Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

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Einwendungsduschgriff
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Swann hat geschrieben:Missglückt erscheint mir bei flüchtigem Lesen der "Köln-Paragraph". Unterhalb der Schwelle der psychischen Beihilfe eine Art verschärftes joint-criminal-enterprise bei Sexualdelikten vorzusehen, ist m.E. erst einmal wenig durchdacht.
Das ist groß.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Mr_Black
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von Mr_Black »

Alice Schwarzer legt nochmal nach und erklärt auch den Dümmsten unter uns, wie das in der Praxis so läuft bei Sexualdelikten:

Merke:

1. Es gibt beim Delikt der Vergewaltigung nur verurteilte Täter und freigesprochene Täter.
Noch nicht einmal jede 100. Vergewaltigung führt in Deutschland auch zur Verurteilung des Täters.
2. Der Schuldspruch ist ein statistisches Glücksspiel. Gerichte berechnen Verurteilungen nach einer geheimen Formel, in die auch das Bundesland einfließt.
Hätte Gina-Lisa Lohfink ihre Anzeige wegen Vergewaltigung nicht in Berlin erstattet, sondern in einem anderen Bundesland, müsste sie vielleicht jetzt gar nicht um ihr Recht kämpfen. Denn die Statistiken zeigen: In keinem Bundesland ist die Kluft zwischen den Anzeigen und der Verurteilung wegen Vergewaltigung so groß.
3. Ob ein Gericht richtig entscheidet, kann wiederum über den Verurteilungsquotienten rechnerisch überprüft werden.
Nur etwa jede 25. Anzeige endet in der Hauptstadt mit einer Verurteilung – in manchen anderen Bundesländern wird jeder fünfte der Sexualgewalt Bezichtigte verurteilt. Schon daran ist zu sehen, wie relativ das mit der Rechtsprechung ist.
4. Nur Weichei-Richter brauchen "Sachverständige" zur Urteilsfindung
Polizei und Staatsanwältin folgen diesem Gutachter. Was gerade bei Prozessen wegen Sexualgewalt meist so ist, denn da steht Aussage gegen Aussage und ziehen die verunsicherten JuristInnen sich gerne hinter die „Experten“ zurück.
5. Frau Lohfink hat Glück, aber es nützt ihr nix. Man weiss es nicht.
Gina-Lisa hat Glück im Unglück. Ihr Fall fällt mitten in die erhitzte Debatte über die überfällige Verschärfung des Vergewaltigungs-Paragrafen, in dem endlich festgeschrieben werden soll: Nein heißt Nein! Jedoch: Selbst das hätte ihr bei diesem Prozess wohl nichts genutzt.
- Söldner des Rechts -
Orkan der Rechtspflege
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Ara
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von Ara »

Das schlimmste ist ja, dass nicht nur die schuldigen Vergewaltiger laufen gelassen werden, sondern es werden auch noch unbescholtenen Bürgern Strafbefehle wegen Steuerhinterziehung aufgenötigt!
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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