Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

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JS
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von JS »

julée hat geschrieben:der Fehler von vor fünf oder zehn Jahren um die Ohren fliegt.
Ich möchte bei der Gelegenheit nochmal meinen obigen Punkt erwähnen, dass die Aberkennung des Doktortitels nach so langer Zeit nicht mehr möglich sein sollte. Irgendwann muss Rechtsfrieden einkehren. In unserem Rechtssystem bestehen fast durchgängig Verjährungsregelungen, warum nicht bei dieser Frage erschließt sich mir nicht.
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Gelöschter Nutzer

Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

julée hat geschrieben:Besteht eine Pflicht dazu, den Abschreibenden "vorzuwarnen"? Sicherlich nicht. Allerdings entspricht es meinem Verständnis von einem menschlich fairen Miteinander eher, dem Abschreibenden eine Chance zu geben, auf den Verlauf des weiteren Verfahrens Einfluss zu nehmen und etwa vor dem Lauf irgendwelcher offizieller Fristen, etwas Zeit zu haben, sich zu überlegen, wie er mit der Situation umgehen möchte, wann er Familie, Freunde, Bekannte und Arbeitgeber informiert usw. Und gerade wenn man irrationale Reaktionen des Betreffenden befürchtet, macht es m. E. Sinn, sich situativ fair zu zeigen und es ihm zu ermöglichen, mit möglichst geringem Gesichtsverlust aus der Sache herauszugehen.
Der Vergleich mit dem Ladendieb hinkt indes. Es geht nicht darum, dem Betreffenden die Konsequenzen seines Handelns zu ersparen, sondern ihm die Möglichkeit zu geben, einige Dinge zu ordnen, bevor ihm der Fehler von vor fünf oder zehn Jahren um die Ohren fliegt. Und es geht ja, wie hier bereits herausgearbeitet wurde, nicht nur um einen Termin beim Strafrichter mit 20 oder 30 Tagessätzen (falls die StA das Verfahren nicht ohnehin einstellt), sondern einen Fehler mit möglicherweise gravierenden Auswirkungen auf die berufliche Zukunft.
Aus Sicht des Abschreibers wäre es sicher noch fairer, wenn man es gar nicht melden, sondern auf sich beruhen lassen würde. Es macht Dich sympathisch, dass Du so denkst, aber in meinen Augen ist das bereits ein Zugeständnis, das den Eindruck erweckt, dass dem Abschreiber die Urheberrechtsverletzung und vorsätzliche Täuschung in irgendeiner Weise nachgesehen werden kann, zumindest so weit relativiert, dass er eine solche Vorwarnung verdient. Und das tut er nicht, in keinster Weise, ganz im Gegenteil, er hat unverdientermaßen von seinem auf unrechtmäßige Weise erworbenen Titel profitiert. Und das verdient keine Milde, nicht aus meiner Sicht. Und ich glaube auch nicht, dass ein derart vorgewarnter Abschreiber einsichtig reagiert, ganz im Gegenteil würde er wohl alles versuchen, um den Sachverhalt ganz anders darzustellen und abzuschwächen. Das haben wir bereits medial ausreichend miterlebt, wie das so läuft.
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von OJ1988 »

Vielleicht kann ja auch nochmal klar gestellt werden, um welche Ausmaße es geht: Je nachdem, ob "bloß" die ein oder andere Fußnote mit Urteilen blind kopiert oder ganze Passagen mit zentralen Aussagen übernommen wurden, würde ich ggf. anders reagieren.
julée
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von julée »

