NSU Prozess - Strategien, Ideen und sonstiger Kram

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Pippen
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NSU Prozess - Strategien, Ideen und sonstiger Kram

Beitrag von Pippen »

MODEDIT: Extrakt aus dem Fred http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php?f=57&t=48074
thh hat geschrieben:
Pippen hat geschrieben:Meine Strategie (als Verteidiger von Z.) wäre nun (unter der Annahme, dass die StA einen guten Job macht und die Indizien für Mittäterschaft sprechen), erstmal alle Zeugen zu Ende anzuhören und dann erst die Angeklagte aussagen zu lassen.
Ja, Aussagen nach Abschluss und in Kenntnis der gesamten Beweisaufnahme haben eine besondere Glaubhaftigkeit für sich. Auch geständige Einlassungen gewinnen besonderen Wert zu einem Zeitpunkt, zu dem ein Angeklagter durch die Beweisaufnahme ersichtlich überführt ist - besonders, wenn das nur teilweise geschehen ist und das Geständnis sich auf diesen Teil beschränkt.
Das spielt mE erstmal keine Rolle. Die dt. Richterschaft tut sich schwer mit pragmatischer Aussagebeewertung, die sind weltfremd. Das sieht man zB bei Abtretungsprozessen, wo wie selbstverständlich dem Zeugnis des Zedenten ein normaler Beweiswert zugesprochen wird. Ich würde den ganzen Prozess nur dazu nutzen, die Beweismittel der StA zu kritisieren und pausenlos das Gericht auf alternative Sachverhaltsabläufe hinweisen, die mit den Beweismitteln der StA nicht ausgeschlossen sind und daher in dubio für die Angeklagte sprechen müssen. So einen zschäpefreundlichen Sachverhalt zu konstruieren und ihn an den Beweisen der StA zu messen wäre die eigentliche anwaltliche Leistung, neben der handwerklichen Kritik an den Beweismitteln (Glaubwürdigkeit, Widersprüche). Dann würde - wenn es dennoch "schlecht steht" - Z. ihr "letztes Wort" dazu nutzen, eine ausgiebige Stellungnahme abzugeben. Vorteil meines Wissens: Die StA kann nicht mehr reagieren, kein Kreuzverhör - höchstens Wiederaufnahme des Beweisverfahrens verlangen und bis dahin ist genug Zeit zur Vorbereitung.

Frage: Woraus ergibt sich eigentlich, dass die Beweisaufnahme nach dem letzten Wort des A. fortgesetzt bzw. darin wieder eingetreten werden kann? (Ich gehe davon aus, dass das so ist, sonst hätte ein A. ja wohl einen zu großen Vorteil)
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batman
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von batman »

Pippen mal wieder in Bestform! Großartig! =D>
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Tibor
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Tibor »

"Hohes Gericht, es kann so gewesen sein, wie die Bundesanwaltschaft vorträgt, also dass die hier Angeklagte für die bereits verstorbenen Herren eine Waffe besorgt hat und gemeinschaftlich ein Opfer ausgesucht hat und damit [Mittäterschaft] ... Aber hohes Gerücht vielleicht war es ja auch jemand ganz anderes, der die Waffe besorgt hatte? Können wir ausschließen, dass nicht der Praktikant der Kfz-Werkstatt des Vertrauens seine Waffe im Opel Kadett des verstorbenen M. versteckt hatte, weil ihm selbst wegen Drogen, Sprayen, Discoschlägerei oder Verletzung der Unterhaltspflicht eine Durchsuchung drohte? Herr M könnte auch andere Freunde im Kfz mitgenommen haben, die dann - ohne es zu bemerken - ihre Ceska auf dem Rücksitz verloren haben, als sie betrunken aus dem Wagen stiegen. Hohes Geschücht, vielleicht ist das Opfer auch aus-ver-sehään gegen den schönen Opel gestolpert, hat eine Delle verursacht und Herr M geriet in Rage und griff im Affekt - hohes Gericht, immmm Aaaahhhfffffekttt - zur Waffe und schoß drauf los? Hohes Gericht, ich beantrage die Vernehmung des Kfz Meisters, seines Azubis, des Lokal zuständigen Polizeipräsidenten und des unbekannten Freundes darüber, dass diese die Waffe im Opel verloren haben. Vielen Dank!"
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pippen »

Ich kenne den Fall zuwenig, aber wie wollte man denn zB die Einlassung widerlegen, dass Z. da blauäugig hereingerutscht ist und sich "als es ernst wurde" dann vor den beiden Typen durch deren Todesdrohungen gegen sie so gefürchtet hat, wie eine Geisel vor ihren Geiselnehmern, die dann auch alles mitmacht und sich über die Jahre damit arrangiert, was für Außenstehende einen freiwilligen Eindruck machen kann? Dann wäre sogar Beihilfe passé (35 StGB). Die StA müsste diese Einlassung widerlegen - fast unmöglich. Ein Richter mit Lebenserfahrung (die außerhalb von Bürostuben immer wieder lehrt, wie vielgestaltig das Leben ist) und mit dem Willen korrekter Rechtsanwendung würde sich da schwer tun.
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Zippocat
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Zippocat »

Wenn es ganz schlecht läuft, könnte man auch zur Chewbacca-Verteidigung greifen.

