Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

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Ara
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von Ara »

thh hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:Das heißt also, wenn ich mit der Antifa unterwegs bin und Hausfriedensbrüche plane und dann jemand ne sexuelle Handlung aus der Gruppe raus ausübt, dann bin ich dran? Das kann doch nicht deren ernst sein
Was wäre daran schlecht?
Schlecht daran ist, dass ich ein linker Hausfriedensbruchler bin und kein Sexualstraftäter. Ich werde ja auch nicht für Diebstahl belangt, wenn jemand aus der Gruppe was mitnimmt.

So ich lese jetzt aber erst einmal die Gesetzesbegründung.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Ara
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von Ara »

Zu § 184j StGB (Aus Gruppen): Also nachdem ich es nun gelesen habe, hat § 184j StGB ja doch einige Einschränkungen. Ich muss mich "Beteiligen an einer Gruppe", muss "billigend in Kauf nehmen, dass Straftaten aus der Gruppe begangen werden" und muss "Billigend in Kauf nehmen, dass dafür Leute Bedrängt werden". Es ist also ein Gesetz, welches tatsächlich auf die Kölnervorfälle zugeschnitten ist und gerade nicht den hiesigen Kegelclub oder den Junggesellenabschied betrifft. In der Praxis wird es dazu natürlich nie zu einer Verurteilung kommen, weil der Haufen an subjektiven Elementen nicht nachweisbar sein wird.

Zu § 184i StGB (Sexuelle Belästigung): Grundsätzlich ist es ja der einzige Tatbestand, den ich in der ganzen Reform für notwendig erachtet habe. Das Problem was ich aber ja schon vor einigen Seiten hier im Thread sah, hat der Gesetzgeber aber schlicht ignoriert. Nun wird jedes "Berühren auf sexuell bestimmter Weise" bestraft, wenn es die andere Person "belästigt". Das "belästigt" ist ein schlechter Versuch sozialadäquates Verhalten auszuklammern. Denn "belästigt" ist hier als subjektives Element beim Opfer angesiedelt. Also anders als z.B. bei der Beleidigung kommt es sehr wohl darauf an, ob sich das Opfer belästigt fühlt. Denn "An einer Belästigung fehlt es, wenn die betroffene Person einwilligt oder der Vorgang bei ihr nur Interesse, Verwunderung oder Vergnügen auslöst". Das Opfer und dessem Empfinden wird also zum "Gatekeeper" für den Tatbestand und nicht mehr nur für die Strafverfolgung durch seinen Antrag. Eine komische (und meines Erachtens auch überflüssige) Entscheidung.

So oder so wurde gegen diesen Straftatbestand heute morgen aber vermutlich schon millionenfach in Deutschland verstoßen. Jeder der seine noch Müde Ehefrau von hinten umarmt und geküsst hat und sie sich aufgrund der noch vorhandenen Schläfrigkeit belästigt fühlte, hätte sich demnach strafbar gemacht. Das kann doch nicht deren ernst sein... Und da hilft auch nicht, dass Hörnele lapidar sagt "Wer wird seinen Ehepartner dann da schon anzeigen?"... Es ist einfach absurd..

Zu § 177 (Sexuelle Nötigung): Meines Erachtens führt die Reform gerade nicht dazu, dass die immer erwähnten "Schutzlücken" nun geschlossen werden. Die Abgeordneten gingen ganz offensichtlich davon aus, dass man für den heutigen § 177 StGB ein "Wehren" oder ein "Versuch des Wehrens" des Opfers verlangt hat. Das ist aber schlicht falsch (Gewalt geht auch ohne wehren. Zum Beispiel wenn man jemanden von hinten niederschlägt). Darum wird nun verlangt, dass der Täter sich über den entgegenstehenden Willen hinweggesetzt hat. Die entgegenstehenden Willen muss das Opfer aber, wie bisher auch, noch immer ausdrücken. In der Gesetzesbegründung heißt es: „Denn es ist dem Opfer zuzumuten, dem entgegenstehenden Willen zum Tatzeitpunkt eindeutig Ausdruck zu verleihen“.

