Die elektronische Akte

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Urs Blank
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von Urs Blank »

Kasimir hat geschrieben:Leider gibt es immer noch viel zu wenige Spezialkammern und -senate, was dazu führt, dass die Richter von der Materie oft keine Ahnung haben und schon den Sachverhalt nicht verstehen.
Die Einrichtung von Spezialkammern bzw. Spezialsenaten an Landgerichten und Oberlandesgerichten ist in immerhin vier Rechtsgebieten ab dem 01.01.2018 verbindlich: In Bank-, Bau-, Arzthaftungs- und Versicherungssachen (§§ 72a, 119a GVG n. F.).

http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2017/0199-17.pdf

Die Spezialisierung müsste aber vor allem nicht nur nach Rechtsgebieten erfolgen, sondern zudem nach der „Gewichtigkeit“ der Sachen im Sinne ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Derzeit gelten in landgerichtlichen Spezialkammern alle Sachen gleich viel: Um 09:00 Uhr verhandelt die Baukammer die Schadensersatzklage wegen schiefer Badezimmerfliesen (Streitwert 6.000 Euro), um 09:30 Uhr ist das schiefe Autobahnkreuz dran (Streitwert mehrere Millionen). Es liegt auf der Hand, dass bei diesem System die gewichtigen Sachen nicht adäquat und vor allem nicht zügig bearbeitet werden (können). Sinnvolle Lösung m. E.: Ab einer bestimmten Höhe des Streitwerts erstinstanzliche Zuständigkeit des OLG, Revision als einziges Rechtsmittel.
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dumdum
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von dumdum »

Kasimir hat geschrieben:Außer Gerichten nutzt auch meines Wissens niemand mehr Faxe.
Das ist mir auch heiß aufgefallen: Mein"echtes" Fax hat den geist aufgegeben - und da man mit e-mail & CDo ja oft nicht weiter kommt, dachte ich -; Besorg mal wieder so ein Teil für die Telefondose.... Beim "Medienmarkt" hat mich die Verkäuferin mit großen Augen fragend angesehen....
Kasimir hat geschrieben: Leider gibt es immer noch viel zu wenige Spezialkammern und -senate, was dazu führt, dass die Richter von der Materie oft keine Ahnung haben und schon den Sachverhalt nicht verstehen.
Das kann ich mir vorstellen. Auch im IT-Berich! Da kommt hinzu , dass sich da jeder berufen fühlt (deshalb sag ich auch nichts mehr zu eurer e-Akte)

Ich hab mich mal mit einem Partner um eine Anwendung gestritten - wie man sie halt auch in ähnlicher Form ggf. für ein paar hundert Euro kaufen kann. Aber eben pro Arbeitsplatz und als einfaches Nutzungsrecht.... das es da juristisch verschiedenen Rechte gibt war zwar klar...

Das da ggf. einige Jahre Arbeit in sowas stecken ist aber jemanden , der selber schon mal mit Excel
oder Access seine Plattensammlung verwaltet hat nicht so leicht zu vermitteln :drinking:
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Tibor
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von Tibor »

Eine Spezialisierung erfordert aber auch, dass man Personal nach Fähigkeit einsetzt und nicht Proberichter mit Berufserfahrung aus der Anwaltswelt erst mal durch den üblichen Erprobungslauf schickt, wie jeden, der gerade sein 2. Examen gemacht hat. Auch bei der Lebenszeiternennung sollte man dann nicht Löcher stopfen nach Brandmeisterart, sondern sinnvoll einsetzen.
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Kasimir
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von Kasimir »

Tibor hat geschrieben:Eine Spezialisierung erfordert aber auch, dass man Personal nach Fähigkeit einsetzt und nicht Proberichter mit Berufserfahrung aus der Anwaltswelt erst mal durch den üblichen Erprobungslauf schickt, wie jeden, der gerade sein 2. Examen gemacht hat. Auch bei der Lebenszeiternennung sollte man dann nicht Löcher stopfen nach Brandmeisterart, sondern sinnvoll einsetzen.
Absolut. In der Fachgerichtsbarkeit funktioniert das ja auch zum Teil gut. Mir ist es ohnehin schleierhaft, warum die Gerichtsbarkeit sich für Quereinsteiger nicht attraktiver macht.
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Samson
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von Samson »

Weil man im Grundsatz keine Quereinsteiger möchte.

