NSU Prozess - Strategien, Ideen und sonstiger Kram

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Swann
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Swann »

Pippen hat geschrieben:
thh hat geschrieben:
1 StR 327/14 hat geschrieben:Einlassungen, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine objektiven Anhaltspunkte gibt, sind nicht ohne weiteres als "unwiderlegbar" hinzunehmen und den Feststellungen zugrunde zu legen. Das Tatgericht hat vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses darüber zu entscheiden, ob derartige Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten Geschehensabläufe zu unterstellen, für deren Vorliegen außer den nicht widerlegbaren, aber auch durch nichts gestützten Angaben des Angeklagten keine Anhaltspunkte bestehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 18. August 2009 - 1 StR 107/09, NStZ-RR 2010, 85 und vom 6. März 1986 - 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 34).
Erstens besteht bei solchen mafiösen Organisationen immer die Möglichkeit, dass Mitglieder - selbst wenn sie wollten - nicht einfach aufhören können. Das liegt einfach nahe und die Tatsache, dass es selbst für "normale" NPD-Aussteiger Schutzprogramme gibt, spricht Bände. Zweitens darf ein Richter einen Angeklagten nicht freisprechen, wenn vernünftige Zweifel für dessen Schuld bestehen. Wer etwas Lebenserfahrung hat, der weiß, dass atypische und unwahrscheinliche Sachverhalte zur Welt gehören wie die Butter zum Brot; daher ist es vernünftig, auch solche Überlegungen anzustellen.
Das ist doch völliger Quatsch. thh hat doch dankenswerterweise eine der zahllosen Entscheidungen des BGH zitiert, nach denen solche hypothetischen Möglichkeiten gerade nicht zum Freispruch nach dem Zweifelssatz zwingen, dass vielmehr ein solches Vorgehen regelmäßig rechtsfehlerhaft ist. Es erstaunt mich angesichts deiner sonstigen Beiträge allerdings nicht, dass du es auch im Strafprozessrecht schaffst, riesigen Unfug zu schreiben.
Pippen
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pippen »

Pippen hat geschrieben:[Einlassungen, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine objektiven Anhaltspunkte gibt, sind nicht ohne weiteres als "unwiderlegbar" hinzunehmen und den Feststellungen zugrunde zu legen. Das Tatgericht hat vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses darüber zu entscheiden, ob derartige Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten Geschehensabläufe zu unterstellen, für deren Vorliegen außer den nicht widerlegbaren, aber auch durch nichts gestützten Angaben des Angeklagten keine Anhaltspunkte bestehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 18. August 2009 - 1 StR 107/09, NStZ-RR 2010, 85 und vom 6. März 1986 - 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 34).

Erstens ist das strittige Rsp., und zwar zu Recht, kehrt es doch die Beweislast im Strafprozeß um. Strafbefreiende Umstände aus der Annahme eines vernünftigen Geschehensablaufs, welcher unbeweisbar ist, gingen danach zu Lasten des Angeklagten. Richtig muss es so sein, dass die StA jegliche vernünftige Geschehensabläufe oder vernünftige Einlassungen widerlegen muss, sonst in dubi pro reo. Vernünftig ist dabei, was möglich ist. Ein Richter kann nicht von einem Sachverhalt überzeugt sein, wenn ein möglicher alternativer Sachverhalt vorliegt, der strafbefreiend wäre. Und es ist nunmal möglich/vernünftig anzunehmen, dass Frau Z. psychisch und physisch von den beiden Hauptterroristen abhängig war, jedenfalls nach den mir bekannten Fakten.