JS hat geschrieben:
julée hat geschrieben:der Fehler von vor fünf oder zehn Jahren um die Ohren fliegt.
Ich möchte bei der Gelegenheit nochmal meinen obigen Punkt erwähnen, dass die Aberkennung des Doktortitels nach so langer Zeit nicht mehr möglich sein sollte. Irgendwann muss Rechtsfrieden einkehren. In unserem Rechtssystem bestehen fast durchgängig Verjährungsregelungen, warum nicht bei dieser Frage erschließt sich mir nicht.
Da hält sich mein Mitleid ehrlich gesagt in Grenzen. Es bleibt so oder so falsch und der Plagiator schmückt sich weiterhin - unnötigerweise (der Titel ist ja meist eine reine Ego-Nummer) - mit fremden Federn. Und ich glaube auch nicht, dass man an dieser Stelle zeitnah dem Ruf nach mehr "Rechtsfrieden" nachkommen wird, mag es auch einer der wenigen Bereiche ohne entsprechende Verjährungsfristen sein.
Candor hat geschrieben:
julée hat geschrieben:Besteht eine Pflicht dazu, den Abschreibenden "vorzuwarnen"? Sicherlich nicht. Allerdings entspricht es meinem Verständnis von einem menschlich fairen Miteinander eher, dem Abschreibenden eine Chance zu geben, auf den Verlauf des weiteren Verfahrens Einfluss zu nehmen und etwa vor dem Lauf irgendwelcher offizieller Fristen, etwas Zeit zu haben, sich zu überlegen, wie er mit der Situation umgehen möchte, wann er Familie, Freunde, Bekannte und Arbeitgeber informiert usw. Und gerade wenn man irrationale Reaktionen des Betreffenden befürchtet, macht es m. E. Sinn, sich situativ fair zu zeigen und es ihm zu ermöglichen, mit möglichst geringem Gesichtsverlust aus der Sache herauszugehen.
Der Vergleich mit dem Ladendieb hinkt indes. Es geht nicht darum, dem Betreffenden die Konsequenzen seines Handelns zu ersparen, sondern ihm die Möglichkeit zu geben, einige Dinge zu ordnen, bevor ihm der Fehler von vor fünf oder zehn Jahren um die Ohren fliegt. Und es geht ja, wie hier bereits herausgearbeitet wurde, nicht nur um einen Termin beim Strafrichter mit 20 oder 30 Tagessätzen (falls die StA das Verfahren nicht ohnehin einstellt), sondern einen Fehler mit möglicherweise gravierenden Auswirkungen auf die berufliche Zukunft.
Aus Sicht des Abschreibers wäre es sicher noch fairer, wenn man es gar nicht melden, sondern auf sich beruhen lassen würde. Es macht Dich sympathisch, dass Du so denkst, aber in meinen Augen ist das bereits ein Zugeständnis, das den Eindruck erweckt, dass dem Abschreiber die Urheberrechtsverletzung und vorsätzliche Täuschung in irgendeiner Weise nachgesehen werden kann, zumindest so weit relativiert, dass er eine solche Vorwarnung verdient. Und das tut er nicht, in keinster Weise, ganz im Gegenteil, er hat unverdientermaßen von seinem auf unrechtmäßige Weise erworbenen Titel profitiert. Und das verdient keine Milde, nicht aus meiner Sicht. Und ich glaube auch nicht, dass ein derart vorgewarnter Abschreiber einsichtig reagiert, ganz im Gegenteil würde er wohl alles versuchen, um den Sachverhalt ganz anders darzustellen und abzuschwächen. Das haben wir bereits medial ausreichend miterlebt, wie das so läuft.
Wo ist da ein großes "Zugeständnis" außer dem Abschreibenden die Chance einer Selbstanzeige einzuräumen? Und wenn es alles so eindeutig ist, dann wird es ihm im weiteren Verlauf auch wenig helfen, wenn er erklärt, es sei nur ganz, ganz versehentlich vielleicht die ein oder andere Fußnote identisch, weil Word ganz hinterlistig die entsprechenden Farbmarkierungen vernichtet haben muss o. Ä. Wer die Sache leugnen oder herunterspielen will, wird das so oder so tun. Und wer eine solche "Vorwarnung" für ein Zeichen der Schwäche und des Zugeständnisses hält, der dürfte sehr schnell eines Besseren belehrt werden. Ich persönlich räume nur gerne jedem eine faire Chance ein, bevor er erkennen muss, dass es wirklich mein voller Ernst ist.
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Tibor
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von Tibor »

Candor hat geschrieben:Das wäre auch eine Möglichkeit, eine neutrale Drittperson einzuschalten, wenn es nur um eine Unterlassung geht und nicht um eine strafrechtliche Verfolgung bzw. eine Aberkennung...
Die Forengesamtheit bietet sich als objektive Masse an! Nur her mit dem Link zur GK-Vita.
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JS
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von JS »

