Zur Lage in Syrien

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EinHeinz
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von EinHeinz »

[enigma] hat geschrieben:
Sorry, aber das ist einfach falsch. Assads Armee beschiesst die Zivilisten seit Jahren mit Artillerie, Raketen, Kampfbombern und durch Heckenschützen. Dabei werden ganze Flächen angegriffen, nicht gezielte Rebelleneinheiten. In den von Rebellen kontrollierten Gebieten wie Aleppo wird kein Unterschied zwischen Zivilbevölkerung und Aufständischen gemacht, da werden ganze Straßenzüge platt gemacht, die voller Frauen und Kinder sind. Die NATO greift dagegen nur militärische Ziele an und gerade keine Wohngebiete. Wenn ich mal etwas Zeit habe kann ich dir auch gerne entsprechende Quellen raussuchen, aber das ist nun mehrfach durch unabhängige Journalisten und die UN belegt.

Natürlich darf sich ein Staat gegen Aufstände verteidigen, aber nicht mit dieser Brutalität, die eben nicht zwischen Rebellen und Zivilisten unterscheidet. Außerdem macht es einen Unterschied, ob der sich verteidigende Staat die Mehrheit einer Bevölkerung repräsentiert oder eine krasse Minderheit.
Ich steck jetzt dummerweise nicht so in der Materie, aber das sind ein paar Gedankengänge die mir dabei kamen....

Die Rebellen verfolgen dummerweise Christen, die unter Assad recht sicher leben konnten. Hier gibt es eine zweite Seite der Medaille die bei uns in den Medien viel zu kurz kommt. Das rechtfertigt aber natürlich nicht die Eskalation.

Deine Einstellung zu zivilen Opfern scheint mir ein wenig naiv. Natürlich ist es nicht Ziel Zivilisten zu töten, aber im Irak gab es weit mehr Tote auf Seiten der Zivilbevölkerung als es irgendwie mit Querschlägern zu rechtfertigen sei. Da wurden ganze Dörfer weggebomt ohne Rücksicht auf anwesende Kinder. Das ist auch relativ "logisch", wenn man die Geschwindigkeit des Vorrückens auf Bagdad sieht. In Syrien dürfte auch eine Möglichst schnelle Entscheidung das Ziel sein und dementsprechend wird man wieder Probleme bekommen.
Dass die Waffen präzise sind ist schön und gut. Sie werden aber immer noch von Menschen genutzt, die nach zwei Tagen ohne Schlaf unter Beschuss Koordinaten durchgeben müssen etc pp. Da liegt wohl die weitaus höhere Fehlerquelle.

Ich frag mich auch woher das Interesse der Sozialisten in Frankreich an einem Einschreiten kommt. Bei Israel und den USA liegt es in der Natur der Sache, aber wieso Hollande nun so bewaffnete Konflikte sucht ist mir suspekt.

Und was will man eigentlich tun um die Region zu stabilisieren. Besonders die Entwicklung im Libanon sollte uns doch wichtig erscheinen.
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Mr_Black
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Mr_Black »

Mein Eindruck: In Syrien kämpfen zwei Seiten, von denen der Westen keiner Seite den Sieg wünschen kann. Insbesondere weil die rebellenseite nicht homogen ist.

War ist aber auch: Der Westen hat erst mal sehr lange abgewartet passiert und der Opposition nicht geholfen. Die einizige militärische Unterstützung erhalten die Rebellen daher von Al-Quaida. Das führt dann dazu, dass der Westen meint gerade deswegen weiterhin nicht aktiv werden zu können...usw.
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Mannibeu
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Mannibeu »

