Glauben an Gott?

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hlubenow
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Re: Glauben an Gott?

Beitrag von hlubenow »

Candor hat geschrieben:@Levi
Immer wieder interessant, wie gut Du Dich in den Religionswissenschaften und im theologischen Bereich auskennst. Finde ich schön, wenn jemand allgemein an Geistes- und Naturwissenschaften interessiert ist und über den Tellerrand schauen kann. :)
War Deine Meinung dazu nicht " =; Achtung, gefährliches Halbwissen!"? :-k

Ansonsten ist das schon ok, auch solche theologischen Dinge zu wissen, solange man sich darüber im klaren ist, daß man mit Vernunft und Gelehrsamkeit allein zwar vielleicht Prüfungen bestehen, aber nicht den Glauben fassen kann. Vgl. den Streit Jesu mit den Juristen, ... äh, den Pharisäern (= Schriftgelehrten).

Im Grunde sind die Asiaten traditionell hier wieder weiter fortgeschritten: Sie haben Übungen, die definitiv nicht den Verstand schulen, aber dennoch etwas, das nötig ist, um Spiritualität zu erfahren (Intuition und noch etwas anderes), das Zen-Bogenschießen z.B..
Gelöschter Nutzer

Re: Glauben an Gott?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

hlubenow hat geschrieben:Ansonsten ist das schon ok, auch solche theologischen Dinge zu wissen, solange man sich darüber im klaren ist, daß man mit Vernunft und Gelehrsamkeit allein zwar vielleicht Prüfungen bestehen, aber nicht den Glauben fassen kann. Vgl. den Streit Jesu mit den Juristen, ... äh, den Pharisäern (= Schriftgelehrten).

Im Grunde sind die Asiaten traditionell hier wieder weiter fortgeschritten: Sie haben Übungen, die definitiv nicht den Verstand schulen, aber dennoch etwas, das nötig ist, um Spiritualität zu erfahren (Intuition und noch etwas anderes), das Zen-Bogenschießen z.B..
Das sehe ich nun tatsächlich ähnlich wie Du. Spiritualität hat auch für mich mehr mit Intuition zu tun. Deshalb bemühe ich mich nicht mehr so sehr in der Aneignung von neuem Wissen zum religiösen Bereich (obwohl ich durchaus bibelfest bin), da ich meine Religion in mir trage und meiner Intuition mehr vertraue als jeder Überlieferung. Ich lasse mich gern dadurch inspirieren, jedoch nicht vereinnahmen. Allerdings hab ich mich diesbezüglich schon ausreichend gefunden. Das sind doch eher Fragen der Jugendphase. Schöner Vergleich mit den Schriftgelehrten, hab ich noch nie so interpretiert, hat aber etwas Wahres, Verstand versus Intuition. Ich verbinde gern beides. Das geht durchaus.
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Levi
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Re: Glauben an Gott?

Beitrag von Levi »

Von einer strikten Trennung von Glauben und Wissen(schaft) halte ich nicht besonders viel.
Glaube ohne Wissen ist gefährlich und führt günstigstenfalls zur Lächerlichkeit, häufig sogar zu Fundamentalismus und Gewalt. 

Auch wenn A. Einstein - entgegen mancher Legenden - nicht besonders religiös war, so hat er doch einige nachdenkenswerte Sätze zum Numinosen geschrieben. Einer meiner Lieblingssätze lautet: "Wissenschaft ohne Religion ist lahm, Religion ohne Wissenschaft ist blind." Das trifft es m. E. recht gut. 