Zweitens würde ja Z. meine Idee durch ihre Anwälte am Ende vortragen lassen. Und da wären zB folgende Anhaltspunkte: Aufzeigen, dass in Terror- und Mafiaorganisationen kapitalerpresserische Abhängigkeiten auftreten können (Recherchearbeit für den Referendar) und irgendwie hinbiegen; Verhalten der Z. am Ende, wo sie sich eben der Polizei stellte und nicht weitermachte und noch irgendwelche Sachen, zur Not wird da eben "gemoschelt". Es reicht meistens, wenn man darauf herumreitet und rumheult, dass es so war, man es aber nicht beweisen kann und das doch in dubio pro reo den A. schützen soll blablabla. So eine Agitation - besonders bei Kapitalsachen - zeigt meist eine Wirkung und der Richter wird sich damit innerlich befassen - mehr kann man dann nicht erwarten. Man lese sich mal den Unsinn des BGH durch, also alle Sätze. Im Prinzip ist das diplomatisches Gelabere in Form einer Tautologie: Richter muss nicht x tun, vielmehr entscheidet er, ob er x tun will, d.h. er kann x tun oder er kann x nicht tun (Willkür).
Gelöschter Nutzer

Re: NSU-Prozess

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Theoretische Notstandssituationen, für die keine in den Prozess eingebrachten Anhaltspunkte bestehen, begründen bei einem Strafrichter gewiss keinen Zweifel, der - erst - dann nach dem Grundsatz in dubio pro reo zum Freispruch führen müsste.

Trotzdem nicht ganz so nett, was dem Herrn Pippen da zuletzt attestiert wurde :-({|=
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Pillendreher
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pillendreher »

Ich muss mir dann wohl auch einen Zweitaccount anlegen. :-w
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Swann
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Swann »

Pippen hat geschrieben: Zweitens würde ja Z. meine Idee durch ihre Anwälte am Ende vortragen lassen. Und da wären zB folgende Anhaltspunkte: Aufzeigen, dass in Terror- und Mafiaorganisationen kapitalerpresserische Abhängigkeiten auftreten können (Recherchearbeit für den Referendar) und irgendwie hinbiegen; Verhalten der Z. am Ende, wo sie sich eben der Polizei stellte und nicht weitermachte und noch irgendwelche Sachen, zur Not wird da eben "gemoschelt". Es reicht meistens, wenn man darauf herumreitet und rumheult, dass es so war, man es aber nicht beweisen kann und das doch in dubio pro reo den A. schützen soll blablabla. So eine Agitation - besonders bei Kapitalsachen - zeigt meist eine Wirkung und der Richter wird sich damit innerlich befassen - mehr kann man dann nicht erwarten. Man lese sich mal den Unsinn des BGH durch, also alle Sätze. Im Prinzip ist das diplomatisches Gelabere in Form einer Tautologie: Richter muss nicht x tun, vielmehr entscheidet er, ob er x tun will, d.h. er kann x tun oder er kann x nicht tun (Willkür).
Das ist nicht Willkür, sondern schlicht Folge des Umstands, dass die subjektive Überzeugung des Gerichts entscheidet. Das hast du allerdings nicht begriffen. Auch ansonsten haben deine Ausführungen nichts mit dem deutschen Strafprozess zu tun. Sie gehören in jenes seltsame Paralleluniversum, in dem Prozess- und Verzugszinsen addiert werden, das Grundgesetz nichtig ist, weil es gegen Art. 20 GG verstößt und Art. 25 GG das gesamte Völkervertragsrecht ins deutsche Recht transformiert.
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famulus
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von famulus »

Ich sag's ja: Pippen hat inzwischen erfolgreich die Nachfolge von Chefreferendar angetreten.
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
Pippen
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pippen »