Dass die Waffen präzise sind ist schön und gut. Sie werden aber immer noch von Menschen genutzt, die nach zwei Tagen ohne Schlaf unter Beschuss Koordinaten durchgeben müssen etc pp.
Lasermarkierungen?
EinHeinz hat geschrieben:aber wieso Hollande nun so bewaffnete Konflikte sucht ist mir suspekt.
+1
Mr_Black hat geschrieben:Mein Eindruck: In Syrien kämpfen zwei Seiten, von denen der Westen keiner Seite den Sieg wünschen kann. Insbesondere weil die rebellenseite nicht homogen ist.
Volle Zustimmung.
Mr_Black hat geschrieben:Wahr ist aber auch: Der Westen hat erst mal sehr lange abgewartet passiert und der Opposition nicht geholfen. Die einizige militärische Unterstützung erhalten die Rebellen daher von Al-Quaida. Das führt dann dazu, dass der Westen meint gerade deswegen weiterhin nicht aktiv werden zu können...usw.
Viel gescholten, befürworte ich aber die Zurückhaltung in der Syrienfrage. Bevor man groß in einen bewaffneten Konflikt einsteigt, sollte man sich einen solchen Schritt wirklich drei mal überlegen. Aktionismus oder selbstgesetzte Red Lines sind da eher hinderlich (zumal die tatsächliche Lage bzgl. des Einsatzes von C-Waffen noch lange nicht geklärt ist, man aber scheinbar doch bereits unter Zugzwang gerät - ehrlich gesagt denke ich, dass ein Erstschlag der USA nicht mehr allzu weit entfernt liegt).
Und was die Unterstützung der Rebellen, vor allem vor dem Hintergrund ihrer Heterogenität und zumindest teilweisen Radikalität, angeht, denke ich, dass man hier auch von der Talibanproblematik gelernt hat.
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Ara
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Ara »

[enigma] hat geschrieben: Dennoch kann ich wie gesagt nicht nachvollziehen, wie man einen geplanten und massiven Militäreinsatz gegen Zivilisten mit einem NATO-Einsatz gleichsetzen kann, der diese Zivilisten doch gerade schützen soll. Ich denke man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass die zivilen Opfer in Libyen wesentlich höher gewesen wären, wenn die NATO Gaddafi nicht gestoppt hätte. Nun ist es grundsätzlich sicherlich falsch, Menschenleben gegeneinander abzuwägen und zur Rechengröße zu machen, in solchen Ausnahmesituationen bleibt der Politik imho aber nicht viel anderes übrig.
Im Grundsatz stimme ich dir ja zu, aber es geht nicht um eine "Gleichsetzung". Damit eine dritte externe Macht in einen fremden Bürgerkrieg in einem souveränen Staat eingreifen darf, reicht es nicht aus, dass es danach den Leuten besser gehen würde oder dass der Eingriff milder ist als der Bürgerkrieg. Damit ein externer Staat einen anderen souveränen Staat angreifen darf um einen Bürgerkrieg zu beenden, muss deutlich mehr passieren. Das Völkerrecht sagt hier eindeutig, dass nur bei Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegeben sein. Beides ist (noch) nicht in Syrien gegeben.

Es ist halt ein ganz massiver Eingriff, wenn wir einem Staat das Recht aberkennen seine Rebellen zu bekämpfen oder seine Bevölkerung zu töten. Bis zu einem gewissen Grad muss uns die Souveränität des anderen Staates wichtiger sein als unsere Moralvorstellungen. Eine Besserung der Situation für die Zivilbevölkerung kann kein hinreichender Grund für ein Einschreiten sein.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Mannibeu »

Es ist halt ein ganz massiver Eingriff, wenn wir einem Staat das Recht aberkennen [...] seine Bevölkerung zu töten.
??
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Parabellum
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Parabellum »

Mannibeu hat geschrieben:
Es ist halt ein ganz massiver Eingriff, wenn wir einem Staat das Recht aberkennen [...] seine Bevölkerung zu töten.
??
Ein klassischer Ara. =D>
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famulus
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von famulus »

:D
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Ara
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Ara »

Mannibeu hat geschrieben:
Es ist halt ein ganz massiver Eingriff, wenn wir einem Staat das Recht aberkennen [...] seine Bevölkerung zu töten.
??
Warum sollte ein Staat nicht das Recht haben seine Bevölkerung zu töten?

57 Staaten besitzen noch die Todesstrafe, mindestens die Hälfte davon praktiziert sie auch.

In vielen Staaten gibt es auch Folter, Spiegelstrafen, Peitschenhiebe, Steinigungen oder Arbeitslager. Und ein Beispiel aus dem Rechtsstaat: Der finale Rettungsschuss.

