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Tobias__21
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Re: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von Tobias__21 »

::oops: Zu meiner Verteidigung: Ich habe Art. 14 noch nicht wiederholt und bin nur ein kleiner Examenskandidat. Bitte Milde walten lassen :)
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Pillendreher
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Re: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von Pillendreher »

@Levi

Ich habe mir das anhand dieser Stellen im Epping gemerkt:

Epping 6. Aufl. Rn. 462-468
1. Inhalts- und Schrankenbestimmungen (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG)
Die Eingriffsberechtigung des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG ermöglicht es dem Gesetzgeber, Inhalt und Schranken von Eigentum und Erbrecht zu bestimmen. Der Begriff der Inhalts- und Schrankenbestimmung erfasst alle rechtlichen Regelungen, mit denen der Gesetzgeber Eigentum und Erbrecht im Rahmen seiner Ausgestaltungsbefugnis abstrakt-generell definiert.68
Dass Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dem Gesetzgeber die Inhaltsbestimmung auferlegt, ist die logische Konsequenz der Einstufung des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG als normgeprägtes Grundrecht.69 Mittels einer Inhaltsbestimmung nimmt der Gesetzgeber die Ausgestaltung der Rechtsbegriffe Eigentum und Erbrecht für die Zukunft vor und bestimmt damit zugleich den zukünftigen Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG. Legt also der Gesetzgeber heute beispielsweise fest, dass Grundeigentum zukünftig nur mit der Maßgabe erworben werden kann, dass der Neueigentümer etwa den Wuchs bestimmter seltener Pflanzen darauf duldet, so bestimmt er damit zugleich den Inhalt des Schutzbereichs der individuellen Eigentumsgarantie für alle zukünftigen Eigentümer.
Gleichzeitig stellt aber die Festlegung dessen, was zukünftig Eigentum bzw. Erbrecht sein soll, häufig eine Beschränkung bereits bestehender Rechte dar. Sieht also im obigen Beispiel der Gesetzgeber vor, dass nicht bloß Neueigentümer, sondern alle Eigentümer bestimmte Pflanzen dulden müssen, bedeutet dies für alle bisherigen Eigentümer eine Beschränkung ihrer Rechtsposition, die eine Duldungspflicht nicht vorsah. Die Inhaltsbestimmung für zukünftige Neueigentümer stellt sich für die bisherigen Eigentümer als Schrankenbestimmung dar. Aus dieser Doppelwirkung einer Neubestimmung des Eigentums ergibt sich die Bezeichnung in Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG als „Inhalts- und Schrankenbestimmung“.70
Auch wenn demnach Inhalts- und Schrankenbestimmungen häufig zusammenfallen, weil bestehendes und zukünftiges Eigentum zugleich betroffen sind, ist dies jedoch keineswegs zwingend. Es steht dem Gesetzgeber frei, bei einer Regelung bestehende Eigentumspositionen gänzlich unangetastet zu lassen. In diesem Fall stellt sich die Regelung lediglich als Inhaltsbestimmung ohne eine Beeinträchtigung bestehenden Eigentums, also ohne Eingriffscharakter, dar.
Aus dieser im Einzelfall unterschiedlichen Wirkung ergibt sich auch der verfassungsrechtliche Prüfungsmaßstab: Schrankenbestimmungen sind als Eingriffe in bestehende Rechte vorrangig am Abwehrrecht aus Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG, daneben zugleich an der Institutsgarantie zu messen. Reine Inhaltsbestimmungen aber, die bestehende Rechtspositionen gänzlich unangetastet lassen, sind ausschließlich am Maßstab der Institutsgarantie zu überprüfen.
In der Praxis erfolgen Eingriffe in Eigentum und Erbrecht jedoch nicht lediglich durch den Gesetzgeber. Auch die Verwaltung und die Gerichte greifen in von Art. 14 GG geschützte Rechtspositionen ein. Droht beispielsweise ein Haus einzustürzen, kann die Verwaltung – gestützt auf Bauordnungsrecht – anordnen, dass zur Abwehr der Gefahr die Nutzung des Hauses gänzlich unterbleiben muss. Hier hat der Gesetzgeber mit den entsprechenden Vorschriften des Bauordnungsrechts lediglich den Rahmen festgelegt, in dem die Verwaltung zum Handeln berechtigt ist, also eine gesetzliche Grundlage für Eingriffe im Einzelfall geschaffen. Diese gesetzliche Grundlage stellt in diesem Fall die Inhalts- und Schrankenbestimmung dar. Nichts anderes gilt auch in den Fällen, in denen beispielsweise ein Polizeieinsatz zu Eigentumsschäden führt. Auch hier ist die gesetzliche Grundlage des Polizeieinsatzes als Inhalts- und Schrankenbestimmung an Art. 14 Abs. 1 GG zu messen. Der Schwerpunkt liegt in derartigen Fällen freilich auf der Frage, ob der konkrete Einsatz mit Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar ist. Wie detailliert die gesetzliche Regelung sein muss, ergibt sich wie auch sonst aus dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot und – für den Bereich des Parlaments – der Wesentlichkeitstheorie.71 Keinesfalls verlangt Art. 14 GG aber, dass der Gesetzgeber jede Kleinigkeit selbst regeln muss. Die Ausfüllung der Inhalts- und Schrankenbestimmungen im Einzelfall darf also der Verwaltung überlassen werden. In dieser Hinsicht weist Art. 14 GG keinerlei Besonderheiten auf. Gegenüber bestehenden Eigentumspositionen kommt Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG in seiner Wirkung einem einfachen Gesetzesvorbehalt gleich.
Epping 6. Aufl. Rn. 479-480
V. Rechtfertigung von Eingriffen
Unter welchen Voraussetzungen ein Eingriff in das Grundrecht des Art. 14 GG gerechtfertigt ist, hängt davon ab, ob eine Inhalts- und Schrankenbestimmung, eine Enteignung oder – kaum anzunehmen – gar eine Sozialisierung vorliegt.