julée hat geschrieben:
JS hat geschrieben:
julée hat geschrieben:der Fehler von vor fünf oder zehn Jahren um die Ohren fliegt.
Ich möchte bei der Gelegenheit nochmal meinen obigen Punkt erwähnen, dass die Aberkennung des Doktortitels nach so langer Zeit nicht mehr möglich sein sollte. Irgendwann muss Rechtsfrieden einkehren. In unserem Rechtssystem bestehen fast durchgängig Verjährungsregelungen, warum nicht bei dieser Frage erschließt sich mir nicht.
Da hält sich mein Mitleid ehrlich gesagt in Grenzen. Es bleibt so oder so falsch und der Plagiator schmückt sich weiterhin - unnötigerweise (der Titel ist ja meist eine reine Ego-Nummer) - mit fremden Federn. Und ich glaube auch nicht, dass man an dieser Stelle zeitnah dem Ruf nach mehr "Rechtsfrieden" nachkommen wird, mag es auch einer der wenigen Bereiche ohne entsprechende Verjährungsfristen sein.
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von thh »

JS hat geschrieben:Ich möchte bei der Gelegenheit nochmal meinen obigen Punkt erwähnen, dass die Aberkennung des Doktortitels nach so langer Zeit nicht mehr möglich sein sollte. Irgendwann muss Rechtsfrieden einkehren. In unserem Rechtssystem bestehen fast durchgängig Verjährungsregelungen, warum nicht bei dieser Frage erschließt sich mir nicht.
Verjährungsregelungen? Aber doch nicht für Dauerdelikte! :)

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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

julée hat geschrieben:Wo ist da ein großes "Zugeständnis" außer dem Abschreibenden die Chance einer Selbstanzeige einzuräumen? Und wenn es alles so eindeutig ist, dann wird es ihm im weiteren Verlauf auch wenig helfen, wenn er erklärt, es sei nur ganz, ganz versehentlich vielleicht die ein oder andere Fußnote identisch, weil Word ganz hinterlistig die entsprechenden Farbmarkierungen vernichtet haben muss o. Ä. Wer die Sache leugnen oder herunterspielen will, wird das so oder so tun. Und wer eine solche "Vorwarnung" für ein Zeichen der Schwäche und des Zugeständnisses hält, der dürfte sehr schnell eines Besseren belehrt werden. Ich persönlich räume nur gerne jedem eine faire Chance ein, bevor er erkennen muss, dass es wirklich mein voller Ernst ist.
Eine solche Selbstanzeige wäre ja nicht wirklich ein Zeichen des eigenen, freiwilligen Eingeständnisses, sondern würde unter Druck geschehen, wäre also nicht authentisch. Das allein wirkt beschönigend, dem ich nicht Vorschub leisten wollen würde. Wenn es über die Uni läuft, wird der Abschreiber sicher ausreichend Gelegenheit erhalten, sich entlastend zu rechtfertigen, nur dass man ihm durch Vorwarnung nicht noch großartig Gelegenheit gibt, die Angelegenheit verfälschend zurechtzulegen. Zumindest hat er dann weniger Zeit dafür. Dein Mitleid hält sich in Grenzen, wo es um die Verjährung geht, bei mir fängt diese Grenze eben schon vor einer solchen Vorwarnung an. Außerdem hege ich diesbezüglich ausreichend Vertrauen in den Promotionssausschuss, dass sich dieser sachlich, differenziert und maßvoll mit der Problematik beschäftigen wird.
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von thh »

paul321 hat geschrieben:Ich schon. Ich möchte bestenfalls als Verteidiger, Richter oder Staatsanwalt in Akten mit rotem Deckel auftauchen.
Das schließt dann jedenfalls eine Tätigkeit als Richter, Staatsanwalt oder Polizeibeamter, Gerichtsvollzieher und in der Ordnungs- und Sozialverwaltung (Bußgelder, Jobcenter) aus und erschwert auch eine Tätigkeit als Rechtsanwalt sehr.
paul321 hat geschrieben:Schon alleine die Vorstellung, dass dann im internen Register steht, dass ein Verfahren wegen Nötigung oder Erpressung nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, empfinde ich als Makel. Und, mal ehrlich, was würdest Du denken, wenn Du so etwas liest? Ja, ist klar, sicher: Unschuldsvermutung !!!
Ich würde mir denken, dass - wenn ordentlich gearbeitet wird - das Verfahren bei fehlendem Anfangsverdacht, Entfall des Tatverdachts oder erwiesener Unschuld im "internen Register" aus Datenschutzgründen gesperrt ist, und ansonsten, dass jeder, der auf dieses Register Zugriff hat, weiß, wie das gerade in diesem Bereich gerade mit diesen Vorwürfen ist.
paul321 hat geschrieben:Außerdem läuft man Gefahr, dass das ganze zum Boomerang wird, sei es nun in strafrechtlicher Hinsicht oder in anderen Belangen. Freunde macht man sich mit so etwas auf gar keinen Fall und gewinnen kann man meines Erachtens auch nichts.
Eine juristische Tätigkeit, bei der man nicht Gefahr läuft, diesen oder jenen zu verärgern, wird nicht ganz einfach zu finden sein ...
paul321 hat geschrieben:Wahrscheinlich würde ich mich sogar ein kleines bißchen gebauchpinselt fühlen, wenn jemand meine Diss recyclen würde.
Juratutorium würde vermutlich auch von Dir das Worddokument entgegennehmen ...
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von JS »

