Ich hatte ja noch versprochen, etwas zum Thema "Feuerbestattung" zu schreiben.Levi hat geschrieben:Das Thema Feuerbestattung rechtfertigt einen eigenen Beitrag. Dazu habe ich jetzt heute Abend keine Lust mehr.Tobias__21 hat geschrieben:Interessante Diskussion habt Ihr hier. Geht nicht auch der katholische Katchechismus davon aus, dass Körper und Seele eine Einheit bilden? Ich meine das in einem Buch von Ratzinger gelesen zu haben, das ich mir aus Interesse gekauft hatte, als er Papst wurde. Es ging dort um die Frage, ob der Leichnam auch verbrannt werden kann/darf, oder ob die Beerdigung vorzuziehen ist. Der Grund gegen das Verbrennen war, soweit ich mich recht erinnere, dass man Körper und Seele nicht vollständig voneinander trennen kann und der Körper gerade nicht nur eine leere Hülle ist, der die Seele transportiert. Deswegen darf er auch nicht durch den Menschen zerstört (verbrannt) werden.
Wie die katholische Kirche generell zu Feuerbestattungen steht, weiß ich nicht. Ganz so "schlimm" können sie es aber nicht sehen. Ich war schon auf Urnenbeisetzungen mit katholischen Priestern. Wenn das irgendein Sakrileg oder so wäre, würde da ja auch kein Priester die Beerdigung machen.
Vorweg das Wichtigste: Es war zu keiner Zeit christliche Lehre, dass der Leichnam des Verstorbenen für die Auferstehung irgendeine Relevanz hat. Sonst wäre es ja auch am Sinnvollsten, ihn - wie im Alten Ägypten - einzubalsamieren. Insofern gab und gibt es in den Kirchen auch keine dogmatischen Vorschriften zur Art der Bestattung, sondern nur rechtliche.
Die frühe Christenheit hatte die Praxis der Erdbestattung aus dem Judentum übernommen und überwiegend (allerdings keineswegs ausschließlich) praktiziert. Zur ausschließlichen Bestattungsform wurde sie im Westen erst durch weltliches Recht, nämlich durch einen entsprechenden Erlass Karls des Großen (ca. 800). Die christliche Bestattung sollte sich dadurch deutlich von den germanisch-heidnischen Kulten abheben, in denen überwiegend die Feuerbestattung praktiziert wurde. Unter missionarischen Aspekten erschien eine solche Abgrenzung zweckmäßig. Die Feuerbestattung spielte danach fast 1000 Jahre lang im christlichen Abendland keine Rolle mehr.
Erst in der Zeit der Aufklärung wurde die Idee der Feuerbestattung wieder aufgegriffen und zwar (von Freimaurern, Freidenkern und Arbeiterbewegung) mit einer explizit anti-christlichen Zielrichtung. Es ging dabei nicht um ästhetische oder hygienische Aspekte, die heute häufig als Grund für eine Feuerbestattung genannt werden, sondern um eine bewusste symbolischen Absetzung von der kirchlichen Praxis und der christlichen Auferstehungshoffnung. So wie seinerzeit Karl der Große mit der Erdbestattung missionierten auch die sog. Freidenker mit der Feuerbestattung. Vor diesem anti-kirchlichen Hintergrund wandte sich die Katholische Kirche Ende des 19. Jahrhunderts erstmals ausdrücklich gegen die Feuerbestattungs-Bewegung und verbot sie im CIC/1917 für katholische Christen.
Allerdings wurde auch unter frommen Katholiken der Wunsch nach einer anderen Bestattungsform im 20. Jahrhundert immer lauter und so revidierte der CIC/1983 das kategorische Verbot der Feuerbestattung. Die Beerdigung wird in Can. 1176 CIC/1983 heute nur noch empfohlen, aber nicht mehr zwingend vorgeschrieben:
Symbolisch gesehen, ist die Erdbestattung mit dem christlichen Glauben zweifellos besser vereinbar. Sie zeigt, dass der Leib eines Menschen nicht nur ein "Papiertaschentuch" ist, das man nach dem Gebrauch wegwirft (wie Candor es annimmt) bzw. in der Müllverbrennungsanlage entsorgt, sondern der Mensch in seiner Gesamtheit Gottes gute Schöpfung und als sein Ebenbild wertvoll ist. Das gilt unabhängig davon, ob man nun im Sinne eines Leib-Seele-Dualismus eine Trennung der beiden überhaupt annimmt oder - mit der Gegenansicht - eine entsprechende Differenzierung von vornherein als nicht möglich erachtet. Es erscheint insofern in der Regel als angemessenerer Umgang mit dem Leichnam, diesen dem in der Schöpfungsordnung vorgesehenen biologischen Abbauprozess zu überlassen (und damit wiederum zugleich mikrobiologisches Leben zu erhalten), anstatt ihn vorsätzlich zu vernichten. Wobei hier allerdings im Einzelfall selbstverständlich auch die gegenteilige Lösung geboten sein kann (z. B. bei der Gefahr von Seuchen).Can. 1176 — § 1. Den verstorbenen Gläubigen ist nach Maßgabe des Rechts ein kirchliches Begräbnis zu gewähren.
§ 2. Das kirchliche Begräbnis, bei dem die Kirche für die Verstorbenen geistlichen Beistand erfleht, ihren Leib ehrt und zugleich den Lebenden den Trost der Hoffnung gibt, ist nach Maßgabe der liturgischen Gesetze zu feiern.
§ 3. Nachdrücklich empfiehlt die Kirche, daß die fromme Gewohnheit beibehalten wird, den Leichnam Verstorbener zu beerdigen; sie verbietet indessen die Feuerbestattung nicht, es sei denn, sie ist aus Gründen gewählt worden, die der christlichen Glaubenslehre widersprechen.
Letztlich geht es dabei - wie Can. 1176 — § 2 CIC es treffend formuliert -, immer darum, den Leib des Verstorbenen zu ehren. Der Leib ist wertvoll und nicht nur ein "Vehikel" der Seele.
In den Evangelischen Kirchen ist die Regelung hinsichtlich von
Feuerbestattungen im Prinzip ähnlich, allerdings gab es dort - auch früher - niemals ein allgemeines Verbot von bestimmten Bestattungsformen.
Die Zielrichtung einer Bestattung ist in den evangelischen Kirchen aber ohnehin auch eine etwas andere als in der Katholischen Kirche: Während in der Katholischen Kirche der Verstorbene im Zentrum der Liturgie steht, sind es in den evangelischen Kirchen die Angehörigen und Hinterbliebenen. Sie sollen getröstet werden, Abschied nehmen können und den Rückhalt der Gemeinde spüren. Der Tote dagegen hat von seiner Bestattung nichts mehr und es werden (anders als in der Katholischen Kirche, vgl. Can. 1176 — § 2 CIC) daher auch keine Gebete o. ä. für den Verstorbenen gesprochen (da ihm auch das nichts mehr hilft), sondern vielmehr für die Angehörigen und Hinterbliebenen gebetet.
Sofern keine entsprechende Willensäußerung des Verstorbenen vorliegt, entscheiden daher die Angehörigen in den evangelischen Kirchen über die Art der Bestattung. Denn letztlich geht es um sie und ihren würdigen Abschied vom Verstorbenen. Die evangelischen Kirchen mischen sich da allenfalls bei offensichtlichen Missbrauch ein.
Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass heute in allen großen christlichen Kirchen in Deutschland (faktisch) Wahlfreiheit zwischen Erdbestattung und Feuerbestattung besteht.