Reiner von Vielen hat geschrieben:Theoretische Notstandssituationen, für die keine in den Prozess eingebrachten Anhaltspunkte bestehen, begründen bei einem Strafrichter gewiss keinen Zweifel, der - erst - dann nach dem Grundsatz in dubio pro reo zum Freispruch führen müsste.
Das heißt, dass ein deutscher Strafrichter von einem Sachverhalt X überzeugt sein kann (261 StPO), wenn es einen vernünftigen, aber anhaltslosen, Alternativsachverhalt Y gibt, bei dem keine Strafbarkeit vorliegt? Das wäre eine Beweislastentscheidung gegen den Angeklagten und genau das will in dubio pro reo verhindern. Deshalb ordnet der dazu speziellere 261 StPO aus praktischen Gründen auch die "freie" Überzeugungsbildung an, d.h. der Richter kann willkürlich entscheiden, von was er warum überzeugt ist oder nicht. Die Instanzen würden dieses Problem dann ausgleichen, weil es unwahrscheinlich ist, dass mehrere Richter alle zu X kommen und Y verwerfen und Y dennoch eine vernünftige Alternative ist. In dubio pro reo wird quasi durch Gesetz reduziert auf Zweifel, die der Richter tatsächlich hatte. Wäre da nicht wieder diese komische Rsp., die glaubt schlauer als der Gesetzgeber zu sein und gleich noch dessen Gesetze "umformt", so dass die an sich freie Überzeugungsbildung durch Denkgesetze und Erfahrungswerte einschränkt wird, die aber gerade dafür sprechen, dass X nicht ohne Y angesehen werden darf. Kein vernünftiger Mensch kann davon überzeugt sein, dass Frau Z. eine Terroristin ist, wenn es vernünftig, d.h. realistisch möglich wäre (das müsste sicherlich abgeklärt werden und hängt auch vom Fall ab), dass die vor ihren Mittätern mit dem Leben "haftete". Ein guter Strafrichter muss das ansprechen und die StA zur Widerlegung auffordern. Und mal ganz ehrlich: Ist es so abwegig, dass in Terrornetzwerken Leute einfach (weiter) mitmachen, weil sie wissen oder ahnen, was mit ihnen passiert, wenn sie aussteigen wollen? Da muss es gar keine Absprachen geben. So wie Böhnhardt & Co. die Leute umgenietet haben, hätten sie auch die Z. als Verräterin umgenietet, und nun wäre es an der StA zu beweisen, dass sie sowas nie vorhatte oder sie nichts zu befürchten gehabt hätte, wenn man die strafprozessuale Beweislast Ernst nimmt - oder man mauschelt weiter.
Swann
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Swann »

Pippen hat geschrieben: Das heißt, dass ein deutscher Strafrichter von einem Sachverhalt X überzeugt sein kann (261 StPO), wenn es einen vernünftigen, aber anhaltslosen, Alternativsachverhalt Y gibt, bei dem keine Strafbarkeit vorliegt?
Ganz genauso ist es. Es begründet keinen Rechtsfehler, dass sich das Tatgericht von der Schuld des Angeklagten überzeugt hat, wenn es auch ebenso möglich gewesen wäre, dass es zum gegenteiligen Schluss gekommen wäre.
Das wäre eine Beweislastentscheidung gegen den Angeklagten und genau das will in dubio pro reo verhindern. Deshalb ordnet der dazu speziellere 261 StPO aus praktischen Gründen auch die "freie" Überzeugungsbildung an, d.h. der Richter kann willkürlich entscheiden, von was er warum überzeugt ist oder nicht. Die Instanzen würden dieses Problem dann ausgleichen, weil es unwahrscheinlich ist, dass mehrere Richter alle zu X kommen und Y verwerfen und Y dennoch eine vernünftige Alternative ist.
Das ist völliger Unsinn, weil bei schwereren Straftaten der Instanzenzug sich auf eine Rechtskontrolle in der Revision beschränkt. Da es keine zweite Tatsacheninstanz bei schwereren Delikten, hat das wenig mit dem deutschen Strafprozess zu tun.