Ich bin auch fast sicher, dass Du, Pippen, zu einer erstklassigen Darbietung einer völlig sachfremden und frei von Rechtskenntnissen vorgetragenen Strategie fähig wärst.
"If we should deal out justice only, in this world, who would escape?"
Pippen
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pippen »

Zippocat hat geschrieben:Wenn es ganz schlecht läuft, könnte man auch zur Chewbacca-Verteidigung greifen.

Ich bin auch fast sicher, dass Du, Pippen, zu einer erstklassigen Darbietung einer völlig sachfremden und frei von Rechtskenntnissen vorgetragenen Strategie fähig wärst.
Dass jmd. in einer Terrororganisation wirksam und langfristig zum Mitmachen erpresst werden kann ("denn wir kriegen dich und deine Familie überall") ist ja wohl für euch Juristen noch vorstellbar, oder reicht's selbst dafür nicht mehr? I.Ü. müsste die StA diese Einlassung widerlegen. Wenn sie plausibel und mit dem richtigen timing vorgetragen wird, dann muss ein Richter angesichts von in dubio pro reo und der Beweislast des Staates eine solche Angeklagte freisprechen, denn es handelt sich um eine Alternative, bei der die Angeklagte - träfe sie zu - freizusprechen wäre. Man könnte sich sogar die z.T. wohl grob fahrlässigen Fehler des Staatsschutzes zu Nutze machen, um aufzuzeigen, dass die Gefahr für Z. nur durch ein kontinuierliches Mitmachen abzuwenden war (das wäre wohl der jur. strittige Punkt). Selbst wenn 35 StGB als nicht einschlägig angesehen würde, wäre damit Mittäterschaft sehr zweifelhaft.

Es geht auch nicht um diese Einlassung, es gibt viele Möglichkeiten, die man im Vorhinein absprechen kann, denn wenn Z. den Anwälten gegenüber wahrheitsgemäß berichtet, dann wissen die ziemlich genau, wie die Beweislage ungefähr sein wird. Das Problem für die Verteidiger ist dann auch eher, ob sie damit das Risiko einer Strafbarkeit (258) eingehen wollen. Die meisten scheuen sich davor, dadurch werden die Vorbesprechungen so ein peinliches "Sag mir alles und doch nicht zuviel" und da ist dann klar, dass die Verteidigungsstrategie ihren Namen kaum verdient. Gerade bei mehreren Verteidigern kann man das aber leicht umgehen.
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[enigma]
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von [enigma] »

Pippen hat geschrieben:I.Ü. müsste die StA diese Einlassung widerlegen.
Quatsch.
Pippen hat geschrieben: Wenn sie plausibel und mit dem richtigen timing vorgetragen wird, dann muss ein Richter angesichts von in dubio pro reo und der Beweislast des Staates eine solche Angeklagte freisprechen, denn es handelt sich um eine Alternative, bei der die Angeklagte - träfe sie zu - freizusprechen wäre.
Das Gericht entscheidet gemäß § 261 StPO gemäß seiner freien, aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpften Überzeugung. Der/die Angeklagte wird verurteilt, wenn vernünftige (!) Zweifel an der Schuld schweigen. Um solche vernünftigen Zweifel zu säen, braucht es schon mehr als das bloße Behaupten hypothetischer Sachverhaltsalternativen. Das gilt zumindest dann, wenn die Beweislage ansonsten gegen den Angeklagten spricht. Ansonsten könnte man Angeklagte, die nicht auf frischer Tat erwischt wurden auch nie verurteilen, weil es selbst bei geständigen Angeklagten und erdrückenden Beweislagen immer irgendwelche denkbaren und abstrusen Konstellationen geben kann, in denen sie es dann möglicherweise doch nicht waren. Also bräuchtest du für deine Märchenerzählung zumindest mal objektive Anhaltspunkte. Und hier gibt es keinerlei solcher Anhaltspunkte dafür, dass Zschäpe zu irgend etwas gezwungen oder genötigt wurde.
Pippen hat geschrieben:Es geht auch nicht um diese Einlassung, es gibt viele Möglichkeiten, die man im Vorhinein absprechen kann, denn wenn Z. den Anwälten gegenüber wahrheitsgemäß berichtet, dann wissen die ziemlich genau, wie die Beweislage ungefähr sein wird. Das Problem für die Verteidiger ist dann auch eher, ob sie damit das Risiko einer Strafbarkeit (258) eingehen wollen. Die meisten scheuen sich davor, dadurch werden die Vorbesprechungen so ein peinliches "Sag mir alles und doch nicht zuviel" und da ist dann klar, dass die Verteidigungsstrategie ihren Namen kaum verdient. Gerade bei mehreren Verteidigern kann man das aber leicht umgehen.
Prozessual zulässiges Verteidigerhandeln erfüllt § 258 StGB schon tatbestandlich nicht, das gilt selbst dann, wenn der Verteidiger positive Kenntnis von der Schuld seines Mandanten hat und trotzdem einen Freispruch erwirkt. Umgekehrt kann sich ein Verteidiger durch prozessual unzulässiges Handeln selbst dann wegen § 258 strafbar machen, wenn er keine positive Kenntnis von der Schuld des Angeklagten hat, da bzgl. der Haupttat bedingter Vorsatz genügt. Es kommt also grundsätzlich weder auf die materielle Schuld des Angeklagten, noch auf das Wissen des Verteidigers an.

