NSU Prozess - Strategien, Ideen und sonstiger Kram

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Ryze
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Ryze »

Die Rakete, mit der er persönlich den Nachweis führen möchte, dass die Marsmenschen tatsächilch existieren, die die Mandantin unter Androhung von medizinischen Experminenten zum Mord an den Betreiber der schlechtesten Dönerbude des Ostens anstifteten. Wer sich das nicht vorstellen kann, hat die Weitsicht eines 14 3/4 Jährigen!
Pippen
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pippen »

Tibor hat geschrieben:Welches Beweismittel soll denn mehrere Mrd kosten? Mein Gott, geh aus der Sonne, es tut langsam weh.
Was spielt das für eine Rolle - was würde passieren, wenn es mehrere Mrd. kosten würde? Aber ok, sagen wir das Beweismittel, welches den A. entlasten könnte, ist in der Hand von Terroristen, die dafür 1 Mrd. Euro fordern. Oder es handelt sich um einer zerschredderte Urkunde aus Stasizeiten, die für 1 Mrd. Euro (Personal- & Computeraufwand) innerhalb eines angemessenen Zeitraums wiederhergestellt werden kann (mit "normalem Aufwand" dauert das Jahrzehnte).
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famulus
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von famulus »

Ryze hat geschrieben:Die Rakete, mit der er persönlich den Nachweis führen möchte, dass die Marsmenschen tatsächilch existieren, die die Mandantin unter Androhung von medizinischen Experminenten zum Mord an den Betreiber der schlechtesten Dönerbude des Ostens anstifteten. Wer sich das nicht vorstellen kann, hat die Weitsicht eines 14 3/4 Jährigen!
=D>
Pippen hat geschrieben:Was spielt das für eine Rolle - was würde passieren, wenn es mehrere Mrd. kosten würde? Aber ok, sagen wir das Beweismittel, welches den A. entlasten könnte, ist in der Hand von Terroristen, die dafür 1 Mrd. Euro fordern. Oder es handelt sich um einer zerschredderte Urkunde aus Stasizeiten, die für 1 Mrd. Euro (Personal- & Computeraufwand) innerhalb eines angemessenen Zeitraums wiederhergestellt werden kann (mit "normalem Aufwand" dauert das Jahrzehnte).
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Scaevola
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Scaevola »

Pippen hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:Welches Beweismittel soll denn mehrere Mrd kosten? Mein Gott, geh aus der Sonne, es tut langsam weh.
Was spielt das für eine Rolle - was würde passieren, wenn es mehrere Mrd. kosten würde? Aber ok, sagen wir das Beweismittel, welches den A. entlasten könnte, ist in der Hand von Terroristen, die dafür 1 Mrd. Euro fordern. Oder es handelt sich um einer zerschredderte Urkunde aus Stasizeiten, die für 1 Mrd. Euro (Personal- & Computeraufwand) innerhalb eines angemessenen Zeitraums wiederhergestellt werden kann (mit "normalem Aufwand" dauert das Jahrzehnte).
Und die Lebenserfahrung?
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Pillendreher
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pillendreher »

Siehe dazu: Pate I-III, Sopranos.
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Urs Blank
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Urs Blank »

Pippen hat geschrieben:
Tibor hat geschrieben:Welches Beweismittel soll denn mehrere Mrd kosten? Mein Gott, geh aus der Sonne, es tut langsam weh.
Was spielt das für eine Rolle - was würde passieren, wenn es mehrere Mrd. kosten würde? Aber ok, sagen wir das Beweismittel, welches den A. entlasten könnte, ist in der Hand von Terroristen, die dafür 1 Mrd. Euro fordern. Oder es handelt sich um einer zerschredderte Urkunde aus Stasizeiten, die für 1 Mrd. Euro (Personal- & Computeraufwand) innerhalb eines angemessenen Zeitraums wiederhergestellt werden kann (mit "normalem Aufwand" dauert das Jahrzehnte).
Hier hilft ein schlichter Blick ins Gesetz, § 244 Abs. 3a StPO: "Je schwieriger ein Beweismittel herbeizuschaffen ist, desto bedeutungsloser ist es."
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Pippen
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pippen »