1. Rechtfertigung von Inhalts- und Schrankenbestimmungen
Liegt eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG vor, die in vorhandenes Eigentum eingreift, gelten für deren Rechtfertigung die bekannten Voraussetzungen: Das zu Grunde liegende Gesetz muss formell und materiell der Verfassung entsprechen und darf gegebenenfalls auch in der konkreten Anwendung nicht gegen Verfassungsrecht verstoßen. Wichtig ist vor allem die Bindung an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: Die Inhalts- und Schrankenbestimmung muss
einem legitimen Zweck dienen sowie geeignet, erforderlich und angemessen sein. Besonderheiten weist Art. 14 GG vor allem hinsichtlich der Angemessenheit von Eingriffen auf.
Es dürfte sich doch um Schrankenbestimmungen handeln, die auch bisherigen Eigentumspositionen betreffen. Hiernach sind diese rechtfertigungsbedürftig.
Hab ich nun etwas nicht verstanden oder Herr Epping nicht?

PS: Epping sieht ja, hinsichtlich deiner Erweiterung, Regelungen hinsichtlich künftiger Eigentumspositionen als Ausgestaltungen an.

EDIT:

Pieroth/Schlink 27. Aufl. Rn. 998 sagt dasselbe:
Die gesetzlichen Inhalts- und Schrankenbesitmmungen gem. Art. 14 I 2 können die Eigentumsfreiheit erweitern oder verkürzen: Sie können die Eigentumsbefugnisse vermehren oder vermindern, Eigentumsnutzungen eröffnen oder verschließen. Verkürzen die Inhalts- und Schrankenbestimmungen die Eigentumsfreiheit, dann stellen sie, auch wenn sie dadurch das Eigentum für die Zukunft definieren, für das in der Vergangenheit begründete Eigentum Eingriffe dar.
Stern/Becker Art. 14 Rn. 24 f. sagt dazu folgendes:
Für das Bundesverfassungsgericht scheinen Inhalts- und Schrankenbestimmungen austauschbar zu sein und sich in erster Linie dadurch auszuzeichnen, dass es sich bei ihnen gleichermaßen gerade nicht um Enteignungen handelt.37 Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG wird auf diese Weise zu einem einheitlichen Regelungs- oder Eingriffsvorbehalt.38 Dies ist aus dogmatischer Sicht problematisch, da die inhaltliche Konkretisierung einer Eigentumsposition ihrer Beschränkung zwingend vorausliegt.
25

Die inzwischen wohl überwiegenden Stimmen in der Literatur wählen dementsprechend den zweiten Weg.39 Inhaltsnormen legen die Eigentumsrechte und die an sie anknüpfenden Befugnisse generell und pflichtenneutral fest (Eigentumskonstitution). Die das Eigentum ausformenden Vorschriften des bürgerlichen und des öffentlichen Rechts definieren generell und abstrakt Rechte und Pflichten hinsichtlich solcher Rechtsgüter, die damit als Eigentum im Sinne der Verfassung zu verstehen sind.40
26

