BAMF sucht Volljuristen - Wettbewerbsverbot zulässig?
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
@paul321: Oh, der von mir angesprochene und bestehende Interessenkonflikt spielt sich aber auch durchwegs im außerstaatlichen Bereich ab - im Bereich selbständiger, nur zugangsgeregelter freier Berufe. Muss man gerade aus diesen Abgrenzungen im Berufsrecht nun eine Frontstellung zwischen im Staatsdienst tätigen und "privat" tätigen Juristen ablesen?
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Das "schwarze Schaf" in Hinblick auf miserable Arbeitsbedingungen und Knebelverträge scheint mir hier aber eher das BAMF zu sein.
"Ich sage nicht, dass man sich hier zu siezen hätte oder ähnlichen Quatsch. Bei einem Forum von Juristen für Juristen ist meine Erwartungshaltung aber trotzdem nochmal eine andere als bei der Kneipe um die Ecke." OJ1988
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Nein, aber es ist schon eine nicht selten anzutreffende Geisteshaltung, die sogar Eingang in die höchstrichterliche Rechtsprechung gefunden hat. Wenn ich mich richtig entsinne war die Begründung für die Widerspruchslösung des BGH doch u.a. ein verändertes anwaltliches Berufsethos (oder so ähnlich).Niederegger hat geschrieben:@paul321: Oh, der von mir angesprochene und bestehende Interessenkonflikt spielt sich aber auch durchwegs im außerstaatlichen Bereich ab - im Bereich selbständiger, nur zugangsgeregelter freier Berufe. Muss man gerade aus diesen Abgrenzungen im Berufsrecht nun eine Frontstellung zwischen im Staatsdienst tätigen und "privat" tätigen Juristen ablesen?
Die - bereits aufgeworfene - Frage ist doch, ob diese oftmals gesetzlich angeordnete Freiheit im Bereich der selbständigen, nur zugangsgeregelten freien Berufe es rechtfertigt alle Berufsträger unter Generalverdacht zu stellen?
Zuletzt geändert von paul321 am Samstag 30. April 2016, 13:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
@Parabellum: Das definitiv. Aber gerade deshalb scheint mir die Angst des BAMF davor, es selbst überwiegend mit schwarzen Schafen zu tun zu bekommen, nicht so völlig aus der Luft gegriffen zu sein.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Du könntest auch einmal so sehen: Anwaltliche Tätigkeit lebt davon wechselnde Perspektiven einzunehmen. Deswegen bekommt man als Syndikus oder Verwaltungsjurist selbst mit jahrzehntelanger Berufserfahrung nicht so ohne weiteres den Fachanwalt. Ich könnte mir schon vorstellen, dass es für den ein oder anderen Migrationsrechtler eine sehr reizvolle Angelegenheit wäre, mal für begrenzte Zeit eine, ihm neue, Perspektive einzunehmen.julée hat geschrieben:Das definitiv. Aber gerade deshalb scheint mir die Angst des BAMF davor, es selbst überwiegend mit schwarzen Schafen zu tun zu bekommen, nicht so völlig aus der Luft gegriffen zu sein.
Edit: Der Qualität der Entscheidungen täte es wahrscheinlich gut, wenn erfahrene Leute diese Entscheidungen träfen (auch wenn diese vielleicht von der dunklen Seite der Macht kommen)
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Unbestritten, dass es besser wäre, wirklich qualifizierte Leute entscheiden zu lassen.
Und sicherlich: ein Perspektivenwechsel mag interessant sein, aber wer lässt in einer Hochzeit eine gut gehende Kanzlei mal eben nur um der Erfahrung Willen für 6 Monate ruhen? Jedenfalls eine örtliche Trennung zwischen Anwaltstätigkeit und Tätigkeit fürs BAMF wäre vermutlich sinnvoll, um nicht nur konkrete Interessenskonflikte, sondern auch eher unterschwellige Interessenskonflikte zu minimieren.