Zu einem souveränen Staat gehört auch, dass er selbst entscheiden darf, ob und wann ein Mitglied seines Staates getötet werden darf. Das steht nicht zur Disposition der Staatengemeinschaft (und erst recht nicht der westlichen Staaten). Eine Ausnahme mag hier eine UNO-Resolution bei Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein, davon ist hier aber nicht die Rede.

Mich wundert eher, warum hier wie selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass ein dritter Staat anderen Staaten seine Moralvorstellung aufzwingen darf...
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Parabellum »

Ara hat geschrieben:
Mannibeu hat geschrieben:
Es ist halt ein ganz massiver Eingriff, wenn wir einem Staat das Recht aberkennen [...] seine Bevölkerung zu töten.
??
Warum sollte ein Staat nicht das Recht haben seine Bevölkerung zu töten?

57 Staaten besitzen noch die Todesstrafe, mindestens die Hälfte davon praktiziert sie auch.

In vielen Staaten gibt es auch Folter, Spiegelstrafen, Peitschenhiebe, Steinigungen oder Arbeitslager. Und ein Beispiel aus dem Rechtsstaat: Der finale Rettungsschuss.

Zu einem souveränen Staat gehört auch, dass er selbst entscheiden darf, ob und wann ein Mitglied seines Staates getötet werden darf. Das steht nicht zur Disposition der Staatengemeinschaft (und erst recht nicht der westlichen Staaten). Eine Ausnahme mag hier eine UNO-Resolution bei Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein, davon ist hier aber nicht die Rede.

Mich wundert eher, warum hier wie selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass ein dritter Staat anderen Staaten seine Moralvorstellung aufzwingen darf...
Vgl. dazu auch http://bit.ly/18XGffP (Verwaister Link automatisch entfernt)
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Ara »

Parabellum hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:
Mannibeu hat geschrieben:
Es ist halt ein ganz massiver Eingriff, wenn wir einem Staat das Recht aberkennen [...] seine Bevölkerung zu töten.
??
Warum sollte ein Staat nicht das Recht haben seine Bevölkerung zu töten?

57 Staaten besitzen noch die Todesstrafe, mindestens die Hälfte davon praktiziert sie auch.

In vielen Staaten gibt es auch Folter, Spiegelstrafen, Peitschenhiebe, Steinigungen oder Arbeitslager. Und ein Beispiel aus dem Rechtsstaat: Der finale Rettungsschuss.

Zu einem souveränen Staat gehört auch, dass er selbst entscheiden darf, ob und wann ein Mitglied seines Staates getötet werden darf. Das steht nicht zur Disposition der Staatengemeinschaft (und erst recht nicht der westlichen Staaten). Eine Ausnahme mag hier eine UNO-Resolution bei Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein, davon ist hier aber nicht die Rede.

Mich wundert eher, warum hier wie selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass ein dritter Staat anderen Staaten seine Moralvorstellung aufzwingen darf...
Vgl. dazu auch http://bit.ly/18XGffP (Verwaister Link automatisch entfernt)
Und welches Menschenrecht soll nun genau das Töten eines Mitgliedes seiner Bevölkerung verbieten?

Selbst unser Grundgesetz (was man wohl aufgrund seiner Aktualität als vorbildliche Umsetzung der Menschenrecht ansehen kann) zeigt mit Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG, dass der Staat das Recht hat einen Menschen zu töten.

Das ist auch eine völlig absurde Diskussion hier wieder... Es ist ganz offensichtlich, dass ein Staat grundsätzlich auch die eigene Bevölkerung töten darf.
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Zippocat »

Chapeau! Es ist selbst für Dich eine besondere Leistung, die (derzeit angenommene) Vergasung eines Teils der Zivilbevölkerung zur Aufstandsbekämpfung in eine gedankliche Reihung mit Todesstrafe und finalem Rettungsschuss zu bringen und zudem grundsätzlich für legitimes Staatshandeln zu halten.
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Parabellum »

[Füge hier einen Nazi-Vergleich nach Wahl ein].
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Ara »

Das aktuelle Völkerrecht erlaubt ein Einschreiten nur bei Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Der Umkehrschluss daraus lautet, wenn kein Völkermord oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorliegt, dürfen dritte Staaten nicht in einen Bürgerkrieg eingreifen.