Demgegenüber enthält eine Schrankenbestimmung einen Eingriff in ein zuvor abstrakt-generell durch die Rechtsordnung konstituiertes Eigentumsrecht. Sie regelt die Innehabung oder Ausübung des auf der Grundlage von Inhaltsnormen geformten Eigentums. Sie haben Konflikte zwischen verschiedenen Bürgern oder zwischen Staat und Bürger zum Gegenstand und lösen diese auf (Eigentumsbeschränkung).41 Inhalts- wie Schrankenbestimmungen liegen allerdings parallel gelagerte Gemeinwohlerwägungen als Legitimation zugrunde, die daher sinvollerweise gemeinsam dargelegt werden (Rdn. 165 ff.). Eine spezielle Form des Eingriffs, die besonderen Bestimmungen unterliegt und zu besonderen Rechtsfolgen führt, ist die Enteignung, die sich qualitativ-formal von den sonstigen Schrankenbestimmungen abhebt.
27

Man mag die Differenzierung zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen auch als eine zeitliche Abfolge verstehen.42 Eine einheitliche Regelung kann aber auf verschiedene Grundrechtsträger unterschiedliche Wirkung haben und damit sowohl Inhalts- als auch Schrankenbestimmung sein.43 Dies ist dann der Fall, wenn der Gesetzgeber die Eigentumszuordnung in einem Rechtsgebiet neu ändert, dabei eine neue Inhaltsnorm ihre Geltung auch auf bestehende Rechtspositionen erstreckt und die früheren Inhaltsnormen Befugnisse zuerkannt hatten, die nach der neuen Rechtslage nicht mehr existieren.44
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Einwendungsduschgriff
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Re: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

famulus hat geschrieben:Vermutlich bekleckern sich hier sämtliche Gesprächsteilnehmer nicht gerade mit Ruhm. ;)
Na, die Erklärung ist ganz einfach: wer andere belehren möchte, sollte wissen wovon er redet.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Re: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von Ant-Man »

Tobias__21 hat geschrieben:::oops: Zu meiner Verteidigung: Ich habe Art. 14 noch nicht wiederholt und bin nur ein kleiner Examenskandidat. Bitte Milde walten lassen :)
Ich habe mir nicht alles durchlesen, aber die Fehler, die sich in der Argumentation von Levi finden, sind gravierend.
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Pillendreher
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Re: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von Pillendreher »

Ein Sieg für die Studenten! Wir sind angekommen, Tobias. :drinking: :D
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smallprint
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Re: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von smallprint »

Wenn man sich Dunkelnormen wie Art. 13 Abs. 7 GG anschaut:
Die Wohnung ist unverletzlich.... Eingriffe und Beschränkungen dürfen im übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot... vorgenommen werden.
dann wäre es überraschend, wenn die Verfassung zwar den Zugriff auf bewohnte Wohnungen gestattet, auf unbewohnte Wohnungen/Gebäude (Eigentum) aber schlechterdings nicht.

Ich halte es allerdings für einen Grundfehler des deutschen (Verfassungs-)Rechts, den Anspruch auf ein soziokulturelles Existenzminimum nach hiesigen Vorstellungen als aus der Menschenwürde abgeleitetes Jedermannsrecht zu konstruieren, das allein mit dem tatsächlichen Aufenthalt entsteht und nicht als Bürgerrecht. Das bedeutet, daß einige hundert Millionen Menschen weltweit ihr Leben verbessern können, indem sie hierherwandern und unbegründete Asylanträge stellen. Und da dann hintenheraus auch die Abschiebung kaum funktioniert, viel zu oft sogar dauerhaft. Das scheint sich langsam herumzusprechen - die Folgen kann man auf Dauer nicht unter Aufrechterhaltung der bisherigen Standards durchhalten.
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Re: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von hlubenow »