Urs Blank hat geschrieben:
Hier hilft ein schlichter Blick ins Gesetz, § 244 Abs. 3a StPO: "Je schwieriger ein Beweismittel herbeizuschaffen ist, desto bedeutungsloser ist es."
Habe mir 244 StPO aufgrund dieses Hinweises nochmal genauer durchgelesen (244 Abs. 3a gibt's nicht). Danach kann ein Beweismittel abgelehnt werden, wenn es unerreichbar ist (244 Abs. 3). Aufgrund der laxen Auslegungsweise deutscher Gerichte dürfte das genau die Stellschraube sein, die ich meine und die für meine Fälle bedeutet, dass ein Beweis darüber unzulässig wäre. Interessant ist folgendes: Wenn man den Richter dazu bringen kann, an die Möglichkeit eines Beweises zugunsten des A. zu glauben, der aber unerreichbar ist, dann könnte in dubio pro reo den Rest erledigen, obwohl der Beweis gerade unzulässig ist. Oder? Z's Verteidigung könnte also (tote) Zeugen erfinden (das wäre natürlich strafbar), die angeblich Z's "Zweifel und Unmut über M & B's Vorgehen" mitgekriegt haben. Wenn das gut gemacht wird, d.h. schlüssig dargelegt, und wenn sonstige Beweise eher dünn sind, dann frage ich mich, mit welcher Begründung ein Richter diese Einlassung bei der Frage Mittäterschaft - Beihilfe so einfach ablehnen kann, immerhin war Z. ja nie direkt bei den Anschlägen dabei und auch sonst wohl eher das "Muttchen", was ja prima facie erstmal eher für Beihilfe spricht.
Swann
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Swann »

Pippen hat geschrieben: @swann: Dass du vom praktischen Leben keine Ahnung zu haben scheinst wäre eine Tatsache, kein ad hominem. Wer ernsthaft mafiösen/terroristischen Organisationen die Regelmäßigkeit abspricht, Mitarbeiter durch Vergeltungsdrohungen am Ausstieg zu hindern, der hat die Lebenserfahrung eines 15jährigen. Dabei kann dir auch keiner helfen. Aber beim konsistenten Denken kann man dir helfen: § 35 S. 1 StGB wäre erfüllt, wenn die Z. nachweisen könnte, dass sie 1) bei einem Ausstieg mit tödlicher Vergeltung für sich und ihre Familie rechnen musste und 2) den staatlichen Einrichtungen nicht zutrauen konnte, sei effektiv zu schützen. Selbst wenn es nur zu § 35 S. 2 StGB reichen würde wäre das wg. der Kann-Strafmilderung ein großer (Teil-) Erfolg. Du willst ernsthaft behaupten, dass in dieser Konstellation 35 S. 1 ausgeschlossen wäre?
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Zippocat
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Zippocat »

Pippen hat geschrieben:
Urs Blank hat geschrieben:
Hier hilft ein schlichter Blick ins Gesetz, § 244 Abs. 3a StPO: "Je schwieriger ein Beweismittel herbeizuschaffen ist, desto bedeutungsloser ist es."
Habe mir 244 StPO aufgrund dieses Hinweises nochmal genauer durchgelesen (244 Abs. 3a gibt's nicht). Danach kann ein Beweismittel abgelehnt werden, wenn es unerreichbar ist (244 Abs. 3). Aufgrund der laxen Auslegungsweise deutscher Gerichte dürfte das genau die Stellschraube sein, die ich meine und die für meine Fälle bedeutet, dass ein Beweis darüber unzulässig wäre. Interessant ist folgendes: Wenn man den Richter dazu bringen kann, an die Möglichkeit eines Beweises zugunsten des A. zu glauben, der aber unerreichbar ist, dann könnte in dubio pro reo den Rest erledigen, obwohl der Beweis gerade unzulässig ist. Oder? Z's Verteidigung könnte also (tote) Zeugen erfinden (das wäre natürlich strafbar), die angeblich Z's "Zweifel und Unmut über M & B's Vorgehen" mitgekriegt haben. Wenn das gut gemacht wird, d.h. schlüssig dargelegt, und wenn sonstige Beweise eher dünn sind, dann frage ich mich, mit welcher Begründung ein Richter diese Einlassung bei der Frage Mittäterschaft - Beihilfe so einfach ablehnen kann, immerhin war Z. ja nie direkt bei den Anschlägen dabei und auch sonst wohl eher das "Muttchen", was ja prima facie erstmal eher für Beihilfe spricht.
Es geht nicht darum, welche Theorien Dir oder einem richtigen Verteidiger noch einfallen könnten, sondern (nur, schlicht und ausschließlich) darum, ob
1) aufgrund der Beweisaufnahme
2) tatsächliche Anhaltspunkte
für vernünftige Zweifel bestehen.