Mir hat man im AC deutlich gesagt (also nach dem Auswahlgespräch, zur Begründung warum man über die Zusage lange beraten möchte): Man möchte gerade keine anwaltlich geschulten Spezialisten, sondern idealistische, junge Generalisten, die schon immer Richter werden wollten.
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Tibor
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von Tibor »

Das mag aktuell so sein, ist aber mit Blick in die Zukunft (abnehmende Absolventenzahlen, besserer Markt für Top-Absolventen) großer Käse. Man braucht natürlich auch viele Generalisten die zugleich Idealisten sind, aber ein paar Spezialisten mit Kenntnis der Sachmaterie zumindest für sehr spezielle Dezernate halte ich für unausweichlich. Es ist ja nicht so, dass sich jeder Volljurist derart in eine ihm unbekannte Materie einarbeiten kann, um mit den Parteien/Beteiligten auf Augenhöhe sprechen zu können, die das Feld schon seit 5-15 Jahren beackern. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber Praxiserfahrung im Rechtsgebiet ist selten durch - selbst intensives - Lehrbuch- und Kommentarstudium zu ersetzen.
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von julée »

Urs Blank hat geschrieben:Die Spezialisierung müsste aber vor allem nicht nur nach Rechtsgebieten erfolgen, sondern zudem nach der „Gewichtigkeit“ der Sachen im Sinne ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Derzeit gelten in landgerichtlichen Spezialkammern alle Sachen gleich viel: Um 09:00 Uhr verhandelt die Baukammer die Schadensersatzklage wegen schiefer Badezimmerfliesen (Streitwert 6.000 Euro), um 09:30 Uhr ist das schiefe Autobahnkreuz dran (Streitwert mehrere Millionen). Es liegt auf der Hand, dass bei diesem System die gewichtigen Sachen nicht adäquat und vor allem nicht zügig bearbeitet werden (können). Sinnvolle Lösung m. E.: Ab einer bestimmten Höhe des Streitwerts erstinstanzliche Zuständigkeit des OLG, Revision als einziges Rechtsmittel.
In der Tat ein Problem, zumal beide Verfahren gleich viel zählen und der Gedanke, es werde sich schon alles irgendwie "ausgleichen", nicht immer aufgeht. Um ein Autobahnkreuz adäquat bearbeiten zu können, muss man vermutlich ziemlich viele Badezimmer-Fälle kurz und schmerzlos vergleichen. Die streitwertbasierte Abgrenzung dürfte indes an ihre Grenzen stoßen, weil es manchmal schlichtweg um viel Geld geht, ohne dass es in irgendeiner Form juristisch oder inhaltlich hochkompliziert wäre.

Nicht zu vergessen allerdings: es gibt gerade in Zivilsachen sehr viele, sehr spezielle Sachen für die man praktisch kaum sinnvolle Sonderzuständigkeiten schaffen kann und bei denen der Einarbeitungsaufwand enorm bis kaum leistbar ist.

Zur Erreichbarkeit: ich weiß nicht, was ihr habt: EGVP funktioniert auch - wenngleich ich jedes Mal fluche, wenn ich aus zig Seiten mit Zertifikaten dann die eine Seite mit dem Fristverlängerungsantrag raussuchen muss.
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von julée »

Tibor hat geschrieben:Eine Spezialisierung erfordert aber auch, dass man Personal nach Fähigkeit einsetzt und nicht Proberichter mit Berufserfahrung aus der Anwaltswelt erst mal durch den üblichen Erprobungslauf schickt, wie jeden, der gerade sein 2. Examen gemacht hat. Auch bei der Lebenszeiternennung sollte man dann nicht Löcher stopfen nach Brandmeisterart, sondern sinnvoll einsetzen.
Ungeachtet der Vorteile einer hohen Spezialisierung läuft man allerdings auch Gefahr, am Ende zu viele unflexible Spezialisten zu haben, die man freiwillig aus ihrer Spezialkammer beim LG allenfalls noch ans OLG gelockt bekommt; jedenfalls während der Probezeit dürfte ein wenig Generalistentum nicht verkehrt sein.
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von Syd26 »