Ant-Man hat geschrieben:
Tobias__21 hat geschrieben:::oops: Zu meiner Verteidigung: Ich habe Art. 14 noch nicht wiederholt und bin nur ein kleiner Examenskandidat. Bitte Milde walten lassen :)
Ich habe mir nicht alles durchlesen, aber die Fehler, die sich in der Argumentation von Levi finden, sind gravierend.
Könnte im PDS-Ortsverband aber herrschende Meinung sein: Das Privateigentum als Wolpertinger, das sich beliebig und eingriffslos verbiegen läßt. Am besten bis zur vollständigen Auflösung. #-o
Ant-Man
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Re: AW: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von Ant-Man »

hlubenow hat geschrieben:
Ant-Man hat geschrieben:
Tobias__21 hat geschrieben:::oops: Zu meiner Verteidigung: Ich habe Art. 14 noch nicht wiederholt und bin nur ein kleiner Examenskandidat. Bitte Milde walten lassen :)
Ich habe mir nicht alles durchlesen, aber die Fehler, die sich in der Argumentation von Levi finden, sind gravierend.
Könnte im PDS-Ortsverband aber herrschende Meinung sein: Das Privateigentum als Wolpertinger, das sich beliebig und eingriffslos verbiegen läßt. Am besten bis zur vollständigen Auflösung. #-o
Du hast meinen Einwand nicht verstanden. Aussagen wie z.B.
Levi hat geschrieben:Bei normativ geprägten Rechtsinstituten wie dem Eigentum (oder mit Einschränkungen auch der Ehe) definiert der Gesetzgeber überhaupt erst das Eigentum und damit den Schutzbereich des Grundrechts.


sind schlicht und einfach falsch.
hlubenow
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Re: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von hlubenow »

"Es gibt kein Privateigentum" ist genauso falsch. Trotzdem das kommunistische Ideal, das auch versucht wurde, durchzusetzen. Man sollte Leute, die wie Levi argumentieren, nicht unterschätzen.

"Das Asyl-Grundrecht gilt ohne jede Grenze" ist übrigens sehr dicht an "Es gibt kein Privateigentum". Beides möglicherweise wünschenswerte Ideale, die aber großes Unheil bewirken, wenn man versucht, sie in der Realität umzusetzen.
Nach 40 Jahren Sozialismus (1949-1989) sollte einem dieses Prinzip übersteigerter politischer Ideale doch eigentlich geläufig sein. ::roll:
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Levi
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Re: AW: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von Levi »

@Ant-Man
Du hast meinen Einwand nicht verstanden. Aussagen wie z.B.
Levi hat geschrieben:Bei normativ geprägten Rechtsinstituten wie dem Eigentum (oder mit Einschränkungen auch der Ehe) definiert der Gesetzgeber überhaupt erst das Eigentum und damit den Schutzbereich des Grundrechts.

sind schlicht und einfach falsch.
Meine Aussagen sind ohne jede Frage plakativ und undifferenziert, aber ganz sicher nicht "falsch".
Wir sind hier im Treffpunkt; da schreibe ich keine juristischen Fachartikel oder Kommentare, sondern diskutiere "auf Stammtisch-Niveau".

Du weißt genauso gut wie ich, dass man die Dogmatik der normativ geprägten Grundrechte nicht in einem Satz darstellen kann und auch nicht in zwei oder drei Sätzen. Aus gutem Grund versuchst du das ja auch gar nicht erst, sondern beschränkst dich wohlfeil darauf "falsch" zu rufen. Du weißt genau, dass ich deine zwei erklärenden Sätze sofort zerpflücken würde. Und genauso wie ich hast du keine Lust im Treffpunkt seitenlange differenzierte Abhandlungen zu schreiben.
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Re: AW: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von Ant-Man »

Levi hat geschrieben:@Ant-Man
Du hast meinen Einwand nicht verstanden. Aussagen wie z.B.
Levi hat geschrieben:Bei normativ geprägten Rechtsinstituten wie dem Eigentum (oder mit Einschränkungen auch der Ehe) definiert der Gesetzgeber überhaupt erst das Eigentum und damit den Schutzbereich des Grundrechts.

sind schlicht und einfach falsch.
Meine Aussagen sind ohne jede Frage plakativ und undifferenziert, aber ganz sicher nicht "falsch".
Wir sind hier im Treffpunkt; da schreibe ich keine juristischen Fachartikel oder Kommentare, sondern diskutiere "auf Stammtisch-Niveau".

