immer locker bleiben hat geschrieben:Sollte das positiv ausfallen, dann gibt es wieder GroKo mit dem neuen Kanzler ohne Neuwahl.
Never. Die SPD hat sich positioniert und wäre bescheuert, von dieser Position jetzt wieder abzurücken.
Die Frage ist aber doch, ob diese Position im Lichte der nun drohenden anderen Alternativen tatsächlich noch aufrecht zu erhalten ist?
Die Entscheidung, nach dem Ergebnis der Bundestagswahl in die Opposition zu gehen, war mit Blick auf die Option Jamaika richtig und konsequent. Die SPD hätte als wahrnehmbare Opposition tatsächlich die Gelegenheit gehabt, sich vier Jahre zu regenerieren.
Wie soll aber unter diesen Bedingungen ein nochmaliger Wahlkampf funktionieren? Eine Partei, die mit dem erklärten Vorsatz antritt, derzeit gar nicht regieren zu wollen bzw. zu können, sondern in die Opposition zu gehen und sich dort personell und inhaltlich zu erneuern, verliert den Nimbus einer kanzlerfähigen Großpartei, sie wird nicht mehr ernst genommen und zur Kleinpartei. Ich gebe der SPD mit einer solchen Strategie bei Neuwahlen keine 15 % mehr. In der Opposition kann sie sich dann mit der Linkspartei einen Wettbewerb um das schönste Programm liefern, das ihr jedoch niemand abkaufen wird, nachdem sie zuvor fast 20 Jahre mitregiert hat (mit einer kurzen Unterbrechung).
Allenfalls geringfügig besser als Neuwahlen wäre die Duldung einer Minderheitsregierung. Das verschaffte ihr zwar etwas Zeit zur personellen Neuaufstellung, eine wirkliche Profilierung gegenüber der Regierung wäre jedoch kaum möglich, wenn man bei allen wichtigen Fragen mit dieser stimmen muss, um ihr die erforderlichen Mehrheiten zu sichern.
Die beste Alternative erschiene mir daher nach dem Scheitern von Jamaika eine erneute Regierungsbeteiligung der SPD - am besten unter zusätzlicher Regierungsbeteiligung der Grünen. Die SPD bliebe sich damit treu: nämlich staatstreu, so wie sie es seit über 100 Jahren stets war. "Erst das Land, dann die Partei". Sie bildet damit den ideologischen Gegenpol zur FDP, der es - wie sie gestern wieder bewiesen hat - letztlich allein um die Interessen ihrer Wählerklientel geht.
Natürlich ist mir bewusst, dass eine Schwarz-Rot-Grüne-Regierung fast eine Neuauflage der früheren "Weimarer Koalition" aus Zentrum, SPD und DDP wäre (was natürlich gewisse Befürchtungen weckt), aber die menschlichen und politischen Schnittmengen sind hier einfach am Größten und lassen vier stabile Regierungsjahre erwarten. - Und danach muss man weitersehen.