julée hat geschrieben:
Urs Blank hat geschrieben:Die Spezialisierung müsste aber vor allem nicht nur nach Rechtsgebieten erfolgen, sondern zudem nach der „Gewichtigkeit“ der Sachen im Sinne ihrer wirtschaftlichen Bedeutung. Derzeit gelten in landgerichtlichen Spezialkammern alle Sachen gleich viel: Um 09:00 Uhr verhandelt die Baukammer die Schadensersatzklage wegen schiefer Badezimmerfliesen (Streitwert 6.000 Euro), um 09:30 Uhr ist das schiefe Autobahnkreuz dran (Streitwert mehrere Millionen). Es liegt auf der Hand, dass bei diesem System die gewichtigen Sachen nicht adäquat und vor allem nicht zügig bearbeitet werden (können). Sinnvolle Lösung m. E.: Ab einer bestimmten Höhe des Streitwerts erstinstanzliche Zuständigkeit des OLG, Revision als einziges Rechtsmittel.
In der Tat ein Problem, zumal beide Verfahren gleich viel zählen und der Gedanke, es werde sich schon alles irgendwie "ausgleichen", nicht immer aufgeht. Um ein Autobahnkreuz adäquat bearbeiten zu können, muss man vermutlich ziemlich viele Badezimmer-Fälle kurz und schmerzlos vergleichen. Die streitwertbasierte Abgrenzung dürfte indes an ihre Grenzen stoßen, weil es manchmal schlichtweg um viel Geld geht, ohne dass es in irgendeiner Form juristisch oder inhaltlich hochkompliziert wäre.
Eben. Zudem können 6.000 € für den normalen Bauherrn und selbständigen Fliesenleger ohne Personal viel Geld sein, während beim Autobahnkreuz mehrere Konzerne dahinter stehen, die entsprechend versichert sind.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von Atropos »

Syd26 hat geschrieben: Eben. Zudem können 6.000 € für den normalen Bauherrn und selbständigen Fliesenleger ohne Personal viel Geld sein, während beim Autobahnkreuz mehrere Konzerne dahinter stehen, die entsprechend versichert sind.
Es sagt ja keiner, dass der Fliesenleger keinen Rechtsschutz verdient. Aber wenn es darum geht, ein Rechtssystem aus volkswirtschatlicher Perspektive effizient zu gestalten (was zugegeben keine von allen geteilte Zielvorgabe sein muss), halte ich es für extrem schwer zu begründen, dass Prozesse mit höheren Streitwerten nicht prioritisiert werden. Es muss ja nicht unbedingt am selben Gerichtszweig sein, man könnte ruhig Sondergerichte/Sonderzuständigkeiten wie in UK erstellen.

Und vielleicht braucht man für so Riesenprozesse auch in anderen Rechtsgebieten ein anderes Verfahrensrecht:
- NSU Prozess in München läuft seit Mai 2013
- Heute kam OLG Beschluss raus, dass Loveparade Unglück von 2010 (2014 angeklagt) doch noch vors LG muss
- HSH Nordbank Prozess zu Finanzgeschäften aus dem Jahr 2007/2008 wurde Mitte 2014 nach 61 Hauptverhandlungstagen freigesprochen - Ende 2016 kassiert der BGH den Freispruch und verweist ans LG Hamburg zurück. Soweit ich weiß läuft noch kein neues Verfahren am LG.

Klar sind das alles besonders große / komplexe Fälle, aber ist das für Angeklagte und Opfer wirklich noch zumutbar?
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von Syd26 »

Atropos hat geschrieben:Es muss ja nicht unbedingt am selben Gerichtszweig sein, man könnte ruhig Sondergerichte/Sonderzuständigkeiten wie in UK erstellen.

Und vielleicht braucht man für so Riesenprozesse auch in anderen Rechtsgebieten ein anderes Verfahrensrecht:
- NSU Prozess in München läuft seit Mai 2013
- Heute kam OLG Beschluss raus, dass Loveparade Unglück von 2010 (2014 angeklagt) doch noch vors LG muss
- HSH Nordbank Prozess zu Finanzgeschäften aus dem Jahr 2007/2008 wurde Mitte 2014 nach 61 Hauptverhandlungstagen freigesprochen - Ende 2016 kassiert der BGH den Freispruch und verweist ans LG Hamburg zurück. Soweit ich weiß läuft noch kein neues Verfahren am LG.