Du weißt genauso gut wie ich, dass man die Dogmatik der normativ geprägten Grundrechte nicht in einem Satz darstellen kann und auch nicht in zwei oder drei Sätzen. Aus gutem Grund versuchst du das ja auch gar nicht erst, sondern beschränkst dich wohlfeil darauf "falsch" zu rufen. Du weißt genau, dass ich deine zwei erklärenden Sätze sofort zerpflücken würde. Und genauso wie ich hast du keine Lust im Treffpunkt seitenlange differenzierte Abhandlungen zu schreiben.
Von seitenlangen Ausführungen kann nicht die Rede sein. Du bist der Meinung, dass der in Art. 14 I GG genannten Eigentumsbegriff "überhaupt erst" durch den (einfachen) Gesetzgeber bestimmt wird. Und das ist eben falsch und sollte eigentlich jedem sofort ins Auge springen. Vielleicht kommst Du noch darauf, warum das falsch ist. Dass Du zum Untermauern Deiner Ansicht gerade die "Nassauskiesungsentscheidung" des BVerfG heranziehst, ist erstaunlich, weil das BVerfG darin zu dieser Frage eine gegenteilige und sehr deutliche Aussage getroffen hat. BVerfG NJW 1982, 745 (749): "Der Begriff des von der Verfassung gewährleisteten Eigentums muß aus der Verfassung selbst gewonnen werden. Aus Normen des einfachen Rechts, die im Range unter der Verfassung stehen, kann weder der Begriff des Eigentums im verfassungsrechtlichen Sinn abgeleitet noch kann aus der privatrechtlichen Rechtsstellung der Umfang der Gewährleistung des konkreten Eigentums bestimmt werden."
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Levi
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Re: AW: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von Levi »

Ant-Man hat geschrieben:
Levi hat geschrieben:@Ant-Man
Du hast meinen Einwand nicht verstanden. Aussagen wie z.B.
Levi hat geschrieben:Bei normativ geprägten Rechtsinstituten wie dem Eigentum (oder mit Einschränkungen auch der Ehe) definiert der Gesetzgeber überhaupt erst das Eigentum und damit den Schutzbereich des Grundrechts.

sind schlicht und einfach falsch.
Meine Aussagen sind ohne jede Frage plakativ und undifferenziert, aber ganz sicher nicht "falsch".
Wir sind hier im Treffpunkt; da schreibe ich keine juristischen Fachartikel oder Kommentare, sondern diskutiere "auf Stammtisch-Niveau".

Du weißt genauso gut wie ich, dass man die Dogmatik der normativ geprägten Grundrechte nicht in einem Satz darstellen kann und auch nicht in zwei oder drei Sätzen. Aus gutem Grund versuchst du das ja auch gar nicht erst, sondern beschränkst dich wohlfeil darauf "falsch" zu rufen. Du weißt genau, dass ich deine zwei erklärenden Sätze sofort zerpflücken würde. Und genauso wie ich hast du keine Lust im Treffpunkt seitenlange differenzierte Abhandlungen zu schreiben.
Von seitenlangen Ausführungen kann nicht die Rede sein. Du bist der Meinung, dass der in Art. 14 I GG genannten Eigentumsbegriff "überhaupt erst" durch den (einfachen) Gesetzgeber bestimmt wird. Und das ist eben falsch und sollte eigentlich jedem sofort ins Auge springen. Vielleicht kommst Du noch darauf, warum das falsch ist. Dass Du zum Untermauern Deiner Ansicht gerade die "Nassauskiesungsentscheidung" des BVerfG heranziehst, ist erstaunlich, weil das BVerfG darin zu dieser Frage eine gegenteilige und sehr deutliche Aussage getroffen hat. BVerfG NJW 1982, 745 (749): "Der Begriff des von der Verfassung gewährleisteten Eigentums muß aus der Verfassung selbst gewonnen werden. Aus Normen des einfachen Rechts, die im Range unter der Verfassung stehen, kann weder der Begriff des Eigentums im verfassungsrechtlichen Sinn abgeleitet noch kann aus der privatrechtlichen Rechtsstellung der Umfang der Gewährleistung des konkreten Eigentums bestimmt werden."
Du hast die Nassauskiesungsentscheidung entweder nicht vollständig gelesen, oder den entscheidenden (!) Dreh des BVerfG nicht verstanden.

Die von dir zitierte Passage bildet nur den Kritikpunkt am BGH, gegen dessen Rechtsprechung sich das BVerfG wendet.

Der BGH hatte vertreten, dass das "Eigentum" im Sinne von Art. 14 GG das Eigentum nach den zivilrechtlichen Vorschriften der 903, 905 BGB sei und die einschlägigen Vorschriften des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) dieses zivilrechtlich konstituierte Eigentum dem Eigentümer entziehen (ihn also "enteignen").

