Zur Lage in Syrien

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Klabusterbeere
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Klabusterbeere »

[enigma] hat geschrieben:
Klabusterbeere hat geschrieben: Wenn es um das Erhalten langfristiger Stabilität geht, dann greift immer noch der Grundsatz: never change a running system.
Der Spruch bezieht sich aber ja wohl auf den Umstand, dass das running system gut runnt und man deshalb nicht das Risiko einer Verschlechterung eingehen sollte. Inwieweit sich die Situation in Syrien, in der seit zwei Jahren Zivilisten undifferenziert und absichtlich abgeschlachtet werden, noch verschlechtern soll, ist mir schleierhaft.
Ich meinte es eher in die Richtung, dass ich Assad bei Ausbruch des Bürgerkrieges darin unterstützt hatte ihn möglichst fix zu seinen Gunsten zu beenden. Israel hat das ja angeblich auch inoffiziell so lange getan, wie es opportun war. Und das auch zu Recht.
Better the devil we know than the demons we can only imagine if Syria falls into chaos and the extremists from across the Arab world gain a foothold there,” one senior Israeli intelligence officer in the north of the country said.
Wenn ich die Wahl zwischen Islamisten oder Assad hätte, würde ich mich auch für Assad entscheiden.
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Ara
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Ara »

[enigma] hat geschrieben:Wenn die handelnden Nationen mit einem langfristigen Plan agieren (was zu hoffen wäre), würden sie Syrien nach dem Sturz Assads unter UN-Verwaltung stellen, bis die Massenvernichtungswaffen abgebaut oder zerstört sind und sich eine verantwortungsbewusste Regierung findet, die von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert wird und Minderheiten wie Christen schützt.
Meines Wissens nach hat Assad aber doch breiten Rückhalt in der Bevölkerung. Man würde also eine einem nicht genehme Regierung absetzen, um dann zu hoffen, dass die Bevölkerung sich für was entscheidet, was dem Westen gefällt. In Ägypten ging das ganze ganz böse in die Hose... Vielleicht muss man einfach nicht alle Staaten und Völker nach westlichem Vorbild moralisieren?
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Mannibeu
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Mannibeu »

Ara hat geschrieben:Vielleicht muss man einfach nicht alle Staaten und Völker nach westlichem Vorbild moralisieren?
In der Wertung bin ich grds. bei dir.
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Swann
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Swann »

Ara hat geschrieben:Vielleicht muss man einfach nicht alle Staaten und Völker nach westlichem Vorbild moralisieren?
Klar, ist doch viel besser, wenn die Wilden einander abschlachten. Es ist schließlich ein spezifisches Merkmal westlichen Moralisierens, gegen Massenmord zu sein. Dabei übersehen die westlichen Moralisten jedoch, dass jeder Staat das unverfügbare Recht hat, seine Bevölkerung zu ermorden.
Klabusterbeere
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Klabusterbeere »

Ara hat geschrieben:Vielleicht muss man einfach nicht alle Staaten und Völker nach westlichem Vorbild moralisieren?
Alle Staaten? Also Kuwait und Saudi-Arabien waren in der Vergangenheit trotz aller kleineren Problemchen doch ein verlässlicher Partner, wo abseits der üblichen Flosklen gar kein Bedarf gesehen wurde, irgendetwas zu demokratisieren. Ich bin ja dafür, dass man einfach ehrlich sagt, was die meisten Entscheidungsträger meiner Ansicht nach eh denken: juckt uns alles nicht, solange es nicht unsere wirtschaftlichen Interessen tangiert. Im Endeffekt lohnt sich der Einsatz gar nicht, umso weniger als es oft genug nach hinten los geht und uns sogar noch Geld kostet (siehe Jugoslawien).
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[enigma]
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von [enigma] »

Ara hat geschrieben:
[enigma] hat geschrieben:Wenn die handelnden Nationen mit einem langfristigen Plan agieren (was zu hoffen wäre), würden sie Syrien nach dem Sturz Assads unter UN-Verwaltung stellen, bis die Massenvernichtungswaffen abgebaut oder zerstört sind und sich eine verantwortungsbewusste Regierung findet, die von der Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert wird und Minderheiten wie Christen schützt.
Meines Wissens nach hat Assad aber doch breiten Rückhalt in der Bevölkerung. Man würde also eine einem nicht genehme Regierung absetzen, um dann zu hoffen, dass die Bevölkerung sich für was entscheidet, was dem Westen gefällt. In Ägypten ging das ganze ganz böse in die Hose... Vielleicht muss man einfach nicht alle Staaten und Völker nach westlichem Vorbild moralisieren?
Einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung hat Assad auf keinen Fall, dessen Rückhalt beschränkt sich fast ausschließlich auf Teile in Damaskus und bröckelt mit zunehmender Dauer des Konflikts. Wie gesagt glaube ich auch nicht, dass die zu einem großen Teil auswärtigen Islamisten in Syrien mehrheitsfähig wären, wobei eine Demokratie da eh noch in weiter Ferne liegt.