Es heißt doch nicht, dass ich es gut heiße was Assad da möglicherweise macht... Nur rechtfertigt es nicht, dass wir als unbeteiligte Staaten da militärisch eingreifen und ein fremdes Land angreifen... Die Staatengemeinschaft ist nicht demokratisch oder rechtsstaatlich organisiert
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von famulus »

Ara hat geschrieben:Das ist auch eine völlig absurde Diskussion hier wieder... Es ist ganz offensichtlich, dass ein Staat grundsätzlich auch die eigene Bevölkerung töten darf.
=D>
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Swann »

Ara hat geschrieben: Warum sollte ein Staat nicht das Recht haben seine Bevölkerung zu töten?

57 Staaten besitzen noch die Todesstrafe, mindestens die Hälfte davon praktiziert sie auch.

In vielen Staaten gibt es auch Folter, Spiegelstrafen, Peitschenhiebe, Steinigungen oder Arbeitslager. Und ein Beispiel aus dem Rechtsstaat: Der finale Rettungsschuss.

Zu einem souveränen Staat gehört auch, dass er selbst entscheiden darf, ob und wann ein Mitglied seines Staates getötet werden darf. Das steht nicht zur Disposition der Staatengemeinschaft (und erst recht nicht der westlichen Staaten). Eine Ausnahme mag hier eine UNO-Resolution bei Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sein, davon ist hier aber nicht die Rede.

Mich wundert eher, warum hier wie selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass ein dritter Staat anderen Staaten seine Moralvorstellung aufzwingen darf...
Deine Vorstellungen vom Völkerrecht sind, vorsichtig gesagt, nebulös. Ich weiß nicht, ob ein Onlinerep da ausreicht. Du verfehlst zunächst bereits den zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt der Bewertung. Denn die Souveränität jedes Staates wird zuvörderst durch den völkerrechtlichen ius-cogens-Bestand eingeschränkt; darüber hinaus erheischen die völkerrechtlichen Verträge Beachtung, mittels derer sich ein Staat selbst Beschränkungen seiner Handlungsoptionen auferlegt.
Wenden wir uns zunächst dem ersten zu. Deine nicht näher begründete Behauptung, die Massaker des Assad-Regimes seien keine Verbrechen gegen die Menschlichkeit, ist, das musst auch du zugeben, deutlich unter aller Sau. So dürfte es nicht fernliegen, die Kriegsführung des Assad-Regimes, die fraglos das policy-Element des crime against humanity erfüllt, unter ein Verbrechen nach Art. 7 Abs. 1 lit. k Rom-Statut zu fassen.
Unabhängig vom Verbrechen gegen die Menschlichkeit, setzt du dich nicht mit der naheliegenden Frage eines völkergewohnheitsrechtlichen Verbots des Einsatzes von Chemiewaffen (auch im nicht-internationalen Konflikt) auseinander (und weiteren Kriegsverbrechen und deren völkergewohnheitsrechtlicher Status). Heranziehen solltest du dabei insbesondere die Tadic-Entscheidung des Jugoslawien-Strafgerichtshofs (ICTY, Prosecutor v. Tadic, IT-94-1-AR72, Decision on the Defence Motion for Interlocutory Appeal on Jurisdiction v. 2.10.1995, Rn. 120 ff.).
Nun kurz noch zum zweiten Punkt: Syrien ist Vertragsstaat des IpbR und insofern an Art. 6 des nämlichen Abkommens gebunden. Auch insofern ist dessen Kriegsführung völkerrechtswidrig.

Wenn du aufgrund oben skizzierter Überlegungen deinen irrigen Ausgangspunkt aufgegeben hast, das Handeln des syrischen Regimes sei völkerrechtskonform, kannst du dich auf dieser Grundlage der Folgefrage zuwenden, ob die festgestellten Verletzungen des Völkerrechts eine Intervention rechtfertigen oder gar fordern.
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