thh hat geschrieben:
JS hat geschrieben:Ich möchte bei der Gelegenheit nochmal meinen obigen Punkt erwähnen, dass die Aberkennung des Doktortitels nach so langer Zeit nicht mehr möglich sein sollte. Irgendwann muss Rechtsfrieden einkehren. In unserem Rechtssystem bestehen fast durchgängig Verjährungsregelungen, warum nicht bei dieser Frage erschließt sich mir nicht.
Verjährungsregelungen? Aber doch nicht für Dauerdelikte! :)

Warum sollte jemand nach fünf oder zehn Jahren einen Doktorgrad, den er nicht ordnungsgemäß erworben hat, weiter führen dürfen?
Das ist doch kein "Dauerdelikt". Wenn bei der Promotion getäuscht wird erfolgt diese Täuschung bei der Abgabe der Dissertation und ist damit abgeschlossen. Auch wenn dieser unredlich erworben wurde stellt das Führen des Doktortitels keine Täuschung im Rechtsverkehr dar, denn auch in diesem Fall ist die Verleihung des akademischen Grades wirksam, bis diese zurückgenommen wird. (Aus diesem Grund besteht auch keine Strafbarkeit nach § 132a Abs. 1 StGB.) Ich muss eine Aussage von mir oben insoweit korrigieren. Eine Strafbarkeit nach § 263 StGB hinsichtlich dessen, dass man dem Arbeitgeber den Doktortitel angegeben hat, ist ausgeschlossen.

Wie gesagt, ich halte Verjährung für im Sinne des Rechtsfriedens geboten.
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von Swann »

JS hat geschrieben:
julée hat geschrieben:der Fehler von vor fünf oder zehn Jahren um die Ohren fliegt.
Ich möchte bei der Gelegenheit nochmal meinen obigen Punkt erwähnen, dass die Aberkennung des Doktortitels nach so langer Zeit nicht mehr möglich sein sollte. Irgendwann muss Rechtsfrieden einkehren. In unserem Rechtssystem bestehen fast durchgängig Verjährungsregelungen, warum nicht bei dieser Frage erschließt sich mir nicht.
Weil die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustands mit Wirkung für die Zukunft die absolute Ausnahme ist. Es geht nicht darum, ob es hingenommen wird, dass in der Vergangenheit ein Titel zu Unrecht geführt wurde, sondern ob man sich einen Doktortitel ersitzen kann, selbst wenn man bösgläubig ist. Das ist abzulehnen. Es gibt kein schützenswertes Vertrauen auf den Bestand einer solchen Verleihungsentscheidung.
julée
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von julée »