Diese Meinung des BGH wird vom BVerfG nun ausdrücklich zurückgewiesen. Das "Eigentum" im Sinne von Art. 14 GG sei unabhängig von den zivilrechtlichen Vorschriften verfassungsrechtlich eigenständig zu definieren. Das konkret durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistete Eigentum sei nicht zivilrechtsakzessorisch, sondern allgemein gesetzesakzessorisch, unter Einschluss sämtlicher öffentlich-rechtlicher Schrankenbestimmungen zu definieren. Der Umfang des von Art. 14 GG geschützten Eigentums ergebe sich daher aus einer Zusammenschau aller die Eigentümerstellung regelnder Vorschriften (einschließlich des hier streitgegenständlichen WHG).

Unmittelbar nach der von dir zitierten Passage fährt das BVerfG in seinen Ausführungen nämlich wie folgt fort:
"Das Grundgesetz hat dem Gesetzgeber den Auftrag zugewiesen, eine Eigentumsordnung zu schaffen, die sowohl den privaten Interessen des Einzelnen als auch denen der Allgemeinheit gerecht wird (vgl. BVerfGE 21, 73 [83]; 25, 112 [117 f.]; 37, 132 [140 f.]; 50, 290 [340]; 52, 1 [29]). Ihm obliegt hierbei eine doppelte Aufgabe: Einerseits muß er im Privatrecht (BVerfGE 42, 20 [30 ff.]) die für den Rechtsverkehr und die Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander maßgeblichen Vorschriften schaffen (zum Beispiel für die Übertragung oder Belastung von Eigentum, das Nachbarrecht sowie das Ersatzrecht bei Beeinträchtigung des Eigentums durch Dritte); andererseits hat er den Belangen der Allgemeinheit - in die vor allem jeder Grundstückseigentümer eingebunden ist - in den (meist) öffentlich-rechtlichen Regelungen Rechnung zu tragen. Werden die bürgerlich-rechtBVerfGE 58, 300 (335)BVerfGE 58, 300 (336)lichen Rechtsbeziehungen üblicherweise mit dem Begriff des subjektiven Privatrechts umschrieben, so wirken bei der Bestimmung der verfassungsrechtlichen Rechtsstellung des Eigentümers bürgerliches Recht und öffentlich-rechtliche Gesetze gleichrangig zusammen. Die bürgerlich-rechtliche Eigentumsordnung ist keine abschließende Regelung von Inhalt und Schranken des Eigentums. Den privatrechtlichen Eigentumsvorschriften kommt im Rahmen des Art. 14 GG auch kein Vorrang vor den öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu, die eigentumsrechtliche Regelungen treffen.
163
Welche Befugnisse einem Eigentümer in einem bestimmten Zeitpunkt konkret zustehen, ergibt sich vielmehr aus der Zusammenschau aller in diesem Zeitpunkt geltenden, die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften. Ergibt sich hierbei, daß der Eigentümer eine bestimmte Befugnis nicht hat, so gehört diese nicht zu seinem Eigentumsrecht. Wie der Gesetzgeber ihren Ausschluß herbeiführt, ist lediglich eine Frage der Gesetzestechnik. Definiert er die Rechtsstellung zunächst umfassend, um in einer weiteren Vorschrift bestimmte Herrschaftsbefugnisse von ihr auszunehmen, so ist dem Betroffenen von vornherein nur eine in dieser Weise eingeschränkte Rechtsposition eingeräumt (vgl. BVerfGE 49, 382 [393]).
Aus der Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze, die den Inhalt des Eigentums bestimmen, ergeben sich somit Gegenstand und Umfang des durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Bestandsschutzes und damit auch, wann ein zur Entschädigung verpflichtender Rechtsentzug vorliegt."