In dubio pro reo wird quasi durch Gesetz reduziert auf Zweifel, die der Richter tatsächlich hatte.
Der Zweifelssatz wird nicht darauf "reduziert", er hat keinen anderen Inhalt als sich auf tatsächliche Zweifel des Gerichts zu beziehen. Der Zweifelssatz sagt nur, was ein Gericht tun muss, wenn es zweifelt, aber nicht wann ein Gericht zweifeln muss.
Wäre da nicht wieder diese komische Rsp., die glaubt schlauer als der Gesetzgeber zu sein und gleich noch dessen Gesetze "umformt", so dass die an sich freie Überzeugungsbildung durch Denkgesetze und Erfahrungswerte einschränkt wird, die aber gerade dafür sprechen, dass X nicht ohne Y angesehen werden darf. Kein vernünftiger Mensch kann davon überzeugt sein, dass Frau Z. eine Terroristin ist, wenn es vernünftig, d.h. realistisch möglich wäre (das müsste sicherlich abgeklärt werden und hängt auch vom Fall ab), dass die vor ihren Mittätern mit dem Leben "haftete". Ein guter Strafrichter muss das ansprechen und die StA zur Widerlegung auffordern.



Wie gesagt, das ist Pippensches Recht. Vom deutschen Strafprozess ist das meilenweit entfernt.
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famulus
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von famulus »

Pippen hat geschrieben:Wäre da nicht wieder diese komische Rsp., die glaubt schlauer als der Gesetzgeber zu sein
Kommt man, wenn man so etwas abfasst, nicht zumindest einmal kurz auf die Idee, dass man selbst derjenige sein könnte, der "komisch" ist? :-k
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Pippen
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Pippen »

Swann hat geschrieben:Es begründet keinen Rechtsfehler, dass sich das Tatgericht von der Schuld des Angeklagten überzeugt hat, wenn es auch ebenso möglich gewesen wäre, dass es zum gegenteiligen Schluss gekommen wäre.
Das ist eine contradictio in adjecto. Man kann nicht von etwas (mit subj. Fast-Gewissheit) überzeugt sein, wenn man das Gegenteil für möglich hält. Da glaubt oder vermutet man lediglich. Hier wird ganz klar eine verkappte Beweislast gegen den Angeklagten verwendet. Im US-amerik. Recht z.B. gilt, dass ein Angeklagter nur verurteilt wird, wenn seine Schuld "beyond reasonable doubt" feststeht, was in dubio pro reo entspricht.
Das ist völliger Unsinn, weil bei schwereren Straftaten der Instanzenzug sich auf eine Rechtskontrolle in der Revision beschränkt. Da es keine zweite Tatsacheninstanz bei schwereren Delikten, hat das wenig mit dem deutschen Strafprozess zu tun.
Umso schlimmer. Was ist das für eine Logik, bei schweren Straftaten nur eine Tatsacheninstanz zu haben, bei leichteren zwei?

Der Zweifelssatz wird nicht darauf "reduziert", er hat keinen anderen Inhalt als sich auf tatsächliche Zweifel des Gerichts zu beziehen. Der Zweifelssatz sagt nur, was ein Gericht tun muss, wenn es zweifelt, aber nicht wann ein Gericht zweifeln muss.
Doch das tut er, nur wird er von unserer Rsp. angenehm ausgelegt. Ursprünglich meint er: Wenn ein Richter Zweifel hat oder haben muss, dann soll er nicht gegen den Angeklagten entscheiden. Das ist der Sinn, der mit "in dubio pro reo" verkürzt wiedergegeben wird und seit Äonen gilt. Alles andere macht auch keinen Sinn. Nach deiner Auslegung wäre die Regel sinnlos, weil der Richter jederzeit entscheiden kann, ob er nun Zweifel hat oder nicht, egal wie absurd diese Entscheidung ist, so dass "in dubio pro reo" praktisch nie verletzt sein könnte (es sei denn ein Richter wäre blöd und würde ausplaudern, dass er Zweifel hatte und doch gegen den Angeklagten entschied). Glaubst du ernsthaft, dass so eine Regel so einen Unfug meint?
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von thh »