Wie leicht man sich als Christ dabei lächerlich machen kann, wenn man beispielweise versucht, aus der Bibel naturwissenschaftliche Lehrsätze zu entnehmen, hat der Kirchenvater Augustinus bereits vor 1500 Jahren in seiner Schrift "Über den Wortlaut der Genesis" treffend beschrieben:
"Oft genug kommt es vor, dass ein Nichtchrist ein ganz sicheres Wissen durch Vernunft und Erfahrung erworben hat, mit dem er etwas über die Erde und den Himmel (...), über die Umläufe der Planeten, über die Naturen der Lebewesen, Sträucher, Steine und dergleichen zu sagen hat. Nichts ist nun peinlicher, gefährlicher und am schärfsten zu verwerfen, als wenn ein Christ mit Berufung auf die christlichen Schriften zu einem Ungläubigen über diese Dinge Behauptungen aufstellt, die falsch sind und, wie man sagt, den Himmel auf den Kopf stellen, so dass der andre kaum sein Lachen zurückhalten kann."

Dasselbe, was für Naturwissenschaften gilt, gilt auch für Religionswissenschaft. Zwar kann man damit den Glauben selbst nicht erfassen, sowenig wie die Naturwissenschaften erfassen kann, was ein Mensch fühlt und erlebt, wenn er eine Nacht im Wald unter dem Sternenzelt verbringt, doch ist die Beschäftigung mit Ursprung und Inhalt der Religionen (der eigenen ebenso wie der anderen) für einen reflektierten und verantwortbaren Glauben dennoch unverzichtbar. Nur was man kennt und intellektuell durchdrungen hat, kann man verteidigen und/oder kritisieren, ohne sich der Lächerlichkeit preiszugeben. 

Das gilt für Gläubige im Übrigen genauso wie für Ungläubige. Nietzsche und Feuerbach hatten die Religion verstanden und berechtigterweise fundiert kritisiert. Das Christentum hat nachfolgend ihre Kritik aufgenommen und verarbeitet. Ein Dawkins dagegen beispielsweise, macht sich mit seiner Kritik nur lächerlich. Er kritisiert nicht die (christliche) Religion, sondern ein selbst erfundenes Zerrbild, von dem er glaubt, es sei das Christentum.
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Re: Glauben an Gott?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

@Levi
Stimmt, man muss kennen, was man kritisiert, aber wenn jemand seine Religiosität aus sich selbst entwickelt, ist er nur sich selbst verantwortlich, ob er sich damit lächerlich macht oder nicht. Es ist letztlich ein Weltbild, generiert aus vielen, auch nichtreligiösen Faktoren und Erfahrungswerten. Man kann auch von der Psychologie ausgehen, z. B. Viktor Frankl, C. G. Jung. Das liegt mir mittlerweile näher.
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Levi
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Re: Glauben an Gott?

Beitrag von Levi »

Candor hat geschrieben: wenn jemand seine Religiosität aus sich selbst entwickelt, ist er nur sich selbst verantwortlich, ob er sich damit lächerlich macht oder nicht. Es ist letztlich ein Weltbild, generiert aus vielen, auch nichtreligiösen Faktoren und Erfahrungswerten.
Und genau diese "selbstgestrickte" Religion halte ich für besonders gefährlich. Sie führt leider nicht selten zur Wunderlichkeit oder zu Selbstmordattentaten.
Gelöschter Nutzer

Re: Glauben an Gott?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Levi hat geschrieben:
Candor hat geschrieben: wenn jemand seine Religiosität aus sich selbst entwickelt, ist er nur sich selbst verantwortlich, ob er sich damit lächerlich macht oder nicht. Es ist letztlich ein Weltbild, generiert aus vielen, auch nichtreligiösen Faktoren und Erfahrungswerten.
Und genau diese "selbstgestrickte" Religion halte ich für besonders gefährlich. Sie führt leider nicht selten zur Wunderlichkeit oder zu Selbstmordattentaten.
Das sehe ich anders. Selbstmordattentate sind doch eher fremdbestimmt durch einen übergeordneten religiösen Kontext, woran sich ein daran Gläubiger orientiert. Die meisten Leute im Westen haben aber mittlerweile ihre subjektive Religiosität und trennen das von Politik und dergleichen. Es ist Privatsache und damit neutralisiert und eben gerade nicht gewalttätig, abgesehen von einzelnen psychisch Kranken, die sich an streng religiösen Vorstellungen orientieren und diese pervertieren.
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Vortex
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Re: Glauben an Gott?