Und es geht hier nicht um die Moralisierung nach westlichem Vorbild. Assad soll nicht gestürzt werden, weil er ein Diktator ist, sondern weil (falls sich das bestätigt, bisher kenne ich nur Behauptungen) er Massenvernichtungswaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzt. Das kann die Weltgemeinschaft nicht tolerieren.
Klabusterbeere hat geschrieben:Im Endeffekt lohnt sich der Einsatz gar nicht, umso weniger als es oft genug nach hinten los geht und uns sogar noch Geld kostet (siehe Jugoslawien).
Warum ging Jugoslawien nach hinten los? Dort wurde ein Völkermord "mitten" in Europa erfolgreich beendet. Klar hassen sich die einzelnen Bevölkerungsgruppen Ex-Jugoslawiens noch immer und es kommt hin und wieder zu kleineren Eskalationen, aber immerhin schlachten die sich nicht mehr täglich und massenhaft ab.
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Tibor
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Tibor »

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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Mr_Black »

Es ist schon seltsam, wenn immer wieder betont wird, dass ein Sturz Assads nicht das Ziel des Angriffes sei. Wir greifen also in einen Bürgerkrieg millitärisch ein, wollen aber nicht, dass sich am Gleichgewicht der Kriegsparteien dadurch etwas ändert. Was soll das?
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Mr_Black
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Mr_Black »

Ich frage mich manchmal ob unter heutigen politischen Bedingungen ein Eingreifen der Amerikaner wie im 2. Weltkrieg - mit den sehr hohen Verlusten - überhaupt möglich wäre.

Man stelle sich vor in einer Talkshow würden Leute sitzen und Dinge sagen wie: "Naja Hitler garantiert ja schon eine gewisse Stabilität - aber was kommt nach seinem Sturz?" Oder "Unter den Kämpfern gegen Hitler sind viele Anhänger des radikalen Kommunismus. Diese könnten dann an die Macht gelangen"

*(dass soll kein Assad/Hitler Vergleich sein)
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Ara
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Ara »

Hitler hat aber keine gewisse Stabilität geboten, denn er hat seine Nachbarn angegriffen und den USA den Krieg erklärt.

Das ist ja generell der Knackpunkt wenn man in nen Bürgerkrieg eingreift, eigentlich geht es den anderen Staaten nichts an.
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von T0bi »

Mr_Black hat geschrieben:Ich frage mich manchmal ob unter heutigen politischen Bedingungen ein Eingreifen der Amerikaner wie im 2. Weltkrieg - mit den sehr hohen Verlusten - überhaupt möglich wäre.

Man stelle sich vor in einer Talkshow würden Leute sitzen und Dinge sagen wie: "Naja Hitler garantiert ja schon eine gewisse Stabilität - aber was kommt nach seinem Sturz?" Oder "Unter den Kämpfern gegen Hitler sind viele Anhänger des radikalen Kommunismus. Diese könnten dann an die Macht gelangen"

*(dass soll kein Assad/Hitler Vergleich sein)
Das ist nicht dein Ernst. Wann erst hat die USA denn in den Krieg eingegriffen!? Später ging es nicht. Das gilt ähnlich für UK - wenn man hier überhaupt von einem Eingreifen sprechen kann -, Stichwort Appeasement-Politik.

Vergleicht man die derzeitige Außenpolitik der USA, UK und F mit ihrer damaligen, schalten sie sich heute geradezu schnell in Konflikte ein.
"die Bezeichnung Penner hat nicht...stets beleidigenden...Charakter. So werden etwa im Einzelhandel umgangssprachlich schlecht verkäufliche Artikel...im Gegensatz zum Renner auch als Penner bezeichnet (wikipedia.de)" (BayVGH NZA-RR 2012, 302)
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Scaevola »

T0bi hat geschrieben: Das ist nicht dein Ernst. Wann erst hat die USA denn in den Krieg eingegriffen!? Später ging es nicht. Das gilt ähnlich für UK - wenn man hier überhaupt von einem Eingreifen sprechen kann -, Stichwort Appeasement-Politik.