Die immer wieder aufgezählten angeblichen Strafbarkeitslücken werden dadurch aber gerade nicht geschlossen. Die immer wieder durch den Ring geschliffene Frau, die nicht wollte, dass ihre Kinder aufgeweckt werden und deswegen den Analsex schweigend über sich ergehen lassen hat, ist auch weiterhin nicht dadurch geschützt. Es werden mit dem neuen Straftatbestand exakt die Fälle erfasst, die auch heute schon strafbar sind. Dadurch wird der Straftatbestand jetzt aber überflüssig, da die ganzen alten Tatbestände ja einfach nur ein paar Absätze tiefer gerutscht sind und eine höhere Strafe vorsehen.

Noch verrückter ist aber § 177 II Nr. 3 StGB, der meines Erachtens nur ein Redaktionsversehen sein kann. Es soll künftig folgendes strafbar sein:
Ebenso wird bestraft, wer sexuelle Handlungen an einer anderen Person vornimmt oder von ihr vornehmen lässt oder diese Person zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einem Dritten bestimmt, wenn der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt.
Hier werden EINVERNEHMLICHE sexuelle Handlungen unter Strafe gestellt. Tatbestandsmerkmale: 1. Sexuelle Handlung 2. andere Person 3. Überraschungsmoment ausnutzen

Die Gesetzesbegründung hilft bei der Auslegung von TBM 3 und es heißt: "Das Überraschungsmoment wird von dem Täter auch ausgenutzt, wenn das Opfer im letzten Moment zwar noch des sexuellen Übergriffs gewahr wird und noch einen entgegenstehenden Willen bilden, diesen aber nicht mehr dergestalt äußern kann." [Hervorherbung durch mich]. Das Ausnutzen setzt ebenfalls keinen entgegenstehenden Willen voraus. Beim Ausnutzen beruft man sich auf die Begründung zu Nr. 1 und dort lautet sie nach der alglemeinen Definition: "Der Täter nutzt eine solche Lage aus, wenn er sie erkennt und sich für die sexuelle Handlung zunutze macht"

Es geht also nicht darum, dass dieser "entgegenstehende Wille" gebildet wird, sondern nur darum, dass dieser "gebildet werden kann". Oder ein Beispiel:

Im Audimax greift Student Sau S seiner langjährigen frivolen Freundin F völlig überraschend unter den Rock und befriedigt F bis zum Orgasmus. F ist völlig überrascht genießt es aber. S erkannte dabei, dass F völlig überrascht sein wird und wollte diese sich gezielt zunutze machen, um es für beide spannender zu machen.

Wir haben hier tatsächlich eine Strafbarkeit des S. Es droht S eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein Strafantrag der F wird nicht verlangt. Da die Handlung nicht gegen den Willen der Person erfolgen muss, kann ein Einverständnis nicht erfolgen. Eine Einwilligung muss vor der Handlung erfolgen, was es hier nicht gab. Somit wird S tatsächlich bestraft.

Es wird übrigens noch abstruser, dass S sogar das Regelbeispiel aus § 177 VI Nr. 1 verwirklicht hat (Beischlafähnlichehandlung).

Das Gesetz hat es also tatsächlich geschafft, dass eine normale Sexualität zwischen sei erwachsenen Menschen kriminalisiert wird....
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Mr_Black
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von Mr_Black »

Was soll denn der Gruppenteilnehmer machen, der merkt, dass er in einer entsprechend strafwürdigen Gruppe unterwegs ist? Auf die Gruppe einwirken? Die Gruppe verlassen? Wann hat man eine solche Gruppe verlassen?

Ich stehe mit 100 Fußballfans des selben Vereines auf einem Platz, ohne dass ich die Anderen kenne. Wir tragen aber die selben Vereinsinsignien. Es kommt zu Sexualstraftaten Sind wir eine gemeinsam haftende Gruppe im Sinne der neuen Strafrechtsnorm?

2 Frauen und 3 Männer sind unterwegs um einen draufzumachen. Ein männlicher Teilnehmer der Gruppe ist alkoholisiert und bedrängt eine Passantin. haben sich auch die Frauen der Gruppe strafbar gemacht?
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famulus
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von famulus »

Was für ein haarsträubender Irrsinn.
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Ara
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von Ara »