Wenn also die Verteidiger behaupten, tote Zeugen hätten dies und das gehört oder der ja leider unerreichbare Zeuge aus Südamerika würde nun aber wirklich ganz genau bestätigen, dass alles ganz anders war, sehr ärgerlich, dass er nicht kommen will, dann ist das platter Verteidigervortrag. Dieser ist, solange er nur theoretisch denkbar, aber nicht tatsächlich durch die Beweisaufnahme gestützt wird, schlicht unbeachtlich, nährt keine Zweifel, nimmt bestenfalls nur wenig Zeit in Anspruch und findet im Übrigen - nach Ablehnung der entsprechenden Anträge - im Verfahren keine Erwähnung mehr (außer als - hui, besonders raffiniert - Hilfsbeweisantrag im Plädoyer).

Aber schön, dass Du nachgeschaut hast, ob es § 244 IIIa StPO gibt. Das hier sind auch alles in erster Linie keine Probleme des Beweisantragrechts. Du hast einfach nicht verstanden, was der Zweifelssatz inhaltlich bedeutet.
"If we should deal out justice only, in this world, who would escape?"
Pippen
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pippen »

Zippocat hat geschrieben:der ja leider unerreichbare Zeuge aus Südamerika würde nun aber wirklich ganz genau bestätigen, dass alles ganz anders war, sehr ärgerlich, dass er nicht kommen will, dann ist das platter Verteidigervortrag.
Damit hätten wir den Beibringungsgrundsatz im Strafprozeß. Natürlich spielt das eine Rolle (bei korrekter Rechtsanwendung, was praktisch läuft ist eine andere Sache) - wie kommt der Richter dazu, "einfach so" dem Verteidiger nicht zu glauben? Er müsste hier dem Amtsermittlungsprinzip zufolge eruieren und erst wenn der Verteidiger unglaubwürdig wird oder Unschlüssiges vorträgt, kann er einen solchen Beweisantrag ablehnen. Ansonsten - wenn der Zeuge unauffindbar ist oder die Kosten zu hoch - müsste er Zweifel bekommen, ob nicht der Zeuge den A. hätte doch entlasten können und dann in dubio pro reo entscheiden. Dieser Zweifel wäre schlicht Ausdruck allgemeiner Denk- und Erfahrungssätze und die sind bekanntlich revisibel. Insofern kommt übrigens meine objektivierte in dubio pro reo-Auslegung zu gleichen Ergebnissen wie die subjektivierte der herrschenden Meinung.
Swann
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Swann »

Pippen hat geschrieben:Ansonsten - wenn der Zeuge unauffindbar ist oder die Kosten zu hoch - müsste er Zweifel bekommen, ob nicht der Zeuge den A. hätte doch entlasten können und dann in dubio pro reo entscheiden.
Nein. In dubio pro reo verlangt nicht vom Richter, sich die Hose mit der Kneifzange zuzumachen. Ansonsten solltest du nicht von der "herrschenden Meinung" in diesem Kontext sprechen, sondern von der allgemeinen Auffassung.
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