Oder anders ausgedrückt: der zivilrechtliche Eigentumsbegriff definiert nicht den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff nach Art. 14 GG; dieser ist vielmehr eigenständig zu bestimmen. Diese eigenständige Bestimmung erfolgt jedoch nicht naturrechtlich oder Kraft eigener Weisheit des BVerfG, sondern aus der Gesamtheit (!) der geltenden einfach-gesetzlichen Vorschriften heraus, soweit diese verfassungsgemäß zustande gekommen sind.
Meine von dir kritisierte Aussage ist daher zweifellos stark verkürzt und undifferenziert, aber keineswegs falsch.
Swann
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Re: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von Swann »

Dort grenzt das BVerfG ja zwischen ISB und Enteignungen ab. Dass eine eigentumseinschränkende Regelung keine Enteignung ist, bedeutet indes nicht, dass sie unbeschränkt zulässig wäre. Denn auch ISB müssen verhältnismäßig sein und die Grundentscheidung des Verfassungsgebers für das Privateigentum respektieren.
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Levi
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Re: AW: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von Levi »

Swann hat geschrieben:Dort grenzt das BVerfG ja zwischen ISB und Enteignungen ab. Dass eine eigentumseinschränkende Regelung keine Enteignung ist, bedeutet indes nicht, dass sie unbeschränkt zulässig wäre. Denn auch ISB müssen verhältnismäßig sein und die Grundentscheidung des Verfassungsgebers für das Privateigentum respektieren.
Absolut unbestritten.

Ausgangspunkt dieser Diskussion war aber die These, dass die Einweisung obdachloser Flüchtlinge aufgrund gesetzlicher Vorschriften in leerstehende Gebäude eine Enteignung sei. - Und nur dieser (m. E. falschen) rechtlichen Bewertung bin ich entgegen getreten. Es handelt sich hierbei nicht um einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG, sondern um eine Maßnahme aufgrund einer den Eigentumsbegriff rechtmäßig ausfüllende Inhalts- und Schrankenbestimmung.

Das die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften verhältnismäßig sein müssen, insbesondere eine angemessene Entschädigung des Betroffenen vorsehen müssen, ist selbstverständlich. Dies ist im Übrigen auch der Fall. Der Betroffene (den Begriff "Eigentümer" vermeide ich hier) erhält grundsätzlich eine ortsübliche Vergleichsmiete als Entschädigung.
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Pillendreher
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Re: AW: Die Kanzlerin und das Ausländerrecht

Beitrag von Pillendreher »

Levi hat geschrieben:
Swann hat geschrieben:Dort grenzt das BVerfG ja zwischen ISB und Enteignungen ab. Dass eine eigentumseinschränkende Regelung keine Enteignung ist, bedeutet indes nicht, dass sie unbeschränkt zulässig wäre. Denn auch ISB müssen verhältnismäßig sein und die Grundentscheidung des Verfassungsgebers für das Privateigentum respektieren.
Absolut unbestritten.

Ausgangspunkt dieser Diskussion war aber die These, dass die Einweisung obdachloser Flüchtlinge aufgrund gesetzlicher Vorschriften in leerstehende Gebäude eine Enteignung sei.
Wer hat das denn hier vertreten?
Levi hat geschrieben:Und nur dieser (m. E. falschen) rechtlichen Bewertung bin ich entgegen getreten. Es handelt sich hierbei nicht um einen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG, sondern um eine Maßnahme aufgrund einer den Eigentumsbegriff rechtmäßig ausfüllende Inhalts- und Schrankenbestimmung.

Das die entsprechenden gesetzlichen Vorschriften verhältnismäßig sein müssen, insbesondere eine angemessene Entschädigung des Betroffenen vorsehen müssen, ist selbstverständlich. Dies ist im Übrigen auch der Fall. Der Betroffene (den Begriff "Eigentümer" vermeide ich hier) erhält grundsätzlich eine ortsübliche Vergleichsmiete als Entschädigung.
Wenn du das konsequent zuende führst kannst du aber nicht behaupten, dass kein Eingriff in Art. 14 I GG vorliegt, denn wäre dies der Fall, könnte man auch auf eine Rechtfertigung verzichten.
Darüber, ob das Ganze im Übrigen verhältnismäßig ist, lässt sich mE auch streiten. Auch eine Entschädigung kann mE nicht wirklich ausgleichen, dass das Eigentum so "entkernt" wird - jegliche Nutzungsmöglichkeit wird darauf begrenzt, Flüchtlinge unterzubringen (wenn man mal davon absieht, dass die Immobilien ja auch veräußert werden könnten, nur wird es da gerade wegen dieser staatlichen Bindung weniger Interessenten geben, auch wenn die Entschädigung wohl finanziell recht üppig ausfällt). Im Ergebnis bleibt dem Eigentümer ja nichts anderes übrig, als das Eigentum zwar zu halten, aber ohne es (so wie er will) zu nutzen.
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