Mr_Black hat geschrieben:Was soll denn der Gruppenteilnehmer machen, der merkt, dass er in einer entsprechend strafwürdigen Gruppe unterwegs ist? Auf die Gruppe einwirken? Die Gruppe verlassen? Wann hat man eine solche Gruppe verlassen?
Gute Frage. Wird man wohl zu den Problemen des § 231 StGB kommen (die aber nicht 1:1 übertragbar sein werden).
Mr_Black hat geschrieben:
2 Frauen und 3 Männer sind unterwegs um einen draufzumachen. Ein männlicher Teilnehmer der Gruppe ist alkoholisiert und bedrängt eine Passantin. haben sich auch die Frauen der Gruppe strafbar gemacht?
Das ist tatsächlich weniger ein Problem. Denn du musst billigend in kauf nehmen, dass die Gruppe andere Personen bedrängt um Straftaten zu begehen. In der Regel gehört zum "einen draufzumachen" nämlich nicht das billigend in Kauf nehmen, dass andere Personen bedrängt werden um Straftaten zu begehen.
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[enigma]
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von [enigma] »

Ara hat geschrieben:
Mr_Black hat geschrieben:Was soll denn der Gruppenteilnehmer machen, der merkt, dass er in einer entsprechend strafwürdigen Gruppe unterwegs ist? Auf die Gruppe einwirken? Die Gruppe verlassen? Wann hat man eine solche Gruppe verlassen?
Gute Frage. Wird man wohl zu den Problemen des § 231 StGB kommen (die aber nicht 1:1 übertragbar sein werden).
Man muss ja offensichtlich nichtmal merken, dass die Gruppe strafwürdig ist, sondern dies nur für möglich halten und billigend in Kauf nehmen. Und das erfordert bekanntlich gerade kein Wollen der einzelnen, aus der Gruppe begangenen Taten im engeren Sinn, es reicht doch sogar, wenn dem Täter solche Taten unerwünscht sind, er sich aber damit abfindet, mit Idioten befreundet zu sein. Anders bei § 231, da hat man für jeden Täter ein objektiv erkennbares, bereits für sich strafwürdiges Verhalten, das die Gefahr des Todeseintritts zumindest abstrakt erhöht. Das kann bei der bloßen Beteiligung an einer grapschenden Gruppe ebenfalls der Fall sein, muss es aber nicht. Der Tatbestand differenziert hier aber gerade nicht, weil auf jegliche Beteiligung am Bedrängen selbst verzichtet wird. Das Bedrängen entspricht aber gerade der Schlägerei in § 231.
Mr_Black hat geschrieben: Das ist tatsächlich weniger ein Problem. Denn du musst billigend in kauf nehmen, dass die Gruppe andere Personen bedrängt um Straftaten zu begehen. In der Regel gehört zum "einen draufzumachen" nämlich nicht das billigend in Kauf nehmen, dass andere Personen bedrängt werden um Straftaten zu begehen.
Das wird sich dann in der Praxis natürlich derart auswirken, dass Verurteilungen wegen § 184j sehr selten bleiben werden. Aber die Frage bleibt doch, ob das "Verhalten" der Frauen in diesem Beispiel alleine durch ihren bedingten Vorsatz strafwürdig wird.
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von [enigma] »

thh hat geschrieben:
Freilich - und die bloße Teilnahme an einder Gruppe, die dadurch größer wird und dem Bedrängten damit bedrohlicher erscheint und zudem gruppendynamische Prozesse fördert, befördert in schuldhafter Weise die Tat. Das ist, bei Licht betrachtet, nichts anderes als eine Ausdehnung der psychischen Beihilfe.
Wenn sich die Größe der Gruppe direkt auf deren Gefährlichkeit oder Bedrohlichkeit auswirkt und der Täter dies billigend in Kauf nimmt, hat man doch bereits nach geltendem Recht eine Beihilfestrafbarkeit. Gerade diese Ausdehnung der psychischen Beihilfe auf ein völlig neutrales Verhalten (Beteiligung an einer Gruppe, die nicht zu einer Erhöhung der Gefährlichkeit geeignet ist), ist für mich das Problem. Denn grundsätzlich geht auch die psychische Beihilfe davon aus aus, dass das Verhalten des Täters einen direkten Bezug zu einer Straftat (Hilfe leisten) haben muss, und diese Einschränkung resultiert nunmal aus dem Schuldprinzip. Wer aber nur in einer "losen" Gruppe rumsteht, von der nur ein Teil physisch oder psychisch auf das Opfer einwirkt und dabei bedingten Vorsatz hat, leistet gerade keine Hilfe.
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von OJ1988 »