Und sicherlich: ein Perspektivenwechsel mag interessant sein, aber wer lässt in einer Hochzeit eine gut gehende Kanzlei mal eben nur um der Erfahrung Willen für 6 Monate ruhen? Jedenfalls eine örtliche Trennung zwischen Anwaltstätigkeit und Tätigkeit fürs BAMF wäre vermutlich sinnvoll, um nicht nur konkrete Interessenskonflikte, sondern auch eher unterschwellige Interessenskonflikte zu minimieren.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Über die örtliche Trennung hab ich auch schon nachgedacht und dann auch wieder verworfen.julée hat geschrieben:Unbestritten, dass es besser wäre, wirklich qualifizierte Leute entscheiden zu lassen.
Und sicherlich: ein Perspektivenwechsel mag interessant sein, aber wer lässt in einer Hochzeit eine gut gehende Kanzlei mal eben nur um der Erfahrung Willen für 6 Monate ruhen? Jedenfalls eine örtliche Trennung zwischen Anwaltstätigkeit und Tätigkeit fürs BAMF wäre vermutlich sinnvoll, um nicht nur konkrete Interessenskonflikte, sondern auch eher unterschwellige Interessenskonflikte zu minimieren.
Arg: Der Staatsanwalt beim Landgericht X wird dann ja auch im Bezirk des Landgerichtes X als Richter eingesetzt und nicht im Bereich des Landgerichtes Y.
Die Gefahr der Akquise sehe ich als vernachlässigenswert gering an. Migrationsanwälte können sich vor Arbeit im Moment ohnehin nicht retten und würden liebend gerne an qualifizierte Kollegen weiter verweisen.
Der Einzelanwalt macht sicher nicht zu. Aber bei einer kleinen FWW Sozietät, die einen ausländerrechtlichen Schwerpunkt hat, kann ich mir schon vorstellen, dass einer der Anwälte dort sich "abordnen" lässt. Ganz zu schweigen von den Arbeitsmigrationsboutiquen.
Die ganze Diskussion scheint nur eine weitere Facette der schon oft festgestellten geringen Durchlässigkeit zwischen den einzelnen juristischen Tätigkeitsfeldern zu sein, auch wenn es nicht um die Durchlässigkeit zwischen der Anwaltschaft und der Richterschaft geht.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Es gibt m. E. in der vorliegenden Fallgestaltung durchaus Besonderheiten:paul321 hat geschrieben:
Über die örtliche Trennung hab ich auch schon nachgedacht und dann auch wieder verworfen.
Arg: Der Staatsanwalt beim Landgericht X wird dann ja auch im Bezirk des Landgerichtes X als Richter eingesetzt und nicht im Bereich des Landgerichtes Y.
[...]
Die ganze Diskussion scheint nur eine weitere Facette der schon oft festgestellten geringen Durchlässigkeit zwischen den einzelnen juristischen Tätigkeitsfeldern zu sein, auch wenn es nicht um die Durchlässigkeit zwischen der Anwaltschaft und der Richterschaft geht.
Es handelt sich um einen (sehr) kurzfristigen Wechsel aus der Anwaltstätigkeit heraus in die Behörde und wieder zurück in die Anwaltstätigkeit, wobei Anwälte im Migrationsrecht nahezu ausschließlich auf Betroffenenseite tätig sein dürften.
Die anwaltliche Tätigkeit ist anders als eine Tätigkeit als Richter, StA oder Verwaltungsbeamter auch von eigenen wirtschaftlichen Interessen geprägt, d. h. wer in die Anwaltstätigkeit (zurück)wechselt hat ein deutliches Interesse daran, die vorhergehenden Erfahrungen auch wirtschaftlich fruchtbar zu machen (das halte ich nicht per se für verwerflich, aber das darf man m. E. auch nicht so völlig außer Acht lassen).