Die Wahrscheinlichkeit, sich durch "zu viel Wissen" strafbar zu machen, ist für den seriösen Strafverteidiger also sehr gering. Das Wissen mindert eher dessen Fähigkeit, sich möglichst objektiv mit dem Anklagevorwurf auseinander zu setzen.
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famulus
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von famulus »

Zippocat hat geschrieben:Wenn es ganz schlecht läuft, könnte man auch zur Chewbacca-Verteidigung greifen.
Viel fehlt inzwischen nicht mehr zum Chefreferendar.
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
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thh
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von thh »

Pippen hat geschrieben:I.Ü. müsste die StA diese Einlassung widerlegen. Wenn sie plausibel und mit dem richtigen timing vorgetragen wird, dann muss ein Richter angesichts von in dubio pro reo und der Beweislast des Staates eine solche Angeklagte freisprechen, denn es handelt sich um eine Alternative, bei der die Angeklagte - träfe sie zu - freizusprechen wäre.
Ich hatte nicht gedacht, dass Du das ernst meinst; dann lohnt es sich aber doch, Dich mit einem der verbreiteteren Textbausteine des BGH bekannt zu machen:
1 StR 327/14 hat geschrieben:Einlassungen, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine objektiven Anhaltspunkte gibt, sind nicht ohne weiteres als "unwiderlegbar" hinzunehmen und den Feststellungen zugrunde zu legen. Das Tatgericht hat vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses darüber zu entscheiden, ob derartige Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten Geschehensabläufe zu unterstellen, für deren Vorliegen außer den nicht widerlegbaren, aber auch durch nichts gestützten Angaben des Angeklagten keine Anhaltspunkte bestehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 18. August 2009 - 1 StR 107/09, NStZ-RR 2010, 85 und vom 6. März 1986 - 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 34).
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pillendreher »

Es war der Mann im Mond!
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Pippen
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pippen »

thh hat geschrieben:
1 StR 327/14 hat geschrieben:Einlassungen, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine objektiven Anhaltspunkte gibt, sind nicht ohne weiteres als "unwiderlegbar" hinzunehmen und den Feststellungen zugrunde zu legen. Das Tatgericht hat vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses darüber zu entscheiden, ob derartige Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten Geschehensabläufe zu unterstellen, für deren Vorliegen außer den nicht widerlegbaren, aber auch durch nichts gestützten Angaben des Angeklagten keine Anhaltspunkte bestehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 18. August 2009 - 1 StR 107/09, NStZ-RR 2010, 85 und vom 6. März 1986 - 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 34).
Erstens besteht bei solchen mafiösen Organisationen immer die Möglichkeit, dass Mitglieder - selbst wenn sie wollten - nicht einfach aufhören können. Das liegt einfach nahe und die Tatsache, dass es selbst für "normale" NPD-Aussteiger Schutzprogramme gibt, spricht Bände. Zweitens darf ein Richter einen Angeklagten nicht freisprechen, wenn vernünftige Zweifel für dessen Schuld bestehen. Wer etwas Lebenserfahrung hat, der weiß, dass atypische und unwahrscheinliche Sachverhalte zur Welt gehören wie die Butter zum Brot; daher ist es vernünftig, auch solche Überlegungen anzustellen.