Beitrag von Vortex »

Levi hat geschrieben:Nietzsche und Feuerbach hatten die Religion verstanden und berechtigterweise fundiert kritisiert. Das Christentum hat nachfolgend ihre Kritik aufgenommen und verarbeitet. Ein Dawkins dagegen beispielsweise, macht sich mit seiner Kritik nur lächerlich. Er kritisiert nicht die (christliche) Religion, sondern ein selbst erfundenes Zerrbild, von dem er glaubt, es sei das Christentum.
In Amerika nehmen so viele die Bibel wörtlich, da würde ich kaum von einem Zerrbild sprechen. Ich finde aber auch, dass es bessere Kritiker gibt als Dawkins, zB. Christopher Hitchens, Sam Harris, Matt Dillahunty. Auch Carl Sagan hat ein paar schlaue Sätze dazu gesagt. Ich schätze, du würdest diese Leute aber in dieselbe Kategorie einordnen wie Dawkins, weil sie eben alle keine Obskurantisten sind, sondern auch mal auf den Punkt kommen.

Ob das Christentum Nietzsche komplett verstanden hat, kann ich nicht beurteilen, aber ich lese z.Zt. selber ein bisschen Nietzsche und bei dem ein oder anderen Satz kommen mir da so meine Zweifel. Ist natürlich Interpretationssache und mir ist klar, dass Christen lieber die Interpretation wählen, dass Nietzsche sozusagen nur das faule Fleisch wegfressen und das gesunde übrig lassen wollte.
Gelöschter Nutzer

Re: Glauben an Gott?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich kenne nicht wenige Theologen und Religionswissenschaftler, die sich mit Begeisterung damit befassen, aber selbst keinen Glauben vertreten. Religionswissenschaft ist nicht dasselbe wie Religiosität oder die Ausübung einer Religion. Klar ist, dass Religiosität sich aus dem subjektiven Erleben des Einzelnen ableitet, einer persönlichen Beziehung zu dem, was er in einer höheren Ebene ortet (Gott). Und diese Beziehung ist höchstpersönlich und nicht durch Wissenschaft festlegbar, sondern nur deskriptiv von dieser beschreibbar. In diesem Sinne mündet jede Religion im subjektiven Erleben des Einzelnen und lässt sich deshalb auch psychologisch beschreiben, wovon eine Fülle von psychologischer Fachliteratur zeugt.
hlubenow
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Re: Glauben an Gott?

Beitrag von hlubenow »

Levi hat geschrieben:Von einer strikten Trennung von Glauben und Wissen(schaft) halte ich nicht besonders viel. Glaube ohne Wissen ist gefährlich und führt günstigstenfalls zur Lächerlichkeit, häufig sogar zu Fundamentalismus und Gewalt.
Dalai Lama hat geschrieben:My religion is very simple. My religion is kindness.
Oder etwas ausführlicher:
Dalai Lama hat geschrieben:This is my simple religion. No need for temples. No need for complicated philosophy. Your own mind, your own heart is the temple. Your philosophy is simple kindness.
Dalai Lama hat geschrieben:The purpose of all the major religious traditions is not to construct big temples on the outside, but to create temples of goodness and compassion inside, in our hearts.
Gelehrsamkeit kann Pietät und Weisheit nicht ersetzen. Auch wenn sie meist nicht schadet. Wenn jemand "Kindness" ("Güte") als oberstes Ideal anstrebt, erscheint ein Selbstmordattentat eigentlich eher unwahrscheinlich.
Mir persönlich ist reine Güte aber etwas zu süßlich. Manchmal muß man sich auch wehren ("Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt"). Und keinesfalls darf Güte die Ordnung insgesamt gefährden. Tja, da braucht man auch Bildung, um zu entscheiden, was, wann, wie angemessen ist.
Konfuzius sprach: “Wenn die Natur den Sieg über die Bildung davon trägt, dann ergibt das einen Barbaren. Wenn die Bildung den Sieg über die Natur davon trägt, dann ergibt das einen Pedanten. Nur wenn Bildung und Natur harmonieren, ergibt das einen Edlen.”
Wobei der Edle des Konfuzius eher meinem Ideal entspricht als der Gütige des Dalai Lama.

Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, daß die Lehren des Konfuzius über Jahrtausende Richtlinien für die Prüfungen der höheren Beamten im alten China (also sozusagen das dortige "Jurastudium") waren.
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Levi
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Re: Glauben an Gott?

Beitrag von Levi »

Vortex hat geschrieben:
Levi hat geschrieben:Nietzsche und Feuerbach hatten die Religion verstanden und berechtigterweise fundiert kritisiert. Das Christentum hat nachfolgend ihre Kritik aufgenommen und verarbeitet. Ein Dawkins dagegen beispielsweise, macht sich mit seiner Kritik nur lächerlich. Er kritisiert nicht die (christliche) Religion, sondern ein selbst erfundenes Zerrbild, von dem er glaubt, es sei das Christentum.
In Amerika nehmen so viele die Bibel wörtlich, da würde ich kaum von einem Zerrbild sprechen.
Es gibt auch eine Menge Menschen, die an die Heilkraft von Globuli-Zuckerperlen, an Feng Shui, an Edelsteine oder an Hexerei glauben. Menschen glauben (leider) allen möglichen Unfug. Deswegen halte ich es auch für so wichtig, zwischen dem Glauben irgendwelcher Randgruppen und den großen Hauptlinien der Religionen zu unterscheiden. Das gilt für das Christentum, wie auch für jede andere Religion.

Ja, in den USA gibt es leider viele "bibeltreue" evangelikale und fundamentalistische Spinner. Weltweit gesehen, waren und sind diese jedoch immer nur eine kleine Minderheit. Schon in den europäischen protestantischen Kirchen spielen sie keine nennenswerte Rolle und in der Katholischen und den orthodoxen Kirchen ist dieses Phänomen sogar (praktisch) überhaupt nicht vorhanden.
Ich finde aber auch, dass es bessere Kritiker gibt als Dawkins, zB. Christopher Hitchens, Sam Harris, Matt Dillahunty. Auch Carl Sagan hat ein paar schlaue Sätze dazu gesagt. Ich schätze, du würdest diese Leute aber in dieselbe Kategorie einordnen wie Dawkins, weil sie eben alle keine Obskurantisten sind, sondern auch mal auf den Punkt kommen.
Ich habe nichts dagegen, wenn jemand "auf den Punkt kommt", genau das tun die von dir genannten Autoren jedoch nicht, sondern sie bekämpfen einen Feind, den es so gar nicht gibt. Sämtliche Autoren picken sich z. B. die Schöpfungsgeschichte heraus, lesen sie extrem biblizistisch und wie ein naturwissenschaftliches Lehrbuch, und wundern sich dann, dass die sturen Religiösen ihren wissenschaftlichen Ausführungen nicht folgen wollen. Dabei zeigen sie nur, dass ihnen jegliches Verständnis für den religiösen Sinn und Inhalt der Schöpfungsgeschichte fehlt.

Ebenfalls beliebt sind Angriffe gegen die Sexualmoral mancher Kirchen. Dabei verkennen sie, dass diese Sexualmoral reine historisch-kulturelle Konstruktionen sind und nirgendwo Bekenntnisinhalt geworden sind. Es gibt im Übrigen zahlreiche Denominationen, die sich jeglicher verbindlicher Aussagen zur Sexualmoral der Gläubigen enthalten.

Es ist insofern wenig "punktgenau", sich auf einige periphere und partielle Phänonene vom Rand des religiösen Spektrums zu konzentrieren und die zentralen Glaubensinhalte zu ignorieren.
ob das Christentum Nietzsche komplett verstanden hat, kann ich nicht beurteilen, aber ich lese z.Zt. selber ein bisschen Nietzsche und bei dem ein oder anderen Satz kommen mir da so meine Zweifel. Ist natürlich Interpretationssache und mir ist klar, dass Christen lieber die Interpretation wählen, dass Nietzsche sozusagen nur das faule Fleisch wegfressen und das gesunde übrig lassen wollte.
Nietzsche hatte ganz sicher keine Reformation der "Sklavenreligion Christentum" im Sinn. Insofern sind wir uns einig. Allerdings ging es mir darum auch überhaupt nicht.

Vielmehr ging es mir darum, dass das Christentum - nicht zuletzt durch Nietzsche - beispielsweise seinen sozialrevolutionären Charakter wiederentdeckt hat. Das Christentum ist keine Religion der Herrschenden und "Herrenmenschen" ("Thron und Altar", bürgerlich-säkularer "Kulturprotestantismus"), sondern der Schwachen und Unterdrückten ("Option für die Armen"). Die christliche Theologie wieder hieran erinnert zu haben, ist u.a.
Nietzsches bleibender Verdienst.
Gelöschter Nutzer

Re: Glauben an Gott?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Gerade bei den Katholiken herrscht viel Aberglaube. Da sind die Globuli-Esoteriker noch harmlos dagegen. Ich denke, in der heutigen säkularisierten Welt kann Kirche als Entmündigung der Gläubigen nicht mehr funktionieren. Nun ist der psychologische Zugang des Einzelnen gefragt.
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Re: Glauben an Gott?

Beitrag von markus87 »

Levi, was hältst du von der charismatischen Bewegung? Laut Wikipedia ist es die am stärksten wachsende religiöse Bewegung weltweit. Ich kenne Anhänger dieser Richtung innerhalb der katholischen Kirche die nach meinem bescheidenen Verständnis sowohl fundamentalistisch als auch esoterisch angehaucht sind.

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Vortex
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Re: Glauben an Gott?

Beitrag von Vortex »

Levi hat geschrieben:Es gibt auch eine Menge Menschen, die an die Heilkraft von Globuli-Zuckerperlen, an Feng Shui, an Edelsteine oder an Hexerei glauben. Menschen glauben (leider) allen möglichen Unfug. Deswegen halte ich es auch für so wichtig, zwischen dem Glauben irgendwelcher Randgruppen und den großen Hauptlinien der Religionen zu unterscheiden.
Du sagst (zu Recht), dass deren Glaube Unfug ist, aber wieso ist es deiner nicht? Deiner basiert genauso auf anekdotischen Beweisen und Hörensagen. Ich sage es immer wieder, wenn man an eine unbewiesene Tatsache glaubt, muss man an alle glauben, alles andere ist Rosinen picken. Ich kann diesen New Age-Kram genauso wenig leiden, aber du solltest nicht so tun, als sei dein Glaube irgendwie "sinnvoller".

Levi hat geschrieben:Ich habe nichts dagegen, wenn jemand "auf den Punkt kommt", genau das tun die von dir genannten Autoren jedoch nicht, sondern sie bekämpfen einen Feind, den es so gar nicht gibt. Sämtliche Autoren picken sich z. B. die Schöpfungsgeschichte heraus, lesen sie extrem biblizistisch und wie ein naturwissenschaftliches Lehrbuch, und wundern sich dann, dass die sturen Religiösen ihren wissenschaftlichen Ausführungen nicht folgen wollen. Dabei zeigen sie nur, dass ihnen jegliches Verständnis für den religiösen Sinn und Inhalt der Schöpfungsgeschichte fehlt.
Das stimmt so auch wieder nicht. Die meisten davon haben sich nicht nur mit Fundamentalisten auseinandergesetzt, sondern ebenfalls mit Leuten, die meinten, ihre Metaphysik sei über alles erhaben. Vielleicht hast du ein Zerrbild dieser Autoren im Kopf?
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Vortex
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Re: Glauben an Gott?