Candor hat geschrieben:
julée hat geschrieben:Wo ist da ein großes "Zugeständnis" außer dem Abschreibenden die Chance einer Selbstanzeige einzuräumen? Und wenn es alles so eindeutig ist, dann wird es ihm im weiteren Verlauf auch wenig helfen, wenn er erklärt, es sei nur ganz, ganz versehentlich vielleicht die ein oder andere Fußnote identisch, weil Word ganz hinterlistig die entsprechenden Farbmarkierungen vernichtet haben muss o. Ä. Wer die Sache leugnen oder herunterspielen will, wird das so oder so tun. Und wer eine solche "Vorwarnung" für ein Zeichen der Schwäche und des Zugeständnisses hält, der dürfte sehr schnell eines Besseren belehrt werden. Ich persönlich räume nur gerne jedem eine faire Chance ein, bevor er erkennen muss, dass es wirklich mein voller Ernst ist.
Eine solche Selbstanzeige wäre ja nicht wirklich ein Zeichen des eigenen, freiwilligen Eingeständnisses, sondern würde unter Druck geschehen, wäre also nicht authentisch. Das allein wirkt beschönigend, dem ich nicht Vorschub leisten wollen würde. Wenn es über die Uni läuft, wird der Abschreiber sicher ausreichend Gelegenheit erhalten, sich entlastend zu rechtfertigen, nur dass man ihm durch Vorwarnung nicht noch großartig Gelegenheit gibt, die Angelegenheit verfälschend zurechtzulegen. Zumindest hat er dann weniger Zeit dafür. Dein Mitleid hält sich in Grenzen, wo es um die Verjährung geht, bei mir fängt diese Grenze eben schon vor einer solchen Vorwarnung an. Außerdem hege ich diesbezüglich ausreichend Vertrauen in den Promotionssausschuss, dass sich dieser sachlich, differenziert und maßvoll mit der Problematik beschäftigen wird.
Wer sagt denn, dass es nicht angestoßen durch das Auffliegen einen "authentischen" Willen geben kann, die Angelegenheit nunmehr vollumfänglich zu bereinigen? Mir scheint vielmehr, dass Du einerseits die persönliche Auseinandersetzung scheust, andererseits aber gerne mit dem Abschreibenden kurzen Prozess machen möchtest, ohne Dir seine vielleicht lahme bis verlogene Erklärung anhören zu wollen, wie auf einmal so viele Seiten fremder Text in die Arbeit kamen. Und ich weiß auch nicht, ob Dein Vertrauen in den Promotionsausschuss in vollem Umfang gerechtfertigt ist. Ich wüsste jedenfalls nicht, warum ausgerechnet der Promotionsausschuss vom Thema Gerüchteküche und Intrigen ausgenommen sein sollte; zumal es ja auch um das Ansehen der Fakultät geht, so dass eigentlich die Stelle aufklären und entscheiden muss, die am Schlechtesten hierfür geeignet ist.
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

julée hat geschrieben:Und ich weiß auch nicht, ob Dein Vertrauen in den Promotionsausschuss in vollem Umfang gerechtfertigt ist. Ich wüsste jedenfalls nicht, warum ausgerechnet der Promotionsausschuss vom Thema Gerüchteküche und Intrigen ausgenommen sein sollte; zumal es ja auch um das Ansehen der Fakultät geht, so dass eigentlich die Stelle aufklären und entscheiden muss, die am Schlechtesten hierfür geeignet ist.
In vollem Umfange nicht, weil naheliegenderweise davon auszugehen wäre, dass die Sache aus Rücksicht auf betroffene Kollegen (Doktorvater) unterdrückt werden könnte. Deshalb würde ich einen davon unabhängigen Uni-Professor o. ä. anschreiben, der an sich nicht involviert ist, sich aber schon in der Vergangenheit im Thema Plagiat sachlich, vernünftig und maßvoll exponiert hat. So kann die betroffene Uni das Anliegen nicht einfach unter den Teppich kehren, sondern ist angehalten, sich auf korrekte Weise professionell damit zu befassen.

Wie es auch laufen kann: http://www.general-anzeiger-bonn.de/new ... 44754.html
markus87
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von markus87 »

Den Abschreibenden privat zu kontaktieren ist eine absolut bescheuerte Idee. Schon beim ersten diesbezüglichen Vorschlag hier war mein erster Gedanke "Erpressung". Im Besten Fall geht es noch darum, die Entscheidung ob man ihn anzeigt von völlig sachfremden Erwägungen abhängig zu machen (so kann man julee verstehen: Heulst du genug, dann zeig ich dich nicht an). Im schlimmsten Fall aber bereust du die Kontaktaufnahme am nächsten Morgen auf der Autobahn.
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Tibor
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Re: Diss: würdet ihr ein "Plagiat" melden?

Beitrag von Tibor »

Warum soll denn die Geltendmachung etwaiger zivilrechtlicher Ansprüche (Unterlassung; ggf. auch Entgelt, kenn mich aber im UrhR nicht genügend aus) eine Erpressung sein? Das ist doch das übliche Prozedere, das man den vermeintlichen Anspruchsgegner erstmal kontaktiert, bevor man gerichtliche Schritte einleitet.
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