@enigma: Je mehr der Verteidiger weiß, desto höher ist sein Strafbarkeitsrisiko und desto geringer sein Handlungsspektrum. Hier am Bsp. von Beate Z: Wenn ich nur die Akten kenne, dann kann ich gegenüber der Z. mein Einlassungskonstrukt erwähnen und wenn es ihr gefällt, dann springt sie drauf an und ich könnte es in die Verhandlung einführen. Wenn ich dagegen weiß, wie es ablief, dann ginge das nicht mehr, wenn ich straffrei bleiben will. Daher wollen Verteidiger meines Wissens nach vom Angeklagten gar nicht wissen, ob er es war oder wie genau es ablief, eben weil sie dann in dem Gericht durch Alternativtatabläufe Zweifel säen können, was ihnen ansonsten verwehrt wäre. Ein Verteidier, der die Tat in- und auswendig kennt, der kann eigentlich nur bestreiten, nichts (angeblich) Neues vortragen.
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von non-liquet »

Pippen hat geschrieben:
thh hat geschrieben:
1 StR 327/14 hat geschrieben:Einlassungen, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine objektiven Anhaltspunkte gibt, sind nicht ohne weiteres als "unwiderlegbar" hinzunehmen und den Feststellungen zugrunde zu legen. Das Tatgericht hat vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses darüber zu entscheiden, ob derartige Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten Geschehensabläufe zu unterstellen, für deren Vorliegen außer den nicht widerlegbaren, aber auch durch nichts gestützten Angaben des Angeklagten keine Anhaltspunkte bestehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 18. August 2009 - 1 StR 107/09, NStZ-RR 2010, 85 und vom 6. März 1986 - 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 34).
Erstens besteht bei solchen mafiösen Organisationen immer die Möglichkeit, dass Mitglieder - selbst wenn sie wollten - nicht einfach aufhören können. Das liegt einfach nahe und die Tatsache, dass es selbst für "normale" NPD-Aussteiger Schutzprogramme gibt, spricht Bände.
Siehe oben: Welche objektiven Anhaltspunkte gibt es für so etwas im konkreten Fall? Und wie sind diese Anhaltspunkte im Gesamtkontext des Beweisergebnisses einzuordnen? Diese Fragen sind zu klären. Dagegen sind Evidenzappelle und nicht weitere zu untermauernde Spekulationen, wie es denn vielleicht auch gewesen sein könnte, für kein Strafgericht von Interesse.
Zweitens darf ein Richter einen Angeklagten nicht freisprechen, wenn vernünftige Zweifel für dessen Schuld bestehen.
In dubio contra reum? Nun denn.
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famulus
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von famulus »

](*,)
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
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Mr_Black
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Mr_Black »

Tibor hat geschrieben:"Hohes Gericht, es kann so gewesen sein, wie die Bundesanwaltschaft vorträgt, also dass die hier Angeklagte für die bereits verstorbenen Herren eine Waffe besorgt hat und gemeinschaftlich ein Opfer ausgesucht hat und damit [Mittäterschaft] ... Aber hohes Gerücht vielleicht war es ja auch jemand ganz anderes, der die Waffe besorgt hatte? Können wir ausschließen, dass nicht der Praktikant der Kfz-Werkstatt des Vertrauens seine Waffe im Opel Kadett des verstorbenen M. versteckt hatte, weil ihm selbst wegen Drogen, Sprayen, Discoschlägerei oder Verletzung der Unterhaltspflicht eine Durchsuchung drohte? Herr M könnte auch andere Freunde im Kfz mitgenommen haben, die dann - ohne es zu bemerken - ihre Ceska auf dem Rücksitz verloren haben, als sie betrunken aus dem Wagen stiegen. Hohes Geschücht, vielleicht ist das Opfer auch aus-ver-sehään gegen den schönen Opel gestolpert, hat eine Delle verursacht und Herr M geriet in Rage und griff im Affekt - hohes Gericht, immmm Aaaahhhfffffekttt - zur Waffe und schoß drauf los? Hohes Gericht, ich beantrage die Vernehmung des Kfz Meisters, seines Azubis, des Lokal zuständigen Polizeipräsidenten und des unbekannten Freundes darüber, dass diese die Waffe im Opel verloren haben. Vielen Dank!"
"SIE WOLLEN DIE WAHRHEIT? SIE KÖNNEN DIE WAHRHEIT DOCH GAR NICHT VERTRAGEN!"
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Pillendreher
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pillendreher »

Wer hat dann Lust auf einen Ausflug zum Justizpalast? Es steht nun nur noch die körperliche Konfrontation aus. =D>
Welcome to Loud City! THUNDER UP!
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