Klar sind das alles besonders große / komplexe Fälle, aber ist das für Angeklagte und Opfer wirklich noch zumutbar?
Das sind sicherlich gute Beispiele, um die Forderung nach Sonderzuständigkeiten zu begründen.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
julée
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von julée »

@Atropos: Allein die volkswirtschaftliche Perspektive ("hoher Streitwert" = wichtig) halte ich für unzureichend; Ziel muss ein effektiver Rechtsschutz in angemessener Zeit sein. Und welche Zeit "angemessen" ist, hängt nicht vom Streitwert ab. Wenn es um Millionen-Beträge geht, die für die Parteien jedoch "Peanuts" sind, kommt es nicht auf absolute Geschwindigkeitsrekorde an. Die 10 Klagen von Handwerkern mit einem Streitwert von jeweils 10-20k können demgegenüber deutlich dringender sein. Und ein "Störfaktor" sind dann eher umfangreiche, hochkomplizierte Verfahren, die nicht mal eben so bearbeitet werden können (und die auch nicht mehr zählen, selbst wenn man mindestens 3 Termine braucht, um auch nur in die Nähe von Entscheidungsreife zu gelangen). Das können natürlich auch Millionenklagen sein, aber es kann auch um sehr überschaubare Streitwerte gehen.
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sai
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von sai »

julée hat geschrieben:@Atropos: Allein die volkswirtschaftliche Perspektive ("hoher Streitwert" = wichtig) halte ich für unzureichend; Ziel muss ein effektiver Rechtsschutz in angemessener Zeit sein. Und welche Zeit "angemessen" ist, hängt nicht vom Streitwert ab. Wenn es um Millionen-Beträge geht, die für die Parteien jedoch "Peanuts" sind, kommt es nicht auf absolute Geschwindigkeitsrekorde an. Die 10 Klagen von Handwerkern mit einem Streitwert von jeweils 10-20k können demgegenüber deutlich dringender sein. Und ein "Störfaktor" sind dann eher umfangreiche, hochkomplizierte Verfahren, die nicht mal eben so bearbeitet werden können (und die auch nicht mehr zählen, selbst wenn man mindestens 3 Termine braucht, um auch nur in die Nähe von Entscheidungsreife zu gelangen). Das können natürlich auch Millionenklagen sein, aber es kann auch um sehr überschaubare Streitwerte gehen.
Korrekt.
Das umständlichste Verfahren, das ich derzeit im Dezernat habe, hat bspw. einen Streitwert von 69 €.
Herr Schraeg
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von Herr Schraeg »

Atropos hat geschrieben:Es sagt ja keiner, dass der Fliesenleger keinen Rechtsschutz verdient. Aber wenn es darum geht, ein Rechtssystem aus volkswirtschatlicher Perspektive effizient zu gestalten (was zugegeben keine von allen geteilte Zielvorgabe sein muss), halte ich es für extrem schwer zu begründen, dass Prozesse mit höheren Streitwerten nicht prioritisiert werden. Es muss ja nicht unbedingt am selben Gerichtszweig sein, man könnte ruhig Sondergerichte/Sonderzuständigkeiten wie in UK erstellen.
Von meiner Profession her müsste ich eigentlich für eine Priorisierung von Rechtsstreiten mit hohem Streitwert sein. Ich fürchte aber, dass das Vertrauen in den Rechtsstaat bei "schnelles Recht nur für Reiche" massiv Schaden nehmen würde, zumal es auf der Hand liegt, dass für den Fliesenleger 10.000 Euro eine weitaus höhere Bedeutung haben können als 10 Mio. Euro für Siemens. Eine solche Erosion, nicht unbedingt des Rechtsstaats, aber des Vertrauens der Bevölkerung in den Rechtsstaat, ist mir die bevorzugte Behandlung der "gewichtigen" Rechtsstreitigkeiten nicht wert.
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Tibor
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Re: Die elektronische Akte

Beitrag von Tibor »

Wie wäre es, wenn man die 5.000€ Grenze für Abgrenzung AG/LG einfach mal auf 8-10.000 € anpasst? Ich meine § 23 GVG war seit Anfang der 90er immer 10TDM und ist ca. 25 Jahre nicht wenigstens kaufkraftbereinigt worden. 10.000 DM in 1992 (73,8) entsprechen 2016 bereits rein rechnerisch ca. 7.440 € (107,4): https://de.wikipedia.org/wiki/Verbrauch ... eutschland
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