Vergleicht man die derzeitige Außenpolitik der USA, UK und F mit ihrer damaligen, schalten sie sich heute geradezu schnell in Konflikte ein.
Um der historischen Wahrheit willen verdient es aber festgehalten zu werden, dass Großbritannien und Frankreich dem Deutschen Reich bereits zwei Tage nach dessen Angriff auf Polen den Krieg erklärt haben. Die USA hingegen haben zwar insbesondere Großbritannien schon bald unterstützt, aber aktiv erst eingegriffen, nachdem Hitler ihnen den Krieg erklärt hat. Ich finde jedenfalls, dass Mr_Black so falsch nicht liegt. Nach der gestern bei "Anne Will" mal wieder verbreiteten Wagenknecht-Doktrin ist Krieg immer auch Mord (zumindest was die mehr oder minder unvermeidlichen zivilen Opfer betrifft) und also abzulehnen. Andererseits bleibt unklar, was er (Mr_Black) unter "heutigen politischen Bedingungen" versteht. Ein derartiger Pazifismus wird ja längst nicht überall so stark vertreten wie etwa in Deutschland. Und auf Deutschland kommt es ja nun in diesen Fragen wirklich nicht an.
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von HRP »

Mr_Black hat geschrieben:Ich frage mich manchmal ob unter heutigen politischen Bedingungen ein Eingreifen der Amerikaner wie im 2. Weltkrieg - mit den sehr hohen Verlusten - überhaupt möglich wäre.

Man stelle sich vor in einer Talkshow würden Leute sitzen und Dinge sagen wie: "Naja Hitler garantiert ja schon eine gewisse Stabilität - aber was kommt nach seinem Sturz?" Oder "Unter den Kämpfern gegen Hitler sind viele Anhänger des radikalen Kommunismus. Diese könnten dann an die Macht gelangen"

*(dass soll kein Assad/Hitler Vergleich sein)
Ich bezweifle, dass heute ein westliches Land bereit wäre, einen solchen hohen Preis zu zahlen (spricht Opferzahlen im sechsstelligen Bereich), insbesondere nicht für ein Land, das kulturell doch recht anders ist als Europa oder der angelsächsiche Kulturraum.

Im Übrigen glaube ich aber, dass wenn Hitler nur die Sowjetunion angegriffen hätte, genau die von dir genannten Argumente gekommen wären. Denn bis zur Sudetenkrise dachten viele Politiker noch, dass Hitler-Deutschland ein zwar etwas unschönes, aber doch recht praktisches Bollwerk gegen den Kommunismus sei und im Übrigen ja die fast bürgerkriegsähnlichen Zustände der Weimarer Republik überwunden wurden. Das "Wie" spielte da keine große Rolle. So sehr verändert hat sich die Politik in diesem Bereich dann wohl nicht, meine ich.
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Mr_Black
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Mr_Black »

Scaevola hat geschrieben: Andererseits bleibt unklar, was er (Mr_Black) unter "heutigen politischen Bedingungen" versteht. Ein derartiger Pazifismus wird ja längst nicht überall so stark vertreten wie etwa in Deutschland. Und auf Deutschland kommt es ja nun in diesen Fragen wirklich nicht an.
Die Deutschen sind pazifistisch bis zum Selbstmord und die Amerikaner sind zwar nicht pazifistisch, aber sie können sich politisch keine eigenen Verluste mehr erlauben.

Denken wir an den Rückzug aus Somalia, nachdem es dort zu eigenen Verlusten kam.

Bei der Invasion in der Normandie haben die Amerikaner an einem Tag 12.000 Soldaten verloren. Und das war erst der Beginn des Krieges.

Würde heute ein US-Präsident noch Bodentruppen in ein anderes Labd entsenden, wenn klar ist, dass mit derartigen Verlusten gerechnet werden muss?
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Scaevola
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Re: Zur Lage in Syrien

Beitrag von Scaevola »

Mr_Black hat geschrieben:
Bei der Invasion in der Normandie haben die Amerikaner an einem Tag 12.000 Soldaten verloren. Und das war erst der Beginn des Krieges.
Diese Zahl dürfte übrigens sämtliche Verluste umfassen, also insbesondere auch Verwundete. Und es war auch für die USA keinesfalls der Beginn des Krieges (auch Bodentruppen waren da längst im Einsatz: im Pazifik, in Nordafrika und Italien...)

Im Prinzip stimme ich aber Deiner Einschätzung zu, dass derzeit die politischen Kosten für derartige Verluste für die Demokratien (und wohl auch für die meisten Nicht-Demokratien) zu hoch wären. Das Zeitalter der symmetrischen All-out-Kriege ist eben irgendwie vorbei, und Staaten wie Großbritannien oder die USA müssen um ihren Fortbestand keine unmittelbaren Sorgen machen...
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