar Sonntage, an denen wir auf der Autobahn radeln können. Aber die derzeitige Politik verstärkt das Problem doch immer weiter, bis es uns irgendwann richtig um die Ohren fliegt.
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von hlubenow »

Fundstück mit der These, im Syrien-Krieg gehe es einfach um Erdgas, also um ein Erdgasfeld (genauer um das größte der Welt), und wer die Pipeline dazu durch Syrien bauen dürfe (Daniele Ganser):

https://youtu.be/rJOUfncDTt8?t=95
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Tibor
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Tibor »

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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Kasimir »

Tibor hat geschrieben:Hast du früh um Vier auch noch mitbekommen, auf wessen Kanal du da wem folgst?

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Klagemauer.tv

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Ivo_Sasek

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Daniele_Ganser
Es kam bei youtube, also muss es wahr sein!
Eichhörnchen, Eichhörnchen wo sind deine Nüsse?
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