Anders hingegen bei "regulären" Wechseln innerhalb der Justiz: Der Richter, der langjährig bei der örtlichen StA war, mag noch wie ein Staatsanwalt denken (aber auch beim Staatsanwalt ist es problematisch, wenn er die Rechte des Beschuldigten nicht achtet) und eine gewisse Verbundenheit mit den ehemaligen Kollegen empfinden (Krähentheorie), aber er hat jedenfalls kein wirtschaftliches Interesse daran, seinen neuen Job schlecht zu machen bzw. Wissen aus dem alten Job zu seinem eigenen Vorteil zu verwenden.
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Ich bestreite, dass Ausländer- und Migrationsrecht ein so honorarträchtiges Feld ist, dass von einer gut gehenden Kanzlei gesprochen werden kann.julée hat geschrieben:
Und sicherlich: ein Perspektivenwechsel mag interessant sein, aber wer lässt in einer Hochzeit eine gut gehende Kanzlei mal eben nur um der Erfahrung Willen für 6 Monate ruhen?
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Nimm2 hat geschrieben:Ich bestreite, dass Ausländer- und Migrationsrecht ein so honorarträchtiges Feld ist, dass von einer gut gehenden Kanzlei gesprochen werden kann.julée hat geschrieben:
Und sicherlich: ein Perspektivenwechsel mag interessant sein, aber wer lässt in einer Hochzeit eine gut gehende Kanzlei mal eben nur um der Erfahrung Willen für 6 Monate ruhen?
Wann würdest Du denn von einer gut gehenden Kanzlei sprechen?
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Re: Manches muss einfach gemeldet werden
Nimm2 hat geschrieben:Ich bestreite, dass Ausländer- und Migrationsrecht ein so honorarträchtiges Feld ist, dass von einer gut gehenden Kanzlei gesprochen werden kann.julée hat geschrieben:
Und sicherlich: ein Perspektivenwechsel mag interessant sein, aber wer lässt in einer Hochzeit eine gut gehende Kanzlei mal eben nur um der Erfahrung Willen für 6 Monate ruhen?
Hier würde ja bereits ein regelmäßig deutlich über 12 TVöD liegender Gewinn genügen, um den Wechsel für Anwälte unattraktiv zu machen.
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Re: BAMF sucht Volljuristen - Wettbewerbsverbot zulässig?
Mir scheint, da wird so einiges mit der heißen Nadel gestrickt.[enigma] hat geschrieben:Das kann doch nicht zulässig sein, oder? Was soll überhaupt die Rechtsgrundlage für dieses "Wettbewerbsverbot" sein? Eine Wettbewerbssituation im Sinne eines arbeitsrechtlichen WV liegt ja gerade nicht vor und § 3 BORA setzt eine konkrete Interessenkollision voraus. Kommt hier noch eine andere Grundlage in Betracht?
Grundsätzlich ist aber zu begrüßen, daß der Staat endlich merkt, daß er an der einen oder anderen Stelle dann doch beim besten Willen nicht vermeiden kann, auch mal ein paar (Voll-)Juristen einzustellen. Wenn man bedenkt, daß schon im letzen Jahr 1,1 Millionen Flüchtlinge gekommen sind, ist das sogar noch reichlich spät.
Ob das mit dem Wettbewerbsverbot so zulässig ist? Wo kein Kläger, da kein Richter. Und wenn es später einer drauf ankommen läßt, werden es halt die Gerichte klären müssen.
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Re: BAMF sucht Volljuristen - Wettbewerbsverbot zulässig?
Wenn es nach dir ginge würden doch keine Juristen sondern Maurer eingestellt.
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Re: BAMF sucht Volljuristen - Wettbewerbsverbot zulässig?
Beide.Vorkriegsjugend hat geschrieben:Wenn es nach dir ginge würden doch keine Juristen sondern Maurer eingestellt.
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Re: BAMF sucht Volljuristen - Wettbewerbsverbot zulässig?
Vorkriegsjugend hat geschrieben:Wenn es nach dir ginge würden doch keine Juristen sondern Maurer eingestellt.
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar