Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite?

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Gelöschter Nutzer

Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Nach dem jüngsten schlimmen Anschlag in Afghanistan wurden die bereits zuvor heiß diskutierten Abschiebungen dorthin zum absoluten Top-Thema.

Die ZEIT spricht von einer "deutsche[n] Schande" (http://www.zeit.de/politik/deutschland/ ... de-maziere) und auch andere Medien wie Politiker überschlagen sich in hochdramatischen Schilderungen und populistischen Forderungen. Die CDU legt währenddessen eine 180 Grad-Wende hin, will aber gleichzeitig weiter abschieben -- doch nur in manchen Fällen.

Natürlich handelt es sich bei Abschiebungen allgemein und bei solchen nach Afghanistan im Besonderen um eine kontroverse Problematik. Abschieben, das klingt schnell nach ausgrenzen, nach "wir wollen euch hier nicht" und nach Polizeigewalt. Dennoch kann der nüchterne Betrachter kaum übersehen, dass gerade diejenigen Medien, die gerne Begriffe wie populistisch, polemisch und postfaktisch in den Mund nehmen, bei der Abschiebungsdiskussion jegliche Distanz vermissen lassen.

Stattdessen verbleibt die Argumentation auf einer denkbar schlichten, eindimensionalen Ebene: Afghanistan ist gefährlich, deshalb dürfen wir niemanden dort hinschicken. Das Ganze wird dann natürlich noch gründlich moralisch wie emotional angereichert.

Dagegen werden zentrale Informationen nicht angesprochen, namentlich:

Wer wird überhaupt abgeschoben? Unter welchen Voraussetzungen geschieht dies? Weshalb erfolgen Abschiebungen? Was sind jeweils die Konsequenzen davon, abzuschieben oder nicht abzuschieben? Welche Alternativen gäbe es?

Stattdessen wird, polemisch gesprochen, die Debatte auf Abschiebungen = unmenschlich reduziert. Alles andere ist irrelevant, ja wird noch nicht einmal thematisiert. Dabei gäbe es viele Facetten, die es zu beleuchten gälte:


1. Abgeschoben wird ohnehin nur, wer keinerlei Anspruch auf Asyl oder sonst einen Aufenthaltstitel hat. Es handelt sich also von vornherein nur um diejenigen, die keine Art von Verfolgung o.Ä. geltend machen können (vulgo klassische "Migranten").

2. Die Abschiebung erfolgt in den meisten Fällen erst nach einer gerichtlichen Prüfung, oft in mehreren Instanzen. Irgendeine Art von Bleibeberechtigung ist also von vornherein ausgeschlossen.

3. Alle Betroffenen haben mindestens sieben, z.T. riesige Länder durchquert, tausende Kilometer hinter sich gebracht um hierher zu kommen ("sichere Drittstaaten"). Es ist also keinesfalls so, dass sie etwa vor einem Krieg aus dem benachbarten Österreich geflohen wären.

4. Tatsächlich werden rein praktisch ohnehin fast nur sog. Gefährder usw. abgeschoben.

5. Wenn nicht mehr nach Afghanistan abgeschoben würde, hätte dies automatisch zur Folge, dass jede einzelne Person (!), die es schafft, von Afghanistan nach Deutschland zu gelangen, auf ewig hier bleiben dürfte. Nicht über ein beantragtes Visum. Noch nicht einmal aufgrund von politischer Verfolgung oder Asyl. Sondern nur, weil sie hierher gekommen ist. Übrigens ungeachtet der Durchquerung vieler sicherer Drittstaaten.

6. Als Alternative käme etwa auch das Modell Israel in Frage: Abschiebung in ein anderes Drittland.


Das sind nur ein paar Aspekte, die mir auf die Schnelle eingefallen sind. Und dabei wurden noch sämtliche Sicherheitsaspekte außen vor gelassen.

Zusammenfassend würde ein Ende der Abschiebungen nach Afghanistan also bedeuten, dass jede einzelne Person, die es irgendwie aus Afghanistan über egal wie viele sichere Drittstaaten hierher schafft, ohne jede Asyl- oder sonstige Aufenthaltsberechtigung, ohne individuell verfolgt zu sein, auf deutsche Staatskosten auf alle Ewigkeit hier bleiben dürfte.


Das mag finanziell-praktisch bei einer überschaubaren Zahl noch hinnehmbar sein. Logisch-rational ist das allerdings kaum vermittelbar. Jedenfalls wäre es gerade in Zeiten der "fake news" Aufgabe der Medien, diese Zusammenhänge sachlich und neutral darzustellen. Davon ist jedoch leider nicht viel zu sehen.

Ob man am Ende einer nüchternen Analyse trotzdem zu dem Ergebnis kommt, die obigen Folgen seien angesichts der Alternative (=Abschiebung) hinnehmbar, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Aber es ist viel zu billig nur die eine Seite der Medaille darzustellen und aufgrund der sonst angeblich drohenden "deutsche[n] Schande" (Die ZEIT) als (sic) alternativlos zu präsentieren.


Auch Verweise auf die Rechtslage de lege lata sind übrigens nicht wirklich zielführend, obliegt es doch der Politik, in dieser Hinsicht gestaltend tätig zu werden.
Honigkuchenpferd
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von Honigkuchenpferd »

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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von Tobias__21 »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:https://www.welt.de/politik/deutschland ... he-um.html

Mehr muss man nicht wissen.
Standard. Hoch im Kurs derzeit auch die Drohung mit Vergewaltigungen der Töchter/Frauen. Passiert hier am laufenden Band.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von hlubenow »

Tobias__21 hat geschrieben:Standard. Hoch im Kurs derzeit auch die Drohung mit Vergewaltigungen der Töchter/Frauen. Passiert hier am laufenden Band.
Remember Kölner Dom, Silvester 2015/16? Das sind nicht immer nur leere Worte.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:https://www.welt.de/politik/deutschland ... he-um.html

Mehr muss man nicht wissen.
Es würde aber zumindest nicht schaden, den Kontext zu würdigen, in dem diese Worte gefallen sein sollen.
Suchender_ hat geschrieben:
4. Tatsächlich werden rein praktisch ohnehin fast nur sog. Gefährder usw. abgeschoben.
Dagegen hat niemand was. Es geht um solche Fälle. http://www.focus.de/politik/deutschland ... 04203.html
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von Honigkuchenpferd »

[enigma] hat geschrieben:
Honigkuchenpferd hat geschrieben:https://www.welt.de/politik/deutschland ... he-um.html

Mehr muss man nicht wissen.
Es würde aber zumindest nicht schaden, den Kontext zu würdigen, in dem diese Worte gefallen sein sollen.
Da hast du recht. Wenn man den Behörden Glauben schenken darf, hat der junge Mann, dessen Asylantrag abgelehnt worden war, die Behörden nämlich erst einmal über Jahre hinweg über das Fehlen eines Ausweisdokuments getäuscht und sich strafbar gemacht, dann jede Mitwirkung bei seiner Rückführung verweigert, und als er schließlich abgeschoben werden sollte, eben Widerstand geleistet und Anschläge auf "Deutsche" angedroht.

Diesen Kontext sollte man keinesfalls ignorieren.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:und als er schließlich abgeschoben werden sollte, eben Widerstand geleistet und Anschläge auf "Deutsche" angedroht.

Diesen Kontext sollte man keinesfalls ignorieren.
Das sollte man vor allem nicht überbewerten. Der wurde aus der Schule gezerrt und sollte in ein Land gebracht werden, in dem einen Tag zuvor 90 Menschen bei nem Anschlag im Botschaftsviertel der Hauptstadt starben. Es gibt keinerlei Hinweise auf irgendwelche Verbindungen zu radikalen oder terroristischen Personen oder Ideen. Die (zweifelslos dummen) Worte sollten die Sinnlosigkeit der Abschiebung ausdrücken, das ist die Trotzreaktion eines Heranwachsenden. Ich bin eigentlich ganz froh darum, dass die panischen Reaktionen auf solche Vorfälle hierzulande noch keine amerikanischen Ausmaße angenommen haben. Bezeichnenderweise hat ja ein Richter, der sich mit dem Fall befasst hat und die Umstände besser kennen und bewerten können dürfte als wir beide, die Abschiebehaft abgelehnt. So ein großes Sicherheitsrisiko kann er also nicht sein.

Wenn man wirklich so große Angst vor Radikalisierung und Terrorismus hat, sollte man sich lieber fragen, ob derart rücksichtslos ausgeführte Abschiebungen nicht eher zu Radikalisierung und Terrorismus führen, bzw. es den Hetzern deutlich leichter machen.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Pardon, ich finde diese Verharmlosung einfach nur noch daneben, und allmählich frage ich mich ernsthaft, ob man nicht auch einfach anfangen sollte, auch als normaler deutscher Bürger Recht und Gesetz zu ignorieren, wie es einem halt gerade passt - oder sich vielleicht ein anderes Land suchen.

Illegale Einreise? Egal. Täuschung über die Asylberechtigung? Egal.Täuschung der Behörden über ein vorhandenes Ausweisdokument? Egal. Widerstand gegen die Staatsgewalt? Egal. Drohung mit Anschlägen? Egal.

Die Krönung ist dann der absurde Vorschlag, lieber keine Abschiebungen mehr vorzunehmen, weil das ja zu "Radikalisierung" führen könnte. Man hat ja an Anis Amri und anderen gesehen, dass das prima funktioniert.

Es ist mir auch völlig unverständlich, was daran "derart rücksichtslos" gewesen sein soll. Soll man das ganze kriminelle, allein auf den eigenen Vorteil bedachte Verhalten, auf das der Artikel hinweist, noch belohnen, indem die Leute dann trotz allem im Land bleiben können? So kann das nicht funktionieren.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

Ich finde Panikmache daneben, aber das ist halt kein Argument. Es ging mir nur um die nicht ernstzunehmende "Drohung" mit Terrorschlägen. Dass die illegale Einreise und sein übriges Verhalten Anlass zur Abschiebung gegeben haben kann, bestreite ich nicht. Weiss ich aber auch nicht, ist wie so vieles ne Einzelfallentscheidung. Illegale Einreise alleine reicht halt nicht aus, weil man dann sofort alle Flüchtlinge abschieben müsste, die man seit 2015 aufgenommen hat, unabhängig davon, ob ihr Herkunftsland sicher ist oder nicht.

Ich habe auch nie behauptet, man solle "keine Abschiebungen mehr vornehmen". Allerdings sollte man erstmal tatsächlich Straftäter (die vielleicht mehr auf dem Kerbholz haben als illegale Einreise) und tatsächliche Gefährder abschieben, nicht integrierte Schulkinder, deren einzige Verfehlung darin besteht, in einer katastrophalen Situation in ihrem Heimatland gegen Einwanderungsregeln verstoßen zu haben. Die sind derzeit einfach nicht das Problem.

Ich halte es da eher mit Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, für Law & Order Rhetorik kann ich mich eher nicht so erwärmen, wenn es um den menschenwürdigen Umgang mit Menschen, teilweise noch Kindern geht, sorry. Was mich übrigens durchaus beruhigt, ist die Zivilcourage, die Schüler und Lehrer in diesen Fällen an den Tag legen und damit meine ich nicht (!) die Antifa-Chaoten, die das ausnutzen. Es besteht noch Hoffnung für dieses Land.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von Honigkuchenpferd »

[enigma] hat geschrieben:Ich finde Panikmache daneben, aber das ist halt kein Argument. Es ging mir nur um die nicht ernstzunehmende Drohung mit Terrorschlägen.
Kein Mensch hat behauptet, dass diese Drohungen regelmäßig ernst zu nehmen sind. Insofern ist das Schattenboxen. Andererseits gibt es schon auch Fälle, bei denen Leute wirklich Anschläge begangen oder geplant oder schlicht andere schwere Straftaten verübt haben. Der abgelehnte afrikanische Asylbewerber, der in der Nähe von Bonn kürzlich eine Studentin mit vorgehaltener Machete vor den Augen ihres Freunds vergewaltigte, tat es auch, nachdem er abgeschoben werden sollte.

Das alles zeigt nur, wie verrückt und unverantwortlich diese ganze Politik ist, Leute unkontrolliert einreisen zu lassen, und dann wilde Märchen zu erzählen, wer kein Recht habe zu bleiben, werde abgeschoben, um sich halt ein paar Leute herauszupicken.
Ich habe auch nie behauptet, man solle "keine Abschiebungen mehr vornehmen". Allerdings sollte man erstmal tatsächlich Straftäter (die vielleicht mehr auf dem Kerbholz haben als illegale Einreise) und tatsächliche Gefährder abschieben, nicht integrierte Schulkinder, deren einzige Verfehlung darin besteht, in einer katastrophalen Situation in ihrem Heimatland gegen Einwanderungsregeln verstoßen zu haben. Die sind derzeit einfach nicht das Problem.
Ich habe den Artikel ja extra verlinkt, weil daraus klar hervorgeht, dass er "mehr auf dem Kerbholz" hat als illegale Einreise. Er ist kein Islamist, aber jemand, der mit allen (illegalen) Mitteln versucht hat, sich einer Rückführung zu entziehen. Das kann ein Rechtsstaat nicht hinnehmen, oder er hört auf, einer zu sein. Wenn du meinst, es sollte jeder bleiben - oder zumindest alle außer Gefährdern und schwersten Straftätern -, dann gib es doch einfach ehrlich zu. Dann kann man sich auch das ganze Asylrecht, die Verfahren vor dem BAMF und die zig Gerichtsverfahren vor den Verwaltungsgerichten sparen.

Abgesehen davon stimmt es eben einfach nicht, dass die Situation in Afghanistan so wäre, dass dorthin nicht abgeschoben werden kann.
Ich halte es da eher mit Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, für Law & Order Rhetorik kann ich mich eher nicht so erwärmen, sorry.
Ich denke eher: Dir geht es allein um deine Ideologie, zu der du aber nicht einmal offen stehst. Und es ist dir völlig egal, was für Auswirkungen das hat und ob es in der Praxis funktioniert oder nicht.
Was mich übrigens durchaus beruhigt, ist die Zivilcourage, die Schüler und Lehrer in diesen Fällen an den Tag legen und damit meine ich nicht (!) die Antifa-Chaoten, die das ausnutzen. Es besteht noch Hoffnung für dieses Land.
Das ist ja wohl ein Witz. Behinderung einer rechtmäßigen Vollstreckungsmaßnahme bis hin zum Widerstand gegen die Staatsgewalt als "Zivilcourage", weil es dir ideologisch in den Kram passt?
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:
Ich habe den Artikel ja extra verlinkt, weil daraus klar hervorgeht, dass er "mehr auf dem Kerbholz" hat als illegale Einreise. Er ist kein Islamist, aber jemand, der mit allen (illegalen) Mitteln versucht hat, sich einer Rückführung zu entziehen. Das kann ein Rechtsstaat nicht hinnehmen, oder er hört auf, einer zu sein. Wenn du meinst, es sollte jeder bleiben - oder zumindest alle außer Gefährdern und schwersten Straftätern -, dann gib es doch einfach ehrlich zu.
Abgesehen davon stimmt es eben einfach nicht, dass die Situation in Afghanistan so wäre, dass dorthin nicht abgeschoben werden kann.
Ich finde, es sollte jeder bleiben dürfen, gegen den kein Gefahrenverdacht vorliegt und der hier gut integriert ist. Bivsi (Verwaister Link https://www.derwesten.de/staedte/duisburg/ich-hab-mich-gefuehlt-als-waere-ich-eine-schwerverbrecherin-bivsi-14-berichtet-aus-nepal-unter-traenen-von-ihrer-abschiebung-id210774005.html automatisch entfernt) zum Beispiel. Im Fall des Afghanen kenne ich mich nicht aus, halte den angeblich geäußerten Satz aber für zweifellos dumm, jedoch nicht für einen ausreichenden Grund zur Abschiebung, zumal der Satz ja fiel, als er abgeschoben werden sollte, nicht umgekehrt. Darüber hinaus hat ein mit dem Fall befasster Richter in Aktenkenntnis Zweifel an der Rechtmäßigkeit seiner Abschiebung gehabt. Mag ja sein, dass du ein Überfliegerjurist bist und aus der Ferne beurteilen kannst, wie schrecklich falsch der Richter liegt. Ich kanns nicht.

Ich denke eher: Dir geht es allein um deine Ideologie, zu der du aber nicht einmal offen stehst. Und es ist dir völlig egal, was für Auswirkungen das hat und ob es in der Praxis funktioniert oder nicht.
Wenn du Empathie für Menschen, die keine große Lust haben, in ein Bürgerkriegsland zurückzukehren "Ideologie" nennst, dann ja, dann bin ich wohl Ideologe. Und ja, ich habe Verständnis für Leute, die tricksen, um diesem Schicksal zu entgehen, weil sie subjektiv (!) und nachvollziehbar um ihr Leben fürchten. Würde ich auch machen. Ich glaube auch nicht, dass es in der Praxis nicht funktionieren würde, die integrierten Familien erstmal hier zu lassen. Das ist ja leider ohnehin nur ein kleiner Teil. Völlig unbegreiflich, warum man ausgerechnet an denen ein Exempel statuieren würde. Die Message ist: Ihr müsst gar nicht erst Deutsch lernen und eure Kinder auf die Schule schicken. Zwangsheirat ist auch voll ok, ihr fliegt eh bald wieder raus. Finde ich eher kontraproduktiv.


Das ist ja wohl ein Witz. Behinderung einer rechtmäßigen Vollstreckungsmaßnahme bis hin zum Widerstand gegen die Staatsgewalt als "Zivilcourage", weil es dir ideologisch in den Kram passt?
In so einer Situation würde ich mich immer friedlich auf die Seite meines Schulfreundes/Schülers und gegen die Polizei stellen, ja. Dass die Steinewerfer Idioten sind, die bestraft werden müssen, liegt auf der Hand.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

[enigma] hat geschrieben:
Ich finde, es sollte jeder bleiben dürfen, gegen den kein Gefahrenverdacht vorliegt und der hier gut integriert ist.
Suchender_ hat geschrieben: Zusammenfassend würde ein Ende der Abschiebungen nach Afghanistan also bedeuten, dass jede einzelne Person, die es irgendwie aus Afghanistan über egal wie viele sichere Drittstaaten hierher schafft, ohne jede Asyl- oder sonstige Aufenthaltsberechtigung, ohne individuell verfolgt zu sein, auf deutsche Staatskosten auf alle Ewigkeit hier bleiben dürfte.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

Manchmal erinnert Ihr mich an Wotan und Siegfried.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

Suchender_ hat geschrieben:
[enigma] hat geschrieben:
Ich finde, es sollte jeder bleiben dürfen, gegen den kein Gefahrenverdacht vorliegt und der hier gut integriert ist.
Suchender_ hat geschrieben: Zusammenfassend würde ein Ende der Abschiebungen nach Afghanistan also bedeuten, dass jede einzelne Person, die es irgendwie aus Afghanistan über egal wie viele sichere Drittstaaten hierher schafft, ohne jede Asyl- oder sonstige Aufenthaltsberechtigung, ohne individuell verfolgt zu sein, auf deutsche Staatskosten auf alle Ewigkeit hier bleiben dürfte.
Jede Person, die außergewöhnliche Umstände geltend machen kann. Etwa eigene Bemühungen, einen Job zu finden oder Deutsch zu lernen oder sich sonstwie zu integrieren. Das sind nicht alle Afghanen, das ist ein Bruchteil. Und es wäre ein Incentive. Die Alternative ist, den Leuten überhaupt keine Perspektive zu geben. Das kann nicht funktionieren. Es ist alles eine Frage des Einzelfalls. Mag sein, dass der Afghane zurecht abgeschoben werden sollte, vielleicht auch nicht. Gleiches gilt für das Mädchen aus Nepal. Ich bin wie gesagt der Meinung, dass man solche Leute als allerletztes abschieben sollte. Es gibt genug dringendere Kandidaten.
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Re: Abschiebungen nach Afghanistan - postfaktisch die zweite

Beitrag von [enigma] »

Einwendungsduschgriff hat geschrieben:Manchmal erinnert Ihr mich an Wotan und Siegfried.
Wer ist wer?
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