Beitrag von Vortex »

Candor hat geschrieben:Gerade bei den Katholiken herrscht viel Aberglaube. Da sind die Globuli-Esoteriker noch harmlos dagegen. Ich denke, in der heutigen säkularisierten Welt kann Kirche als Entmündigung der Gläubigen nicht mehr funktionieren. Nun ist der psychologische Zugang des Einzelnen gefragt.
Candor, ich glaube du hättest Freude an Jordan Peterson auf Youtube. Dort hast du diese psychologische Komponente des Glaubens (Carl Jung erwähnt er oft). Für mich persönlich geht das eher in Richtung "Geschwafel", aber ich wollte es dir nicht vorenthalten.
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Levi
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Re: Glauben an Gott?

Beitrag von Levi »

markus87 hat geschrieben:Levi, was hältst du von der charismatischen Bewegung? Laut Wikipedia ist es die am stärksten wachsende religiöse Bewegung weltweit. Ich kenne Anhänger dieser Richtung innerhalb der katholischen Kirche die nach meinem bescheidenen Verständnis sowohl fundamentalistisch als auch esoterisch sind.
Unter den [nicht identischen, aber eng verwandten] Bewegungen der "Charismatiker" und "Pfingstkirchen" sammeln sich alle möglichen Gruppen von Gläubigen. Es gibt da liberale, moderate, konservative und extrem fundamentalistische Gemeinden. Insofern fällt eine generelle Bewertung schwer. Der Taufpate meiner Tochter ist z. B. hauptberuflicher Prediger einer moderat-charismatischen Gemeinde und alles andere als fundamentalistisch.

Zutreffend ist allerdings, dass in vielen europäischen Pfingstgemeinden die konservativen und bibeltreuen Christen (oder gar die Fundamentalisten) überwiegen. Das ist aber ein allgemeines freikirchliches Phänomen und gilt für andere Freikirchen in ähnlicher Weise. In den kleinen Freikirchen sammeln sich eben überwiegend Gläubige, denen die Großkirchen "zu lasch", "zu liberal" oder zu wenig bibeltreu sind. Die charismatischen Fraktionen in den Großkirchen teilen diese Positionen der Freikirchen, scheuen jedoch - aus unterschiedlichen Gründen - von dem Schritt der vollständigen Loslösung zurück. Insgesamt spielen die Charismatiker in Europa jedoch zahlenmäßig keine besondere Rolle.

Weltweit gesehen sind die stark wachsenden Pfingstkirchen differenzierter zu betrachten. Sie haben vielerorts eher den Charakter einer nachgeholten Reformation in den katholischen Ländern Lateinamerikas und Afrikas und generell mehr soziale als religiöse Ursachen. Die Katholische Kirche hat im Rahmen ihrer "Option für die Armen" den Blick besonders auf die unteren sozialen Schichten gerichtet, von denen sich die wachsenden aufstiegsorientierten Mittelschichten abgrenzen wollen. Die pragmatische, stark individualistische Frömmigkeit sowie die modernen Gottesdienstformen der Pfingstkirchen (ohne die traditionsbeladene Symbolik und sperrigen Dogmen der Katholischen Kirche) wirkt auf diese leistungsorientierten Schichten offenkundig anziehend.

Theologische Motive dürften dagegen bei den meisten nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Ich selbst kann mit dem Wirken des Heiligen Geistes in der charismatischen Form nichts anfangen. Ebenso wie bereits Paulus vor 2000 Jahren sind mir Zungenreden und Geistheilung im hohen Maße suspekt. Aber auch das gehört eben zum breiten Strom des Christentums dazu und glücklicherweise ist das Christentum eine Religion der Freiheit. Niemand muss alle Glaubensformen gut finden oder gar selbst praktizieren.
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