Das Schuldprinzip baut zwar auf dem Grundsatz auf, dass der Täter strafwürdiges Unrecht verwirklicht haben muss, seine eigentliche Aussage ist aber die, dass er dieses Unrecht in vorwerfbarer Weise (=schuldhaft) verwirklicht haben muss. Deswegen ist dein Gebrauch dieses Topos hier mE 'schief', weil du schlicht die Verwirklichung strafwürdigen Unrechts an sich meinst - dessen materialer Gehalt liegt zunächst einmal in der Rechtsgutsverletzung.
Zuletzt geändert von OJ1988 am Freitag 8. Juli 2016, 12:58, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von [enigma] »

Mag sein, dass ich den Begriff hier unpräzise gebrauche. Am Ergebnis, dass die Bestrafung einer Tat ohne strafwürdiges (Handlungs-)Unrecht verfassungswidrig wäre, ändert das aber nichts.
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von OJ1988 »

Jein, weil das davon abhängt, wie man strafwürdiges Unrecht definiert. Das BVerfG zeigt ja bspw. sogar der Rechtsgutstheorie die kalte Schulter und gesteht dem Gesetzgeber (Inzest-Entscheidung) einen weiten Ermessensspielraum ein.
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von Mr_Black »

Es wäre sinnvoller gewesen, wenn man die tatsächliche Tat einfach stärker bestrafen würde, wenn diese "aus einer Gruppe heraus" begangen wird. Dann würde die besondere Einschüchterungsgefahr von Gruppen auf das Opfer berücksichtigt, aber eben nur dem Täter angelastet, der dies tatsächlich ausnutzt.
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von OJ1988 »

Das lässt sich ja ggf. schon jetzt als Strafzumessungsgesichtspunkt heranziehen. Aber dann hat man eben keinen hübschen, neuen Tatbestand geschaffen, den man als "Reaktion auf Köln" der geifernden Menge präsentieren kann. Symbolisches Strafrecht ist einfach was Tolles.
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von [enigma] »

Vor allem, wenn die Kampagne nun dazu führt, dass solche Taten verstärkt angezeigt, aufgrund der heraufbeschworenen Beweisschwierigkeiten aber noch seltener verurteilt werden. Im Ergebnis dürfte die Verurteilungsquote also sogar sinken. Mal gespannt, wie Maas das dann erklären will.
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von Ara »

Das Problem durchzieht ja die gesamte Reformdebatte. Dadurch, dass nun die ganzen Sexualdelikte leichter vorzutäuschen sind, wird man natürlich auch jede Aussage noch stärker hinterfrage. Das heißt man macht es den Personen die ein Sexualdelikt vortäuschen wollen leichter und tatsächliche Opfer erschwert man das gesamte Verfahren, da sie noch stärker gegen den Verdacht ankämpfen müssen, dass sie es sich ausgedacht hätten.

Vielen Reformern scheint diese Unterscheidung zwischen "vorgetäuschte Opfer" und "tatsächliche Opfer" aber eh schlicht egal zu sein. Anders ist ja auch die breite Sympathiebekundung der "Nein-ist-Nein"-Bewegung (bis hin ins Bundeskabinett) nicht zu erklären. Anscheinend sind Frauen automatisch Opfer unserer Gesellschaft in deren Augen.
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Re: Reform der Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung?

Beitrag von Mr_Black »

Gleichzeitig ist die "Verurteilungsquote", also das Verhältnis von angezeigten Vergewaltigungen zu Verurteilungen in der Argumentation von Feministinnen immer der herangezogene Gradmesser für die angebliche Frauenfeindlichkeit der Gesetze und der Rechtsprechung
Am 7. Juli soll das neue Sexualstrafrecht verabschiedet werden, in dem der Wille des Opfers ernst genommen wird. Aber genügt das? In den letzten 20 Jahren ist die Verurteilung von der Vergewaltigung Beschuldigten dramatisch gesunken. Das kann nicht nur das Gesetz ändern.

http://www.emma.de/artikel/hat-sie-wirk ... agt-332983
Die Zahl der Vergewaltigungs-Anzeigen steigt – aber immer weniger Täter werden verurteilt. Eine „besorgniserregende Entwicklung“, sagt Kriminologe Christian Pfeiffer. Nur jede zwölfte Anzeige führt zu einem Urteil. Pfeiffer will nun die Gründe erforschen. Damit Vergewaltigung nicht länger ein „kaum gesühntes Verbrechen“ (SZ) bleibt.

http://www.emma.de/artikel/vergewaltigu ... nkt-316835
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