Pippen hat geschrieben:
Swann hat geschrieben:Es begründet keinen Rechtsfehler, dass sich das Tatgericht von der Schuld des Angeklagten überzeugt hat, wenn es auch ebenso möglich gewesen wäre, dass es zum gegenteiligen Schluss gekommen wäre.
Das ist eine contradictio in adjecto. Man kann nicht von etwas (mit subj. Fast-Gewissheit) überzeugt sein, wenn man das Gegenteil für möglich hält.
Man kann aber durchaus von etwas überzeugt sein (und diese Überzeugung auch tragfähig begründen), wenn es objektiv möglich gewesen wäre, den gegenteiligen Schluss zu ziehen. Das ist Alltag der Beweiswürdigung.
Pippen hat geschrieben: Im US-amerik. Recht z.B. gilt, dass ein Angeklagter nur verurteilt wird, wenn seine Schuld "beyond reasonable doubt" feststeht, was in dubio pro reo entspricht.
Soweit ich sehe, gilt da vor allem, dass über die Schuldfrage durch den notwendig begründungslosen (!) "Wahrspruch" der Geschworenen entschieden wird, wie im alten deutschen Schwurgerichtsverfahren. Wenn ein Spruchkörper seine wie auch immer gewonnene Überzeugung noch nicht einmal logisch begründen können muss, es also genügt, mitzuteilen, man sei "beyond reasonable doubt" überzeugt, ist das jedenfalls keine Verbesserung. Auch für die Beteiligten nicht, die nämlich nie erfahren, *warum* das Gericht das glaubte, was es glaubte.
Pippen hat geschrieben: Ursprünglich meint er: Wenn ein Richter Zweifel hat oder haben muss, dann soll er nicht gegen den Angeklagten entscheiden. Das ist der Sinn, der mit "in dubio pro reo" verkürzt wiedergegeben wird und seit Äonen gilt.
Gibt es dafür auch einen Beleg jenseits Deiner subjektiven Überzeugung davon?
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
Swann
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Swann »

Doch das tut er, nur wird er von unserer Rsp. angenehm ausgelegt. Ursprünglich meint er: Wenn ein Richter Zweifel hat oder haben muss, dann soll er nicht gegen den Angeklagten entscheiden. Das ist der Sinn, der mit "in dubio pro reo" verkürzt wiedergegeben wird und seit Äonen gilt.


Würdest du das bitte mit Fundstellen belegen?
Alles andere macht auch keinen Sinn. Nach deiner Auslegung wäre die Regel sinnlos, weil der Richter jederzeit entscheiden kann, ob er nun Zweifel hat oder nicht, egal wie absurd diese Entscheidung ist, so dass "in dubio pro reo" praktisch nie verletzt sein könnte (es sei denn ein Richter wäre blöd und würde ausplaudern, dass er Zweifel hatte und doch gegen den Angeklagten entschied). Glaubst du ernsthaft, dass so eine Regel so einen Unfug meint?
Es ist mir herzlich egal, ob du das für Unfug hältst, jedenfalls ist das exakt der Inhalt von in dubio pro reo. Diese Rechtsregel ist auch gar nicht dazu gedacht, das Allheilmittel vor ungerechtfertigten Verurteilungen zu bilden. Das tun schon eher die Rechtsprechungslinie der Pistazieneis-Entscheidung, dass zur subjektiven Überzeugung eine gewisse objektive Wahrscheinlichkeit treten muss und die Anforderungen an die Beweiswürdigung bei schwieriger Beweislage.
Aber woher solltest du solche Dinge auch wissen?
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famulus
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von famulus »

Wieso denn belegen? Was kann Pippen denn dafür, dass allein er den Kern nicht normierter Rechtsgrundsätze zutreffend durchdringt - mithin für seine Weisheiten keine Parallelfundstellen existieren?

Die anmaßende Selbstüberzeugung, mit der Pippen jedes mal seine wirren Auffassungen als einzig richtige behauptet, erstaunt mich aber immer wieder.
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Vorkriegsjugend »

Am meisten macht mir Angst, dass er wirklich Anwalt sein könnte.
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Einwendungsduschgriff
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Re: NSU-Prozess

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Er ist Anwalt.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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